Vom Fachmann für Kenner | September 2010


Too little information

Muß mich eigentlich interessieren, was andere sich am Telefon zu erzählen haben? Obwohl ich schon gern gewußt hätte, was da am anderen Ende der Funkstrecke los war, als mir eine junge Frau begegnete, die im Vorbeigehen mit angststarrem Blick in ihr Handy rief: »Wie – dein Kopf ist ab?«

Dieter Thomashoff

Eine Bitte

Liebe Rapper! Könntet ihr nicht die Musik im Hintergrund abschalten, wenn ihr schon soviel zu erzählen habt? Man würde es dann besser verstehen. Vielen Dank!

Ruedi Widmer

In einer Gameshow

Quizmaster: »Nennen Sie einen Ort mit wenig Beinfreiheit!«
Kandidatin: »Spanien!«

Bianca Stücker

Schlafstörungen

Seit meine Freundin mit mir Schluß gemacht hat, kann ich nicht mehr schlafen. Ständig wache ich nachts auf. Ein befreundeter Gehirnforscher klärte mich auf: Bei mir wechseln einander anscheinend R.E.M.-Schlafphasen (Rapid Eye Movement) mit R.H.M.-Schlafphasen (Rapid Hand Movement) ab.

Leo Leihkamm

Hochkultur und Unterschicht

Jedes Mal, wenn ich die »Betenden Hände« auf dem Arm eines Prekariatsangehörigen tätowiert sehe, denke ich – und ein Seufzer entfährt mir dabei – : »Wenn das der Dürer wüßte!«

Jan Freunscht

Eiei

Auf der Hochzeitsfeier eines Freundes setzte sich der adoleszente Sohn einer Großtante nach einem kleinen Ausflug zurück auf seinen Platz und damit auf die dort abgelegte Handtasche seiner Mutter. Es begann ein unerhörtes Gezeter, dem der Junge entgegnete: »Es ist doch nur die Handtasche.« »Aber du weißt doch«, empörte sich die Mutter, »daß ich immer zwei rohe Eier in der Handtasche habe.«
Kein Verwandter konnte erklären, was dies bedeuten mochte. Ich vermute, daß es die Eier gar nicht gibt, daß es sich um eine erzieherische Behelfsmäre handelt. Wahrscheinlich versuchte die verzweifelte Mutter lange Jahre, ihren damals noch kleinen Jungen davon abzuhalten, sich immer wieder auf die Handtasche zu setzen. Das einfache Verbot, die simple Erklärung halfen nicht. »Laß das, du machst die Lippenstifte Deiner Mutter kaputt, quetschst Handcreme in das Futter!« Aber er hörte nicht, sondern hüpfte noch aufmüpfig auf und nieder! So wechselte sie zur Drohung: »Gefährde nicht deine Schokoladenriegel, die ich für dich in der Tasche aufbewahre!« Doch Süßes lockte das Balg nur noch mehr zu Mutters Beutel. Erst die »rohen Eier« brachten die Erlösung – bis zum Rückfall auf der Hochzeitsfeier. Nur so erklärt sich die Aufregung der Mutter und die ganze Empörung in jenem Satz, der so ein behagliches Gefühl verursacht, wenn man ihn langsam auf dem Stirnlappen zergehen läßt: »Aber du weißt doch, daß ich immer zwei rohe Eier in der Handtasche habe.«

Tim Wolff

Manchmal Käse

Mein favorisierter Pizzaservice erfreut sich enormer Beliebtheit. Denn: bei Anruf belegt.

Harald Wurst

Tempora mutantur…

Die Tante war schon eine Weile des Lebens in einer zunehmend technisierten Welt überdrüssig. Letztes Wochenende fanden wir sie tot in der Garage. Sie saß bei laufendem Motor und geöffneter Seitenscheibe auf dem Fahrersitz. Verhungert in unserem Elektroauto.

Björn Högsdal

Die grosse Leere

Als kleiner Junge hatte ich beim Pinkeln stets mit der latenten Angst zu kämpfen, ich könnte plötzlich einmal nicht mehr aufhören damit, und müßte für ewig und drei Tage stehen bleiben (damals machte man »das« noch im Stehen) und meinen Strahl in die Landschaft richten, bis meine hohlgepißte Körperhülle wie ein leerer Sack in sich zusammenfallen würde. Jetzt, im fortgeschrittenen Alter, erscheint mir diese Vorstellung alles andere als bedrohlich. Welcher Tod wäre wohl erstrebenswerter als jener, nach fünf Maß Bier seinen moribunden Leib genüßlich in die Welt zu verströmen? Eben!

Theobald Fuchs

Geistesblitz

Gutgelaunte Touristen, weit nach Mitternacht in Berlin: »Guck mal, da drüben ist dieses Dunkelrestaurant, wo man von Blinden bedient wird!« – »Aber da ist doch überall Licht an!« – »Logisch, die haben ja jetzt geschlossen.«

Martin Quetsche

Superlativ

Im Deutschunterricht für Engländer.
Vortragender: »Was haltet ihr davon, daß eine Frau das höchste politische Amt Deutschlands bekleidet?«
Schülerin: »Ich finde das hyper-hyper-foxi!«
Wie man seine Begeisterung in deutscher Sprache ausdrückt, scheint ja schon durchgedrungen zu sein.

Markus Riexinger

Statussymbole

Auch Statussymbole haben ihre Tücken. Als ich vor kurzem einen alten Schulfreund traf, informierte er mich – und sein Stolz war nicht zu übersehen –, daß er sich ein neues Auto zugelegt habe. »Ein 3er BMW, rot, tiefergelegt, das volle Programm!« Ich lächelte ihn an und versicherte ihm, wie gut das Auto zu ihm passen würde. Sein eben noch freudestrahlendes Gesicht verwandelte sich in eine empörte Grimasse: »Das paßt überhaupt nicht zu mir!« sagte, ja schrie er fast, und wollte sich gar nicht wieder beruhigen; erst auf meine Frage, warum er es dann gekauft habe, wurde er wieder professionell: »Weil es cool ist!«

Saskia Wagner

Grosses klein gemacht

An den Kneipentresen der Republik werden selten probate Lösungen für die drängenden Probleme unserer Zeit entwickelt. Doch mitunter werden heikle Themen durch einen Perspektivwechsel zumindest etwas aufgelockert: »Genitalverstümmelung – na, da hättste bei mir aber ordentlich zu tun!«

Thorsten Mausehund

Ergebnis meines Sehtests

+6,75 Dioptrien auf dem rechten Auge, -6,75 Dioptrien auf dem linken Auge – mathematisch gesehen habe ich das Sehvermögen eines Adlers.

Fabian Schönberger

Sich zwei Namen machen

Große Folien auf der Heckscheibe des Autos vor mir geben bekannt, daß hier »Anja« und »Jana« mitfahren. Grundsätzlich schön, wenn sich Eltern bei der Namensfindung ihrer Töchter um Anagramme bemühen – im Ergebnis aber doch eher »Naja«.

Kim Bagus

Öko, Bio, Sauber

Nicht in der Wohnung hatte ich Ratten, sondern im Zwischenboden unter meinem Schreibtisch. Vielleicht war es auch ein Marder. Ich hatte keine Idee, wie ich das Tier vertreiben sollte. Den Fußboden aufzureißen kam nicht in Frage, Gift auszulegen erst recht nicht. Vom Gift verendet das Tier, und dann zieht mir der Verwesungsgestank in die Wohnung, das ist Streß. Streß war dann aber die Lösung: Marder und Ratten sind Säugetiere und somit streßempfindlich, also legte ich meine Lautsprecherboxen mit dem Gesicht nach unten auf den Boden und schickte über die in allen Frequenzbereichen voll aufgedrehte Stereoanlage an zwei Abenden hintereinander ein paar Mal die Showdown-Sequenz von »The Wild Bunch« in den herrlichen Resonanzraum des Zwischenbodens. Das Tier ist geflohen, und ich habe nie wieder etwas von ihm gehört. Eventuell muß man bei verschiedenen Tierarten verschiedene Regisseure anwenden (vielleicht wirkt bei Mardern Peckinpah, bei Ratten nur John Woo, oder andersrum), und eventuell muß die Therapie wegen Neubefall einmal im Quartal wiederholt werden, aber sie wirkt. Garantiert.

Karsten Wollny

Last man standing

Wenn ich wieder einmal meinen Schlüssel in der Wohnung vergessen habe, die Liebste in ebendieser Wohnung wieder einmal so tief schläft, daß sie mein Sturmläuten nicht hört, und ich, um das Unglück zu komplettieren, keine Übernachtungsalternative aufstellen kann, weshalb ich mir eine Nacht lang vor der Haustür die Beine in den Bauch stehe, dann ist das meine höchstpersönliche Art eines One-Night-Stands. Ist aber weniger aufregend, als es sich anhört.

Sebastian Klug

My generation

»Hast du mal Ibsen gelesen?« – »Nö, dieses Känguruh fand ich total bescheuert. Und die Gimmicks waren eh nur was für Jungs.«

Tibor Rácskai

Produktidentifikation

Nicht ungern schaue ich fremden Menschen in den Einkaufswagen und bilde mir Vorurteile über Wesen und Lebensweise dieser Menschen. Manchmal schweifen meine Gedanken beim Anblick des Kaufguts ins Philosophische. So wurde die alte Frage in mir wach, ob nun das Sein das Bewußtsein bestimme oder andersrum, als eine deutlich adipöse Frau neben zwei 1,5-Liter-Sixpacks Cola auch Küchenrollen der Marke »Dick&Durstig« dabeihatte.

Karsten Stölzgen

Im Sportfernsehen

Freund zappt sich durch das nächtliche Programm, landet bei den »Sexy Sport Clips« auf DSF. Freundin neben ihm wird wach, im TV räkelt sich gerade eine halbnackte Blondine in einer Turnhalle unter einem Tennisnetz. Freundin: »Oh, sind schon wieder Paralympics?«

Ina Zone

Meine Aura

Über diese modischen Yogi Tees mit ihren raunenden Klappentexten und fehlenden Bindestrichen schmunzle ich, aber sie schmecken gut. Neulich probierte ich den Aura Tee. Schon am der Tasse folgenden Tag trat eine Frau mit Esoterik-Hintergrund auf mich zu und teilte mir mit, sie betrachte gerade meine klar umrissene Aura – die im übrigen ziemlich gut aussähe. Jetzt denke ich darüber nach, doch auch mal den Frauen Fitness Tee zu probieren.

Tina Manske

Kontrollgriff

Man wird im Alter nicht jünger und nicht hübscher. Um dennoch ab und an ein bißchen sozialen Kontakt und körperliche Zuwendung zu erfahren, packe ich vor Flugreisen immer etwas Silberpapier in meinen Schlüpfer.

Andreas Schriewer

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Sie, Romancier Robert Habeck,

Sie, Romancier Robert Habeck,

nehmen Ihren Nebenjob als Wirtschaftsminister wohl sehr ernst! So ernst, dass Sie durch eine Neuauflage Ihres zusammen mit Ihrer Ehefrau verfassten Romans »Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf« versuchen, fast im Alleingang dem darniederliegenden Literaturmarkt auf die Sprünge zu helfen. Könnten Sie sich als Nächstes das Zeitschriftensterben vorknöpfen?

Fragt Titanic

 Damit hast Du nicht gerechnet, »Zeit online«!

Als Du fragtest: »Wie gut sind Sie in Mathe?«, wolltest Du uns da wieder einmal für dumm verkaufen? Logisch wissen wir, dass bei dieser einzigen Aufgabe, die Du uns gestellt hast (Z+), erstens der zweite Summand und zweitens der Mehrwert fehlt.

Bitte nachbessern: Titanic

 Huhu, »HNA« (»Hessische/Niedersächsische Allgemeine«)!

Mit großer Verblüffung lesen wir bei Dir in einem Testbericht: »Frischkäse ist kaum aus einem Haushalt in Deutschland wegzudenken.«

Och, Menno! Warum denn nicht? Und wenn wir uns nun ganz doll anstrengen? Wollen wir es denn, HNA, einmal gemeinsam versuchen? Also: Augen schließen, konzentrieren und – Achtung: hui! – weg damit! Uuuund: Futschikato! Einfach aus dem eigenen Haushalt weggedacht. Und war doch überhaupt nicht schlimm, oder?

Es dankt für die erfolgreiche Zusammenarbeit und hofft, einen kleinen Denkanstoß gegeben zu haben, wenn nicht gar einen Wegdenkanstoß: Titanic

 Ganz, ganz sicher, unbekannter Ingenieur aus Mittelsachsen,

dass Du Deine Verteidigungsstrategie nicht überdenken willst? Unter uns, es klingt schon heftig, was Dir so alles vorgeworfen wird: Nach einem Crash sollst Du einem anderen Verkehrsteilnehmer gegenüber handgreiflich geworden sein, nur um dann Reißaus zu nehmen, als der Dir mit der Polizei kommen wollte.

Die beim wackeren Rückzug geäußerten Schmähungen, für die Du nun blechen sollst, wolltest Du vor dem Amtsgericht Freiberg dann aber doch nicht auf Dir sitzen lassen. Weder »Judensau« noch »Heil Hitler« willst Du gerufen haben, sondern lediglich »Du Sau« und »Fei bitter«. Magst Du das nicht noch mal mit Deinem Rechtsbeistand durchsprechen? Hast Du im fraglichen Moment nicht vielleicht doch eher Deinen Unmut über das wenig höfische Verhalten des anderen Verkehrsteilnehmers (»Kein Ritter!«) geäußert, hattest Deinen im selben Moment beschlossenen Abschied von den sozialen Medien (»Bye, Twitter!«) im Sinn, oder hast gar Deiner verspäteten Freude über die olympische Bronzemedaille des deutschen Ruder-Achters von 1936 (»Geil, Dritter!«) Ausdruck verliehen?

Nein? Du bleibst dabei? Und würdest dafür sogar ins Gefängnis gehen (»Fein, Gitter!«)?

Davor hat fast schon wieder Respekt: Titanic

 Keine Übertreibung, Mathias Richling,

sei die Behauptung, dass die Ampel »einen desaströsen Eindruck bei jedermann« hinterlasse, denn in den vielen Jahren Ihrer Karriere, so schilderten Sie’s den Stuttgarter Nachrichten, hätten Sie es noch nie erlebt, »dass ohne jegliche pointierte Bemerkung allein die bloße Nennung des Namens Ricarda Lang ein brüllendes Gelächter auslöst«.

Aber was bedeutet das? »Das bedeutet ja aber, zu Mitgliedern der aktuellen Bundesregierung muss man sich nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen.« Nun beruhigt uns einerseits, dass Ihr Publikum, das sich an Ihren Parodien von Helmut Kohl und Edmund Stoiber erfreut, wohl immerhin weiß, wer Ricarda Lang ist. Als beunruhigend empfinden wir hingegen, dass offenbar Sie nicht wissen, dass Lang gar kein Mitglied der aktuellen Bundesregierung ist.

Muss sich dazu nichts Satirisches und keinen Kommentar mehr einfallen lassen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Nachwuchs

Den werdenden Eltern, die es genau mögen, empfehle ich meinen Babynamensvorschlag: Dean Norman.

Alice Brücher-Herpel

 Hellseherisch

Morgen ist einfach nicht mein Tag.

Theo Matthies

 Dilemma

Zum Einschlafen Lämmer zählen und sich täglich über einen neuen Rekord freuen.

Michael Höfler

 3:6, 6:7, 0:6

Der Volontär in der Konferenz der Sportredaktion auf die Bitte, seine Story in drei Sätzen zu erzählen.

Ronnie Zumbühl

 Süße Erkenntnis

Für jemanden, der Pfirsich liebt, aber Maracuja hasst, hält die Welt viele Enttäuschungen bereit.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
02.12.2023 Itzehoe, Lauschbar Hauck & Bauer
03.12.2023 Kassel, Studiobühne im Staatstheater Kassel Ella Carina Werner
05.12.2023 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Stargast Til Mette
06.12.2023 Oldenburg, Wilhelm 13 Bernd Eilert mit Sandra Kegel und Klaus Modick