Vom Fachmann für Kenner | Juli 2018


Flirten mit System

Ich laufe jetzt nur noch unrasiert, übernächtigt und mit Schnapsfahne herum. Die Frauen sollen denken, ich sei erfolgreicher Chirurg.

Ringo Trutschke

Porträtschreiber

Ich habe ein neues, wunderschönes, aber auch gefährliches Hobby. Ich setze mich auf die Straße und biete an, das Gesicht von Menschen in einem kleinen Text zu beschreiben. Leider scheint es vielen Menschen leichterzufallen, eine Zeichnung ihrer mies geformten Visage zu ertragen als eine Beschreibung wie »heimtückisch schielende Augen einer mir nicht bekannten Farbe sitzen nervös glotzend über einer delligen Rübennase, die dem reizlosen Gesamteindruck etwas liebenswert Humoristisches verleiht …«.

David Zauner

Eine kleine Saugmusik

Die Manöver meines Staubsaugerroboters sind heute wieder so umständlich und bar jeder Logik. Ich bereue es so sehr, ihm keine klassische Musik vorgespielt zu haben, als er sich noch in der Originalverpackung befand.

Luise Braun

Puffregel 68

Wer zweimal mit derselben pennt, zahlt doppelt im Etablissement.

Daniel Sibbe

XXL

Seit der gestrigen Filmfest-Eröffnungsgala verstehe ich endlich die Vorliebe der Kulturschaffenden für grotesk überdimensionierte Schals: Zusätzlich zu ihrer Funktion als intellektuelles Distinktionsmerkmal sind sie ideal, um auf einen Schlag – und nach guter deutscher Tradition – Dutzende Sitze im Theater- bzw. Kinosaal zu »reservieren«.

Fabio Kühnemuth

Paradox rocks

Auf meiner langjährigen Suche nach dem perfekten Widerspruch, dem ultimativen Paradoxon, wurde ich endlich fündig, als ich in einem namhaften Musikgeschäft zufällig folgenden Titel auf einer CD las: The Very Best of SCORPIONS.

Thorsten Mausehund

Wenn das Erscheinen

in ungezwungener Garderobe verlangt wird, handelt es sich dann eigentlich noch um ungezwungene Garderobe?

Chris Scholz

Späte Erkenntnis

Da musste Dita den Kopf ihres Mannes erst in zwei Teile spalten, um sich einzugestehen, allabendlich neben einer Kokosnuss eingeschlafen zu sein.

Teja Fischer

Der Grenzgänger

Immer, wenn er sich selbst fühlen wollte, rieb er sich alle Schleimhäute, die er an seinem Körper finden konnte, mit einer frisch aufgeschnittenen Chili ein.

Konstantin Hitscher

Der Rauchmelder

Unangenehm: Die zwei Jahre, die man nach der Geburt des Babys braucht, bis man endlich einen Rauchmelder für das Kinderzimmer kauft. Horror: Die Zeit danach, in der die noch ungeöffnete Rauchmelderschachtel täglich für schlechtes Gewissen sorgt. Erlösend: Wenn das Kind kurz darauf verkündet, jetzt könne man den Rauchmelder auch nicht mehr anbringen, schließlich würde es schon seit Monaten in seinem Jugendzimmer rauchen.

Felix Scharlau

Gehaltvolle Gespräche

Unterhalte mich seit neuestem mit Sahne, da sie als schlagfertig angepriesen wird.

Emil Kaminski

Von gestern

Gegen die fast völlige Abwesenheit von Frauen bei »Sketch History« (ZDF) kann man nichts sagen. Schließlich gab es in der Vergangenheit kaum Frauen.

Miriam Wurster

Guter Trip

Auch bei der Arbeit immer mal die Beine hochlegen, denn wenn die Füße Urlaub haben, verreist der ganze Mensch.

Dominik Wachsmann

Wirklich jede Sache

hat zwei Seiten: Der Vorteil eines ordentlichen Atomkriegs wäre zum Beispiel, dass es danach endgültig keine Atomwaffen mehr gäbe.

Theobald Fuchs

Bei der Firmenfeier

»Musst du Insulin spritzen?«
»Nee, das is ’ne E-Zigarette.«

Julia Mateus

Ihr Geld kann mehr

Immer wenn ich das Wort Thesaurierung lese, stelle ich mir vor, wie meine Aktienpakete sich in riesige Saurier verwandeln und Bankangestellte in Stücke reißen. Leider sind Geldgeschäfte nicht so spannend, wie sie klingen. Auch der versprochene Dachs im Keller blieb bisher aus.

Tobias Speckin

Frage an die Wissenschaft

Sind Bahnhofsbuchhandlungen, die nicht das Gesamtwerk von Paulo Coelho auf Lager haben, eigentlich richtige Bahnhofsbuchhandlungen?

Karl Franz

Landlust

Während ich mich noch über den Zeitverlust ärgere, den das notgedrungene Ausweichen auf den Schienenersatzverkehr und die damit verbundene Tingelei über die Dörfer mit sich bringen, verdeutlicht mir das Gespräch zweier Mitreisender immerhin bisher noch unbekannte Vorteile des Stadtlebens: »Guck dir das hier mal an, wie trostlos!« – »Ja, hier haste doch höchstens zwei Matches bei Tinder!«

Matthias Stangel

Kapitalismus, verpiss dich!

Einkaufen gehen, wenn man schon seit einer halben Stunde dringend mal pinkeln muss. Dann kauft man wirklich nur das Nötigste.

Eggs Gildo

Endlich!

Die Band für alle mit Lakoseintoleranz: Ayran Meiden.

Markus Strathaus

Selbstreflexive Ernüchterung

Wenn ich mich mit Anfang Dreißig eher unreif als altersgemäß verhalte, das Gefühl habe, so gar nicht erwachsen zu sein oder es wenigstens werden zu wollen, ständig meinen gesellschaftlichen Status hinterfrage, stecke ich dann eher in der Post-Adoleszenz oder mitten in der Midlife-Crisis? Und wenn letzteres: Heißt das, ich sterbe schon mit Anfang 60?

Tim Ulrich

Hoffnungsloser Fall

Neulich in der Warteschlange: »Ja, früher habe ich auch immer gerne Tatort geschaut, als er noch mit Derrick war und so …«

Tina Wirtz

Zensur

Was mich voll aggro macht: wenn sie im Film die Gewalt rausschneiden.

Sascha Dornhöfer

Distinktionsmerkmal

Dass er es im Leben zu etwas gebracht hat, erkennt der Kundige weniger daran, dass er sich die teuren Aufsteckbürsten für seine elektrische Zahnbürste problemlos leisten kann, als vielmehr daran, dass jeder Tropfen Zahnpasta-Speichel-Gemisch, der seine Mundwinkel herabrinnt, auf der Plauze landet anstatt im Waschbecken.

Marcel Vega

Die guten Seiten sehen

Wenn die Reichsbürger doch recht haben, das Deutsche Reich immer noch existiert und die BRD kein Staat, sondern eine GmbH ist, dann hat es mit Angela Merkel wenigstens mal eine Frau an die Spitze eines wirklich großen Unternehmens geschafft.

Jürgen Miedl

Was macht der Influencer im Club?

Netztwerken.

Elias Hauck

Eissalon

Von meinem Date im Eissalon für alle hörbar zurechtgewiesen worden: »Du weißt aber schon, dass Schlumpf-Eis nicht die politisch korrekte Bezeichnung ist?!« – Sex war dann später auch nicht so toll.

Linus Volkmann

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kleiner Tipp, liebe Eltern!

Wenn Eure Kinder mal wieder nicht draußen spielen wollen, zeigt ihnen doch einfach diese Schlagzeile von Spektrum der Wissenschaft: »Immer mehr Lachgas in der Atmosphäre«. Die wird sie sicher aus dem Haus locken.

Gern geschehen!

Eure Titanic

 Oha, »Siegessäule«!

Als queeres und »Berlins meistgelesenes Stadtmagazin« interviewtest Du anlässlich der Ausstellung »Sex. Jüdische Positionen« im Jüdischen Museum Berlin die Museumsleiterin und die Kuratorin und behelligtest die beiden unter anderem mit dieser Frage: »Linke, queere Aktivist*innen werfen dem Staat Israel vor, eine liberale Haltung gegenüber Homosexualität zu benutzen, um arabische und muslimische Menschen zu dämonisieren. Diese Aktivist*innen würden Ihnen wahrscheinlich Pinkwashing mit der Ausstellung unterstellen.«

Nun ist das Jüdische Museum Berlin weder eine Außenstelle des Staates Israel, noch muss man als Journalist/in irgendwelchen »Aktivist*innen« ihre antisemitischen Klischees, dass letztlich doch alle Jüdinnen und Juden dieser Welt unter einer Decke stecken, im Interview nachbeten. So können wir uns aber schon mal Deine nächsten Interviewfragen ausmalen: »Frau Pastorin Müller, Sie bieten einen Gottesdienst zum Christopher Street Day an. Betreiben Sie damit Pinkwashing für den Vatikanstaat?« oder »Hallo Jungs, ihr engagiert euch in einem schwulen Verein für American Football. Betreibt ihr damit nicht Pinkwashing für Donald Trump?«

Wird diese Artikel allerdings nicht mehr lesen: Titanic

 Gesundheit, Thomas Gottschalk!

In Ihrem Podcast »Die Supernasen« echauffierten Sie sich mit einem fast schon dialektischen Satz zu Ihrer eigenen Arbeitsmoral über die vermeintlich arbeitsscheuen jungen Leute: »Es gab für mich nie eine Frage – ich war nie in meinem Leben krank, wenn ich im Radio oder im Fernsehen aufgetreten bin. Ich habe oft mit Schniefnase irgendwas erzählt.«

Das hat bei uns zu einigen Anschlussfragen geführt: Wenn Sie »nicht krank«, aber mit Schniefnase und im Wick-Medinait-Delirium vor einem Millionenpublikum zusammenhanglose Wortfetzen aneinandergereiht haben – war das nicht eine viel dreistere, weil höher bezahlte Form der Arbeitsverweigerung als eine Krankmeldung?

Wünscht Ihnen nachträglich gute Besserung: Titanic

 Mmmh, Futterparadies Frankfurt a. M.!

Du spielst in einem Feinschmecker-Ranking, das die Dichte der Michelin-Sterne-Restaurants großer Städte verglichen hat, international ganz oben mit: »Laut einer Studie des renommierten Gourmet-Magazins Chef’s Pencil teilen sich in der hessischen Metropole 77 307 Einwohner ein Sterne-Restaurant.«

Aber, mal ehrlich, Frankfurt: Sind das dann überhaupt noch echte Gourmet-Tempel für uns anspruchsvolle Genießer/innen? Wird dort wirklich noch köstlichste Haute Cuisine der allerersten Kajüte serviert?

Uns klingt das nämlich viel eher nach monströsen Werkskantinen mit übelster Massenabfertigung!

Rümpft blasiert die Nase: die Kombüsenbesatzung der Titanic

 Wurde aber auch Zeit, Niedersächsische Wach- und Schließgesellschaft!

Mit Freude haben wir die Aufschrift »Mobile Streife« auf einem Deiner Fahrzeuge gesehen und begrüßen sehr, dass endlich mal ein Sicherheitsunternehmen so was anbietet! Deine Mitarbeiter/innen sind also mobil. Sie sind unterwegs, auf Achse, auf – um es einmal ganz deutlich zu sagen – Streife, während alle anderen Streifen faul hinterm Büroschreibtisch oder gar im Homeoffice sitzen.

An wen sollten wir uns bisher wenden, wenn wir beispielsweise einen Einbruch beobachtet haben? Streifenpolizist/innen? Hocken immer nur auf der Wache rum. Streifenhörnchen? Nicht zuständig und außerdem eher in Nordamerika heimisch. Ein Glück also, dass Du jetzt endlich da bist!

Freuen sich schon auf weitere Services wie »Nähende Schneiderei«, »Reparierende Werkstatt« oder »Schleimige Werbeagentur«:

Deine besserwisserischen Streifbandzeitungscracks von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster