Vom Fachmann für Kenner | Juli 2010


Big Bang

Zwei Zwölfjährige haben in der Wuppertaler Schwebebahn ein kleines Konzert gegeben. Dabei wiederholten sie eine bestimmte Zeile auffällig oft: »Du bist der Gangbanger«. Den älteren Mitreisenden sah man deutlich an, daß sie mit diesem Begriff nichts anzufangen wußten. Die Jüngeren schmunzelten, die Mittelalten schüttelten bloß den Kopf. Ob die Zwölfjährigen selbst schon Erfahrungen mit dieser speziellen sexuellen Spielart haben, ist nicht bekannt. Hinweise hierzu nimmt jede Polizeidienststelle entgegen.

Dirk Domin

Glückwunsch

Warum wird einem bei Gewinnspielen immer »Viel Glück!« gewünscht, obwohl man doch eigentlich schon »mit ein wenig Glück gewinnen« kann?

Richard Herrmann

Gleichstellung ade

In den meisten Fällen wird leider immer noch den Müttern das Säugerecht zugesprochen.

Sascha Dornhöfer

Liebgewonnene Tradition

Immer freitags habe ich keine Lust auf Fisch.

Johannes Kreidler

Go to HEL!

Bei der Namenswahl für gemeinnützige Organisationen sollte man behutsam vorgehen. So weckt die Vereinigung HELGO e.V., die sich verwaister Kinder annimmt, bei mir recht unterirdische, ja jenseitige Assoziationen.

Markus Laertes Oswald

Lesen bildet

In der Buchhandlung Thalia konnte ich ein Gespräch zwischen Verkäuferin und Kunden belauschen, bei dem mich der Kunde durch die prägnante und unkomplizierte Formulierung seines Kaufwunsches entzückte (»ich suche dieses Buch, in dem sich zwei Juden darüber streiten, ob man in Deutschland Israel kritisieren darf«). Die versierte Verkäuferin steigerte mein Vergnügen dann aber noch, indem sie ohne Zögern in den Bestsellerstapel griff und dem Kunden »Unser Jahrhundert« von Helmut Schmidt und Fritz Stern in die Hand drückte.

Matthias Stangel

Überfordert

Ich fürchte, meine Haare wachsen mir über den Kopf.

Aron Müller

Rund um die Uhr

Fasziniert war meine Mutter vor allem davon, daß »Amazon auch sonntags geöffnet hat«.

Christina Hahn

Der Gast ist König

Bei uns in der Dorfkneipe fliegen wegen politischer Differenzen öfter die Fäuste. Wenn der Wirt merkt, daß die Stimmung kippt, stellt er mir blitzschnell ein Glas Mineralwasser auf die Theke. Er weiß, daß ich meinen teuren Zahnersatz gerne in Sicherheit bringe, bevor die Prügelei losgeht.

Christian Dahlenburg

Billig am Baggersee

Vorteil von Discounter-Bierflaschen mit Schraubverschluß: Mit etwas Panzerband lassen sie sich zu Schwimmflügeln umfunktionieren. Nachteil: Man muß sie vorher austrinken.

Ina Zone

… sagt Dir gleich das Licht!

1970 geboren, zähle ich mich zur Generation »1, 2 oder 3«. Man trifft uns häufig zu später Stunde in Gaststätten und kann uns leicht daran erkennen, daß mit uns einfach nicht zu diskutieren ist. Sind die Lampen an, haben wir nun mal recht!

Oliver König

Familienurlaub

Für meine Kinder, meine Frau und mich stellt sich jedes Jahr dieselbe Frage: Fahren wir mit dem Auto in die Ferien? Oder sollen wir umweltbewußt handeln und den Zug nehmen? Was uns die Entscheidung schwermacht, sind die manchmal unangenehmen, bisweilen sogar lästigen oder aufdringlichen Mitreisenden. Aber die gibt’s ja auch im Zug.

Andreas Maier

Neues aus der Wirtschaft

Scheingeschäfte lassen sich vermeiden, indem man ausschließlich Münzgeld in Umlauf bringt.

Christian Widder

No deal

An einem späten Samstagabend auf der Oranienburger Straße in Berlin.
Prostituierte (blondiert, forsch): »Na, Profässer, kleenet Nümmerchen jefällich?«
Passant (graumeliert, höflich): »Danke, meine Liebe, aber ich kopuliere nicht.«

Thorsten Mausehund

Bissverständnis

Nichtsahnend morgens die Zeitung entfalten – und vor den müden Augen stehen sehen: »Rumänische Provinz Transsilvanien eröffnet Honorarkonsulat.« Es versteht sich von selbst, was man erschauernd zu lesen glaubt!

Harald Wurst

Hauptsache

Mir persönlich ist kein Fall eines Perückenträgers bekannt, bei dem ich die Haarpracht für natürliches Haupthaar gehalten hätte. Erstaunlich häufig sehe ich dagegen Menschen, die es schaffen, das eigene Haar wie eine Perücke wirken zu lassen.

Björn Högsdal

Mehr Gefühl?

Meine Frau ist begeistert von unserem neuen Induktionsherd. Ihr werde bei der Arbeit am Gerät immer so richtig warm ums Herz, behauptet sie. Ich hingegen vermute, daß die Wirbelströme ihr herznahes Brustwarzen-Piercing erhitzen. Sollte ich gelegentlich mal auf Magnetismus überprüfen.

Helge Möhn

Zwei Brüder

Geschwisterpaare bestehen ja oft aus einem Extro- und einem Introvertierten. So ist z.B. bei den Kaczyński-Brüdern eindeutig Lech der ruhende Pole.

Daniel Sibbe

Karriereplanung

Als Student im letzten Semester der Regelstudienzeit verfolge ich mit wachsender Aufmerksamkeit die Berichte über junge Nachwuchskräfte, die Probleme verursachen, weil sie in Krisenzeiten auf den Arbeitsmarkt drängen. Also, ich bin das nicht!

Björn Boch

Vorsatz

Sollte ich einmal einen Sohn in die Welt setzen, dann werde ich ihn »Karlundheinz« nennen. Einfach nur »Karl Heinz« klingt irgendwie unschön, häßlich beinah. Ebenso »Karl-Heinz«, Bindestriche haben so was Aggressives. Ich bin schon für das Verbindende, aber dafür haben wir im Deutschen das schöne Wörtchen »und«. Obwohl »Karlaberheinz« vielleicht auch keine schlechte Wahl ist.

Tibor Rácskai

Ohrwurm

In einem Dialog zwischen zwei mir unbekannten Männern stieß der eine plötzlich aus: »Ich kann das Wort Aschewolke nicht mehr hören!« Es muß sich um eine sehr, sehr seltene Ohrenkrankheit gehandelt haben.

Tina Wirtz

Selbsteinschätzung

Auch wenn ich die generelle Behauptung, Männer vergeudeten 90% ihrer Denkleistung damit, sich nackte Frauen vorzustellen, für übertrieben halte, bin ich doch stolz darauf, wieviel ich mit dem freien Zehntel meiner Hirnkapazität nebenbei zustandekriege.

Theobald Fuchs

Püblic Relations

Das einzige mir verständliche Wort jener türkischen Zeitschrift am Bahnhofskiosk war ihr fettgedruckter Titel: »Fanatik«. Sollte Merkel türkische Gymnasien zulassen, dann muß Öffentlichkeitsarbeit ein Pflichtfach werden.

Daniel Eberhard

Sätze, die selbst in Albträumen unangenehm auffallen (I)

»Dritte Welt – ist das so ’n Add-on für Second Life?«

Tina Manske

Anatomie

In einem Anatomieatlas habe ich Antwort auf die Frage gefunden, warum nach dem Wasserabschlagen im Sitzen stets ein paar Milliliter in die Hose gehen: Der natürliche Verlauf der männlichen Harnröhre bildet im Sitzen eine Art Siphon, in dem sich der Harn sammelt. Erhebt man sich, sprudelt der Inhalt dieser Schleife, der Schwerkraft folgend, ins Textil. Einzige Möglichkeit der Abhilfe: Vor dem Aufstehen ein beherzter Griff an den sogenannten Damm und mit leichtem Druck die im Siphon verbliebene Harnmenge auswringen. Man kann natürlich auch sein Wasser wieder im Stehen abschlagen.

Christof Goddemeier

Einstürzende Neubauten

Ich jedenfalls spende nicht mehr für Hilfsprojekte, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, in erdbebengefährdeten Entwicklungsländern die Obdachlosen von der Straße zu holen.

Holger-Helmuth Schmidt

Enttäuschung

Mail von Amazon bekommen mit der Reklame für »Lustschreie, Audio-CD«. Wie elektrisiert danach geklickt: Ist doch die Cabrio-Saison ausgebrochen, und die Stereoanlage in meinem Wagen hat immerhin zweihundert Watt. Da würde das Gekreisch von der Scheibe zwei Straßen weit zu hören sein, und Mama findet sowieso, daß unser Viertel immer mehr verlottert – vielleicht gibt ihr ja der neue Sound den Rest, und sie zieht endlich etwas weiter weg? Aber dann war es doch nur ein schnödes Hörbuch.

Holger Christoph

Längst eingeführt

Null Prozent ist auch eine Frauenquote.

Hauke Prigge

Für romantische Stunden…

…bedarf es nur einer lauen Sommernacht unterm Sternenhimmel. Man kuschle sich schön zu zweit in die Hollywoodschaukel und flüstre sich was Hübsches ins Ohr. Dazu gibt’s Champagner, und zu vorgerückter Stunde öffnet man als Highlight eine kleine Dose Glühwürmchen.

Anna Leuschner

Eine Diät, die wirklich funktioniert

Die »Fett weg-Formel«, der man im Supermarkt so oft begegnet, verspricht tatsächlich nicht zuviel: Man kann mit ihrer Hilfe erstaunlich viel abnehmen. Natürlich darf man nicht die Nahrungsmittel essen, die diese Aufschrift tragen. Es muß schon das Spülmittel sein.

Andreas Schriewer

Immerhin

Ich kann mir weder Gesichter noch Zahlen oder Namen merken, tröste mich aber damit, daß mein Körper über ein ausgezeichnetes Schmerzgedächtnis verfügt.

Steffen Brück

Kochen heute

Im Internet nach einem einfachen Rezept gesucht. Chefkoch.de und den Eintrag »Hering im Pelzmantel« gefunden. Kurzer Blick in den Kühlschrank – fertig.

Christian Rocker

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

 Persönlich, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck,

nehmen Sie inzwischen offenbar alles. Über den russischen Präsidenten sagten Sie im Spiegel: »Putin war in den Achtzigerjahren die Stütze meiner Unterdrücker.« Meinen Sie, dass der Ex-KGBler Putin und die DDR es wirklich allein auf Sie abgesehen hatten, exklusiv? In dem Gespräch betonten Sie weiter, dass Sie »diesen Typus« Putin »lesen« könnten: »Ich kann deren Herrschaftstechnik nachts auswendig aufsagen«.

Allerdings hielten Sie sich bei dessen Antrittsbesuch im Schloss Bellevue dann »natürlich« doch an die »diplomatischen Gepflogenheiten«, hätten ihm aber »schon zu verstehen gegeben, was ich von ihm halte«. Das hat Putin wahrscheinlich sehr erschreckt. So richtig Wirkung entfaltet hat es aber nicht, wenn wir das richtig lesen können. Wie wär’s also, Gauck, wenn Sie es jetzt noch mal versuchen würden? Lassen Sie andere Rentner/innen mit dem Spiegel reden, schauen Sie persönlich in Moskau vorbei und quatschen Sie Putin total undiplomatisch unter seinen langen Tisch.

Würden als Dank auf die Gepflogenheit verzichten, Ihr Gerede zu kommentieren:

die Diplomat/innen von der Titanic

 Wieso so eilig, Achim Frenz?

Wieso so eilig, Achim Frenz?

Kaum hast Du das Zepter im Kampf um die Weltherrschaft der Komischen Kunst auf Erden in jüngere Hände gelegt, da schwingst Du Dich nach so kurzer Zeit schon wieder auf, um in den höchsten Sphären für Deine Caricatura zu streiten.

Mögest Du Dir auch im Jenseits Dein beharrliches Herausgeber-Grummeln bewahren, wünscht Dir zum Abschied Deine Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Bilden Sie mal einen Satz mit Distanz

Der Stuntman soll vom Burgfried springen,
im Nahkampf drohen scharfe Klingen.
Da sagt er mutig: Jetzt mal ehrlich –
ich find Distanz viel zu gefährlich!

Patrick Fischer

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt