Vom Fachmann für Kenner | August 2010


Lebensmotto für ganz Harte

Legt dir das Schicksal Steine in den Weg – mach Limonade draus!

Markus Hennig

Schlechte Aussichten

Er: »Was fändest du eigentlich schlimmer: Wenn ich dich für eine andere verlassen würde oder wenn ich bald sterben müßte?«
Sie: »Das kommt für mich aufs gleiche raus.«

Björn Boch

Ein Fall für »Wetten, dass…?«

Ist jemandem schon einmal aufgefallen, daß man beim Betrachten eines Fotos von Franz Josef Wagner (Bild) sofort weiß, wie er riecht? Wie macht er das? Oder liegt es an mir, daß ich mittlerweile sogar glaube, unterschiedliche Schweiß-Alkohol-Zigaretten-Aftershave-Weichspüler-Verhältnisse erriechen zu können, und darum einigermaßen sicher sagen kann, zu welcher Tageszeit ein Foto von Franz Josef Wagner entstanden sein muß? Werde mal versuchen, diese Fähigkeit zu Geld zu machen.

Nicolai Hagedorn

Sich vor den Drückern drücken

Da ich in der Innenstadt arbeite, komme ich nicht umhin, auch ab und an die Fußgängerzone zu benutzen. Und da bin ich leider nicht der einzige. Die unangenehmsten Fußgängerzonenbenutzer sind die als Tier- oder Kinderfreunde getarnten Drückerkolonnen. Gegen sie habe ich mir inzwischen einen Schild aus Kälte und Verachtung zugelegt:
»Guten Tag, junger Mann, möchten Sie nicht etwas für mißhandelte Tiere spenden?«
»Nein!«
»Aber Sie mögen doch Tiere?«
»Ich hasse Tiere! Ich esse Fleisch nicht, weil es mir schmeckt, sondern aus Haß!«
Das hilft.

Christian Widder

Wenig Verständnis

Ein iranischer Student mit passablen Deutschkenntnissen erzählte mir, er habe jetzt zum ersten Mal auf deutsch geträumt. Allerdings habe er nicht alles verstanden.

Julia Baumann

Marketing-Tip

Heute umsonst und für die Bahn: Sollten infolge von Hitze, Kälte oder sonstigen widrigen Wetterbedingungen wieder einmal sämtliche Züge verspätet sein, so kann man vor jedem Halt an jedem Bahnhof zu jeder Uhrzeit den Reisenden verkünden: »Liebe Fahrgäste, zwar hat unser Zug leider gerade eine Verspätung von 45 (wahlweise 53, 67, 72 etc.) Minuten – aber keine Panik!« Erwartungsheischende Pause: »All Ihre Anschlußzüge werden noch erreicht!«

Anna Leuschner

Mit der Zeit gehen

Um dem Finanzamt zu zeigen, daß ich seinen bösen Bescheid so schnell es ging beantwortet habe, werde ich den Brief abschließen mit »Von meinem I-Phone gesendet«.

Bernhard Löwenberg

Suchtfrage

Sind »Fix-Minze«, »Fix-Fenchel« und »Fix-Kräuter« eigentlich nur was für Tee-Junkies?

Christian Jöricke

Relativierung

Nach reiflicher Überlegung habe ich nun doch eine Sache gefunden, die mir an der Zeit des Dritten Reiches besser gefällt als an der Gegenwart: Statt kuschelpädagogischer Aussteigerprogramme halte ich zur Bekämpfung von Nazis große militärische Verbände und schweres Kriegsgerät immer noch für das geeignete Mittel.

Björn Högsdal

Währungsreform

Wenn man im Puff mit Sex bezahlen könnte, das würde mir gefallen.

Sascha Dornhöfer

Das grosse Sterben

Wir wissen: In etwa fünf Milliarden Jahren wird sich die Sonne zu einem Roten Riesen aufblähen und mit höllischer Hitze Merkur und Venus verschlingen. Dann sind wir Menschen längst tot. Doch was ist mit den Untoten? Mit den Vampiren, die ja erst im grellen Sonnenlicht endgültig zu Staub zerfallen? Wie hitzeresistent ist der lichtempfindliche Blutsauger, wie groß muß die Sonnenausdehnung sein, um eine Leuchtkraft zu entwickeln, die bis in die transsilvanischen Wälder hinein jeden Schatten zu vertreiben imstande ist? Qualvoll wird dieses große Sterben sein, elendiglich werden die Vampire, von fehlender Blutzufuhr zusätzlich geschwächt, zugrundegehen, wenn auch die tiefste Gruft nicht mehr vor der tödlichen Sonne schützt! Diese armen, hilflosen Wesen dauern mich, ihr Schicksal in jenen letzten Tagen unserer Erde möchte ich gerne lindern. Ich denke dabei an ein Spendenkonto. Wer macht mit? Kleinste Centbeträge reichen, wegen Zinseszinseffekt.

Harald Mühlbeyer

Metadisko

Vor meinem Gesicht öffnete sich ein dunkler Tunnel, an dessen Ausgang, ganz in der Ferne, ein glitzerndes Licht sich drehte, es rauschte, klopfte und brummte in meinen Ohren, engelshafter Gesang schwebte über mir, bis ich auf eine fleischfarbene, unendlich weiche Masse stieß. Da wußte ich, ich hatte soeben meine erste Nahtanzerfahrung.

Theobald Fuchs

Knapp daneben

Beim Zappen auf MDR hängengeblieben. Titel der Sendung: »Kein schöner Land«. Italienischer Freund fragt: »Muß das nicht ›Kein schönes Land‹ heißen?« Eine Weile zugeschaut. Stimmt.

Ina Zone

Haarig

Ich fürchte, ich muß mich für eine Weile in finsteren Kaschemmen und an anderen üblen Orten herumtreiben. Mit etwas Glück fange ich mir eine fiese Krankheit ein und bekomme dadurch endlich einen Haartyp, der zu den gemeinhin angebotenen Shampoos paßt. Normal gibt’s irgendwie nicht mehr.

Helge Möhn

Wieder was gelernt!

Neun Jahre nach meiner letzten Unterrichtsstunde sah ich meine Geschichtslehrerin wieder – auf YouTube. Sie sagte »Sonnenkönig« und bekam einen nassen Schwamm ins Gesicht. Unter »ähnliche Videos« fand ich die Szene noch zweimal aus anderen Kameraperspektiven. Ich freute mich über dieses Wiedersehen, war es meiner Lehrerin doch immer ein großes Anliegen gewesen, ihren Schülern den souveränen Umgang mit neuen Medien zu vermitteln.

Christian Ritter

Krankheit und Metapher

Endlich eine Metapher für den körperlichen Zustand bei Magen-Darm-Infekten gefunden: Drei Stunden nach drei »Imodium akut« fühlt es sich an, als habe man den ganzen Tag extrem abführende Korken zu sich genommen.

Volker Surmann

Unters Fanvolk gemischt

Die WM in Südafrika hat es erneut bewiesen: Fußball ist – leider! – immer noch kein Sport für die oberen Zehntausend. Auch dieses Jahr war ich wieder die einzige, die für den Autokorso ein Taxi gerufen hat.

Tanja von Hötzle

Blumennahrung

Seitdem man weiß, daß Pflanzen auf noch ungeklärte Weise miteinander kommunizieren, ist die Menüauswahl für mitfühlende Menschen nicht gerade einfacher geworden. Mit Dinkelburgern, dachte ich, sei man auf der sicheren Seite – wer nimmt schon Getreide als Pflanze ernst? Bis ich mir die Zutatenliste durchlas: »Produkt kann Spuren von Lupinen enthalten.«

Bianca Stücker

Sparen in der Krise

Ein billiger, stets verfügbarer Ersatz für Zahnseide: Schamhaare.

Benjamin Spielmann

Ballermann

Daß man sich gerade auf Mallorca befindet, und zwar mitten in El Arenal, erkennt man nicht am Verhalten der Touristen – Prolls gibt’s nämlich überall! –, sondern an den merkwürdigen Namen: jede zweite Straße eine Calle, jeder zweite Typ ein Kalle.

Thea Unangst

Unser Arbeitsplatz soll schöner werden

Die Arbeitsplatzergonomie läßt sich schon durch kleine Änderungen verbessern. So hebt es die Qualität der Arbeitsabläufe deutlich, vertauscht man den Preßlufthammer gegen etwas frisches Obst oder verlegt den Arbeitsplatz vom Bergwerk in ein Erlebnisbad. Dieser naheliegenden Erkenntnis verschließen sich allerdings noch viele Arbeitgeber.

Ludwig König

Beweis

»Als die Lehrerin fragte, ob sie mal meine Mutter besuchen kann, drückte ich achtmal die Nase gegen die Tischplatte.«
Dieser erste Satz aus David Sedaris’ Geschichte »Die Mackenplage« ruft vor meinem inneren Auge sofort ein Bild des Erzählers hervor. Neunzehn Wörter, die ein Bild erzeugen. Für eine einfachere Rechnung runde ich auf zwanzig auf. Tausend durch zwanzig ergibt fünfzig. Ich (oder David Sedaris) kann also mit tausend Worten mindestens fünfzig Bilder erzeugen. Womit die Behauptung »Ein Bild sagt mehr als tausend Worte« widerlegt wäre. Q.E.D.

Karsten Wollny

Das Erbe der Väter

Wie angenehm wäre das, wenn man nicht nur das finanzielle Erbe der Eltern, sondern auch das genetische erst nach ihrem Tode antreten müßte. In fortgeschrittenem Alter wäre man endlich reif genug, die peinliche Brustbehaarung und die große Nase, die es väterlicherseits zu erben gibt, klaglos hinzunehmen.

Tibor Rácskai

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 So ist es, Franz Müntefering!

So ist es, Franz Müntefering!

Sie sind nun auch schon 84 Jahre alt und sagten zum Deutschlandfunk, Ältere wie Sie hätten noch erlebt, wozu übertriebener Nationalismus führe. Nämlich zu Bomben, Toten und Hunger. Ganz anders natürlich als nicht übertriebener Nationalismus! Der führt bekanntlich lediglich zur Einhaltung des Zweiprozentziels, zu geschlossenen Grenzen und Hunger. Ein wichtiger Unterschied!

Findet

Ihre Titanic

 Oha, »Siegessäule«!

Als queeres und »Berlins meistgelesenes Stadtmagazin« interviewtest Du anlässlich der Ausstellung »Sex. Jüdische Positionen« im Jüdischen Museum Berlin die Museumsleiterin und die Kuratorin und behelligtest die beiden unter anderem mit dieser Frage: »Linke, queere Aktivist*innen werfen dem Staat Israel vor, eine liberale Haltung gegenüber Homosexualität zu benutzen, um arabische und muslimische Menschen zu dämonisieren. Diese Aktivist*innen würden Ihnen wahrscheinlich Pinkwashing mit der Ausstellung unterstellen.«

Nun ist das Jüdische Museum Berlin weder eine Außenstelle des Staates Israel, noch muss man als Journalist/in irgendwelchen »Aktivist*innen« ihre antisemitischen Klischees, dass letztlich doch alle Jüdinnen und Juden dieser Welt unter einer Decke stecken, im Interview nachbeten. So können wir uns aber schon mal Deine nächsten Interviewfragen ausmalen: »Frau Pastorin Müller, Sie bieten einen Gottesdienst zum Christopher Street Day an. Betreiben Sie damit Pinkwashing für den Vatikanstaat?« oder »Hallo Jungs, ihr engagiert euch in einem schwulen Verein für American Football. Betreibt ihr damit nicht Pinkwashing für Donald Trump?«

Wird diese Artikel allerdings nicht mehr lesen: Titanic

 Du wiederum, »Spiegel«,

bleibst in der NBA, der Basketball-Profiliga der Männer in den USA, am Ball und berichtest über die Vertragsverlängerung des Superstars LeBron James. »Neuer Lakers-Vertrag – LeBron James verzichtet offenbar auf Spitzengehalt«, vermeldest Du aufgeregt.

Entsetzt, Spiegel, müssen wir feststellen, dass unsere Vorstellung von einem guten Einkommen offenbar um einiges weiter von der Deiner Redakteur/innen entfernt ist als bislang gedacht. Andere Angebote hin oder her: 93 Millionen Euro für zwei Jahre Bällewerfen hätten wir jetzt schon unter »Spitzengehalt« eingeordnet. Reichtum ist wohl tatsächlich eine Frage der Perspektive.

Arm, aber sexy: Titanic

 Also echt, Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon!

»Wie wäre es eigentlich, wenn mich niemand kennen würde?« Unter diesem Motto verbrachten Sie mit falschen Zähnen, künstlicher Nase und fingerdicken Brillengläsern einen Tag in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles, um Ihre Erfahrungen als Nobody anschließend in der Vanity Fair breitzutreten.

Die Leute hätten sich einfach an Ihnen vorbeigedrängelt, und niemand habe »Ich liebe Dich!« zu Ihnen gesagt. Als Sie dann auch noch in der Schlange stehen mussten, um »einen verdammten Kaffee zu kaufen«, sei Ihnen schlagartig bewusst geworden: »Das ist scheiße. Ich will wieder berühmt sein.«

Das ist doch mal eine Erkenntnis, Bacon! Aber war der Grund für Ihre Aktion am Ende nicht doch ein anderer? Hatten Sie vielleicht einfach nur Angst, in die Mall zu gehen und als vermeintlicher Superstar von völlig gleichgültigen Kalifornier/innen nicht erkannt zu werden?

Fand Sie nicht umsonst in »Unsichtbare Gefahr« am besten: Titanic

 Augen auf, »dpa«!

»Mehrere der Hausangestellten konnten weder Lesen noch Schreiben« – jaja, mag schon sein. Aber wenn’s die Nachrichtenagenturen auch nicht können?

Kann beides: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

 Lifehack von unbekannt

Ein Mann, der mir im Zug gegenüber saß, griff in seine Tasche und holte einen Apfel heraus. Zu meinem Entsetzen zerriss er ihn mit bloßen Händen sauber in zwei Hälften und aß anschließend beide Hälften auf. Ich war schockiert ob dieser martialischen wie überflüssigen Handlung. Meinen empörten Blick missdeutete der Mann als Interesse und begann, mir die Technik des Apfelzerreißens zu erklären. Ich tat desinteressiert, folgte zu Hause aber seiner Anleitung und zerriss meinen ersten Apfel! Seitdem zerreiße ich fast alles: Kohlrabi, Kokosnüsse, anderer Leute Bluetoothboxen im Park, lästige Straßentauben, schwer zu öffnende Schmuckschatullen. Vielen Dank an den Mann im Zug, dafür, dass er mein Leben von Grund auf verbessert hat.

Clemens Kaltenbrunn

 Krasse Segregation

Wer bestimmten Gruppen zugehört, wird auf dem Wohnungsmarkt strukturell diskriminiert. Viele Alleinstehende suchen händeringend nach einer Drei- oder Vierzimmerwohnung, müssen aber feststellen: Für sie ist dieses Land ein gnadenloser Apartmentstaat, vor allem in den Großstädten!

Mark-Stefan Tietze

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster