Vom Fachmann für Kenner | März 2018


Eigeninitiative

An einem Montag morgen konnte ich in der Bahn zwei an der Grenze zum Erwachsensein stehende Burschen belauschen, die sich beim dritten Frühstücksbier über ihren engagierten Start in die Woche unterhielten: »Suchst du jetzt eigentlich intensiver nach Arbeit?« – »Naja, hab mir mal die App vom Arbeitsamt auf mein I-Phone gezogen.«

Matthias Stangel

Vorzüglicher Gastgeber

Bei unserem letzten Besuch in einem Gourmetrestaurant ließ es sich Chefkoch Dimitri Andropow nicht nehmen, sein Reich zu verlassen, um meine Frau und mich persönlich zu begrüßen. Wir waren ganz begeistert von dem Ruß aus der Küche.

Andreas Maier

Zwischentreten, das

Als Zwischentreten bezeichnet man das Entfernen von Schnee von den Schuhrändern durch kräftiges Auftreten auf einem geräumten Asphaltstück, wenn wenige Meter dahinter der Gehweg wieder eingeschneit und das Verhalten somit sinnlos ist

Robert von Cube

Undenkbares vermeiden

Vor einem Gedankenaustausch sollte man immer erst einen strengen Gedankenabgleich vornehmen. Sonst hat man nachher das krudeste Zeug im Kopf.

Günter Flott

Sparen und genießen

Wer seine Begleitung beim Bummel durch die Innenstadt spontan auf ein oder mehrere Getränke einladen möchte, ohne seinen Geldbeutel über Gebühr zu belasten, sollte im Gedächtnis behalten, daß die Filialen der Drogeriekette DM mit Wasserspendern ausgestattet sind, an denen man das köstliche, kühle Trendgetränk in bereitstehende Pappbecher zapfen und nach Herzenslust genießen kann – völlig kostenlos und meiner Erfahrung nach bis zum Ladenschluß in nahezu unbegrenzter Menge.

Mark-Stefan Tietze

Das Auge ißt mit

Seit ich um die Situation in der Fleischindustrie weiß, kann ich Bärchenwurst nicht mehr ins Gesicht sehen.

Tobias Speckin

Zitate

»Die meisten Zitate sind falsch.«
»Wer sagt das?«
»Fontane.«
»Weißt du, was ich glaube?«
»Sag schon!«
»Die meisten Fontane-Zitate sind falsch.«
»Und wer sagt das?«

Ludger Fischer

Vor kurzem

geträumt, ich hätte mein Abi endlich fertigbekommen, und im Traum gedacht: »Cool, jetzt muß ich nie mehr träumen, ich hätte mein Abi noch nicht fertig, weil das habe ich ja jetzt.«

Paula Irmschler

Brecht für Kinder

Daß sich inzwischen auch Kindertheater um anspruchsvolle Darbietungen bemühen, ist ausdrücklich zu loben. Bei der Aufführung eines Kasperlestücks im hiesigen Familienzentrum war folgender Dialog zu vernehmen, bei dem die Hauptfigur aus ihrer Rolle fiel und sich moralisierend, dem epischen Theater entsprechend, an das Publikum wandte:

Kasper: Ach Kinder, mir ist so langweilig. Was soll ich tun?
Kinder (wild durcheinander rufend): Scheißen! – Zocken! – Sterben!
Kasper: Luis, jetzt reiß dich mal zusammen, sonst landet die Playstation auf dem Müll!

Ingo Krämer

Zukunftsplanung

Wenn ich echt mal sterben sollte, dann am liebsten fallend von einer Autobahnbrücke. Wenn meine Angehörigen meine Leiche im Anschluß ein letztes Mal sehen wollen, würde niemand diesen einen, ekligen Satz raunen: »Sie sieht aus, als ob sie schläft.«

Ella Carina Werner

Teil 17

der Serie »Wörter, mit denen ein Zeitreisender aus dem Neolithikum wohl extreme Probleme hätte, sie zu begreifen«: Rettungsgassenblockiererbeweisfoto.

Theobald Fuchs

All-Tägliches

Wenn ein Astronaut Urlaub macht, ist er dann ein Prokrastronaut?

Anika Mustermann

Heilschlaf

Es gibt eine medizinische Maßnahme, die man bei kranken Tieren, die Ruhe brauchen, anwendet. Sie nennt sich Heilschlaf. Dabei werden Tiere in einen künstlichen Winterschlaf versetzt. Beim Menschen geht das ja leider nicht, weil er immerzu, mehr oder weniger bei vollem Bewußtsein, Nahrung zu sich nehmen und ebenso von sich geben muß. Das ist schade, denn für manch einen wäre ein Heilschlaf durchaus eine Übergangslösung, die gegenüber der spontanen Selbsttötung erst einmal zu bevorzugen wäre. Das Ende des Heilschlafs ist, wie das des Winterschlafs auch, je nach Wetter variabel und somit offen. Der ewige Tod wird mit dieser Methode nicht angepeilt, was ich grundsätzlich positiv finde.

Bettie L. Alfred

Essen ist Pfertig

Der Zubereitung und Verkostung von Pferdefleisch stand ich bisher immer skeptisch gegenüber. Mit meinem ersten rheinischen Sauerbraten traditioneller Art ist mir jedoch direkt ein kulinarisches Husarenstück gelungen.

Daniel Sibbe

Frühlingserwachen

An alle Menschen, deren Sexualhormonspiegel angesichts länger werdender Tage verrückt spielt: Kaninchen rammeln und vermehren sich wie die Kaninchen, da sie auch wie die Kaninchen sterben. Denkt mal drüber nach.

Katharina Greve

Berechtigte Frage

Neulich im Bus, zwei Sitzreihen hinter mir, disst ein Kind ein anderes: »Wie kann Gott zulassen, daß du so dumm bist?!« Da wußte ich, daß die Theodizee heute so aktuell ist wie eh und je.

Wanja Lindenthal

Gesund leben

Jute statt Plastik,
Hummus statt Popcorn,
Pute in Aspik,
Uhus und Cop-Porn.

Adrian Schulz

Die Jugend

Letztens stand ich am U-Bahngleis, als sich neben mir auf einmal eine Schulklasse versammelte. Kurzentschlossen packte ich mein Beil aus dem Rucksack, rannte auf die Klasse zu und schrie: »Here’s Johnny!« Doch auch nach mehrmaligem Nachfragen konnte mir keiner der SchülerInnen, noch nicht einmal der verdutzte Lehrer, beantworten, auf welchen Kultfilm ich mich bezog. Die Jugend von heute …

David Zauner

Grenzen der Gesichtsbehaarung

Nasenhaare, die einem ins Auge stechen.

Tim Ulrich

Kuratorerei

Ich kuratiere ab heute den Zeitungsstapel bei uns im Klo, das Altpapier und die Kartons im Schuppen. Sollte mich das unerwarteterweise nicht auslasten, kuratiere ich zudem meine öffentlich zugängliche Spotify-Playlist DbisE1973Rock und unsere Hausapotheke. Mehr schaffe ich nicht. Kuratieren ist hart und erfordert nicht nur ein entsprechendes Hochschulstudium, sondern auch eine Menge Zeit für Rotweinkonsum und Kommunikation. Wohl oder übel werde ich daher, wie die meisten Kuratoren, mindestens Subkuratoren, wahrscheinlich allerdings Subsubkuratoren einsetzen müssen. Unkuratiert lasse ich jedenfalls nichs.

Sascha Dornhöfer

Probeliegen

Im neuen Jahr wenigstens einmal am Tag innehalten, auf einer Parkbank liegend in den Himmel schauen und über die Rente nachdenken.

Dominik Wachsmann

Gerissen

Den Halunken vom Schuhdiscount, der mir, nachdem ich ihm mein Leid mit den ständig aufriebelnden Schnürsenkeln geklagt hatte, die passenden Bändel heraussuchte und mir diese ostentativ als »reißfest« zu verkaufen suchte, sollte man zwecks Überprüfung seiner Behauptung an selbigen aufknüpfen. Allein, es würde nicht funktionieren!

Burkhard Niehues

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Grüß Gott, Markus Söder!

Weil der bayerische AfD-Chef Sie wiederholt »Södolf« genannt hat und Sie ihn daraufhin anzeigten, muss dieser Ihnen nun 12 000 Euro wegen Beleidigung zahlen. Genau genommen muss er den Betrag an den Freistaat Bayern überweisen, was aber wiederum Ihnen zugutekommt. Ebenjener zahlt Ihnen ja die Honorare für freie Fotograf/innen, von denen Sie sich bei öffentlichen Anlässen gern begleiten und ablichten lassen. Im Jahr 2022 sollen sich die Kosten auf stolze 180 000 Euro belaufen haben.

Vorschlag: Wenn es Ihnen gelingt, die Prasserei für Ihr Image komplett durch Klagen gegen AfD-Mitglieder querzufinanzieren, stoßen wir uns weniger an Ihrem lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern.

Drückt vorauseilend schon mal beide Augen zu: Titanic

 Cafe Extrablatt (Bockenheimer Warte, Frankfurt)!

»… von früh bis Bier!« bewirbst Du auf zwei großflächigen Fassadentafeln einen Besuch in Deinen nahe unserer Redaktion gelegenen Gasträumlichkeiten. Geöffnet hast Du unter der Woche zwischen 8:00 und 0:00 bzw. 01:00 (freitags) Uhr. Bier allerdings wird – so interpretieren wir Deinen Slogan – bei Dir erst spät, äh, was denn überhaupt: angeboten, ausgeschenkt? Und was verstehst Du eigentlich unter spät? Spät in der Nacht, spät am Abend, am Spätnachmittag oder spätmorgens? Müssen wir bei Dir in der Früh (zur Frühschicht, am frühen Mittag, vor vier?) gar auf ein Bier verzichten?

Jetzt können wir in der Redaktion von früh bis Bier an nichts anderes mehr denken. Aber zum Glück gibt es ja die Flaschenpost!

Prost! Titanic

 Gemischte Gefühle, Tiefkühlkosthersteller »Biopolar«,

kamen in uns auf, als wir nach dem Einkauf Deinen Firmennamen auf der Kühltüte lasen. Nun kann es ja sein, dass wir als notorisch depressive Satiriker/innen immer gleich an die kühlen Seiten des Lebens denken, aber die Marktforschungsergebnisse würden uns interessieren, die suggerieren, dass Dein Name positive und appetitanregende Assoziationen in der Kundschaft hervorruft!

Deine Flutschfinger von Titanic

 Augen auf, »dpa«!

»Mehrere der Hausangestellten konnten weder Lesen noch Schreiben« – jaja, mag schon sein. Aber wenn’s die Nachrichtenagenturen auch nicht können?

Kann beides: Titanic

 Hände hoch, Rheinmetall-Chef Armin Papperger!

Laut einem CNN-Bericht lagen deutschen und US-amerikanischen Geheimdiensten Hinweise zu russischen Plänen für einen Angriff auf Sie vor. So etwas nennt man dann wohl »jemanden mit seinen eigenen Waffen schlagen«!

Mörderpointe von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Claims texten, die im Kopf bleiben

Ist »Preissturz bei Treppenliften« wirklich eine gute Catchphrase?

Miriam Wurster

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Zeitsprung

Dem Premierenpublikum von Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« wird der Film 1968 ziemlich futuristisch II vorgekommen sein.

Daniel Sibbe

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster