Vom Fachmann für Kenner | Juni 2017


Bei Interesse melden

Ich, Akademiker, 33, plane schon seit längerem mein Hauptwerk, Arbeitstitel: »Vita Passiva«. Jetzt brauche ich nur noch jemanden, der mir das Ding schreibt!

Wanja Lindenthal

Alles richtig gemacht

Nachdem ich den Kurs in der allseits empfohlenen Achtsamkeits-(»MBSR«-)Meditation absolviert und per Aufmerksamkeitssteuerung zu mir selbst zurückgefunden habe, kann ich nur sagen: Ich weiß jetzt genau, warum es all die Jahre richtig war, jeder verfügbaren Ablenkung nachzugehen.

Michael Höfler

Ersatzdroge

Da ich mit zunehmendem Alter immer weniger Alkohol vertrage, dafür aber immer klüger werde, mache ich mir einen Spaß daraus, die Leute unter den Tisch zu denken.

Tibor Rácskai

Blick voraus

Etwas Poetisches hatte ich im Sinn, aber ein noch nicht komplett abgetöteter Instinkt hielt mich im letzten Moment davon ab. »Jedem Anfang wohnt ein Ende inne«, hatte ich nämlich schreiben wollen, auf die Glückwunschkarte für den Kollegen, zur Geburt seines ersten Kindes.

Theobald Fuchs

Der Morgen danach

Nachdem ich letzte Nacht mal wieder eine Niederlage im Kampf mit meiner Diplomarbeit um deren bestmöglichen Aufbau einstecken mußte, spüre ich noch heute den Schmerz in allen Gliederungen.

Matthias Stangel

Gegen Windmühlen

Es gibt mir das Gefühl, einen Teilsieg erstritten zu haben, wenn ich die eingegangenen Spams von dubiosen Geschäftemachern nicht gleich lösche, sondern auf »E-Mail ablehnen« klicke. Die meisten kommen dann zwar als unzustellbar zurück und ich muß sie trotzdem löschen, aber den kleinen Mehraufwand leiste ich mir.

Miriam Wurster

Schüchtern

Selbstgespräche führe ich nur, wenn ich betrunken bin. Denn unter normalen Umständen traue ich mich einfach nicht, eine schöne Frau anzusprechen.

Mira Sand

Zu alt für Tinder

Letzten Monat hatte ich in einem durchaus an der Sterneküche kratzenden Restaurant mein erstes »Elitepartner«-Date. Die Dame erschien pünktlich, ihr Äußeres hielt jedem Versprechen ihres Nutzerprofils stand, und doch wurde der Abend ein Desaster. Meine potentielle Liebelei kippte sich nicht nur eine erlesene Flasche Rotwein direkt und in einem Zug in den Rachen, sondern rülpste ihre Freude ob dieses seltenen Genusses gleich dem Nachbartisch herüber, bevor sie sich mitten im Laden eine filterlose Kippe anzündete und ausgiebig in den Dekantierer strullte, ehe sie das Lokal schließlich mit lautem Gelächter und Gekotze verließ. Schwer beschämt mußte ich mir in diesem Moment eingestehen, daß ich wohl auf eine der größten Gefahren bei der Online-Partnersuche hereingefallen war: Etikette-Schwindel.

Aleksandar Jožvaj

Richtig sitzen, Stufe Zwei:

Almanspreading.

Adrian Schulz

Pech gehabt

Die vermutlich unangenehmste psychische Störung, die man entwickeln kann, ist panische Angst vor Ärzten. Abgesehen davon, daß man im Laufe der Zeit Brüche, Zahnschmerzen und Entzündungen sammelt, ist man dabei auch noch selber schuld, da es nie diagnostiziert worden ist.

Konstantin Hitscher

Zugeständnis

Die Behauptung, daß die Dinosaurier eine Erfindung seien, ist natürlich genauso paranoid wie die diversen Verschwörungstheorien, die sich um die Apollo-Missionen ranken. Aber in einem Punkt gebe ich den Irren, die solchen Unfug glauben, recht: T. rex und Co. sind niemals auf dem Mond gelandet.

Andreas Maier

Klarstellung

Daß es bei der hastig ins Smartphone getippten Nachricht an meine Freundin »Keine Zeit. Fotze mit Aids im Auto. Nutte denk an meine Kacke. Erwarte deinen Elefanten Körper um acht« im nachhinein zu Mißverständnissen gekommen ist, lag nicht in meiner Absicht. Schließlich hatte ich die Autokorrektur deaktiviert.

Daniel Sibbe

Meine Mutter,

Geschichtslehrerin, wurde von einer Schülerin verdruckst gefragt, warum denn auch die Anne Frank groß unten an ihr Haus in Amsterdam Anne-Frank-Haus geschrieben habe. So hätte man sie ja finden müssen.

Kirsten Fuchs

Helfende Hände

Manche Dinge tut man, obwohl sie einen eigentlich nichts mehr angehen. Wenn ich z.B. abends an der Wohnung meiner Ex-Freundin vorbeischlendere und ihr Auto vor dem Haus steht, sorge ich regelmäßig dafür, daß unser ehemaliges Gemeinschaftsgefährt nicht, wie in der Vergangenheit geschehen, von nächtlich umherstreunenden Vandalen demoliert wird, indem ich es gewissenhaft übernehme, die Außenspiegel und die Antenne abzubrechen.

Thorsten Mausehund

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

In Frankreich hatten die Menschen die Wahl zwischen einer Faschistin und einem Investmentbanker. The 21st century in a nutshell!

Stephen Dietl

Familienknatsch

Mein Bruder hat durchaus Verständnis dafür, daß ich bei seiner zweiten Hochzeit nicht anwesend sein konnte. Ziemlich übel nimmt er mir aber das Versprechen, beim nächsten Mal auf jeden Fall wieder dabeizusein.

Tanja Schmid

Verkehrsberuhigt

Würden im Straßenverkehr alle anderen nur halb soviel aufpassen wie ich, dann bräuchte ich gar nicht mehr aufzupassen.

Dominik Wachsmann

Im Rheinland,

erzählt die Großmutter, werde von einem Aufhocker berichtet, einer Art Kobold, der die Menschen bedrücke. Er lasse sich auf Hut, Kopf oder Schulter eines Vorübergehenden fallen, strecke dann seine Glieder aus und werde zu einer unerträglichen Last. So ein Aufhocker sei es auch gewesen, der ihre Cousine zur Strecke gebracht habe. Sie selbst habe das immer schon gesagt. Deswegen habe sie ihr kurzerhand die völlig nutzlosen Antidepressionspillen abgenommen. Bald danach sei der Aufhocker dann erfolgreich gewesen.

Ludger Fischer

Fitneßtip

Wer seinen Körper in Form bringen will, muß meist nur kleine Änderungen im Trainings- und Ernährungsplan vornehmen: Reiswaffeln beispielsweise sind wirklich ein ganz hervorragender Ersatz für Hantelscheiben.

Cornelius Oettle

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ach, welt.de!

Die Firma Samyang stellt offenbar recht pikante Instant-Ramen her. So pikant, dass Dänemark diese jetzt wegen Gesundheitsbedenken vom Markt genommen hat. Und was machst Du? Statt wie gewohnt gegen Verbotskultur und Ernährungsdiktatur zu hetzen, denunzierst Du Samyang beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, wo Du fast schon hämisch nachfragst, ob das Produkt vielleicht auch hierzulande verboten werden könne.

Das Amt sekundiert dann auch sogleich bei der Chilifeindlichkeit und zählt als angebliche »Vergiftungssymptome« auf: »brennendes Gefühl im (oberen) Magen-Darm-Trakt, Sodbrennen, Reflux bis hin zu Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Bauch- und Brustraum. Bei hohen Aufnahmemengen können zudem Kreislaufbeschwerden auftreten – beispielsweise Kaltschweißigkeit, Blutdruckveränderungen und Schwindel«. Hallo? Neun von zehn dieser »Nebenwirkungen« sind doch der erwünschte Effekt einer ordentlich scharfen Suppe! Erbrechen müssen wir höchstens bei so viel Hetze!

Feurig grüßt Titanic

 Grüß Gott, Markus Söder!

Weil der bayerische AfD-Chef Sie wiederholt »Södolf« genannt hat und Sie ihn daraufhin anzeigten, muss dieser Ihnen nun 12 000 Euro wegen Beleidigung zahlen. Genau genommen muss er den Betrag an den Freistaat Bayern überweisen, was aber wiederum Ihnen zugutekommt. Ebenjener zahlt Ihnen ja die Honorare für freie Fotograf/innen, von denen Sie sich bei öffentlichen Anlässen gern begleiten und ablichten lassen. Im Jahr 2022 sollen sich die Kosten auf stolze 180 000 Euro belaufen haben.

Vorschlag: Wenn es Ihnen gelingt, die Prasserei für Ihr Image komplett durch Klagen gegen AfD-Mitglieder querzufinanzieren, stoßen wir uns weniger an Ihrem lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern.

Drückt vorauseilend schon mal beide Augen zu: Titanic

 Du wiederum, »Spiegel«,

bleibst in der NBA, der Basketball-Profiliga der Männer in den USA, am Ball und berichtest über die Vertragsverlängerung des Superstars LeBron James. »Neuer Lakers-Vertrag – LeBron James verzichtet offenbar auf Spitzengehalt«, vermeldest Du aufgeregt.

Entsetzt, Spiegel, müssen wir feststellen, dass unsere Vorstellung von einem guten Einkommen offenbar um einiges weiter von der Deiner Redakteur/innen entfernt ist als bislang gedacht. Andere Angebote hin oder her: 93 Millionen Euro für zwei Jahre Bällewerfen hätten wir jetzt schon unter »Spitzengehalt« eingeordnet. Reichtum ist wohl tatsächlich eine Frage der Perspektive.

Arm, aber sexy: Titanic

 »Welt«-Feuilletonist Elmar Krekeler!

»Friede eurer gelben Asche, Minions!« überschrieben Sie Ihre Filmkritik zu »Ich – einfach unverbesserlich 4«. Vorspann: »Früher waren sie fröhliche Anarchisten, heute machen sie öde Werbung für VW: Nach beinahe 15 Jahren im Kino sind die quietschgelben Minions auf den Hund gekommen. Ihr neuestes Kino-Abenteuer kommt wie ein Nachruf daher.«

Starkes Meinungsstück, Krekeler! Genau dafür lesen wir die Welt: dass uns jemand mit klaren Worten vor Augen führt, was in unserer Gesellschaft alles schiefläuft.

Dass Macron am Erstarken der Rechten schuld ist, wussten wir dank Ihrer Zeitung ja schon, ebenso, dass eine Vermögenssteuer ein Irrweg ist, dass man Viktor Orbán eine Chance geben soll, dass die Letzte Generation nichts verstanden hat, dass Steuersenkungen für ausländische Fachkräfte Deutschlands Todesstoß sind und dass wir wegen woker Pronomenpflicht bald alle im Gefängnis landen.

Aber Sie, Elmar Krakeeler, haben endlich den letzten totgeschwiegenen Missstand deutlich angesprochen: Die Minions sind nicht mehr frech genug. O tempora. Titanic

 Lieber Fritz Merz,

im Podcast »Hotel Matze« sagst Du, dass Du in Deutschland große Chancen bekommen hättest und etwas zurückgeben wolltest. Jawollo! Wir haben da direkt mal ein bisschen für Dich gebrainstormt: Wie wär’s mit Deinem Privatjet, dem ausgeliehenen vierten Star-Wars-Film oder dem Parteivorsitz? Das wäre doch ein guter Anfang!

Wartet schon ganz ungeduldig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Reifeprozess

Musste feststellen, dass ich zum einen langsam vergesslich werde und mir zum anderen Gedanken über die Endlichkeit allen Lebens mache. Vor meiner Abreise in den Urlaub vergaß ich zum Beispiel, dass noch Bananen in meiner Obstschale liegen, und dann dachte ich zwei Wochen darüber nach, wie lange es wohl dauert, bis die Nachbarn wegen des Geruchs und der Fliegen aus meiner Wohnung die Kripo alarmieren.

Loreen Bauer

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Liebesgedicht

Du bist das Ästchen,
ich bin der Stamm.
Du bist der Golo,
ich Thomas Mann.
Du bist Borkum,
ich bin Hawaii.
Du bist die Wolke,
ich bin gleich drei.
Du bist das Würmchen,
ich bin das Watt.
Du bist die Klinke,
ich bin die Stadt.
Du bist das Blättchen,
ich jetzt der Ast.
Sei still und freu dich,
dass du mich hast.

Ella Carina Werner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster