Briefe an die Leser | März 2019


Brummkopf Andreas Scheuer (Verkehr)!

»Es mehren sich Stimmen in der deutschen Ärzteschaft, die die wissenschaftliche Herleitung des Jahresmittelwerts von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter für Stickstoffdioxid in der EU-Luftqualitätsrichtlinie in Frage stellen«, husteten Sie in einem – was sonst? – »Brandbrief« (»Bild«) Ihren Kollegen in der EU, damit die endlich die Gängelung der deutschen Autoindustrie einstellt.

Aber wissen Sie was? Es mehren sich auch Stimmen in der deutschen Ärzteschaft, dass Sie, der Feinstaub-Andi, ein über jeden Grenzwert hinausjagender, dreister Lobbyist einer nachweislich kriminellen Vereinigung sind – und Sie können sicher sein, diese Ärzte sind keinen Deut weniger glaubwürdig als Ihre hundert Lungenärzte.

Gesundheit! Titanic

Ganz schön keck, Henryk Emm Broder!

Da haben Sie also vor der AfD-Fraktion im Bundestag gesprochen. Nämlich zum Beispiel dieses: »Ich glaube nicht daran, dass es einen Klimawandel gibt, weil es noch keinen Tag in der Geschichte gegeben hat, an dem sich das Klima nicht gewandelt hätte.«

Ein Satz tatsächlich für die Geschichtsbücher! Und so wunderbar in jede Richtung anwendbar: Ich glaube nicht daran, dass Feinstaub gesundheitliche Risiken verursacht, weil es noch keinen Tag in der Geschichte gegeben hat, an dem es nicht ordentlich gestaubt hätte. Ich glaube nicht daran, dass es in Deutschland Antisemitismus gibt, weil es noch keinen Tag in der Geschichte gegeben hat, an dem Deutsche sich nicht antisemitisch geäußert hätten. Ich glaube nicht daran, dass Henryk Emm Broder eine berechenbare Krawallschachtel ist, weil es noch keinen Tag in der Geschichte gegeben hat, an dem er sich nicht berechenbar krawallschachtelig geäußert hätte. Wie man es dreht und wendet – irgendwie stimmt es am Ende immer!

Wandelt sich nicht mehr: Titanic

Aha, Ulf Poschardt!

»Die Autobahn hat sich als das letzte Freiheitsfeld erwiesen, wo wir mehr Freiheit genießen als andere auf der Welt, sonst sind wir eigentlich immer auf Freiheitstabellen nicht auf den vorderen Plätzen zu finden«, erläuterten Sie dem Deutschlandfunk.

Nun stimmen wir zu, dass eine Autobahn gewissermaßen ein Feld ist, wenn auch ein sehr langes und schmales. Aber sind Sie in Ihrer Freiheit nicht viel stärker dadurch eingeschränkt, dass man dort immer nur in eine Richtung fahren darf? Und dass da überall diese blauen Schilder stehen, die einem sagen, wo man angeblich gerade hinfährt?

Die Tatsache, dass Sie sogar bezüglich Freiheit in Ranglisten und Rekorden denken, passt jedenfalls zu Ihrer adoleszenten Obsession mit Höchstgeschwindigkeiten.

Bremst erst mal gemütlich, wenn Sie im Rückspiegel auftauchen: Titanic

Ach und übrigens, Poschardt!

»Ich glaube, das ist eine sehr verkürzte, sentimentale Diskussion. Wer garantiert denn, dass dann (im Falle eines Tempolimits) nicht vielleicht 15 Ex-Raser vor Müdigkeit einschlafen?« Haben wir Sie richtig verstanden? Wenn man möglichst schnell fährt, ist man am Ziel, bevor einem brenzligerweise die Äuglein zufallen? Und wenn die allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung kommt – sollen die Ex-Raser dann gelegentlich ein feuriges Schnäpschen zwitschern, um sich nicht zu langweilen?

Hoffentlich sind wir nie, nie mit Ihnen auf derselben Straße! Wenn wir es recht bedenken, wollen wir nicht mal mit Ihnen auf einem Kontinent sein. Titanic

Gut Loch, Gerhard Schröder (Bundeskanzler a.D.)!

Während sich die Kollegen auf Ihre wenig überraschende Kritik an Parteigenossin Nahles stürzten, stach uns in jenem »Spiegel«-Interview eine viel bezeichnendere Passage ins Auge. In der ging es um Ihre neu entdeckte Passion für den Golfsport: »Ich habe ja auch mal das Vorurteil gehabt, Golf sei was für Leute, die kaum beweglich sind. Das ist nicht der Fall. Wenn Sie auf einem Neun-Loch-Platz spielen, laufen Sie fünf bis sechs Kilometer, und zwar nicht im Spaziertempo, sondern stramm.«

Nun fehlt uns zwar die nötige Expertise in Sachen Golf, dafür können wir Suchmaschinen bedienen und kleinere Beträge addieren (berufsbedingt). Und siehe da: Der durchschnittlich zurückgelegte Weg auf einem Neun-Loch-Platz ergibt bloß ungefähr die Hälfte der von Ihnen beprahlten Strecke. Dass Sie uns mit dieser kleinen Ungenauigkeit anflunkern wollten, glauben wir indes nicht. Denn erstens liegt Ihnen Imponiergehabe nun wirklich fern, zweitens liegt die Antwort ja auf der Hand: Jeder Fußweg fühlt sich doppelt so lang an, wenn man ihn »stramm« zurücklegt.

Weiß niemand besser als Titanic

Du, liebe ARD,

wusstest zum Jubiläum von »Hitzlspergers Coming Out vor fünf Jahren« zu vermelden: »Homophobie im Profifußball noch immer ein Tabu«.

Das ist nicht schön und im Jahre 2019 wirklich unangemessen, aber wir sind optimistisch: Lass noch einmal fünf Jahre ins Land gehen, und in den Stadien werden die ersten zaghaften Chöre gegen »Schwuchteln« erklingen, und vielleicht wird sich auch – drücken wir den Daumen (Penissymbol!) – der eine oder andere Mutige trauen, in Kommentarspalten im Internet ein diesbezügliches Hassposting zu veröffentlichen. Vielleicht sogar auf Ard.de.

Deine Eis- und Tabubrecherin Titanic

Soll das, Elmar Brock,

was Sie da der »Rheinischen Post« in die Feder diktierten, eigentlich eine verhohlene Drohung sein? »Ich habe meiner Familie … noch etwas zurückzugeben«, sagten Sie in bezug auf Ihr Ausscheiden aus dem EU-Parlament. Was haben Sie denn noch zurückzugeben, abgesehen von Altmänner-Atem und, äh: Zuwendungen von Bertelsmann? Die Kopfpauschale Ihrer Besucher im Europaparlament ja sicher nicht! Lacht sich ins geballte Fäustchen: Titanic

Sie wiederum, Quereinsteiger Uwe Hück (56),

machen sich »Sorgen um Deutschland« und sind deshalb soeben überraschend von Ihrem Posten als Betriebsratsvorsitzender der Porsche AG, den Sie 16 Jahre lang innehatten, zurückgetreten, um ein neues Leben in der Politik zu beginnen und zunächst einmal für die SPD bei der Kommunalwahl in Pforzheim zu kandidieren.

Vom ARD-Morgenmagazin nach Ihren politischen Zielen befragt, sagten Sie so aufschlussreiche Dinge wie »Es muss endlich klar werden, dass wir uns für die Menschen einsetzen« und »Ich will mir die Hände dreckig machen«, und klangen bereits so, als hätten Sie Ihr ganzes Leben nichts anderes als Politik gemacht. Vergleichsweise unnötig erschien uns daher Ihr abschließendes Statement: »Ich bin so ein Typ, wo man schlecht einschätzen kann.«

Denn das, Herr Hück, sind Sie eben nicht.

Stehen Sie doch einfach dazu! Raten Ihre Menschenkenner von Titanic

Hatschi, T-online!

»Erkältungsbad: Wann es sinnvoll ist und wann nicht« titeltest Du geheimnisvoll – lass uns raten: Bei Erkältung sinnvoll, sonst nicht so?

Verschnupft, aber clever wie immer: Titanic

Beeindruckend, Durs Grünbein!

In einem Artikel über die Brutalisierung und Instrumentalisierung der Sprache machten Sie für diese neben dem fehlenden Lateinunterricht auch Russland verantwortlich: »In Putins Trollfabriken arbeiten die fleißigen Ameisen der Desinformation.«

Lassen wir uns dieses Bild mal auf der Zunge zergehen: In einer Trollfabrik stellen viele Ameisen unermüdlich Trolle her, um diese dann in den Informationskrieg zu schicken? Das ist prinzipiell möglich, immerhin können Ameisen ein Vielfaches ihres Gewichts tragen. Oder bedeutet das Kompositum »Trollfabrik«, dass in diesem Unternehmen auch Trolle arbeiten? Was ist deren Verhältnis zu den Ameisen? Sind die ihre Vorgesetzten? Quasi die Königinnen? Und Putin? Kämpft er mit dem Brennglas gegen die Ameisen der Desinformation?

Um so gewaltig passende Sprachbilder schaffen zu können, muss man eben doch Büchnerpreisträger sein …

Metaphorische Grüße:

Ihre Titanic

Und, äh, Putin,

eine Frage: Dürfen wir das von Ihnen etablierte System »Trollschewismus« nennen oder sollen wir uns trollen?

Lolt: Titanic

Liebes SZ-Magazin!

Die knüppelkluge Johanna Adorján hat Deinen altgedienten Lebensberater Dr. Dr. Rainer Erlinger beerbt, und wenn Leserin Julia S. Friedhöfe hasst und nicht weiß, ob sie zum Grab ihrer Mutter muss, dann bleibt sie mit diesem Zwiespalt nicht allein: »Mein erster Reflex ist, dass doch bitte jeder alles so machen soll, wie er es möchte, und überhaupt, wer bin ich, etwas zu raten, ich kenne Sie doch auch gar nicht persönlich, aber gut, in Ihrem Fall mache ich eine Ausnahme: Ganz ehrlich und aufrichtig, das ist eine Gewissensentscheidung, und zwar Ihre. Wie es es ja auch Ihre Mutter ist, um die es geht, und ihr Andenken. Was auch immer ich hierzu sagen würde, es wäre eine Anmaßung. Vielleicht nur dies: Wenn Sie ganz genau in sich hineinhören, wissen Sie die Antwort. Und dafür brauchen Sie nicht an einen besonderen Ort zu gehen.«

Falls Du, liebes SZ-Magazin, Deiner neuen Briefkastentante nicht noch mehr schönes Geld dafür geben willst, dass sie sich zu Leserinnenfragen nicht äußern will, weil sie die Leserinnen nicht persönlich kennt und die ja auch in sich reinhorchen können: ein wöchentliches »Ihre Sache« kriegst Du von uns für die Hälfte. Gut?

Deine Gewissensentscheiderin Titanic

Toller Service, »Manager Magazin«:

»Prokrastinations-Test: Sind Sie der König der Aufschieber?« Wir wollten uns natürlich sofort testen, aber leider war noch der Abwasch zu erledigen, und spazierengehen wollten wir ja auch, und endlich auf diese eine Mail antworten …

Aber morgen dann ganz sicher! Titanic

Lieber Rudi »Es gibt nur ein’…!« Völler!

»Wer viel Verantwortung trägt, braucht einen starken Rücken«, werben Sie neuerdings für »Kieser Training«. Ja, was haben Sie eigentlich als Bundestrainer geleistet, versuchten wir uns zu erinnern, als wir das Plakat sahen. Was waren die Höhepunkte Ihrer Karriere, die Sie solch starke Statements verlautbaren lassen? War es das WM-Finale 2002, in das Ihre Gurkentruppe so glücklich gestolpert ist? Oder doch eher der »kultige« TV-Ausraster nach dem 0:0 gegen Island, bei dem Sie jegliche Verantwortung von sich wiesen und lieber ein paar Weizenbier mit Waldemar Hartmann trinken wollten (oder so ähnlich)?

Geht mit Stechen im Rücken lieber weiter: Titanic

Hey, Finanzminister Reinhold Hilbers (Niedersachsen)!

An der von Hubertus Heil vorgeschlagenen Grundrente kritisierten Sie (CDU), dieses Rentenkonzept breche »mit dem bewährten Grundsatz, dass sich die Höhe der Renten nach der Summe der Einzahlungen« richte. Kurze Info: Fast jede zweite Altersrente liegt unter 800 Euro im Monat – das einzige, was sich in der Vergangenheit noch weniger bewährt hat als Ihr »bewährter Grundsatz«, ist CDU wählen!

Belässt es diesmal bei einer Strafe auf Bewährung: Titanic

Bundeswehr!

In Deinem Abschlussbericht zu dem von Dir durch Testraketen ausgelösten Moorbrand im Emsland, der von 3. September bis 10. Oktober 2018 munter vor sich hinkokelte und ganz Nordwestdeutschland in eine Rauchwolke hüllte, kommst Du nun zu dem Ergebnis, dass die von Dir »vorgehaltenen Fähigkeiten zur Vermeidung einer vergleichbaren extremen Großschadenslage nicht ausreichen«.

Das leuchtet uns irgendwie nicht ganz ein. Wieso Vermeidung? Was Du da im Meppener Moor demonstriert hast, ist doch, dass die von Dir vorgehaltenen Fähigkeiten – trotz aller bekannten Einschränkungen – doch noch zur Auslösung einer vergleichsweise extremen Großschadenslage ausreichen! Genau dafür, haben wir immer gedacht, gibt es Dich doch! Und dass Du diesmal das eigene Land in Brand geschossen hast, wo Holland so nah gewesen wäre – Schwamm drüber! Der gute Wille zählt!

Hält jederzeit gern sechs Wochen für Dich die Luft an: Titanic

Die Text-Bild-Schere, ARD,

ist ja ein Problem, das vor allen Dingen aus Zeitungen und Online-Artikeln bekannt ist. Aber etwas gestutzt haben wir dann doch, als bei Deiner Übertragung des Handballspiels Deutschland gegen Norwegen Sanitäter aufs Feld mussten, um einen norwegischen Spieler zu behandeln. Als sie sich gerade um den Verletzten scharten, entschied Deine Regie, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, in eigener Sache folgende Bauchbinde einzublenden: »Tatort: Mord ist die beste Medizin im Anschluss«.

Hättest Du das zusätzlich ins Stadion gefunkt, dann wäre die Übertragung vielleicht noch interessant geworden.

Leblose Grüße Titanic

Wer hätte gedacht, Howard Schultz,

dass ausgerechnet von Ihnen, ehemaliger Starbucks-CEO, US-Präsidentschaftskandidaten-Anwärter und geschätzte 3,4 Milliarden Dollar schwer, der neueste Vorstoß in Sachen politischer Korrektheit kommt? Einem Kolumnisten der »New York Times« rieten Sie, auf das B-Wort (»billionaires«) zu verzichten und fürderhin neutrale Synonyme wie »people of means« oder »people of wealth« zu benutzen.

Endlich denkt jemand an die armen (!) Seelchen der sprachlich Gebrandmarkten! Interessant finden Sie vielleicht, dass wir Deutschen wieder mal die blumigste Umschreibung haben: Wir sagen nicht »Milliardär«, sondern »Person, die es sich leisten kann, täglich bei Starbucks Kaffee zu trinken«.

Schreibt Ihnen trotzdem »Rich Bastard« auf den Becher: Titanic

Guten Mooorgen, liebes Derksen-Gymnasium in München!

Fasziniert betrachteten wir Deine Werbeanzeige in der »Zeit«, mit der Du, als Privatschule, momentan auf Schülerfang gehst, vor allem Deinen hauseigenen Slogan: »Ein unbequemer fröhlicher Ort«. Das klingt wirklich super und vielversprechend, genau unser Ding. Nur eine Frage haben wir: Unbequem inwiefern? Sind es die brettharten Stühlchen und Pulte? Die kratzigen, unvorteilhaften Schuluniformen? Die Unterrichtsfächer (Latein, Werte & Antinormen, evangelische Rebellion)? Womöglich Dein verwinkeltes Schulgebäude mit allerlei Ecken und Kanten? Oder nein, warte, jetzt haben wir’s: die unbequemen Wahrheiten! (Die Zukunft ist düster. Die Schule ist eine kapitalistische Zwangsanstalt.) Aber die lernt man doch an allen anderen Schulen auch – ohne gleich ein unbequemes Schulgeld von monatlich 690 Piepen (Pennälersprache) entrichten zu müssen!

Die Lümmel von der letzten Bank auf der Titanic

Schöne Überschrift, Jan Göbel c/o »Spiegel online«,

die Sie Ihrem Bericht über Handballer, »Dampfwalze und Abwehrhüne« Patrick Wiencek verpassten: »Bam Bam macht Boom Boom«. Anlässlich dieser Zeile fragen wir beinahe besorgt: Machen Sie bei »Spon Spon« vor dem Tipp Tipp etwa Gluck Gluck?

Ha ha: Titanic

Vincent Zeylmans, Autor, Karrierecoach und Outplacementberater!

In der Rubrik »Der Jobcoach« der »Süddeutschen Zeitung« fragte eine Betriebswirtin, die eine Arbeitszeit von maximal 30 Wochenstunden anstrebt: »Wie kann ich in meiner Bewerbung signalisieren, dass ich zu Abstrichen beim Gehalt bereit bin, ohne mich jedoch genau festlegen zu müssen?« Ihre Antwort: »Über Abstriche beim Gehalt würde ich gar nicht reden … Ihre Gehaltsforderung ist ohnehin wettbewerbsfähig. Denn Sie füllen die Position nur in 75 Prozent der Zeit aus und nehmen somit Abstriche von 25 Prozent in Kauf.«

Hä? Und am wettbewerbsfähigsten ist die Gehaltsforderung eines Bewerbers, der eine Position nur in fünf Prozent der Zeit ausfüllt und somit Abstriche von 95 Prozent in Kauf nimmt? So hatten das bisher nicht gesehen

Ihre Abstrichberaterinnen auf der Titanic

Besitzlosigkeit, wertes »Zeit Magazin«,

assoziieren naive Menschen fälschlicherweise gelegentlich mit so etwas Unappetitlichem wie – horribile dictu! – Armut. Dass ihr jedoch keine soziale, sondern eine ästhetische Frage zugrunde liegt, lernen wir aus Deinem erbaulichen »Heft über Mode und Design«, in dem Du unter anderem die italienische Designerin Ludovica Serafini vorstellst. Das ist »eine Frau von eigenwilliger Eleganz«, »aufgewachsen in vornehmen römischen Verhältnissen«, entsprechend »auf faszinierende Weise herablassend« und konsequent den Idealen einer puren Schönheit verpflichtet: »Jahrelang aß sie mit Plastikbesteck, weil sie keines aus Silber fand, das ihr gefiel.« Das dünkt uns logisch, denn siehe: »Bevor ich Hässliches kaufe, besitze ich lieber nichts«.

Seit wir diesen Artikel gelesen haben, sehen wir die Welt mit anderen Augen, zum Beispiel die der Obdachlosen, welche vermutlich auch nur jahrelang auf der Straße leben, weil sie keine Villen finden, die ihnen zusagen. Und auch Dich, »Zeit Magazin«, lesen wir mit anderen Augen, etwa in derselben Ausgabe die Werbung für Dein Blatt »Zeit leo. Das Magazin für Kinder«, mittels dessen Du Dir schon mal die nächste adäquate Leser- und Leserinnengeneration gefügig machst, u.a. mit Themen wie »Ich zieh an, was mir gefällt!« bzw. »Armut. So leben Kinder mit wenig Geld«. Vermutlich ähnlich stilsicher wie Signora Serafini?

Liest vorerst lieber nichts: Titanic

Jetzt mal im Ernst, MDR!

In einem Spielbericht hast Du behauptet, alle drei Tore seien »durch einen ruhenden Ball« gefallen. Muss sich der Ball nicht doch ein ganz klein wenig bewegen, damit ein Tor fallen kann?

Fragt in sich ruhend, den Toren beim Fallen zusehend: Titanic

Excuse us, Annette Dittert!

Als Tagesschaukorrespondentin in London haben Sie selbstverständlich die Aufgabe, das Chaos rund um den Brexit zu kommentieren. Und sagten deshalb nach der Ablehnung des Abkommens durch das Parlament: »Die Chancen, dass May ihren Deal in Brüssel noch einmal nachverhandeln kann, sind mehr als gering.«

Das war aber nur etwas weniger als sehr optimistisch von Ihnen. Und lässt hoffen, dass es noch zu einem Etwas-mehr-als-No-Deal kommt!

Hält das für besser als nichts: Ihre Titanic

Mario Adorf (88)!

Einem so würdevoll weißhaarig gealterten Lebemann wie Ihnen lässt sich doch sicher noch die ein oder andere Weisheit abzwacken, dachten wir uns und lasen das Interview zum frisch erschienenen Buch über Ihr Leben. Und was gaben Sie da zum besten, z.B. über das Geheimnis Ihrer langjährigen Beziehung zu Ihrer Frau Monique? »Nach spätestens zwei Falschen sollte man einfach darauf vertrauen, dass nichts Besseres nachkommt und dass es jetzt die Richtige ist.«

Wie charmant! Das ist so feinsinnig, dass es vorerst wohl keiner weiteren Bonmots Ihrerseits bedarf.

Hofft, dass nichts nachkommt: Titanic

Carlos Ghosn (Großkapital)!

Einst haben Sie aus Nissan, Renault und Mitsubishi ein internationales Bündnis geschmiedet. Seit November letzten Jahres sitzen Sie in Tokio in Untersuchungshaft; Sie sollen gegen Börsenauflagen verstoßen, Ihr Gehalt falsch ausgewiesen und private Verluste auf Nissan übertragen haben. Selbstverständlich wehren Sie sich gegen die Vorwürfe, wittern »Verrat« und die »Verschwörung« einer »Armee«, die Ihnen gegenüberstehe.

Nun wissen wir nicht, was an den Anklagepunkten dran ist, aber Herrgott, Ghosn, geht man allein nach Ihrem Äußeren, wundern wir uns, dass Ihnen nicht viel ärgere Untaten zur Last gelegt werden. Sie sehen aus wie jemand, der regelmäßig Dinge blafft wie »Ich hab genug gehört« und »Schafft ihn weg!«. Wie jemand, der mit einem Knopf unter der Schreibtischplatte eine Falltür öffnen kann. Jemand, der sich mit Blick aus dem obersten Stockwerk eines Wolkenkratzers einen 60 Jahre alten Whisky einschenkt, den er seiner globusförmigen Hausbar entnommen hat, während einer seiner Konkurrenten gefesselt und geknebelt vor ihm kniet. Kurzum: Man würde Ihre Besetzung als Bond-Bösewicht wegen Klischee-Übererfüllung ablehnen. Von Ihrem spukhaften Nachnamen wollen wir gar nicht erst anfangen!

Heute mal oberflächlich: Titanic

Reinhard Müller, alter FAZi!

In einem Leitartikel fragten Sie, wer eigentlich beim kurze Zeit virtuell hippen Spruch »Nazis raus« gemeint sei – und kamen über 705 wohl gewählte Wörter (»Extremisten von links und rechts«) zum ollen Schluss aller selbstgleichgeschalteter Mittemedien: Dass, wer Rechte (»Rechts stand einmal – und steht in anderen Sprachen immer noch – für richtig, aufrecht, gerade«) damit meine, die wahren Nazis verharmlose.

Nun scheint es uns aber so: Wer von ein paar Retweets eines antifaschistischen Sprüchleins derart getriggert ist, dass er dessen Bedeutung differenzieren muss, muss vor allem sich selbst versichern, dass er auch wirklich kein Nazi ist.

Und wo Rauch ist, ist halt oft auch Reichstag!

Aufrechte Grüße Titanic

RWE-Chef Rolf Martin!

Kaum hatte die Meldung zur Einigung der Kohlekommission über den Ausstieg bis 2038 alle Agenturticker zum Glühen gebracht, loderte es bereits in Ihnen, »ob ein so frühes Ausstiegsdatum am Ende überhaupt sinnvoll möglich ist«, und brannten Sie reflexartig auch gleich für betriebsbedingte Kündigungen: »Ich rechne mit einem signifikanten Abbau bereits bis 2023, der weit über die bisherigen Planungen und das durch normale Fluktuation Mögliche hinausgeht.«

Was uns erwärmt: Als Energie-Fossil werden Sie sich innerhalb der nächsten 19 Jahre zumindest ebenfalls selbst verfeuert haben.

Fackelt nicht lange und heizt Ihnen bis dahin weiter ordentlich ein: Titanic

Sie, Benito Mussolini,

sagten einem Vertreter der »New York Times« einmal: »Demokratie ist in der Theorie schön; in der Praxis ist sie eine Täuschung. Sie in Amerika werden das eines Tages sehen.«

Auch angesichts des momentanen Zustands der USA muss man Ihnen Hellsichtigkeit attestieren, aber da sich die Gründung Ihrer faschistischen Bewegung nun zum 99. Mal jährt, darf man schon fragen, ob Sie etwa auch vorausgesehen haben, dass es Ihr demokratisch gewählter Anhänger Salvini sein wird, der Italien aus der EU lösen will, um dann in einem restaurierten Europa der Nationalstaaten wieder Krieg gegen Nachbarn führen zu können. Insofern ist die Demokratie alle Jahre wieder auch in der Praxis recht nützlich, nicht wahr?

Schwimmt künftig lieber in der Ostsee: Titanic

Erfreulich, Juli Zeh,

dass Sie so viel wissen oder eigentlich alles wissen. Z.B. das, was Sie im großen SZ-Gespräch über politische Extreme und die gute alte Mitte versichern: »Natürlich, es ist alles gut in Deutschland. Das ist das Irre: Die Institutionen sind intakt, die Parteien, der Rechtsstaat. Es gibt nichts, was aus dem Ruder laufen würde.«

Abgesehen vom NSU vielleicht. Checken Sie doch mal unsere Einzelfallsammlung auf S. 43. Und danach wär’s gut, Zeh, wenn Sie sich für immer auf Ihren Brandenburgischen Landsitz verpissten. Denn dann lebte auch endlich in einer halbwegs heilen Welt: Titanic

Schwach, Bundesagentur für Arbeit!

Da wurdest Du dafür kritisiert, dass Du eine Hartz-IV-Empfängerin zum Lösen veritabler Grundschulaufgaben gezwungen hast. Auf die Netzschelte wegen Anweisungen wie »Schreibe unter das Bild das passende Wort« hin knicktest Du sogleich ein: »Wir können gut verstehen, dass die Teilnehmenden dies kritisieren, und teilen diese Meinung auch.«

Dabei, Bundesagentur, schulst Du damit unserer pädagogischen Expertise nach diese am Arbeitsmarkt unentbehrlichen Fähigkeiten: 1. bedenkenlos Befehle ausführen, 2. stupide Jobs erledigen, 3. Hilflosigkeit ertragen wie ein Kind, 4. das Gutsherren-Du akzeptieren und 5., am wichtigsten, komplette Selbstaufgabe!

Regt sowieso eine Umbenennung in Bullshitjob-Agentur an: Titanic

Sehr ambitioniert, Feuerwehr Hamburg,

wirkte auf uns, was die »Hamburger Morgenpost« über Dich berichtete: »80 Anrufe pro Stunde! Seltsamer Geruch in Hamburg hält Feuerwehr in Atem«

Aber wolltest Du die ganze schlechte Luft wirklich allein wegschnüffeln? Da beim nächsten Mal doch lieber noch mal drüber nachdenken, empfehlen Deine Stinkewitzexpertinnen von Titanic

Huhu, »Welt«-Journalist Peter Praschl!

Ein Texteinstieg muss neugierig machen, packen, sonst wird der Rest nicht gelesen. Das gilt besonders für Bezahlinhalte, deren erster Absatz frei einsehbar ist, und so begannen Sie einen Artikel über Sharon Tate mit den Worten: »Nichts wirkt so belebend wie eine ermordete junge Frau. All diese Fantasien, die sie entfacht – was aus ihr noch hätte werden können.«

Nun lässt sich eine Paywall aber rein technisch schwer überwinden, wenn man beim ersten Satz direkt auf den Bildschirm kotzen muss. Denn abgesehen davon, dass junge Frauen es deutlich weniger erfrischend finden, ermordet zu werden, als Sie und jemand, der sich statt mit Limonade mit Femiziden erfrischt, eher in die Psychiatrie als in die Medien gehört, evoziert Ihr Ekelgeschwalle in uns das Bild, wie Ihnen beim Schreiben solcher Widerlichkeiten die Hose aufgeht, und gegen solch starken Brechreiz ist noch kein Kraut gewachsen.

Immerhin, Praschl, stellt sich, sollte Ihnen etwas zustoßen, nicht die Frage, was aus Ihnen noch hätte werden können. Klar wäre einfach: Es wird keine neuen Texte von Ihnen geben. Und diesen Gedanken findet sehr belebend: Titanic

Einfach phantastisch, Cristiano Ronaldo,

finden wir Deine Einstellung zu Rechtsstaatlichkeit und Moral. Nachdem Du gerade zu einer Strafzahlung von satten 20 Millionen wegen Steuerhinterziehung verdonnert worden warst, hast Du mit einem breiten Lächeln, fünf Kilogramm (Näherungswert) Haargel auf dem Haupt und schwarzer Sonnenbrille vor den »Pfft, 20 Mio kriegt mein Sohn als Taschengeld«-Augen das Gerichtsgebäude verlassen. Davor erwarteten Dich nicht nur Journalisten, sondern auch jubelnde Fans. Also: nett lächeln und winken, runter zum Pöbel, ein paar Plakate unterschreiben, Lieblingshaargelmarke in die Kamera empfehlen und ab in den schwarzen Van. Volksnähe und gebleachte Zähne zeigen, Vorbild sein – scheiß auf Reue und Besserungsgelübde. Profi sein verpflichtet!

Jubelt steuerfrei: Titanic

Jugendpfarrerin Andrea Holm!

Im »Chrismon«-Gespräch sagten Sie: »Gott sind die besonders wichtig, die sich ausgeschlossen fühlen, die gebrochenen Herzens sind – auch und gerade in der Psychiatrie. Ihnen will er Licht in aller Dunkelheit sein.«

Wir wollen Ihnen wirklich nicht zu nahe treten, aber: Dieser »Gott«, bringt der auch Ihnen regelmäßig »Licht« ins dunkle Oberstübchen? Spricht er manchmal zu Ihnen? Haben Sie das Gefühl, dass er Sie beobachtet? Uns können Sie’s anvertrauen!

Liefert auch in die Psychiatrie: Titanic

Und apropos, Weltgeist (wieder mal)!

Wenn ein bayerischer Pfarrer und Whisky-Liebhaber »Whisky-Exerzitien« anbietet, weil er »mit Männern ins Gespräch kommen« will, und zu diesem Behufe lt. Presse »fünf Whisky-Sorten ausschenkt« und dann »Bibelstellen vorlesen« möchte, dann muss das natürlich in Hammelburg sein.

Nein?

Doch!

Dank: Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Lustiger Zufall, »Tagesspiegel«!

»Bett, Bücher, Bargeld – wie es in der Kreuzberger Wohnung von Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette aussah«. Mit dieser Schlagzeile überschreibst Du Deine Homestory aus Berlin. Ha, exakt so sieht es in unseren Wohnungen auch aus! Komm doch gern mal vorbei und schreib drüber. Aber bitte nicht vorher die Polizei vorbeischicken!

Dankend: Titanic

 Ciao, Luisa Neubauer!

»Massendemonstrationen sind kein Pizza-Lieferant«, lasen wir in Ihrem Gastartikel auf Zeit online. »Man wird nicht einmal laut und bekommt alles, was man will.«

Was bei uns massenhaft Fragen aufwirft. Etwa die, wie Sie eigentlich Pizza bestellen. Oder was Sie von einem Pizzalieferanten noch »alles« wollen außer – nun ja – Pizza. Ganz zu schweigen von der Frage, wer in Ihrem Bild denn nun eigentlich etwas bestellt und wer etwas liefert bzw. eben gerade nicht. Sicher, in der Masse kann man schon mal den Überblick verlieren. Aber kann es sein, dass Ihre Aussage einfach mindestens vierfacher Käse ist?

Fragt hungrig: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Pendlerpauschale

Meine Fahrt zur Arbeit führt mich täglich an der Frankfurt School of Finance & Management vorbei. Dass ich letztens einen Studenten beim Aussteigen an der dortigen Bushaltestelle mit Blick auf sein I-Phone laut habe fluchen hören: »Scheiße, nur noch 9 Prozent!« hat mich nachdenklich gemacht. Vielleicht wäre meine eigene Zinsstrategie selbst bei angehenden Investmentbankern besser aufgehoben.

Daniel Sibbe

 Wenn beim Delegieren

schon wieder was schiefgeht, bin ich mit meinen Lakaien am Ende.

Fabio Kühnemuth

 Nichts aufm Kerbholz

Dass »jemanden Lügen strafen« eine doch sehr antiquierte Redewendung ist, wurde mir spätestens bewusst, als mir die Suchmaschine mitteilte, dass »lügen grundsätzlich nicht strafbar« sei.

Ronnie Zumbühl

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
19.04.2024 Wuppertal, Börse Hauck & Bauer
20.04.2024 Eberswalde, Märchenvilla Max Goldt
20.04.2024 Itzehoe, Lauschbar Ella Carina Werner
24.04.2024 Trier, Tuchfabrik Max Goldt