Vom Fachmann für Kenner | Juli 2011


In der Reha-Klinik

»Haste die Neue gesehen, die hat ein paar Beine.« – »Pff, die sind doch nie im Leben echt.«

Felix Jentsch

Lesetip

Aktuelle Informationen über indigene mexikanische Völker finden Sie auch diesen Monat in Ihrer Zapoteken-Umschau.

Torsten Gaitzsch

Im Trend

Unlängst wiegte in der Straßenbahn eine ältliche Blondine einen seltsam kurzen, dafür auffällig hohen Babywagen hin und her. Die eingelassenen Kunststoffenster des Gefährts gaben den Blick auf den kleinen, weißhaarigen Insassen frei: einen Hund. Der stolze Blick der Blonden und ihr Lächeln ließen einzig den Schluß zu, daß sie höchstselbst mit der Kreatur niedergekommen war. Da der Hundebabywagen (Farbe: Creme) eindeutig serienmäßig hergestellt wurde, ängstigt mich seither die Frage: Was weiß die Industrie, was ich nicht weiß?

Susanne Feldt

Vergleich

Skifahrer sind keine Helden, sondern lebensmüde. So wie Raucher. Nur eben viel schneller.

Severin Groebner

Schade!

Ich weiß, daß der Schriftzug des privaten Senders CNN ein Phallussymbol ist und deswegen so viele Leute ihre Nachrichten lieber dort schauen als bei der BBC. Entsprechend dieser Locklogik hat sich die private Hochschule in der Stadt Alfter ausgerechnet »Alanus-Universität« genannt – damit die hippen jungen Leute lieber dort studieren als etwa an der »Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität« im nahen Bonn. Aber obwohl die Alanus in Alfter sich »Hochschule für Kunst und Gesellschaft« nennt, werden die Erwartungen, was die graphische Umsetzung dieses vielversprechenden Namens im Universitätslogo betrifft, doch sehr enttäuscht.

Wolf Kantelhardt

Wie ich auf keinen Fall sterben will

An Embolie in Empoli, an Husten in Houston, an Darmkrebs in Darmstadt. Und an einer Stichwunde in Solingen.

Christoph Virchow

Kein richtiges Leben im falschen

Seit mir beim Fahrradkauf wenig schonend beigebracht wurde, ich sei ein sogenannter Sitzriese, da ich bei einer Körpergröße von 177 Zentimetern eine absurd geringe Schrittlänge von 80 Zentimetern aufweise, vulgo kurzbeinig bin, hat mich der existentielle Ekel gepackt: Denn wenn Lügen kurze Beine haben – lebe ich dann nicht die Lüge an sich?

Neven Wenger

Intoleranz

Wenn ich Sport treibe, schneuze ich mich nach alter Väter Sitte: Kopf zur Seite, Daumen auf ein Nasenloch und durch die offene Nüster kräftig ausschnauben, so daß der Rotz in einem scharfen Strahl auf den Boden klatscht. Bisher war das vollkommen in Ordnung, ruft nunmehr aber Unmut hervor, seit ich im Fitneßstudio trainiere.

Thorsten Mausehund

Wolllos

Landwirte sind doch fiese Arschlöcher: Weil es Mitte Juni oft unsommerlich kalt wird und kurz davor traditionell die Schafe geschoren werden, nennen sie diese Zeit »Schafskälte« – statt die Schafe dann zu scheren, wenn es nicht so kalt ist!

Rolf Karez

Ziele

Mein neuer Berufswunsch: Gekauftwagenverbraucher.

Michael Hahn

Jugend horcht

Eben schon wieder den Fehler gemacht, zahnspangenbesetzten Teenagermädchen auf der Straße beim Rumquieken zuzuhören. Kreischt die eine: »Boah, immer ruft mich dieser Unbekannt an!«. Piept die andere: »Mich auch! Immer! Das nervt voll!« Wieder die erste, völlig baff: »Wieso, kennst du den auch?«

Annalena Hagenah

Mehr Aufrichtigkeit, bitte!

»Grow Your Penis 4 Inches in Just 2 Weeks« – so überzeugend die zugehörige Bilddokumentation, so unglaubwürdig die Werbeaussage. Für einen Vierzehn-Tage-Crashkurs ist Photoshop einfach viel zu komplex!

Dominik Mauer

Fast richtig

Man muß dem Emo, der da vor mir die Straße entlangläuft, zugestehen, daß er das meiste richtig macht: schwarze Spargeljeans, Karoschlappen, übergroßes Karobasecap, viel Kajalstift, Lidschatten und Pulswärmer über düsteren Tattoos, hübsch lackierte Fingernägel, Ohrläppchen mit diesen Durchwurf-Löchern, allgemeine Unterernährtheit und angemessen böser Blick – allein der Dackel an der Leine will sich nicht so recht ins Bild fügen.

Volker Surmann

Entzugsentscheidungen

Meine Augenärztin teilte mir vor kurzem mit, daß ich Gefahr liefe, den Grauen Star zu bekommen. Besorgt fragte ich nach den Ursachen, und sie meinte, sowohl der familiäre Hintergrund als auch das Rauchen könnten eine Rolle spielen. Vielleicht etwas zu spontan äußerte ich daraufhin den Vorsatz, dann lieber erst mal mit der Familie aufhören zu wollen.

Markus Großkopf

Pfui

Immer wenn ich mich auf einer Online-Tauschbörse befinde, bin ich total schockiert, nein, fast schon angeekelt, was für Sauereien sich andere Leute von meinem Computer herunterladen.

Jürgen Kohns

Tischen und Tunten

Ein Freund, Chemiker, wird am Rand einer Tagung gefragt, ob sich sein Institut schon mit der Umweltverträglichkeit von Tinten und Tuschen beschäftigt habe. Hat es nicht. Doch ihm ist bekannt, daß darin auch giftige Phenole vorkommen, und er hört sich sagen: »Nein, aber Tischen und Tunten sind in den nächsten Jahren sicher ein Thema.« Das klingt so überzeugend, daß in der folgenden halben Stunde alle am Tisch nur mit Mühe zu den vergleichsweise wenig erregenden Tinten und Tuschen zurückfinden.

Christof Goddemeier

Schuld und Grüne

Und übrigens, liebe Vegetarier: Nüsse sind ungeborene Bäume. Habt ihr da schon mal drüber nachgedacht?

Torsten Wolff

Unterschichtssolidarität

Zwei reichlich heruntergekommene Punks laufen spätabends in Frankfurt über eine Brücke.

Punk eins zerdeppert seine leere Bierflasche.

Punk zwei: »Sollten wir die Flaschen nicht lieber einfach stehenlassen? Dann freuen sich die Penner!«

Punk eins: »Quatsch, die freuen sich noch viel mehr, wenn sie die kaputten Flaschen wieder zusammenkleben können. Da haben die wenigstens mal etwas zu tun.«

Nicolai Hagedorn

Zu Lasten anderer

Hiermit möchte ich die deutschen Journalisten auffordern, doch bitte in der gerade wieder anlaufenden Nachberichterstattung zur Loveparade nicht immer von einer »erdrückenden Beweislage« zu sprechen. Danke.

Philipp Marquardt

Preiswert

Im Straßencafé schnappte ich folgenden Gesprächsfetzen auf: »Da kriegst du 24 Monate für nur 19 Euro 95. Zwei Jahre für fast nix!« Der Rest des Gesprächs ging leider im Verkehrslärm unter. Kann jemand helfen und mir sagen, wo man zwei Jahre für fast nix bekommen kann? Muß man die dann gleich in Anspruch nehmen oder darf man sie am Ende des Lebens hinten dranhängen?

Tibor Rácskai

Na zdraví!

Ein Bekannter berichtete mir von seinem Kurzurlaub in Prag und wie er sich dort in das heimtückische Getränk Absinth verliebte. Zufällig stolperte er am letzten Tag seines Aufenthalts über einen Straßenverkäufer, der Selbstgebrannten unter der Hand und zu einem Spottpreis verhökerte. Wie es sich für einen Schwaben gehört, wurde natürlich ordentlich eingekauft, und um die Flaschen auf der Rückreise nicht zu zerbrechen, wickelte mein Bekannter sie in Dreckwäsche ein und verstaute alles in der Mitte seines Koffers. Zu Hause angekommen, öffnete er sein Gepäckstück – alle T-Shirts blind!

Tassilo Bachmann

Kampferfahren

Ein wichtiger Grundsatz des Karate lautet: »Sobald man vor die Tür tritt, findet man eine Vielzahl von Feinden vor.« Als ehemalige WG-Bewohnerin weiß ich aber, daß es hinter der Tür auch nicht besser aussieht.

Thea Unangst

Ich sehe was, was du nicht siehst

Wußten Sie schon, daß wir Autoren unseren Lesern stets um einiges voraus sind? Bei manchen Kollegen sind es Jahre, bei anderen ein paar Tage. Bei mir sind es nur wenige Sekunden – aber das ist auch nicht schlecht. So weiß ich zum Beispiel schon jetzt, daß Sie sich gleich ein wenig wundern werden, wenn dieser Text einfach so mitten im Satz abbri

Peter P. Neuhaus

Natürliche Grenzen

In einer Warteschlange auf dem Kiez. A: »Ey, isch war letztens auch mal Puff, ja? Voll Hammer. Geht schon!« B: »Haste Blut geleckt, oder was?« A: »Nein Mann! So ’ne Scheiße mach ich nisch!«

Aleksandar Jožvaj

Fröhliche Hundegeschichten (I)

Purzel, der Hund, war ein Frechdachs, ein Tunichtgut, ein bepelzter Glücksritter, der für jeden Schabernack zu haben war. Japsend über die Wiese tollen, lustig bellend die Tauben aufstöbern, die neugierige Nasenspitze in allerlei Heimliches hineinstoßen – das alles war ihm gar wohlgefällig, und rastlos folgte er der Fährte des Vergnügens, wohin sie ihn trug. Daß die Marquise de Merteuil dies Treiben schon länger mit wachsendem Ekel von ihrem Erkerfenster aus verfolgte, war ihm unbekannt, und unsichtbar waren ihm die Schlingen der Intrige, die sie spinnenhaft, Monat für Monat, Jahr für Jahr um ihn wob. Von kalter böser Sorgfalt war ihr Plan: Sie sprach beim Verwalter der Gärten vor, sie schickte dem Hundesteuereintreiber eine Mätresse, ihr Freund Valmont verführte die Baronesse de Frolique, ja der Dauphin selbst fand eines Tages in seinem Bette einen Kupferstich vor, der Purzels Verbrechen in schockierender Deutlichkeit schilderte. Nach Ewigkeiten der Vorbereitung beschloß sie, das so entstandene Netz von Abhängigkeiten, Geheimnissen und Versprechen zusammenzuziehen, seine Fäden zum Fall- und Galgenstrick für den Nichtsahnenden zu binden, auf daß Purzels gesellschaftliches Ende besiegelt, er bei Hofe für immer verfemt sei. Doch wie groß war ihr Gram, als sie von Valmont erfuhr, daß Purzel schon vor zwei Jahren von einer Droschke überfahren worden war. Und so waren die Pläne der tückischen Marquise doch noch verhindert worden. Glück gehabt, Purzel!

Leo Fischer

Health Food

Ein Gutes haben diese Lebensmittelskandale und Seuchen doch: Einmal verzichte ich auf Gammeldöner, dann vermeide ich Schweinefleisch, bevor ich mich vom Geflügel abwende oder von Eiern. Rindfleisch hat seine Auszeit gehabt, und derzeit mache ich einen großen Bogen um Rohkost. Daß ich wohl bald auf Getreide- oder Milchprodukte verzichten werde, liegt auf der Hand. Wenn das keine abwechslungsreiche Ernährung ist, dann weiß ich auch nicht!

Karsten Wollny

Profitip

Beim Banküberfall besser keine blickdichte Strumpfhose verwenden.

Theobald Fuchs

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
23.05.2024 Bielefeld, Theaterlabor Max Goldt
24.05.2024 Dresden, Buchladen Tante Leuk Thomas Gsella
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst »POLO«
30.05.2024 Frankfurt, Museum für Komische Kunst Hans Traxler: »Die Dünen der Dänen«