Vom Fachmann für Kenner | August 2018


Paradoxer Alltag

Dass mir die ältere Dame, der ich fast jeden Morgen in meiner Lieblingsbäckerei begegne, fast jeden Morgen ungefragt erzählt, dass sie medikamentös optimal eingestellt ist, ist ein klares Indiz dafür, dass sie medikamentös nicht optimal eingestellt ist.

Andreas Maier

Sturmwarnung

Wer Wind sät, wird gar nichts ernten, ihr dummen Städter!

Dipl.agr.oec. Daniel Sibbe

Banges Warten

Nachdem wir Donald Trump als Politiker losgeworden sind, haben wir exakt 923 Jahre, bis wir ihn als Bösewicht in Kinderbüchern wiederentdecken.

Teja Fischer

Tragschluss, der

Der Tragschluss ergibt sich aus dem Trugschluss, man käme bei einem Spaziergang mit Kleinkind schneller voran, wenn man ein Bobbycar oder ähnliches Gefährt mitnimmt, was zwangsläufig darin endet, dass man am Schluss beides, Kind wie Fahrzeug, trägt.

Robert von Cube

Haare am Rücken

sind unbestreitbar etwas Unschönes. Das Tragische aber daran ist: Wer einem in den Rücken fällt, der landet auch noch weich.

Tim Ulrich

Angezählt

Der Vorgang des Einkaufens, zumal, wenn er im Supermarkt zu erfolgen hat, ist ja schon nervtötend und zeitraubend genug. Schier unerträglich wird er aber dann, wenn man sich am äußersten Ende der Kassenschlange befindet, unter Zeitdruck steht und sich dann zu allem Überdruss an vorderster Front auch noch eine dieser gefürchteten »Passendzahlerinnen« in Form eines betagten Mütterchens befindet, die, alle anderen Kunden in Geiselhaft nehmend, dabei noch eine diebische Freude empfindet, sich ihres überzähligen Kupferschrotts auf Kosten der wertvollen Zeit ihrer Mitmenschen zu entledigen. (Klauen wäre in dieser Situation klar die bessere, weil sozialverträglichere Vorgehensweise.) In so einem, bei mir die übelsten Gewaltphantasien hervorrufenden Moment wird mir schlagartig bewusst: Der vielzitierte Firnis der Zivilisation ist bisweilen dünner als eine Zwei-Cent-Münze. Eine ebensolche gibt die Kassierin der Frau dann auch wieder zurück. Die Dame hatte sich auch noch verzählt!

Burkhard Niehues

Badezimmerdrama, D, 2018

»Wenn der Sohnemann zweimal spült (und man selbst duscht)«

Felix Scharlau

Dekoratives Literatur-Syndrom

Wie schlimm es um die Leselust in der Bevölkerung steht, sieht man am anschaulichsten in diversen Möbelhäusern, welche aufzusuchen mich meine renovierungswütige Gattin derzeit ständig nötigt: Da offenbar keine Diebstahlgefahr mehr besteht, wurden Buchattrappen erstmals durch echte Romane ersetzt.

Volker Schwarz

Bilden Sie mal einen Satz mit Anomalie

Vermögend war der Opa nie,
weil er sein Geld an Oma lie.

Jürgen Miedl

Trickfrage

Was ist schwerer: ein Kilo Federn oder zwei Kilo Blei?

Adrian Schulz

Message in four Bottles

Da man selten all seine Freunde mit nur einem Messenger erreichen kann, sammeln sich irgendwann vier dieser Apps auf dem Handy. Geschickt eingesetzt, kann man mit ihnen allerdings völlig abhörsicher Nachrichten verschicken, indem man zwischen den Worten den Messenger wechselt. Liest dann zwar keiner mehr, liest allerdings auch keiner mehr mit.

Tobias Speckin

Stolze Mama

Meine Mutter gibt jetzt immer mit meinen grauen Haaren an. Sie erzählt allen, ich sei schon sehr weit für mein Alter.

Volker Gahrmann

Pfandwerte

Ich verstehe gar nicht, was Leute immer beim Pfandleiher wollen. Wenn ich Pfand brauche, trinke ich einfach meine Mehrwegflaschen leer.

Günter Flott

Geschafft

Dass ich es weit im Leben gebracht hatte, wurde mir an jenem Abend klar, an dem ich die Anfrage eines geschäftigen Freundes, ob man sich morgen nach Feierabend so gegen 18 Uhr auf ein Bier treffen wolle, bejahte, dann zum Handy griff und den Wecker stellte.

Cornelius W.M. Oettle

Nachnahme ausgeschlossen

Die Schweizer sind von Natur aus ein misstrauisches und geldfixiertes Volk. Sogar beim assistierten Suizid verlangen sie Vorkasse.

Sascha Dornhöfer

Anatomie 4.0

So ein Körper ist doch eh nur ein unzulängliches Hilfsmittel, da kommt man ohne Improvisation eh nicht weit. Aber trotzdem weiß ich jetzt schon, dass ich ihn vermissen werde, den alten Racker, wenn ich demnächst digitalisiert werde.

Theobald Fuchs

Eine Auszeichnung

als sinnlosester Gegenstand in meinem Besitz erhält – ein Füllfederhalter, den ich beim Literaturpreis meiner Schule, dem »LGG«, einst gewann. Der Füller sieht mit seiner blauschimmernd-silbernen Optik durchaus nett aus, und ich würde ihn auch bestimmt einmal verwenden, bräuchte man nicht ein Tintenfässchen (!) dazu. Das Design wird außerdem durch den Schriftzug »Carlo Hoffmann – LGG-Literaturpreis« maßgeblich verschlechtert. Die Großbuchstaben »LGG« sind auch in Schreibschift groß geschrieben, was eine außerordentliche Layoutsünde darstellt. Dieser Schriftzug macht es mir leider auch unmöglich, den Stift, der laut Internet immerhin 50 Euro wert ist, jemals zu verkaufen.

Carlo Hoffmann

Polen

Ich war mit Antje in Polen. Wir haben viele Fotos gemacht. Zwischendurch haben wir die Fotos schon mal in einem Express-Laden entwickeln lassen. Wir haben gedacht, das wäre billig in Polen, war es aber gar nicht. Als wir die Fotos abholten, waren die Farben auf den Fotos alle zu farbig, knackebunt, wie ein Comic. Irgendwas ist beim Entwickeln schief gelaufen. »Scheiß Entwicklungsland«, sagte Antje.

Kirsten Fuchs

Alptraum

Geträumt, dass Wolfgang Niedecken mit BAP noch mal durchstarten will und jetzt ein K-Pop-Album aufzeichnet – BIBIM BAP. Schweißgebadet aufgewacht.

Leo Fischer

Weitergedacht

Ich finde ja, wir dürfen den Heimatbegriff nicht den Rechten überlassen, und wenn man mal ganz ehrlich ist: den Rassebegriff auch nicht.

Mark-Stefan Tietze

Alter

Neulich hatte ich mich vor und nach dem abendlichen Gang ins Bad gewogen und bilanziere die 200g messende Gewichtsdifferenz nun so: Eine Hälfte wird dem mühsam den prostataischen Widerständen abgerungene Urin, die andere den nach dem Zähneputzen fehlenden Speiseresten in den Lücken und Kavitäten zuzuschreiben sein.

Helge Möhn

Gewissensgründe

Mein Therapeut sagt, Alkohol gegen Einsamkeit zu trinken sei sehr gefährlich. Jetzt sitze ich jeden Abend in meiner Küche und trinke Alkohol gegen Atomwaffen.

Ringo Trutschke

Der Graf

könnte nach seiner Gesangskarriere eigentlich bei der Post arbeiten – dort ist er dann »Uneilig«.

Felix Bellermann

Filmidee für Christiane Hörbiger

Christiane Hörbiger lässt sich nach dem Tod ihres Mannes zu einem Terminator umbauen, um in Österreich ihr Unwesen zu treiben. Titel: Witwe Bot.

Elias Hauck

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Anpfiff, Max Eberl!

Sie sind seit Anfang März neuer Sportvorstand des FC Bayern München und treten als solcher in die Fußstapfen heikler Personen wie Matthias Sammer. Bei der Pressekonferenz zu Ihrer Vorstellung bekundeten Sie, dass Sie sich vor allem auf die Vertragsgespräche mit den Spielern freuten, aber auch einfach darauf, »die Jungs kennenzulernen«, »Denn genau das ist Fußball. Fußball ist Kommunikation miteinander, ist ein Stück weit, das hört sich jetzt vielleicht pathetisch an, aber es ist Liebe miteinander! Wir müssen alle was gemeinsam aufbauen, wo wir alle in diesem gleichen Boot sitzen.«

Und dieser schräge Liebesschwur, Herr Eberl, hat uns sogleich ungemein beruhigt und für Sie eingenommen, denn wer derart selbstverständlich heucheln, lügen und die Metaphern verdrehen kann, dass sich die Torpfosten biegen, ist im Vorstand der Bayern genau richtig.

Von Anfang an verliebt für immer: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg