Vom Fachmann für Kenner | November 2012


Begriffsstutzig

Wann sollte man beginnen, sich Gedanken über sein Sexualleben zu machen? Bzw.: Ist es nicht eh schon zu spät, wenn die Freundin nach der Libido fragt, aber eigentlich die Prostata meint?

Björn Boch

Fröhliche Hundegeschichten (XVI)

Es waren mal zwei Hunde.

Als sie zwei Monate alt waren, schnappten sie nach Mutters Zitzen.

Als sie eins waren, bissen sie in die Hand, die sie fütterte.

Als sie zwei waren, knabberten sie an den Knochen vom Sonntagsbraten.

Als sie vier waren, zerfetzten sie eine Borchert-Gesamtausgabe.

Als sie sieben waren, zerrissen sie das Kabel vom Beatmungsgerät ihres Besitzers.

Als sie acht waren, fraßen sie den wichtigen Friedensvertrag.

Als sie neun waren, bissen sie in den Finger, der den Atomkrieg auslösen wollte.

Als sie zehn waren, bissen sie in die Hand, die ihnen dafür einen Orden anheften wollte.

Als sich nach hundert Jahren ein Regenwurm durch ihre beiden Gräber fraß, merkte er gar nicht, daß hier zwei Hunde mit ihren Lieblingsknochen beerdigt waren. Es waren dieselben Knochen. Alles dieselben Knochen.

Leo Fischer

Ein Abschied

Achtung, Achtung: Mohammed hatte Käsefüße, Spliß und Mundgeruch!

Ergänzung 1: Danke für alles, Mutter.

Ergänzung 2: Eric, das mit Deiner Freundin tut mir leid. Falls Du es weißt. Falls nicht: Es ist nichts passiert.

Ergänzung 3: Bitte zuerst Matussek angreifen. Danke.

Benjamin Baum

Gerecht

Wer als Mann in den fortgeschrittenen Vierzigern seine Freizeit gerne vor dem Tresen verbringt, für seine Standhaftigkeit nach einiger Zeit mit einem stattlichen Bauch belohnt wird und diesen Umstand ohne großes Murren akzeptiert, dem erscheint es doch etwas befremdlich, wenn die schlanke und sportliche Freundin ihm nonchalant vorschlägt: »Du gehst dann um drei Uhr in die Kneipe und ich gehe um drei Uhr ins Fitneß-Studio.«

Man reagiert verwundert: »So lautet also der Plan?«

»Na klar. Jeder tut etwas für seine Figur.«

Christoph Koblenz

Als Sammler

begnüge ich mich nicht mit dem Sammeln von Eindrücken, Kronkorken und Hautcremes aus Hotels, die meine Freundin in regelmäßigen Abständen in den Müll wirft. Als echter Sammler sammle ich etwas, das wirklich kein Mensch gebrauchen kann, nicht einmal ich: Plastikkugeln aus leeren Deorollern. Mittlerweile habe ich schon zwei Schuhkartons davon. Jede Überlegung zu einer praktischen Verwendung habe ich bisher verworfen, etwa die, sie dem Wuppertaler Tanztheater zu Übungszwecken auf die Bühne zu kippen, und auch die, sie zur Hauptverkehrszeit eine U-Bahn-Treppe hinabhüpfen zu lassen. Ich glaube, ich belasse es beim zweckfreien Sammeln, denn darum geht es doch, oder?

Ludger Fischer

Jugend von heute

Auf dem Weg zum Supermarkt liegt ein etwas heruntergekommener Spielplatz, auf dem sich des öfteren Jugendliche aufhalten. Nach einem versoffenen Abend bei mir zu Hause machte ich mich auf, um die geleerte Kiste Bier zum Supermarkt zurückzubringen. Auf Höhe des besagten Spielplatzes brüllten mich ein paar 14jährige an: »Yeah, geil, jetzt gibt‘s Bier!« Als ich ihnen klar machte, daß es sich hier nur noch um leere Flaschen handelte, wurden sie noch begeisterter: »Geil! Pfand!«

Michael Hahn

Geheim

Zwei Neuzugänge für meine Sammlung von Verschwörungstheorien, sie wurden mir im Brustton der Konspiration und sehr besorgt von zwei unterschiedlichen Personen eingeflüstert.

1. Die Kachelmann-Verschwörung: Kachelmann wurde mit den Vergewaltigungsvorwürfen »kaltgestellt«, weil er kurz davor war, durch sein landesweites Netzwerk von Wetterstationen mit Satellitenverbindung die BRD zu kontrollieren.

2. Die Dirk-Bach-Verschwörung: »Den haben sie weggemacht!« Er habe im Zusammenhang mit den NSU-Morden »zuviel gewußt«.

Bedenklich!

Nicolai Hagedorn

Nie gesagte Sätze

»Also diese Regentropfen, da muß irgendwo ein Nest sein.«

Markus Riexinger

Bürgerliches Trauerspiel

Urlaubsfahrt. Etappenpause in den Alpen. Bieder rustikales Hotel. Warmes Wetter. Fenster überall sperrangelweit offen. Nachbarn offenbar Rheinländer, Mann und Frau, beide etwa Mitte 50. Aus dem Zimmer Geräusche. Erst fröhliches Zechen. Dann lautes Gekeife. Schließlich unbotmäßiges Brüllen. Später Übergang in diffuses Gurgeln. Mein Gedanke: Ruhe ist die erste Würgerpflicht.

Harald Wurst

Wissensvorteil

Heiße Diskussion im Bus unter zwei Fünfjährigen.

Kind 1: »Wenn man ein Baby macht, muß man den Penis in die Scheide tun.«

Kind 2, entrüstet: »Meine Mama hat das nicht gemacht!«

»Hat sie bestimmt«

»Nee, ich hab sie gefragt!«

Ratlose Pause.

Kind 2, triumphierend: »Ich weiß, wie Menschen sterben!«

Katharina Voigt

Mit der Zeit stehen

Wer von der ewigen Mobilität und Hast die Nase voll hat, sollte sich unbedingt ein E-Skateboard zulegen. Den besten Kompromiß aus Geschwindigkeit und Gewicht bieten Modelle, die es bei 15 Kilogramm auf 15 km/h bringen: Cityräder überholen einen, Falträder lassen einen an der Ampel stehen, beim Überwinden von Schwellen und Treppen bewahrt einen das Gewicht vor Eile, und mancher Zug, auf den man besser nicht aufspringt, fährt vor einem ab.

Michael Höfler

Ansteckend

Als ich von einer Radlerin mit weitaus besserem Fahrgestell bergauf ständig ausgebremst, dafür bergab vom Weg gedrängt wurde, stellte ich mir gereizt die Frage, ob es eigentlich die Drahtesel sind, die einen mit dieser merkwürdigen Stutenbissigkeit infizieren.

Katrin Bolbeth

Im Reisebüro

»Könnten Sie mir eventuell auch noch den Katalog aus dem letzten Jahr mitgeben?«

»Gern. Aber warum denn?«

»Ich bin Historiker.«

Andreas Maier

Programmfehler

Wie oft habe ich im Internet bei verschiedenen Hilfe-Seiten unter FAQ meine Frage nicht gefunden! Deswegen schlage ich vor, eine zusätzliche Kategorie einzuführen, auch wenn sich das nicht so locker aussprechen läßt: QNA – questions never asked.

Jürgen Naumann

An Markus Lanz

Ich wette, daß ich sämtliche Moderatoren deutscher Polit-Talkshows mit verbundenen Augen an dem Geräusch unterscheiden kann, das entsteht, wenn meine Handfläche mit großer Geschwindigkeit auf eine Moderatorenbacke trifft. Das funktioniert übrigens auch mit Mitgliedern der Bundesregierung.

Tibor Rácskai

Das verlernt man nie

Hurra, hurra! Seit gestern spült meine Waschmaschine wieder. Jahrelang hat sie zwischen Waschgang und Spülen einfach abgebrochen, und ich mußte immer manuell weiterschalten, was natürlich total nervig ist, besonders wenn man nicht zu Hause ist. Und gestern auf einmal das: spontane Selbstheilung. »Rrrrrrrrrratschsch« – Weiterschaltung zum Spülen. Dabei hab’ ich gar nichts gemacht, nichts repariert, nicht mal draufgehauen… offenbar ein Fall von esoterischer Wunderheilung. Na, wenn das so weitergeht, besteht ja vielleicht auch Hoffnung für mich, und ich kann irgendwann plötzlich und überraschend wieder Fahrradfahren.

Peter P. Neuhaus

Ausgerechnet…

»Wollen wir uns die Sendung über Mathe, Primzahlen und Codes angucken?«

»Och ja. Wo läuft die denn?«

»Auf 3satz.«

Katharina Greve

Schön!

Zugegeben, manchmal glaube ich fast, ich könnte die Meinung anglizismenfeindlicher Sprachnörgler teilen, und dann warte ich nur darauf, daß mich jemand zur Begrüßung fragt: »Wie bist du?«, oder daß mir jemand über eine Sache, die mich nichts angeht, sagt: »Das ist nicht dein Konzern.« Doch dann wiederum gibt mir ein New Yorker Bekannter zum Abschied einen Rat, dem ich freudig folge und den ich in meiner bisweilen farblosen Muttersprache gerne fest verankert sehen möchte: »Genieß dich!«

Karsten Wollny

Avantgarde

Lange bevor Facebook gegründet wurde, gab es bereits Shitstorms in der SPD. Sie hießen damals allerdings noch Parteitage.

Tanja Hötzle

Clever gärtnern

Habe die unzähligen Eichenblätter, die in meinen Garten gefallen sind, mit meiner Laubsäge zu Lindenlaub umgestaltet. Das verrottet besser.

Uwe Geishendorf

Quo vadis, Sparkasse?

Köln, U-Bahn-Linie 5 Richtung Hauptbahnhof. Ein Ex-Jugoslawe telefoniert akzentfrei und zweisprachig mit einem Geschäftspartner. Der deutsch hervorgebrachte Satz »Den ganzen Tag in der Sparkasse arbeiten und dann abends im Swingerclub mit Kacke rumschmeißen… so Pappnasen sind das!« gehört zum Besten, was ich seit langem zur Finanzkrise gehört habe.

Nikolai Thom

Im Blumenladen

Verkäufer: »Geschenkpapier um den Strauß?«

Käuferin: »Keine Ahnung, ich bin kein Mann. Ich weiß nicht, wie man sich benimmt, wenn man Scheiße gebaut hat.«

Michael Zirlewagen

Hausflurhygiene

Massiver Wasserschaden im Bad; es mußte bereits seit längerer Zeit aus der Dusche in die Zwischendecke gelaufen sein. Einsturzgefahr! Die Hausverwaltung griff umgehend ein, die neu abgedichteten Fugen hatten zwölf Stunden lang zu trocknen. Nach eingehender Begutachtung seines Werkes gab der Hausmeister unsere Dusche am nächsten Tag wieder frei. Knapp zwei Wochen danach zwang mir seine Frau im Hausflur ein Gespräch auf und erkundigte sich, ob wir denn schon wieder geduscht hätten. Soll ich das als Unverschämtheit auffassen oder mich einfach vor ihr ekeln?

Simon Brüggemann

Spektrum

Als sich bei einer abendlichen Diskussion ein Bekannter, der Mitglied der Grünen ist, im Verlauf des Gesprächs immer mehr CSU-Positionen annäherte, wurde mir bewußt, daß die Kategorisierung der alkoholinduzierten Leistungsfähigkeit des Denkvermögens von »Alles im grünen Bereich« bis »Mir wird schwarz vor Augen« durchaus auch eine parteirhetorische Dimension hat.

Caspar Kolster

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Prophetisch, »Antenne Thüringen«?

Oder wie sollen wir den Song verstehen, den Du direkt nach der von Dir live übertragenen Diskussion zwischen Mario Voigt und Björn Höcke eingespielt hast? Zwar hat der Thüringer CDU-Fraktionschef Höckes Angebot einer Zusammenarbeit nach der Wahl ausgeschlagen. Aber es wettet ja so manche/r darauf, dass die Union je nach Wahlergebnis doch noch machthungrig einknickt. Du jedenfalls lässt im Anschluss den Musiker Cyril mit seinem Remake des Siebziger-Lieds »Stumblin’ in« zu Wort kommen: »Our love is alive / I’ve fallen for you / Whatever you do / Cause, baby, you’ve shown me so many things that I never knew / Whatever it takes / Baby, I’ll do it for you / Whatever you need / Baby, you got it from me.« Wenn das nicht mal eine Hymne auf eine blau-schwarze Koalition ist!

Hätte sich dann doch eher »Highway to Hell« gewünscht: Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
06.05.2024 Hannover, Pavillon Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
06.05.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
07.05.2024 Köln, Stadthalle Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
07.05.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Kathrin Hartmann