Vom Fachmann für Kenner | April 2018


Im Restaurant

»Hat’s geschmeckt?«
»Ja. Es hat widerlich geschmeckt.«

Elias Hauck

Randnotiz

aus den sagenhaften Zeiten der unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse: Er war schon so lange in der Firma angestellt, daß man den Neubau um ihn herum errichten mußte.

Theobald Fuchs

Ärztlicher Rat

Wer sich impfen lassen möchte oder muß, sollte dafür einen Kinderarzt aufsuchen. Vorteil 1: Ein Kinderarzt weiß, wie er den Patienten optimal ablenken kann, so daß der Pieks kaum wehtut. Vorteil 2: Die Pflaster sind wegen der bunten Kindermotive viel schöner. Nachteil: Man muß ein Kind dabeihaben.

Kim-Oliver Tietze

Aha-Erlebnis

Ist euch eigentlich auch schon der Gedanke gekommen, daß »Wir Kinder vom Bahnhof Zoo« eine direkte Antwort auf »Wir Kinder aus Bullerbü« ist?

Mariella Tripke

demütigender Doppeldruck, der

Wer als Fußgänger an einer Ampel wartet, kann sich leicht gekränkt fühlen, wenn ein Neuankömmling auftaucht und abermals den Knopf drückt, womit er zu unterstellen scheint, der Wartende kenne die Funktionsweise einer Lichtsignalanlage nicht. Dabei handelt es sich oft einfach um einen harmlosen Drängeldrücker, der seinerseits glaubt, die Grünphase durch Häufigkeit und Frequenz des Drückens beschleunigen zu können.

Robert von Cube

Klares Urteil

Nachdem ich im letzten Vierteljahrhundert rund ein Dutzend Kaffeesorten kennengelernt, mehr als 80 Kaffeearten verglichen, auch ein paar Jahre als Barista gearbeitet, vor allem aber weit über 20 000 Tassen dieses »Getränks der Götter« getrunken habe, steht für mich eins fest: Das Zeug schmeckt nicht.

Andreas Maier

Grippeprophylaxe

Kinder sollen sich mit einem neuen Hygiene-Seifenspender »No touch kids« der Marke Sagrotan spielerisch von den ganzen Ekelerregern da draußen reinwaschen. Den Slogan wiederum habe ich seit neuestem für mich entdeckt, um gesund durch die Hatschi-Zeit zu kommen, und tatsächlich: Es funktioniert!

Almuth zu Jeddeloh

Eine Frage der Identität

Eigentlich wollte ich nur einen Adapter für meinen Rechner, aber als ich dann einen Elektronikfachmarkt aufsuchte, wußte ich angesichts des Überangebots an Gender-Changern aller Art nicht mehr, ob ich Männlein oder Weiblein war.

Tibor Rácskai

Die Zeit,

in der absolutistische Potentaten ungestraft bizarre Kaspar-Hauser-Experimente durchführen konnten, ist ja erfreulicherweise vorbei – aber ist es nicht doch wenigstens ein bißchen schade, daß uns gewisse Erkenntnisse über die menschliche Natur so auf ewig verschlossen bleiben? Beispielsweise beschäftigt mich schon länger die Frage, wie anders sich Babys entwickeln würden, wenn sie nicht permanent quälenden Hunger litten. Hätten Gier und Angst vielleicht weniger Einfluß auf unser Leben? Wäre unser Grundvertrauen gestärkt, wäre die Menschheit gar weniger garstig, wenn wir die ersten Jahre unserer Existenz nicht in permanenter Todesangst verbrächten? Hierzu habe ich ein Experiment entwickelt, in dem ein Baby bis zur selbständigen Nahrungsaufnahme ausschließlich per Infusion ernährt wird. Kein Stillen, kein Füttern, kein Bäuerchen – all die Quellen von Leid ausgeschlossen! Statt dessen leichte Musik und Hörbücher. Es könnte ein herrlicher Mensch werden, der so heranwächst, ein Anführer, ein Revolutionär, ein Messias! Wir werden es aber nie erfahren, wenn diese Studie aus »ethischen« Gründen nicht stattfinden kann. Deswegen ersuche ich die Deutsche Forschungsgemeinschaft hiermit um eine Sondergenehmigung, ein moderates Stipendium und (mindestens) 1 Baby. Ich verspreche, es umgehend umzuerziehen, falls ich merke, daß es sich doch nicht zu einem guten Menschen entwickelt.

Leo Fischer

Achtung

Ein unscheinbar wirkender älterer Herr mit guten Umgangsformen spricht alleinreisende Damen im Zug nach Bremerhaven an. Er fragt sie aus, woher sie kommen und wohin sie wollen. Es handelt sich mit Sicherheit um einen Heiratsschwindler, der sich als Mitarbeiter der DB-Fahrgastdatenerhebung ausgibt.

Miriam Wurster

Frage

Wenn man ganz unter sich ist, wer liegt dann oben?

Dominik Wachsmann

Reden und Schweigen

Wenn ich einsam bin, lasse ich mich manchmal absichtlich in der Fußgängerzone von den netten jungen Menschen ansprechen, die Werbung für SOS-Kinderdörfer machen. Die meisten geben dann leider nach zehn oder fünfzehn Minuten auf. Dabei habe ich da häufig noch nicht mal von meiner Kirchenfreizeit in Sankt Peter-Ording erzählt und wie die anderen damals doof zu mir waren, geschweige denn von letztem Sommer, als Tante Karin einen großen Eiswürfel aus Johannisbeersaft verschluckte und daran beinahe zugrunde gegangen wäre.

Adrian Schulz

Zufall?

FDP steht in Frankreich als Abkürzung für fils de pute: Hurensohn.

Dorthe Landschulz

Überlegung

Gibt es so etwas wie einen Gegenentwurf zum Klischee des depressiven Clowns, zum Beispiel den lebensbejahenden Finnen?

Konstantin Hitscher

Kleines Abenteuer für zwischendurch

Wer sein ereignisarmes Durchschnittsleben mal ein wenig aufpeppen möchte, der begebe sich in eine bessere Wohngegend (z.B. Prenzlauer Berg) und schenke einem fremden, ungefähr sechsjährigen Knirps auf der Straße in Anwesenheit seiner Mutter eine Zigarette. Abwechslung garantiert!

Katharina Greve

Sexarbeitsrezension

Der Callboy war sehr höflich, aber leider auch zuvorkommend.

Cornelius W.M. Oettle

Leichte Verstimmung

Schon etwas enttäuschend, wenn man durchs argentinische Hinterland reist und sieht, wie ein alter Indio sein traditionelles Zupfinstrument mit Hilfe einer Tuning-App auf dem Smartphone stimmt. Aber wenigstens hab ich mal einen von diesen Digital Natives gesehen!

Leo Riegel

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gemischte Gefühle, Tiefkühlkosthersteller »Biopolar«,

kamen in uns auf, als wir nach dem Einkauf Deinen Firmennamen auf der Kühltüte lasen. Nun kann es ja sein, dass wir als notorisch depressive Satiriker/innen immer gleich an die kühlen Seiten des Lebens denken, aber die Marktforschungsergebnisse würden uns interessieren, die suggerieren, dass Dein Name positive und appetitanregende Assoziationen in der Kundschaft hervorruft!

Deine Flutschfinger von Titanic

 Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Du warst der jüngste TITANIC-Chefredakteur aller Zeiten. Du warst der Einzige, der jemals eine klare Vorstellung davon hatte, wie das ideale Heft aussehen musste, und hast immer sehr darunter gelitten, dass sich Deine Utopie nur unzureichend umsetzen ließ. Aus Mangel an Zeit und an Mitarbeiter/innen, die bereit waren, sich Nächte um die Ohren zu schlagen, nur um die perfekte Titelunterzeile oder das richtige Satzzeichen am Ende des Beitrags auf Seite 34 zu finden.

Legendär der Beginn Deiner satirischen Tätigkeit, als Du Dich keineswegs über einen Abdruck Deiner Einsendung freutest, sondern Robert Gernhardt und Bernd Eilert dafür beschimpftest, dass sie minimale Änderungen an Deinem Text vorgenommen hatten. Das wurde als Bewerbungsschreiben zur Kenntnis genommen, und Du warst eingestellt. Unter Deiner Regentschaft begann die Blütezeit des Fotoromans, Manfred Deix, Walter Moers und Michael Sowa wurden ins Blatt gehievt, und manch einer erinnert sich noch mit Tränen in den Augen daran, wie er mal mit Dir eine Rudi-Carrell-Puppe vor dem iranischen Konsulat verbrannt hat.

Nach TITANIC hast Du viele, die ihr Glück weder fassen konnten noch verdient hatten, mit Spitzenwitzen versorgt und dem ersten deutschen Late-Night-Gastgeber Thomas Gottschalk humortechnisch auf die Sprünge geholfen. Und dass River Café, eine deutsche Talkshow, die live aus New York kam, nur drei Folgen erlebte, lag bestimmt nicht an Deinen Texten. Auf Spiegel online hieltest Du als ratloser Auslandskorrespondent E. Bewarzer Dein Kinn in die Kamera, und gemeinsam mit Tex Rubinowitz hast Du das Genre des Listenbuches vielleicht sogar erfunden, auf jeden Fall aber end- und mustergültig definiert, und zwar unter dem Titel: »Die sexuellen Phantasien der Kohlmeisen«. Und diese eine Geschichte, wo ein Psychiater in ein Möbelhaus geht, um eine neue Couch zu kaufen, und der Verkäufer probeliegen muss, wo stand die noch mal? Ach, in der TITANIC? Sollte eigentlich in jedem Lesebuch zu finden sein!

Uns ist natürlich bewusst, dass Du auch diesen Brief, wie so viele andere, lieber selber geschrieben und redigiert hättest – aber umständehalber mussten wir das diesmal leider selbst übernehmen.

In Liebe, Deine Titanic

 Endlich, »ARD«!

Seit Jahren musst Du Dich rechtfertigen, weil Du immer wieder die NS-Enthusiast/innen von der AfD zu Kuschelkursinterviews einlädst und ihnen eine gebührenfinanzierte Plattform bietest, damit sie Dinge verbreiten können, die sich irgendwo zwischen Rassenlehre und Volksverhetzung befinden. Aber jetzt hast Du es den Hatern endlich gezeigt und AfD-Anführer Tino Chrupalla in das härteste Interviewformat ever eingeladen: »Frag selbst«, das freaky Social-Media-Format von der Tagesschau, das schon Olaf Scholz mit knallharten Fragen à la »Wann Döner wieder drei Euro?« niedergerungen hat. Wir sind uns sicher: Besser als mit einem Kartoffelranking auf dem Twitch-Kanal der Tagesschau kann die AfD gar nicht entlarvt werden!

Legt schon mal die Chips bereit: Titanic

 Deine Fans, Taylor Swift,

Deine Fans, Taylor Swift,

sind bekannt dafür, Dir restlos ergeben zu sein. Sie machen alle, die auch nur die leiseste Kritik an Dir äußern, erbarmungslos nieder und nennen sich bedingt originell »Swifties«. So weit ist das alles gelernt und bekannt. Was uns aber besorgt, ist, dass sie nun auch noch geschafft haben, dass eine der deutschen Stationen Deiner Eras-Tour (Gelsenkirchen) ähnlich einfallslos in »Swiftkirchen« umbenannt wird. Mit Unterstützung der dortigen Bürgermeisterin und allem Drum und Dran. Da fragen wir uns schon: Wie soll das weitergehen? Wird bald alles, was Du berührst, nach Dir benannt? Heißen nach Deiner Abreise die Swiffer-Staubtücher »Swiffties«, 50-Euro-Scheine »Sfifties«, Fische »Sfischties«, Schwimmhallen »Swimmties«, Restaurants »Swubway« bzw. »SwiftDonald’s«, die Wildecker Herzbuben »Swildecker Herzbuben«, Albärt »Swiftbärt« und die Modekette Tom Tailor »Swift Tailor«?

Wenn das so ist, dann traut sich auf keinen Fall, etwas dagegen zu sagen:

Deine swanatische Tayltanic

 Hi, Daniel Bayen!

Sie sind sehr jung und waren mit Ihrer Firma für Vintage-Klamotten namens Strike vorübergehend sehr erfolgreich. Die ist jetzt pleite, machte aber zeitweise 2,9 Millionen Euro Umsatz. Der Bedarf war so groß, dass Correctiv-Recherchen zufolge sogar massenhaft Neuware zwischen die Secondhand-Bekleidung gemischt wurde. Auch Sie räumten demnach ein, gefälschte Ware geordert zu haben. Allerdings, so behaupten Sie, nur, um Ihren »Mitarbeitern zu zeigen, wie man gefälschte Ware identifiziert und aussortiert«.

Aber Bayen, Ihre Expertise besteht doch darin, neue Sachen auf alt zu trimmen. Also versuchen Sie bitte nicht, uns solche uralten Tricks zu verkaufen!

Recycelt Witze immer nach allen Regeln der Kunst: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

 Claims texten, die im Kopf bleiben

Ist »Preissturz bei Treppenliften« wirklich eine gute Catchphrase?

Miriam Wurster

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Lifehack von unbekannt

Ein Mann, der mir im Zug gegenüber saß, griff in seine Tasche und holte einen Apfel heraus. Zu meinem Entsetzen zerriss er ihn mit bloßen Händen sauber in zwei Hälften und aß anschließend beide Hälften auf. Ich war schockiert ob dieser martialischen wie überflüssigen Handlung. Meinen empörten Blick missdeutete der Mann als Interesse und begann, mir die Technik des Apfelzerreißens zu erklären. Ich tat desinteressiert, folgte zu Hause aber seiner Anleitung und zerriss meinen ersten Apfel! Seitdem zerreiße ich fast alles: Kohlrabi, Kokosnüsse, anderer Leute Bluetoothboxen im Park, lästige Straßentauben, schwer zu öffnende Schmuckschatullen. Vielen Dank an den Mann im Zug, dafür, dass er mein Leben von Grund auf verbessert hat.

Clemens Kaltenbrunn

 Dialog auf Augenhöhe

Zu meinen Aufgaben als Marketingexperte in einem modernen Dienstleistungsunternehmen gehört es unter anderem, unzufriedene Kunden zu beschwichtigen. Vor kurzem beschwerte sich einer von ihnen darüber, dass wir in unseren Texten immer dieselben Bausteine verwenden. Die Mail ließ mich ganz irritiert zurück. Ein Glück, dass wir für genau solche Anfragen gleich fertige Antworten haben.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster