Vom Fachmann für Kenner | März 2015


Hundelogik

Getroffene Hunde beißen nicht. Steile These? Hier der Beweis: Getroffene Hunde bellen. Aber: Hunde, die bellen, beißen nicht. Ergo: q.e.d., noch Fragen?

Uwe Geishendorf

Publikum und Kritik

Jeder kennt Geschichten von verkannten Genies, aber wann erzählt mal einer die Geschichte vom verkannten Dilettanten? Jetzt: Ich selbst erlebte das nämlich auf einer Punkparty in den Achtzigern. Damals versuchte ich mich als Schlagzeuger, und an jenem Abend fand einer der ersten »Gigs« unserer Band statt. Ich war natürlich total besoffen und bekifft, spielte die ganze Zeit nur Scheiße und war ständig aus dem Takt. Und das Publikum? Jubel, Begeisterung, Pogo! Entsetzt brach ich irgendwann mitten im Stück ab, schleuderte meine Sticks in die Ecke und eilte nach draußen zu einer Odyssee durch die winterliche Nacht. Von Zweifeln und Ekel geplagt, gab ich das Schlagzeugspiel wenige Tage später für immer auf. Inzwischen bin ich Dachdecker. Da gibt sich das Publikum keinen Illusionen hin, und mein Schaffen wird im allgemeinen kompetent rezensiert. Die Leute merken einfach, wenn es bei ihnen reinregnet.

Karsten Wollny

Zungenbrecher

Sechs superreiche S/M-Schwestern aus der Schweiz schreiben während der Sex-Schach-WM in Sachsen schlüpfrige Scheich-Witze an sechzig alte Jazz-Schachteln in Bad Ulz. (3x)

Elias Hauck

Zeitvertreib

Als Bahnfahrer bin ich Verspätungen mittlerweile gewohnt. Erschwerend kommt jedoch hinzu, daß ich mich äußerst ungern auch nur eine Minute länger als notwendig auf zugigen Bahnsteigen aufhalte. Deshalb habe ich, aus der Not eine Tugend machend, eine Methode entwickelt, die nicht nur die unangenehmen Aufenthalte auf ein Minimum reduziert, sondern ganz nebenbei auch noch das Raum-Zeit-Gefüge aus dem Gleis wirft. Und so funktioniert es: Sie wechseln einfach den Bahnsteig und fahren Ihrem verspäteten Zug ein Stück entgegen. Auf diese Weise können Sie schon mal eine völlig inakzeptable Wartezeit von einer halben Stunde auf eine erträgliche Verweildauer im niedrigen einstelligen Bereich eindampfen – und natürlich fünfundzwanzig Minuten extra in wohliger Wärme verbringen. Bei dieser Vorgehensweise ist es natürlich von Vorteil, wenn Sie mit der Strecke vertraut sind, sonst fahren Sie womöglich zu weit, aber auch der feine Unterschied zwischen den Zugtypen ist zu beachten, andernfalls stehen Sie wieder am Bahnsteig, aber der Zug, dem Sie entgegengefahren sind, rauscht an Ihnen vorbei. In diesem Fall können Sie mit dem ganzen Quatsch wieder von vorn beginnen. Aber achten Sie mir bloß auf die Grenze Ihres Tarifgebietes, und ausreichend Zeit sollten Sie natürlich auch mitbringen!

Burkhard Niehues

Gelb-rote Riesen

Sie formten sich einst im Nichts aus verdichteter Materie und wuchsen über ewige Zeiten; sie leuchten gelblich wie von ferne und explodieren schließlich mit einem gewaltigen Knall: Pickel – die faszinierenden Himmelskörper für zwischendurch.

Sebastian Klug

Statt Familienanzeige

Meine Freundin hat mir streng untersagt, auf diesen Seiten aus unserem Intim- und Privatleben zu plaudern. Bon. Von mir aus. Sie ist dabei aber die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie ich ohne Zeilenhonorar das Porto für all die Karten aufbringen soll, die davon künden, daß wir ein Kind erwarten.

Frederik Moche

Lehrerpsychologie

Kein Wunder, daß Lehrer ständig über die hohe Arbeitsbelastung, die schlechte Bezahlung, schlichtweg ihr gesamtes Dasein jammern: steht doch in jedem Kopierraum ein Lamentiergerät.

Ingo Krämer

Sinnbild mit Penis

Einen äußerst unglücklich dreinschauenden Hund mit sehr kurzen Beinen beobachtete ich vergangene Woche in der U-Bahn. Der kleine Hund trug schwer an seinem Penis. Während das betrübte Tier von seinem Herrchen an der Leine durchs Abteil zur Tür gezerrt wurde, schleifte sein unverhältnismäßig großes Glied über den Boden und hinterließ beim Aussteigen eine feucht schimmernde Spur auf dem Linoleum. Ich hatte das Gefühl, daß diese Szene ein treffendes Sinnbild darstellte – wenn ich nur wüßte, für was!

Mark-Stefan Tietze

Backwarenidee

Sturmum-Toast – das Brot für windige Tage.

Valentin Witt

Integration gelungen

Anläßlich des 85. Geburtstags von Rolf Eden fiel mir wieder ein, unter welchen Vorzeichen ich diesem großen Mann schon einmal begegnet war – nämlich unter astrein islamistischen. Nach einer Lesung im Wedding wollte ich mich mit dem Sänger Elias Hauck in der »Paris-Bar« treffen, wo wir allmonatlich einen »hoben«, wie wir jungen Leute das damals nannten. Darunter verstanden wir ein ganz ordinäres Bier. Ich jedenfalls, nicht doof, ließ erst mal die Taxi-App losrattern, und hastdunichtgewuppt: Fünf Minuten später steht da ein Mercedes vor mir. Am Steuer: ein dicker junger Salafist. Mit Robe, Bart, Schmerbauch und wildem Blick. Ich so: Okaaaaaay, jetzt bloß nicht durchdrehen, der kann dich nicht einfach umbringen, er ist ja bei der App registriert, da könnte er seine Zulassung verlieren, sich einen Riesenärger einhandeln and so on – ich mache jetzt aber auch keine Kompromisse, ich gebe ihm jetzt keine andere Adresse, auch wenn ihm seine bekloppte Religion die Paris-Bar verbietet. Ich also, mit fester Stimme: »Zur Paris-Bar, junger Mann«, willens, notfalls für den internationalen Alkoholismus den Märtyrer zu geben, willens aber auch, dieser verlorenen Seele durch zwanglose Konversation eine Brücke zu bauen in Richtung Freiheit, Aufklärung, Mozart. Der Salafist zuckt mit keinem Schnurrhaar, sondern fährt mich wie zum Hohn anstandslos und direktemang zur Paris-Bar. Es folgte eine Konversation, wie man sie auch mit jedem handelsüblichen Jungtürken haben kann: Wetter, Berliner S-Bahn, die Vorteile von Hybridautos. An der Paris-Bar schlurft eine großgewachsene, leicht vornübergebeugte Mantelgestalt in einen Jaguar und braust davon. »Menschenskinder, der Rolf Eden! Ist aber alt geworden«, sagt mein Fahrer. »Wer, bitte?« frage ich. »Rolf Eden. Kennste nicht?« – »Nein, wer ist das, bitte?« – »Mann, kennt Rolf Eden nicht. Den kennt doch jeder! Wie kann man den Rolf Eden nicht kennen?!« Kopfschüttelnd braust er davon, der Islamist. Ich habe ihm kein Trinkgeld gegeben.

Leo Fischer

Glück im Unglück

Nachdem neulich in Paris bei einem groß angelegten Einbruch der berühmte Urmeter aus seinem Stahlschrank entwendet worden war (aufgeschweißt) und dabei auch die weniger berühmte Urminute Schaden genommen hatte (runtergefallen), entdeckte man glücklicherweise in den Vernehmungsprotokollen der befragten Wachleute die verschollen geglaubte Schrecksekunde (ca. 1/3 Urminute) sowie zwischen den Zeilen die mysteriöse, der Wissenschaft bislang nur theoretisch bekannte Ejaculatio praecox (ca. 1/4 Schrecksekunde).

Peter P. Neuhaus

Erzeugerprinzip

Wenn blagengeplagte Eltern nach Kochen, Essensunfallhilfe, Abwaschen und Aufräumen endlich mal dazu kommen, auf dem Küchenstuhl den Streß Streß sein zu lassen; wenn sie dann vom nächsten nervenzerreißenden Blöken aus dem Nachbarzimmer aufgescheucht werden; wenn sie nun aber merken, daß sie auf dem Stuhl in einer zähflüssigen Pfütze aus Trinkzucker, Bratfett und halbgelutschten Bonbons kleben bleiben, dann gilt wie immer: Eltern haften für ihre Kinder.

Michael Höfler

Positive Psychologie

Wer Fußpilz hat, hinterläßt wenigstens Sporen.

Julia Mateus

Wise words

Nichts geht doch über die Erfahrung und klare, unverstellte Sicht älterer Kollegen auf den Arbeitsalltag. Ein Beispiel aus meiner Zeit als Hilfsarbeiter in einer Süßwarenfabrik: Als es wegen eines technischen Defektes zu einer Arbeitsunterbrechung am Fließband kommt, rechne ich mir zum Zeitvertreib aus, daß ich in einer Stunde eine Palette mit 168 Kartons packe, was 5040 Marzipanbroten entspricht, da ein Karton 30 Marzipanbrote enthält. Die ergibt wiederum 50 400 Marzipanbrote für beide Schichten, wenn man von einer täglichen Nettoarbeitszeit von 10 Stunden ausgeht, was bei einer 5-Tage-Woche 252 000 wöchentlich, und damit 1 008 000 Marzipanbrote monatlich macht. Gerade in dem Moment, als ich von dieser enormen Produktionsleistung angemessen beeindruckt sein will, sagt Erika, die mir am Band gegenübersteht und den Job seit über 20 Jahren ausübt, als ob sie meine Gedanken erahnt: »Junge, wer soll die ganze Scheiße bloß fressen?!«

Thorsten Mausehund

Kompromißvorschlag

Gotteslästerung bleibt strafbar, wird aber zum absoluten Antragsdelikt (anzutragen durch die betroffene Gottheit).

Dominik Mauer

Life hack gratis

Wer kennt das nicht: Ob bei Aldi oder Lidl, die Kassiererin ist zu schnell, die Ablage hinter dem Scanner zu klein, man kommt mit dem Einpacken nicht hinterher, die Waren türmen sich zu einem Berg von schwindelerregender Höhe auf, die Kassenschlange hinter einem scharrt ungeduldig mit den Füßen. Streß, Schweiß und Herzinfarkt sind die Folge. Das muß nicht sein! Denn die Grev’sche Warensortierung schafft Abhilfe: Einfach Obst und Gemüse, das abgewogen werden muß, gleichmäßig zwischen den fertig abgepackten Produkten verteilen und damit den Scanner-Schwung der Kassiererin in regelmäßigen Abständen bremsen. Einpackrückstände können während des Wiegens mühelos aufgeholt werden. Der Tod an der Supermarktkasse gehört der Vergangenheit an: Die Grev’sche Warensortierung bringt die Entspannung zurück in den Discounter.

Katharina Greve

Wunschdenken

Als erstes bräuchte man eine Talsperre in Quaderform. Aus ihr müßte dann das Wasser abgelassen werden bis auf den letzten Tropfen; für andauernde Trockenheit würde ein geschlossenes Dach sorgen. Dann noch alte Polstermöbel, milbenverseuchte Matratzen und sonstigen Unrat ins besagte Reservoir gestellt, bis endlich der schöne Zustand erreicht wäre: daß ein Staubecken Staubecken enthält.

Sebastian Dingler

Schade

Verunsichert, ob man nun »Ich finde es Schade« oder »Ich finde es schade« schreibt, bemühte ich eine Online-Suchmaschine. Beim Tippen schlitterte mein Mittelfinger vom »D« jedoch unbemerkt hinüber zum »F«, weshalb ich mich mit Ergebnissen zu »Schafe finden« konfrontiert sah. Diese Koinzidenz als Providenz begreifend, klickte ich auf den ersten Link der Trefferliste. Als Resultat grasen nun zwei Schafböcke aus Kamerun und ein Mufflon in meinem Garten. Allein bei der Auktion dreier Merinolämmer überbot man mich. Das fand ich schade.

Cornelius Oettle

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Und übrigens, Weltgeist …

Adam Driver in der Rolle des Enzo Ferrari – das ist mal wieder großes Kino!

Grazie mille von Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Man spürt das

Zum ersten Mal in meinem Leben war ich in New York. Was soll ich sagen: Da war sofort dieses Gefühl, als ich zum ersten Mal die 5th Avenue hinunterflanierte! Entweder man spürt das in New York oder man spürt es eben nicht. Bei mir war sie gleich da, die Gewissheit, dass diese Stadt einfach null Charme hat. Da kann ich genauso gut zu Hause in Frankfurt-Höchst bleiben.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg