Vom Fachmann für Kenner | Juli 2013


Aus der Kulturgeschichte des Bürohumors

Immer wieder kam es auf Betriebsfeiern in mittelalterlichen Schreibstuben vor, daß betrunkene Mitarbeiter dem Kopiermönch ihren nackten Hintern entgegenstreckten. Die Putzfrau durfte dann am nächsten Morgen ganze Stapel obszöner Pergamente entsorgen.

Torsten Gaitzsch

Auch wahr

Ein Ponyhof ist nicht das Leben!

Tibor Rácskai

Voll behindert, die Rassisten

Erfrischende Szene im Thermalbad: Ein kerngesunder Schwarzer blockiert die besonders geräumige Extradusche für Behinderte. Direkt davor sitzt ein sichtlich erboster Rollstuhlfahrer, starrt die dunkle Haut des unbefugt Duschenden an und knurrt: »Das zählt heutzutage nicht mehr!«

Tanja Hötzle

Nur konsequent

Wer Algier sagt, muß auch Belgier sagen!

Mark-Stefan Tietze

Dresden

Einmal war ich mit einer Freundin in dem mir unbekannten Dresden verabredet, und zwar exakt in der Mitte der Augustusbrücke, und da stand ich dann und wartete eine geschlagene Stunde lang, bis mich endlich das Handy erlöste, aus dem ihre leise Stimme klang mit der gehauchten Entschuldigung, sie als Ortskundige habe sich peinlicherweise mit den Brücken vertan und eigentlich die danebenliegende gemeint – wo sie jetzt auch schon eine Stunde lang auf mich warte, und ob ich sie vielleicht von der Augustusbrücke aus sehen könne, sie winke jetzt mal mit einer weißen Plastiktasche. Ich hab sie aber nicht gesehen, und dann sagte sie: Ich treff dich auf der anderen Seite, und hat aufgelegt, und da wußte ich natürlich nicht auf welcher Seite denn nun, und dann hat das alles nicht geklappt und ich habe diese alte Freundin nie mehr wiedergesehen, weil sie das Handy in den Fluß geworfen hat oder eine neue Nummer; jedenfalls ging da nichts mehr, aber vielleicht liest sie das ja hier, und für den Fall sag ich mal: Sonntag, meine Stadt, Bahnhofsbrücke, okay?

Peter P. Neuhaus

Similia similibus curentur

Eigentlich hatte ich gestern ziemlich viel getrunken, stellte heute morgen aber irritiert fest, daß ich gar keinen Kater hatte. Die Freundin am Frühstückstisch wußte Rat: »Dann nimm doch ein Placebo.«

Frederik Moche

Nomen = omen

Beim letzten sonntäglichen Spaziergang entdeckte ich einen Autoanhänger der Dachdeckerei Karlsson. Zuerst war die Freude groß: Karlsson, zwar schon immer ein Mann in den besten Jahren, ist nun doch endgültig erwachsen geworden und hat sogar einen Beruf ergriffen. Dann aber, beim Blick auf die Homepage: Tiefste Empörung! Der Meister heißt gar nicht Karlsson! Es ist ein kalkulierter, sympathieheischender Kunstname, der schnöde mit den Gefühlen aller von Lindgren sozialisierten Erwachsenen spielt. Wie der Standardtext für den Brief lautet, in dem die Firma die Beseitigung von Baumängeln verweigert, kann ich mir jetzt schon denken: »Das stört keinen großen Geist.« Ja, das ist genau das anrüchige Geschäftsgebaren, das ich von einem Handwerksmeister erwarte, der unter seinem eigenen Namen niemals einen seriösen Betrieb wird führen können: Alexander Zwielich.

Katharina Greve

Gut gesagt

Spare in der Not, dann hast du im Tod.

Markus Riexinger

Mein Wert

Ich weiß nicht, ob dies der richtige Ort dafür ist – und so recht traue ich mich nicht, es zu sagen, aber: Ich habe einen Minderwertigkeitskomplex. Hat mir mein Therapeut geraten, das mal auszusprechen. Denn es ist kein leichtes Los mit einem Minderwertigkeitskomplex. Vor allem mit einem solchen Minderwertigkeitskomplex, wie ich ihn habe. Es ist kein gewöhnlicher Minderwertigkeitskomplex, sagt mein Therapeut. Einen solchen Minderwertigkeitskomplex hätte jedenfalls er noch nicht gesehen. Für meinen Minderwertigkeitskomplex müßten eigentliche neue Fachbücher geschrieben werden, glaubt er. Neben meinem Minderwertigkeitskomplex bekommen andere Minderwertigkeitskomplexe Minderwertigkeitskomplexe. Bestünde mein Minderwertigkeitskomplex aus Steinen, er würde aus dem All betrachtet einen Schatten auf die chinesische Mauer werfen. Das einzige, was an mir noch größer und beeindruckender ist als mein Minderwertigkeitskomplex, ist mein Penis. Ha!

Tim Wolff (12 cm)

Aufruf an die Männerwelt

Auch meinem Selbstwertgefühl täte es gut, wenn sich auf der Straße wenigstens ein Kerl mal nach meiner Freundin umdrehen würde.

Thorsten Mausehund

Traumhaft

Seit ich gelesen habe, daß Menschen, die von Zahnausfall träumen, eine lebhafte Sexualität haben, träume ich regelmäßig von, richtig: Zahnausfall. Bisher bleibt der Erfolg jedoch noch aus – was sicher darauf zurückzuführen ist, daß ich wegen der Alpträume keine Nacht mehr durchschlafen kann.

Ingo Krämer

Morgendlicher WG-Dialog

»Hast du gestern nacht eigentlich gekotzt?«

»Ich weiß nicht, ich kann mich nur noch an Bruchstücke erinnern.«

Raphael Dillhof

Fair aber hart

Ich habe mir, aus Versehen wohlgemerkt, sogenanntes »Recycling-Klopapier« gekauft. Da wäre ich besser gleich in den Wald gegangen und hätte Holz gesammelt: Dieses Zeug ist so hart, daß mein Hintern demnächst nicht mehr zur, ähem: »Wiederverwendung« taugt.

Tina Wirtz

Soziales Literaturnetzwerk

Es erstaunt mich immer wieder, wie literaturbewandert soziale Netzwerker sind. So fällt es auf, daß gerade im englischsprachigen Ausland der bayerische Schriftsteller Oskar Maria Graf von tausenden Kommentatoren laufend unter dem Kürzel »omg« zitiert wird.

Moses Wolff

Fröhliche Hundegeschichten (XXIII)

Was braucht der Mensch, frage ich euch? Frage ich, William Thoreau, der unbequeme Eremit, der bescheidenste von allen! Die Wildnis bietet euch unendliche Reichtümer, sage ich euch, wohingegen die Städte Zwinger sind, in denen ihr euch selbst an die Kette legt! Ihr baut euch ein Haus aus Stein, das euch der Mietjude jederzeit unterm Gesäß wegpfänden kann; ihr laßt eure Mitmenschen über Stöckchen springen, die euch ein Hund freiwillig bringen würde. Ihr schneidert Kleider, damit ihr Brot bekommt, und backt Brot, damit es wochenlang in der Tiefkühltruhe liegt. Ohne mich! Hier, am Waldi-See, habe ich das wahre Leben gefunden: Ich lebe wie ein Hund! Wie der biblische Mops im Haferbrei! Ein Hund kann jeden Luxus ersetzen: Statt die Zeitung voller Lügen zu lesen, achte ich darauf, wann mein Hund die Ohren spitzt – schneller als jeder Telegraph. Wofür brauche ich ein Bett aus Federn, das mich nur verzärtelt? Ein Hund ist meine Bettstatt, ungleich wärmer und weicher! Kommt zu mir, kommt nach Waldi! Hier am See habe ich mir eine Blockhütte aus Hunden gebaut; mit Dauerwürsten habe ich sie aneinandergebunden und gestapelt. Fort mit morschen Balken: Mein Haus besteht aus meinen besten Freunden! Und sie verlangen so wenig: Nur einmal, morgens, gehe ich hinaus mit einem Malerpinsel aus Hundehaar und streiche die Hauswände mit Chappi. Was will ich mit Zuber und Seife? Am Badetag stelle ich mich nur an die Wand, und schon leckt mein Haus mich sauber. Was brauche ich ein Barometer? Vom Wetter künden mir meine Hunde, denn wenn es regnet, winselt die Außenmauer. Was brauche ich eine Frau, die nur keift und Hüte kauft? Ich [Fragment]

Leo Fischer

Durchgerechnet

Wenn ich meinem aktuellen Rentenbescheid glauben darf, dann liegen meine Ansprüche trotz der wenigen bislang abgeleisteten Arbeitsjahre bereits im dreistelligen Bereich. Da es heißt, daß die Jungen später gar keine Rente mehr haben werden, habe ich beschlossen, meine Ansprüche sofort geltend zu machen. Sollte das Geld nicht reichen, kann ich ja nebenher arbeiten gehen.

Björn Boch

Äthiopisches Nationalgericht

Zebrastreifen auf Blattsalat.

Sebastian Klug

Verhört

Radiomeldung am frühen Morgen: Die Puhdys trennen sich! Rasende Gedanken: Wieso denn jetzt noch? Um getrennt sterben zu dürfen? Oder doch, um späte Solokarrieren zu starten? Große Erleichterung bei Nennung der »Bandmitglieder«: Wladimir und Ludmila.

Sebastian Dingler

So sieht’s aus

Manchmal frage ich mich, warum gerade besonders häßliche Menschen besonders häßliche Kleidung tragen müssen. Aber andererseits war mein neues Hemd wirklich spottbillig.

Andreas Maier

Paula

Ein Paar in der Eisdiele, beide etwa Anfang dreißig; er steht vorne an, sie ruft von hinten: »Bringst du für Paula noch eine Kugel Vanille mit?« Er: »Die haben hier kein Vanille. Ich laß sie bei mir mitschlecken.«

Diesem nur scheinbar banalen Dialog verdanke ich es, daß meine Freundin mich für einen großen Menschenkenner hält. Ich stehe seitdem in einer Reihe mit Freud, Dostojewski und Domian, erriet ich doch auf Anhieb, was sich kurz darauf bestätigte: nämlich, daß es sich bei Paula um den Familienköter handelte.

Friedrich Krautzberger

Besondere Kennzeichen

Falls ich je einmal das Gedächtnis verlieren und meinen eigenen Namen nicht mehr kennen sollte, und daher Ungewißheit herrscht, ob ich es bin oder nicht: Gebt mir einfach sechs hartgekochte Eier zu essen, sechs Wassergläser Wodka innerhalb von zwei Stunden zu trinken, ein halbes Osterlamm, vier Gläser Eierlikör und dazu je ein russisches Ei mit gehackter Sardelle, zwei Stück Schokoladenkuchen mit Marzipan sowie drei Gläser Sekt; dazwischen Espresso und unzählige Salzstangen, zwei Kartoffelklöße, eine wagenradgroße Scheibe Braten, gemischten Salat, einen halben Apfelstrudel, sechs Maß Bier, eine Rindsroulade mit Speck und sauren Gurken; und zum krönenden Abschluß zwei Gläser Rotwein mit Käse. Wenn der orientierungslosen Person davon nicht schlecht wird, dann bin ich’s.

Theobald Fuchs

Neusprech

Auf der Straße belauschter Gesprächsfetzen.

Fremde 1: »George Orwell? Wer ist denn George Orwell?«

Fremde 2: »Das ist ein Autor, der hat ein Buch geschrieben über die Klasse von 1984.«

Tina Manske

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
11.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
12.12.2023 Frankfurt, Stalburg-Theater Pit Knorr & Die Eiligen Drei Könige
15.12.2023 Oelde, Haus Nottbeck Heiko Werning & Brauseboys
18.12.2023 Frankfurt, Mousonturm Max Goldt