Vom Fachmann für Kenner | Februar 2018
Bescheidenheit
Zwei Menschen, die mir ein Gespräch über Gott aufdrängen wollten, waren sehr erstaunt, als ich ihnen sagte, sie sollten mich nicht allzu wichtig nehmen.
Ludger Fischer
Sofortigen Berufseinstieg gemeistert
»Nach meinem Soziologiestudium ging ich direkt ins Feld.«
»Stelle als Projektmitarbeiter?«
»Nein, als Erntehelfer.«
Jürgen Miedl
Effizienz
Gehört das noch in die Kategorie »Praktisches Denken«, wenn man sich darüber freut, daß sich der Arzttermin jetzt doppelt lohnt, weil in der Nacht davor ein zweites, noch heftigeres Leiden dazugekommen ist?
Teja Fischer
Fremdfallfurcht, die
Die Sorge um die Unversehrtheit eines fremden Mobiltelefons, das zu zwei Dritteln aus der sehr kleinen Gesäßtasche einer sehr engen Damenjeans ragt.
Robert von Cube
Volkslied
Wo man hinkt, da laß dich nieder – krumme Menschen sind meist miese Krieger.
Theobald Fuchs
Zweckentfremdung
Insektenschutzgitter: Wer bitteschön ist denn so bekloppt und wirft dafür noch Geld zum Fenster raus? Das dachte ich, als ich die Dinger neulich im Supermarkt im Angebot sah. Dabei pfeifen das doch schon die hungrigen Spatzen von den Dächern: Die Zahl der Kerbtiere hat in den letzten Jahrzehnten rasant abgenommen, zumal in den Städten. Allenfalls die ein oder andere Fruchtfliege entdecke ich bisweilen in meiner Küche, aber der möchte ich nun wirklich nicht den Weg nach draußen in die Freiheit versperren. Als ich dann aber ein paar windige Tage später vor dem routinemäßigen Querlüften der Wohnung vergaß, die großzügig auf dem Eßzimmertisch ausgebreiteten Unterlagen für die Steuererklärung in Sicherheit zu bringen, wurde mir schlagartig klar, daß man die Dinger doch noch einer sinnvollen Bestimmung zuführen könnte.
Burkhard Niehues
Mädelsabend
Einmal im Jahr nehme ich an einem Freundinnentreffen teil. Am Ende des Abends wird meistens festgestellt, daß es ja ganz nett sei in diesem Restaurant, nur sehr laut. Daß der Lärm seinen Ursprung an unserem Tisch hat, tut nichts zur Sache.
Miriam Wurster
Praktische Dialektik
Zwischen den beiden Varianten des praktischen Imperativs, »Hinterlasse den Raum so, wie du ihn vorfinden willst« und »wie du ihn vorgefunden hast« klafft erfahrungsgemäß eine große, schmutzige Lücke. Ich entscheide mich lieber für die dritte, praktischste Variante und hinterlasse den Raum einfach so, wie ihn mein Nachfolger vorfindet.
Michael Höfler
Aus dem Wortspielhimmel
Zu seinem Umzug schraubte ab und verpackte mein Nachbar – seine Wandlampe. Und da fiel mir auf: Es gibt zwar einen Meerbusen, aber keine Landwampe.
Karsten Wollny
Was geht & was nicht
Man lernt im selbständigen Leben ja nach und nach, was alles geht. Mindestens ebenso interessant ist aber auch, was nicht geht. Beispielsweise habe ich einmal versehentlich ein tiefgekühltes Lachs-Champignon-Filet gekauft, für dessen Zubereitung es eine Mikrowelle oder einen Ofen brauchte. Leider besitze ich keins von beidem und mußte also versuchen, den Schmaus mittels Herd und Pfanne in einen servierfertigen Zustand zu bekommen – das geht nicht. Aber diesen zerfledderten, außen komplett verkohlten, innen praktisch noch eisgekühlten Wirrwarr aus Pilz und Fisch seinem optischen Handicap zum Trotz zu vertilgen – das wiederum geht.
Cornelius W.M. Oettle
Witz auf Englisch
(Der Witz spielt im Himmel.)
Angel: »Oh my god! How should we name the opposite of night?«
God: »Let’s call it a day.«
Elias Hauck
Mißverständnisse vermeiden
Am Hauptbahnhof zu wohnen hat auch seine Vorteile, wie zum Beispiel die fehlende Alterskontrolle beim Alkoholkauf. Bei der Pfandrückgabe zeige ich aber ganz gern freiwillig meinen Ausweis vor – nicht daß die Leute noch denken, ich sei Rentner.
Casimir Buck
Böser Lacher
Habe neulich mächtig gestaunt, als mir mein Arzt nach einem MRT mitteilte, ich hätte einen bösartigen Humor im Kopf. Wußte gar nicht, daß man den im MRT sehen kann. Als sich herausstellte, daß ich mich verhört hatte, habe ich nach Meinung meiner Frau immerhin ziemlich böse aufgelacht.
Uwe Geishendorf
Pendler, pauschal:
Ich fahre so lange schwarz, bis ich erwischt werde.
Alfons Bernhardt
Verwandtschaftsverhältnis
Trotz der augenscheinlich naheliegenden Verwandtschaft zwischen Gürtel und Armbanduhr gibt es zwischen beiden gravierende Unterschiede, etwa den, daß man von ersterem nicht die Zeit ablesen kann.
Konstantin Hitscher
Kulturelle Aneignung
Immer wenn ich irgendwo ein Latte-Macchiato- oder Cappuccino-Wandtattoo sehe, hoffe ich sehr, daß in irgendeiner italienischen Küche an der Wand Sprudel oder Kölsch geschrieben steht.
Mariella Tripke
Leben bizarr
Es hat etwas Surreales, wenn man von einem Mann in neongelber Warnweste aus Versehen angerempelt wird.
Karl Franz
Verschätzt
Thomas Mann neigte bei der Konzeption seiner Werke zu erheblichen Illusionen über deren späteren Umfang. Eine stattliche Novelle wie »Der Tod in Venedig« war ursprünglich als kurze Arbeit für den Simplicissimus gedacht; den bis heute für viele Leser unüberwindbaren »Zauberberg« hatte sich der Autor irgendwann einmal als eine Art Hügel vorgestellt; und selbst für die Schilderung des traurigen Schicksals der »Buddenbrooks« waren zunächst nur etwa 250 Seiten vorgesehen. Der große Lübecker ist aber fraglos nicht der einzige Autor, der sich selbst derart imposant zu täuschen verstand. Ich zum Beispiel plante einst eine auf vier Bände angelegte Thomas Mann-Biographie. Das Ergebnis lege ich hiermit vor.
Andreas Maier
Quid pro quo
Als ich neulich mal wieder im Schein unserer Retro-Hippie-Illumination diverse THC-induzierte Wortspiele von mir gab, meinte meine Freundin irgendwann: »Du bist echt ’ne Laberlampe!«
Marie Wana
Kleiderfrage
Bei Sachspenden für das Pflegeheim sollte man aus Gründen der Pietät auf die ansonsten äußerst praktischen Übergangsjacken verzichten.
Nils Pooker
Erkenntnis
Wenn man die gesammelten leeren Alkoholflaschen der letzten Wochen am Neujahrstag zum Container bringt, wird man endlich mal nicht schräg, sondern anerkennend angeschaut: Wow, was für eine tolle Silvesterparty muß das gewesen sein!
Tina Manske
Capitalism kills, kill capitalism!
Die im rappelvollen Rewe-Markt an die heillos überforderten Angestellten gerichtete Kampfansage der Filialleitung per Lautsprecher läßt hoffen: »Bitte Kasse zwei besetzen!«
Daniel Sibbe
Soziolinguistik leicht gemacht
Wer »privilegiert« schreibt, ist es in der Regel auch; wer »priviligiert« schreibt, dagegen in den meisten Fällen eher nicht.
Mark-Stefan Tietze