Vom Fachmann für Kenner | August 2009


Auf der Höhe der Zeit

Management-Tip für moderne Taxifahrer: Die Leute da abholen, wo sie stehen.

Tina Manske

Hochschulreif?

Beliebt sind bei Abiturjahrgängen seit je anspielungsreiche Motti, in die irgendwie das Wort »Abi« integriert ist. Um diesen Trend aufzugreifen, machte ich in der Vollversammlung den Vorschlag »NSDABI ’09 – 13 Jahre Konzentration«. Mit überragender Mehrheit wurde es dann »Abi ’09 – Yes we can!«

Lukas Münich

Neulich in Beijing

Da willst du dir ein schönes Souvenir kaufen, und dann ist das alles »Made in China«.

Andreas Schriewer

Vorschlag zur Güte

Wer sich mal so richtig gesellschaftlich ins Abseits, wenn nicht sogar ins totale Aus befördern und für wochenlangen Gesprächsstoff sorgen möchte und in dieser Zeit auch an angewiderten Blicken nichts auszusetzen hat, der soll sich einfach mal breitschlagen lassen, die Vorbereitungen zu einem Junggesellenabschied zu übernehmen und sich ein etwas zu vorlautes Kleinkind zulegen, das, wenn es anschließend am Montag in den Kindergarten gebracht und dort auch sogleich gefragt wird, wie denn sein Wochenende gewesen sei, nicht lange drumherum redet: »Schööön, Papa und ich haben Peniskekse gebacken.«

Frank Schäfer

News vom Hinterhof

Die Altpapiertonnen sind voller als sonst – der neue Quelle-Katalog ist da!

Nils Heinrich

Ingenieur auf Reisen

Um mit seiner neuen Freundin in den Urlaub fahren zu können, hat ein Freund von mir seinen Kleinbus per Dachaufsatz zu einem Mini-Wohnmobil umgebaut. In diesem Dachaufsatz sind nun die Schlafplätze untergebracht. Auf meine Frage, wie er denn die vertikalen Maße des Dachaufsatzes berechnet habe, bekam ich die Antwort: »Zweimal Arschhöhe plus Hub.«

Volker Schwarz

Paranoiker aufgepaßt

Blümchenkleider sind in Wirklichkeit Gartencamouflage.

Wolfgang Beck

Nachbarschaft

Wann genau die Beziehung mit den Nachbarn irreparabel beschädigt ist, kann man ja oft nicht so richtig sagen. Zuweilen mag ein schlichtendes Gespräch oder eine kleine Zuwendung in Form von Blumen, einer Flasche Wein oder einem Entschuldigungsschreiben für die Lärmbelästigung vergangener Feiern so manchen Riß wieder kitten. Wenn sich allerdings die einem zuvor unbekannte 35jährige Nachbarin morgens gewaltsam Zugang zur WG verschafft, mit hochrotem Kopf vorm Bett steht und den Lärmpegel der vergangenen Nacht mit ihrem Weckruf – »Steht auf, ihr Penner! Ich hol’ Typen, die machen euch alle! Ich fackel’ euch die Bude ab! Und deck’ deine Freundin mal zu, ich kann der in die Muschi gucken!« – noch zu überbieten weiß, dann sehe ich fürs nächste Nachbarschaftsgrillen doch eher schwarz.

Moritz Veltmann

Unzulänglich

Alle männlichen Pornodarsteller besitzen lächerlich kleine Penisse. Meiner Meinung nach.

Thomas Tonn

Schanzenfest 2009

Erfreulicherweise fand das diesjährige Kanzlerkandidatinnen-Casting der PARTEI pünktlich zum Schanzenfest im Gebäude direkt neben der Roten Flora statt – just an dem Abend, als die Hansestadt von den heftigsten Ausschreitungen seit vielen Jahren erschüttert wurde. Daß Teile der autonomen Szene Hamburgs entweder im Grundkurs »Anarchismus« oder im Hauptseminar »Politische Institutionenlehre« nicht richtig aufgepaßt hatten, war bereits nachmittags am Banner über der Musikbühne zu sehen, das »Regierung stürzen!« forderte, aber den Staat offenbar ungeschoren davonkommen lassen wollte.

Regelrecht bezaubernd postideologisch bzw. nur unwesentlich verwirrter erschien mir später dann der runtergerockte Altautonome, der mir, der ich in meinem schmucken schwarzen H&M-Slimfit-Anzug noch einmal für eine Zigarettenlänge vor die Tür getreten war, etwa fünf Minuten bevor die Straßenschlacht mit Feuerwerkskörpern und Wasserwerfern losbrach, erbost und fäusteschwingend zurief: »Geh arbeiten, Nazi!«

Mark-Stefan Tietze

Jugend dahin

Daß die wilden Jugendtage unweigerlich vorbei sind, wurde mir beim Telefonat mit einem alten Freund klar. Als dieser an meinem Ende der Leitung ein vertrautes Geräusch vernahm, fragte er mich: »Schenkst du dir gerade einen Drink ein?« 

»Nein«, hörte ich mich verlegen antworten, »ich gieße das Basilikum.«

Friedrich Krautzberger

Pianoforte

Als ich letzthin mit einem Restaurator, der sich auf historische Musikinstrumente spezialisiert hat, eher zufällig ins Gespräch kam, lernte ich, daß kaum ein Klavier den Lauf der Jahrhunderte unangetastet übersteht.

Theobald Fuchs

Auf Augenhöhe

Jeder modernen Lehrkraft ist die Lehre von der »didaktischen Überforderung« bekannt, nach der man die Schüler exakt einen Schritt über ihren Fähigkeiten arbeiten läßt, um sie gewissermaßen auf die nächsthöhere Wissensebene zu locken. Dementsprechend faszinierte ich jüngst eine sechste Klasse mit der Problematik des Zusammenbruchs des Römischen Reiches, indem wir die Schwierigkeiten der Zentralverwaltung eines Staats dieser Größe mit einer dermaßen heterogenen Bevölkerung bei vergleichsweise langen Kommunikationswegen erarbeiteten und dabei auch kurz auf Paul Kennedys These des »imperial overstretching« eingingen. Der Erfolg stellte sich unverzüglich ein: »Herr Hesse, der Martin hat meine Knetmasse!«

Andreas D. Hesse

In der Schreiberwerkstatt

Nach der Lektüre von Schwarzbuch Deutschland, Schwarzbuch Kapitalismus, Schwarzbuch Markenfirmen, Schwarzbuch Tierfutter und Schwarzbuch Liebe fühle ich mich endlich soweit: Ich werde das »Schwarzbuch Schwarzbücher« schreiben.

Andreas Flamme

Drang zum Tor

Noch lange wird man in hiesigen Fußballfachkreisen von meiner einzigartigen fußballerischen Glanzleistung beim Kreisligaduell gegen den Erzrivalen TSV Jahn Calden II sprechen, als ich den Ball, hart bedrängt an der Seitenlinie, technisch perfekt annahm, explosionsartig antrat und mit unbeschreiblichem Zug zum Tor ganze sechs Gegenspieler wie Slalomstangen umkurvte, um das Kunstleder dann aus knapp sechzehn Metern mit einer Vollspanngranate ins linke Dreieck zu feuern, ohne daß der gegnerische Torwart bei der Wucht des Geschosses überhaupt nur gezuckt hätte. Und das alles als Zuschauer beim E-Jugendspiel meines Sohnes (der auf eigenen Wunsch kurz darauf ausgewechselt wurde) – wirklich einzigartig!

Thorsten Mausehund

Aus der Veterinärmedizin

Was krebserregend ist, muß nicht schlecht sein! Zumindest für Krustentiere während der Paarungszeit.

Jens R. Fischer

Das andere

Mittagessen. Ich: »Ach, das Scheißding geht nicht auf…«, darauf mein fünfjähriger Neffe: »Du hast das böse Wort gesagt!«

Ich: »Welches denn?«

Er: »Das böse Wort!«

Ich: »Ja, welches denn?«

Er: »Nicht Arschloch, sondern das andere!«

Christian Martin

Schluß mit dem Diätwahn!

Ein Bekannter von mir hat nun endlich Vernunft angenommen und seine Kohlsuppendiät beendet. Es war nämlich so, daß er zusammen mit seiner Freundin beim Einkaufen war, als sein Körper plötzlich, wie das eben so ist, wenn man sich nur von Kohl ernährt, zu bersten begann. Er fühlte deutlich, daß er den Laden so schnell wie möglich verlassen mußte. Doch wohin? Auf der Straße tummelte sich das Volk. Daher bat er seine Freundin, schnell das Auto zu holen, damit er sich dort unhörbar für die Welt erleichtern könne. Sie eilte, er schlich hinterher, heftige Bewegungen vermeidend. Vor dem Supermarkt wartete schon das Auto. Er öffnete die Beifahrertür, stieg ein, schloß die Tür, furzte genüßlich, um dabei nicht weniger geräuschvoll zu schreien, als er gewahr wurde, daß neben ihm ein ebenso fremder wie fassungsloser Mann saß. Das sei aber noch nicht das schlimmste gewesen. Schlimmer noch, so meinte er, sei gewesen, daß, nachdem ihm die Flucht in den Wagen der Freundin gelungen war, ihnen das andere Auto folgte und der Fahrer sie zum Anhalten aufforderte. Am schlimmsten jedoch sei der Gesichtsausdruck des Mannes gewesen, als dieser ihm den Rucksack überreichte, den er bei seiner überstürzten Flucht im Auto seines Opfers vergessen hatte.

Tibor Rácskai

Imagetip

Schon drei Liter Bier am Vorabend helfen, am ersten Arbeitstag den Eindruck zu vermeiden, man sei übermotiviert.

Sebastian Hoenisch

Scheidungskinder

Köln, ein Café auf dem Bahnhofsvorplatz, Sonntagnachmittag, brütende Hitze. Zwei Damen führen eine Handvoll Kinder aus. Ein zehnjähriges Mädchen belegt seinen deutlich jüngeren Bruder wegen unterschiedlicher Vorstellungen über die zu bestellenden Süßspeisen mit wüsten Schimpftiraden. Die Mutter schreitet empört ein: »Antonia, das ist dein Bruder!« Darauf Antonia voll tiefster Verachtung: »Mein Ex-Bruder!«

Ralf Kraus

To whom it may concern

Nie und nimmer hätte ich mir träumen lassen, daß ich mit Vierzig um Längen attraktiver aussehen würde als mit Zwanzig. Und, was soll ich sagen: So isses dann ja auch nicht gekommen.

Marcel Vega

Noch unbequemere Wahrheit

Die aktuelle Entwicklung auf dem Automobilmarkt sehe ich mit großer Sorge: Bei all den emissionsarmen Modellen, die derzeit vom Band laufen, dürfte sich der Klimawandel bald umkehren und eine neue Eiszeit über uns hereinbrechen!

Dominik Mauer

Richtiger Zeitpunkt

Ein Bekannter Mitte Fünfzig verfügt über Eltern, die im Alter von 92 und 90 Jahren, obgleich von manchem Altersweh geplagt, doch so robust sind, daß sie Freund Hein vermutlich noch eine Weile eine lange Nase machen werden. Überrascht mußte er sich neulich am Telefon die so atemlos wie bitter vorgetragene Klage seiner Mutter anhören: »So langsam frage ich mich, was wir im Leben falsch gemacht haben, daß es uns jetzt so schlecht geht!« Und wollte gar nicht wieder ruhig werden, die alte Dame. Allemal sinnvoll, dachte der Bekannte da, sich eine solche Frage keinesfalls zu früh vorzulegen!

Christof Goddemeier

Meine Quelle

Habe gestern in die kleine Quelle hinterm Haus einen Euro geworfen. Warum sollen nur die Großen etwas kriegen? Und weg ist das Geld genauso.

Uwe Geishendorf

Durch die Blume

In Krankenhäusern und auf Friedhöfen schenkt man Blumen. Welche Sorte aber? Da scheiden sich die Geister. Ich persönlich neige dazu, die Stimmung allgemeiner Melancholie und lähmender Niedergeschlagenheit, die bei solchen Anlässen vorherrscht, konsequent weiterzudenken: Wer Agonie sagt, muß auch Begonie sagen

Michael Ziegelwagner

Okkultismus

Erschreckend, aber wahr: Wenn man die Zahl 666 rückwärts liest, ergibt sich eindeutig eine satanische Botschaft.

Andreas Maier

Schönste Sätze

Nie werde ich den Moment vergessen, als meine damalige Angebetete zum ersten Mal in meiner alten Studentenbude zu Gast war, den Blick umherschweifen ließ und dann den Satz sagte, den jeder Mann von einer Frau früher oder später hören will: »Darf ich deine Fenster putzen?«

Alexander Waldhelm

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 An Deiner Nützlichkeit für unsere Knie, Gartenkniebank AZBestpro,

wollen wir gar nicht zweifeln, an Deiner Unbedenklichkeit für unsere Lungen allerdings schon eher.

Bleibt bei dieser Pointe fast die Luft weg: Titanic

 Gemischte Gefühle, Tiefkühlkosthersteller »Biopolar«,

kamen in uns auf, als wir nach dem Einkauf Deinen Firmennamen auf der Kühltüte lasen. Nun kann es ja sein, dass wir als notorisch depressive Satiriker/innen immer gleich an die kühlen Seiten des Lebens denken, aber die Marktforschungsergebnisse würden uns interessieren, die suggerieren, dass Dein Name positive und appetitanregende Assoziationen in der Kundschaft hervorruft!

Deine Flutschfinger von Titanic

 So ist es, Franz Müntefering!

So ist es, Franz Müntefering!

Sie sind nun auch schon 84 Jahre alt und sagten zum Deutschlandfunk, Ältere wie Sie hätten noch erlebt, wozu übertriebener Nationalismus führe. Nämlich zu Bomben, Toten und Hunger. Ganz anders natürlich als nicht übertriebener Nationalismus! Der führt bekanntlich lediglich zur Einhaltung des Zweiprozentziels, zu geschlossenen Grenzen und Hunger. Ein wichtiger Unterschied!

Findet

Ihre Titanic

 Grüß Gott, Markus Söder!

Weil der bayerische AfD-Chef Sie wiederholt »Södolf« genannt hat und Sie ihn daraufhin anzeigten, muss dieser Ihnen nun 12 000 Euro wegen Beleidigung zahlen. Genau genommen muss er den Betrag an den Freistaat Bayern überweisen, was aber wiederum Ihnen zugutekommt. Ebenjener zahlt Ihnen ja die Honorare für freie Fotograf/innen, von denen Sie sich bei öffentlichen Anlässen gern begleiten und ablichten lassen. Im Jahr 2022 sollen sich die Kosten auf stolze 180 000 Euro belaufen haben.

Vorschlag: Wenn es Ihnen gelingt, die Prasserei für Ihr Image komplett durch Klagen gegen AfD-Mitglieder querzufinanzieren, stoßen wir uns weniger an Ihrem lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern.

Drückt vorauseilend schon mal beide Augen zu: Titanic

 »Welt«-Feuilletonist Elmar Krekeler!

»Friede eurer gelben Asche, Minions!« überschrieben Sie Ihre Filmkritik zu »Ich – einfach unverbesserlich 4«. Vorspann: »Früher waren sie fröhliche Anarchisten, heute machen sie öde Werbung für VW: Nach beinahe 15 Jahren im Kino sind die quietschgelben Minions auf den Hund gekommen. Ihr neuestes Kino-Abenteuer kommt wie ein Nachruf daher.«

Starkes Meinungsstück, Krekeler! Genau dafür lesen wir die Welt: dass uns jemand mit klaren Worten vor Augen führt, was in unserer Gesellschaft alles schiefläuft.

Dass Macron am Erstarken der Rechten schuld ist, wussten wir dank Ihrer Zeitung ja schon, ebenso, dass eine Vermögenssteuer ein Irrweg ist, dass man Viktor Orbán eine Chance geben soll, dass die Letzte Generation nichts verstanden hat, dass Steuersenkungen für ausländische Fachkräfte Deutschlands Todesstoß sind und dass wir wegen woker Pronomenpflicht bald alle im Gefängnis landen.

Aber Sie, Elmar Krakeeler, haben endlich den letzten totgeschwiegenen Missstand deutlich angesprochen: Die Minions sind nicht mehr frech genug. O tempora. Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Unübliche Gentrifizierung

Zu Beginn war ich sehr irritiert, als mich der Vermieter kurz vor meinem Auszug aufforderte, die Bohr- und Dübellöcher in den Wänden auf keinen Fall zu füllen bzw. zu schließen. Erst recht, als er mich zusätzlich darum bat, weitere Löcher zu bohren. Spätestens, als ein paar Tage darauf Handwerkerinnen begannen, kiloweise Holzschnitzel und Tannenzapfen auf meinen Böden zu verteilen, wurde mir jedoch klar: Aus meiner Wohnung wird ein Insektenhotel!

Ronnie Zumbühl

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster