Vom Fachmann für Kenner | August 2012


Ein Sommernachtstraum

Natürlich gibt es kaum etwas Schöneres, als an einem lauen Sommerabend gemeinsam auf der Seminarparty im Universitätsgarten zu grillen, anschließend zu den animierenden Klängen der Live-Musik immer mehr von diesen phantastischen Cocktails zu trinken, um sich irgendwann gegen Ende in einer abgelegenen Ecke gegen die Mauer gepreßt wild zu küssen; aber mußte sich meine Freundin letzten Samstag dafür ausgerechnet dieses Arschloch aus der Staatsrechtsvorlesung aussuchen?

Matthias Stangel

Fantasyroman

Ein Land, in dem auch Riesen leben, wohlhabend geworden durch die Kothaufen, die sie hinterlassen, und die bei teuren Führungen besichtigt werden können.

Markus Riexinger

Forschungsbauernregel

Hätte Marie Curie wirklich was für die Emanzipation tun wollen, hätte sie das Periodensystem erfunden!

Sascha Dornhöfer

Eine Premiere

Nur einmal in meinem Leben habe ich einen Leserbrief geschrieben. Und das kam so: Meine Freundin und ich hatten ein Konzert von »Element of Crime« besucht. Am übernächsten Tag lasen wir in der Zeitung eine Kritik; darin behauptete der Rezensent, Konzerte dieser Band seien nicht von der Art, daß man anschließend nach Hause gehe, um zu kopulieren. Meine Freundin und ich waren rechtschaffen empört. Das stimmte doch gar nicht – der Mann schrieb die Unwahrheit! Wir waren doch selbst dabeigewesen! Hatten das Konzert von »Element of Crime« besucht und waren anschließend nach Hause gegangen – und zwar, um zu kopulieren! Noch am selben Tag setzten wir einen gepfefferten Leserbrief auf, in dem wir den Kritiker kurz und knapp, aber unmißverständlich über den Verlauf des in Rede stehenden Abends einschließlich des stattgehabten Geschlechtsverkehrs und damit über seinen Irrtum in Kenntnis setzten. Für den Fall weiterer Verfehlungen dieser Größenordnung drohten wir sogar mit einer Kündigung unseres Abonnements.

Steffen Brück

Unter Kollegen

Ein kleiner Tip für alle, die wie ich den Begriff »Copyright« googeln, um dann aus den Ergebnissen das Sonderzeichen © mit Copy-Paste an die gewünschte Stelle zu zaubern: Einfach http://de.wikipedia.org/wiki/Copyrightzeichen bookmarken!

© Murmel Clausen

Die beste Zeit meines Lebens

14.37 Uhr.

Andreas Maier

Oldie-Fan

Ich werde ein immer größerer Anhänger älterer Herrschaften: In der Obst- und Gemüseabteilung des Supermarktes fällt einer Seniorin eine Tüte mit Pflaumen runter, hilfsbereit hebe ich ihr den Beutel mit dem eingeschweißten Import-Obst auf. Sie bedankt sich und entgegnet: »Mußte ja passieren, junger Mann, steht schließlich drauf.« Ich lese, angenehm erheitert: Plums.

Thorsten Mausehund

Kein Problem

Seit einer Weile höre ich Stimmen in meinem Kopf. Zum Glück stammen sie von Psychiatern.

Tim Wolff

Self-fulfilling Procedere

Selten wurde mir so viel Blut abgenommen wie in den letzten Wochen. Der einzige Befund: eine leichte Blutarmut.

Katharina Greve

Amtliche Bekanntmachung

Hiermit beantrage ich ein Patent auf den Neologismus »Zotat« = wörtliche Wiedergabe eines anzüglichen Ausspruchs.

Tina Manske

Trümmerkost für Schlemmerfrauen

Wer von uns erschauert nicht, wenn er an die kulinarischen Anekdoten aus der Jugendzeit unserer Großeltern denkt? Brot aus Sägespänen, Salz und Spucke; und man konnte froh sein, wenn man überhaupt Spucke hatte… Wenn ich mir dann aber ansehe, mit welcher Beständigkeit mich jeden Sonntag eine Horde ehemaliger Trümmerfrauen bei meinem Besuch beim Bäcker mit dem schönen Wahlspruch »Genuß wie früher« blockiert, dann kann das ja alles gar nicht so schlimm gewesen sein.

Aiko Kempen

Küchenweisheit

Ein Vorteil, die Küche im Wohnzimmer zu haben: Der Rauchmelder signalisiert einem die richtige Temperatur zum Anbraten des Steaks.

Niklas Berger

Moderne Zeiten

Nachts sind alle Katzen grau – so lautete eine Redewendung vor der Erfindung der Infrarot-Brillen. Heutzutage muß schon das Internet herhalten, um den Kindern Lebensweisheiten nahezubringen: Auf Google-Maps schauen nämlich alle Städte gleich aus.

Theobald Fuchs

Tastensperre

»Ich hab versehentlich Apfelschorle in die Tastatur meines Macbooks gekippt«, sagte ein Freund zu mir – und verstand überhaupt nicht, wieso ich das komisch fand, obwohl seitdem seine Apfeltaste klemmt.

Volker Surmann

Ein paar bescheidene Vorschläge

Für den Fall, daß die Klimakatastrophe im befürchteten Maßstab zuschlägt, können in Zukunft folgende Umschreibungen benutzt werden: »Die Zahlen, die uns hier vorliegen, bezeichnen nur den Hügel des Maulwurfs, der sich im Untergrund der organisierten Kriminalität bewegt.« – »Diese Beispiele, so viel ist klar, sind nur die Flosse des Hais, der sich in den Gewässern der Mietpreisspekulation bewegt.« — »Was wir hier sehen, ist nur der Kopf der Schraube, die die Lohnabhängigen an ihre Beschäftigungsverhältnisse bindet.« — »Was wir hier an kruden Ideen hören, ist nur der Pudel der Mütze, unter der sich in den Köpfen der Politiker noch unrealistischere Lösungsvorschläge verbergen.« — »Wir sehen nur den Griff des Löffels, der in der Suppe steckt, die wir uns selber eingebrockt haben.« Verhindern wir gemeinsam, daß das Verschwinden der Eisberge zu solchen Metaphern führt! Denn das wäre nur die Spitze der Feder, die in die Tinte taucht, in der wir sitzen.

Karsten Wollny

Wäschefrage

Meine Frau hat zwischen meine Schlafanzüge eine Sporthose gelegt. Jetzt grüble ich, ob es einfach ein Versehen oder doch ein Hinweis war.

Uwe Geishendorf

Behindertengerecht

Heute bezeichnen viele öffentliche Einrichtungen, Dienstleister oder multinationale Unternehmen den Zugang zu ihren jeweiligen Standorten behindertengerecht als »ebenerdig«. Da wundert es mich doch, daß kein einziger Autohersteller den Zugang zu SUVs werbewirksam als das bezeichnet, was er ist: ebenärschig.

Peter Henrich

Frage ohne Antwort

Auf der letzten Agrarmesse sah ich einen japanischen Aussteller, der eine ergonomische Mistgabel vorstellte. Er war allgemein sehr auskunftsfreudig, bloß die Frage, ob dieses Gerät das Ende der Miststäbchen bedeute, konnte er mir nicht beantworten.

Aleksandar Jožvaj

Lange Leitung

Ein verkitschtes Ritual unter Liebenden geht so: Bei einem nächtlichen Telefongespräch wählen die zwei Verliebten einen Stern am Himmelszelt aus, etwa den fünfzigsten rechts vom Mond, und starren gleichzeitig ebendorthin. »Aaah, jetzt treffen sich unsere Blicke«, heißt es dann, und es entsteht ein romantischer Moment.

Nun stelle man sich vor, das Telefon wäre noch vor dem Modell der Erdkugel eingeführt worden. Da hätte zum Beispiel die Freundin von Christoph Kolumbus aus Spanien das Bordtelefon der Santa Maria angerufen und gesagt: »Guck mal nach oben! Siehst du den einen Stern da?«, worauf Kolumbus gefaucht hätte: »Blöde Kuh! Hier ist gerade hellichter Tag. Hast du denn meine Theorie immer noch nicht verstanden?« Andererseits hätte sich Kolumbus nie auf den Seeweg nach Indien zu machen brauchen, hätte es das Telefon damals schon gegeben. Man hätte alles, was man aus Indien benötigte, bequem fernmündlich ordern und über den Landweg anliefern lassen können.

Torsten Gaitzsch

Beobachtungen am lebenden Körper

Der bedeutendste Nichtraucher des 20. Jahrhunderts, Alan Carr, schreibt in seinem Buch: »Sie werden sich befreit fühlen, wie erlöst von einem teuflischen Bann. Sie werden entspannt durchatmen, ohne länger ein Sklave eines ewigen Verlangens zu sein, das sich nie völlig stillen lässt.« So beschreibt Alan Carr den Zustand als Nichtraucher. Ich selbst habe jedoch entdeckt, daß sich die gleichen euphorischen Empfindungen einstellen, wenn man nach einem dreiviertel Jahr Tabakentsagung endlich zur Besinnung kommt und sich wieder ein Päckchen genehmigt.

Felix Jentsch

Bemerkt

Mir fiel unlängst auf: Ich komme aus einer Patch-Doesn’t-Work-Familie.

Tobias Bergmann

Theorie und Praxis

An der Universität lehrte man mich, daß die Grundfrage der Ontologie »Was gibt es?« lautet. Aber erst auf der Baustelle erfuhr ich, daß man sie manchmal am besten mit »gleich was auf die Fresse« beantwortet.

Tanja Hötzle

Engagierte Bedienung

Im slowakischen Gabcikovo. Im Innern der Kneipe deklinieren düster dreinblickende Gestalten die verschiedenen Spielarten des Alkoholismus, auf der Terrasse trinkt man seit Tagesanbruch ein Zlaty Brabant nach dem anderen. Am frühen Abend belassen meine Begleiterin und ich es fürs erste bei drei Bieren, und ich gehe hinein, um zu bezahlen. Zwei Euro und sieben Cent bin ich schuldig. Der Wirt ist gerade beschäftigt und schiebt den Bon zu einer jungen Frau neben sich. »Zwei…«, sagt er auf deutsch, und schon hat die junge Frau blitzschnell zwei neue Gläser in der Hand. Der Wirt und ich schütteln den Kopf, der Wirt fährt fort: »Zwei… sieben.« Da leuchten die Augen der Bedienung: »Sieben?« Und schon stehen sieben leere Gläser unter dem Zapfhahn. Bezahlt habe ich dann doch erst später.

Christof Goddemeier

Ohrenschmaus

»Rot, rot… boaah: grün…. wieder rot! Rot-rot-grün-grün-rot-rot-grün… Rot! Roooooooot! Wow! Rot-grün-rot-rot… Grüüüüüün…!« Man hilft ja, wo man kann. Und so hat sich mein farbenblinder Freund Matthias sehr darüber gefreut, daß ich ihm das Kirmes-Abschlußfeuerwerk in diesem Jahr mal simultan übersetzt habe.

Peter P. Neuhaus

Reise-Impissionen

Wieder einmal habe ich mich gefragt, warum an Tankstellen die Toiletten abgeschlossen sind. Haben die Angst, daß da jemand sauber macht?

Tina Wirtz

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Oha, »Siegessäule«!

Als queeres und »Berlins meistgelesenes Stadtmagazin« interviewtest Du anlässlich der Ausstellung »Sex. Jüdische Positionen« im Jüdischen Museum Berlin die Museumsleiterin und die Kuratorin und behelligtest die beiden unter anderem mit dieser Frage: »Linke, queere Aktivist*innen werfen dem Staat Israel vor, eine liberale Haltung gegenüber Homosexualität zu benutzen, um arabische und muslimische Menschen zu dämonisieren. Diese Aktivist*innen würden Ihnen wahrscheinlich Pinkwashing mit der Ausstellung unterstellen.«

Nun ist das Jüdische Museum Berlin weder eine Außenstelle des Staates Israel, noch muss man als Journalist/in irgendwelchen »Aktivist*innen« ihre antisemitischen Klischees, dass letztlich doch alle Jüdinnen und Juden dieser Welt unter einer Decke stecken, im Interview nachbeten. So können wir uns aber schon mal Deine nächsten Interviewfragen ausmalen: »Frau Pastorin Müller, Sie bieten einen Gottesdienst zum Christopher Street Day an. Betreiben Sie damit Pinkwashing für den Vatikanstaat?« oder »Hallo Jungs, ihr engagiert euch in einem schwulen Verein für American Football. Betreibt ihr damit nicht Pinkwashing für Donald Trump?«

Wird diese Artikel allerdings nicht mehr lesen: Titanic

 Hände hoch, Rheinmetall-Chef Armin Papperger!

Laut einem CNN-Bericht lagen deutschen und US-amerikanischen Geheimdiensten Hinweise zu russischen Plänen für einen Angriff auf Sie vor. So etwas nennt man dann wohl »jemanden mit seinen eigenen Waffen schlagen«!

Mörderpointe von Titanic

 Mmmh, Futterparadies Frankfurt a. M.!

Du spielst in einem Feinschmecker-Ranking, das die Dichte der Michelin-Sterne-Restaurants großer Städte verglichen hat, international ganz oben mit: »Laut einer Studie des renommierten Gourmet-Magazins Chef’s Pencil teilen sich in der hessischen Metropole 77 307 Einwohner ein Sterne-Restaurant.«

Aber, mal ehrlich, Frankfurt: Sind das dann überhaupt noch echte Gourmet-Tempel für uns anspruchsvolle Genießer/innen? Wird dort wirklich noch köstlichste Haute Cuisine der allerersten Kajüte serviert?

Uns klingt das nämlich viel eher nach monströsen Werkskantinen mit übelster Massenabfertigung!

Rümpft blasiert die Nase: die Kombüsenbesatzung der Titanic

 Du wiederum, »Spiegel«,

bleibst in der NBA, der Basketball-Profiliga der Männer in den USA, am Ball und berichtest über die Vertragsverlängerung des Superstars LeBron James. »Neuer Lakers-Vertrag – LeBron James verzichtet offenbar auf Spitzengehalt«, vermeldest Du aufgeregt.

Entsetzt, Spiegel, müssen wir feststellen, dass unsere Vorstellung von einem guten Einkommen offenbar um einiges weiter von der Deiner Redakteur/innen entfernt ist als bislang gedacht. Andere Angebote hin oder her: 93 Millionen Euro für zwei Jahre Bällewerfen hätten wir jetzt schon unter »Spitzengehalt« eingeordnet. Reichtum ist wohl tatsächlich eine Frage der Perspektive.

Arm, aber sexy: Titanic

 Augen auf, »dpa«!

»Mehrere der Hausangestellten konnten weder Lesen noch Schreiben« – jaja, mag schon sein. Aber wenn’s die Nachrichtenagenturen auch nicht können?

Kann beides: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Liebesgedicht

Du bist das Ästchen,
ich bin der Stamm.
Du bist der Golo,
ich Thomas Mann.
Du bist Borkum,
ich bin Hawaii.
Du bist die Wolke,
ich bin gleich drei.
Du bist das Würmchen,
ich bin das Watt.
Du bist die Klinke,
ich bin die Stadt.
Du bist das Blättchen,
ich jetzt der Ast.
Sei still und freu dich,
dass du mich hast.

Ella Carina Werner

 Zeitsprung

Dem Premierenpublikum von Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« wird der Film 1968 ziemlich futuristisch II vorgekommen sein.

Daniel Sibbe

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster