Briefe an die Leser | August 2019


Lieber Weltgeist!

Lübcke, Lügde, Lübtheen – ist da bei Dir in Sachen Schlimmes die Platte hängengeblieben?

Fragt Titanic

Klopf-klopf, Angela Merkel!

Wie Sie jüngst erklärten, bringt der Handelsvertrag zwischen den südamerikanischen Mercosur-Staaten und der EU ökologische Verbesserungen. Durch ihn sei Brasilien ein Beitrag zum Klimaschutz abgerungen worden – nämlich in Ihren Worten »ein Bekenntnis, sich um den Wald zu kümmern und die Abholzung möglichst zu verhindern«.

Respekt dafür, Merkel! Wenn jemand das Prinzip Minimalkompromiss so richtig bis ins letzte Detail verinnerlicht hat, dann doch wohl eindeutig Sie!

Hölzerne Grüße: Titanic

Jürgen Kaube, »Frankfurter Allgemeine Zeitung« (Herausgeber)!

Zum neunzigsten Geburtstag von Jürgen Habermas bedachten Sie den Jubilar in Ihrem Feuilleton mit großzügigen Worten des Dankes:

»Jürgen Habermas hat nicht zuletzt mit der kontraintuitiven wie kontrafaktischen Behauptung, ein vernünftiges Gemeinwesen sei möglich, seit mehr als sechzig Jahren die Öffentlichkeit belebt. Empirisch gibt es manche Dinge nicht, für die wir aber Begriffe haben … Auch wenn es also mit der Vernunft, dem Konsens als Wahrheitskriterium und der Identität nicht so weit her sein mag, ist das kein Grund, Jürgen Habermas nicht dankbar zu sein für ein Werk, das uns insistent Gründe dafür abverlangt, weshalb wir es anders sehen.«

Sehen Sie, Herr Kaube, und genauso verhält es sich ja auch mit Ihren Texten: Bar jeder Empirie, kontraintuitiv wie -faktisch, und bei jeder Lektüre fallen uns hundert Gründe ein, warum wir’s für Quatsch halten. Dafür ein dickes Dankeschön, aber erst zum 90.!

Insistent um Vernunft bemüht: Titanic

Gesamtleser_in!

Monat für Monat dürfen Sie an dieser Stelle verfolgen, wie wir mit den wichtigsten und unwichtigsten Entitäten der Zeitläufte korrespondieren, und damit’s Ihnen nie zu bleiwüstig wird, legen wir jedes Mal fünf Vignetten bei, seit der Erstausgabe handgezeichnet von Hilke Raddatz. Bildchen, Textchen, Grußformel, so das bewährte Schema. Doch diesmal nicht! Die unten stehende Vignette hat nämlich mit diesem Brief überhaupt nichts zu tun. Auch nicht mit dem danach, sondern mit irgendeinem in dieser Rubrik. Mit welchem? Dies unter Zuhilfenahme gesteigerter Lesekompetenz und Kombinationsgabe herauszufinden ist Ihre vornehme Aufgabe. Damit es nicht zu einfach wird, fehlt dem (oder der?) Portraitierten auch noch das Gesicht.

Finden Sie trotzdem den dazugehörigen Brief? Na? Auf, auf! Die Lösung bitte an mitmach@titanic-magazin.de. Wer gewinnt, kriegt Post. Von Titanic

Bravo, Polizei!

Dass Du nach dem Mord an dem hessischen Regierungspräsidenten Lübcke tatsächlich Hinweisen auf einen rechtsextremen Täter gefolgt bist, ist ein echter Fortschritt! Wir hätten erwartet, dass Du wie damals beim NSU erst einmal die Angehörigen des Opfers öffentlich bloßstellst, dann analog zu den »Döner-Morden« vom »Kasseler-Mord« sprichst und den Täter schließlich im Ebbelwoi-Milieu suchst. Weiter so!

Eine erfolgreiche Resozialisierung hält nicht für ausgeschlossen: Titanic

Hey na, AKK?

Der Hype um Ihre Initialien will wohl einfach nicht abflauen. So lesen wir etwa auf »Spiegel online«, dass die Menüfolge des »Düsseldorfer Ständetreffs« ganz auf Ihre Initialen abgestimmt gewesen sei – »von der Vorspeise (Avocado, Kastenbrot, Krabben) über den Hauptgang (Apfel, Karotte, Kalbstafelspitz) bis zum Dessert (Ananas, Kokos, Kalamansi). Die Tischdekoration ebenfalls – Pflanzen in ihren Buchstaben, der Kaktus als Krönung.«

Leider im Bericht unerwähnt bleiben Spirituosen (Apfelkorn, Kabänes, Korianderlikör), Besetzung der Band (Alphorn, Kornett, Kwetschkommode) und Gäste (Arschlöcher, Kleingeister, Knalltüten) wie zum Beispiel Ihr ebenfalls anwesender Ex-Rivale Friedrich Merz (Aktienhandel, KumEx-Geschäfte, Karibikkonten). Der bekam laut »Spiegel« vom Publikum sogar mehr Beifall (Applaus, Klatschen, Kundgabe [von Zustimmung]) als Sie. Dabei sollte man doch meinen, dass Sie jemanden, der menü- und initialienmäßig zuerst an Froschhirne, Miesmuscheln und Fermentierte Magermilch denken lässt, mit links in die Tasche (Akten-, Korb-, Kosmetik-) stecken. Sind da womöglich wieder mal Aufstand, Kritik und Krawall im Anmarsch (im Kommen, am Kenntlichwerden)?

Okay, reicht. Titanic

Frankenberger (FAZ)!

Sind Sie sich wirklich sicher? Wenn die Demokraten bei der US-Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr eine Kandidatin vom linken Flügel aufstellen, »kann Amerika sich auf eine Schlacht von epischer Dramatik gefasst machen«? Nicht eher auf einen Kampf von lyrischer Theatralik? Ein Prosa-Battle in freien Rhythmen? Den Endsieg des erzählenden Sonetts? Ein balladeskes Epos theatralischer, äh … Provenienz?

Oder doch bloß auf einen gewaltigen Haufen Metaphernschrott von Ihnen?

Tippt auf Letzteres: Titanic

Dalai Lama, Du alter Schlawiner!

Spricht da göttliche Weisheit oder Dein heiliger Bimbam, wenn Du sagst, Deine Nachfolge könne auch eine Frau antreten, »sie sollte aber sehr, sehr hübsch sein«? Wir finden, auch Du könntest mal wieder in Deine Reizkutte schlüpfen, um unseren Glauben an Dich etwas aufzufrischen.

Bussi: Titanic

ARD-Fußballmann Bernd Schmelzer!

Sie mokierten sich während des von Ihnen kommentierten Frauenfußball-WM-Finales darüber, dass US-Superstar Rapinoe »auf die Politik reduziert worden« sei. Es habe bei einer Pressekonferenz an Rapinoe fast ausschließlich Fragen zu ihren politischen Ansichten gegeben. Nun mag es ja sein, Schmelzer, dass Sie ihr verzweifelt gern Fragen aus der deutschen Sportreporter-Schatztruhe à la »Wie sehr freuen Sie sich auf das Spiel?« oder »Haben Sie eigentlich einen Glücksbringer?« gestellt hätten, aber wäre das bei einer Frau, die für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen streitet, die sich als Homosexuelle weigert, die Nationalhymne mitzusingen, um gegen Diskriminierung und Rassismus zu protestieren, und die auf das »fucking White House« schimpft, nicht auch eine Reduzierung? Eine aufs Sportliche? Beziehungsweise auf die Fußballstadion-Welt beschränkter deutscher Sportjournalisten?

Fordert in Ihrem Falle jedenfalls schlechtere Bezahlung für Männer: Titanic

Hochverehrte »Spiegel«-Redaktion!

Geschlagene fünf Jahre nach Erscheinen des Bestsellers »Darm mit Charme« hast nun auch Du »Das Superorgan« entdeckt und mit der Zeile »Der Darm und das Geheimnis eines langen Lebens« auf den Titel gepackt.

Aber warum nicht vom Darmtrend langfristig profitieren? Wie? Einfach das ganze Blatt umbenennen, in »Der Darmspiegel«, was denn sonst? Die redaktionellen Blähungen im Inneren können ruhig bleiben!

Da nicht für: Deine Proktologen von Titanic

Die Zeit, Steffen Seibert,

vergeht so schnell! Nun sind Sie schon neun Jahre lang Regierungssprecher, und man sieht Ihnen an, wie sehr Sie alles langweilt. Wollen Sie nicht doch endlich Ihrer US-Kollegin Sarah Huckabee Sanders folgen und den Bettel hinwerfen? Einfach mal ehrlich Ihr Geld verdienen? Beim SWR zum Beispiel suchen sie immer Kandidaten für »Sag die Wahrheit«.

Gern geschehen! Titanic

Ahoi, Jörg Thadeusz!

Gewohnt inhaltslos polternd beklagen Sie in der »Berliner Morgenpost« die moralische Hybris Deutschlands am Beispiel der Seenotretterin Carola Rackete: »Recht gilt nur so lange, bis ein deutscher TV-Fritze wie Jan Böhmermann, eine deutsche Nicht-Regierungsorganisation oder die gesamte deutsche Öffentlichkeit eine höher stehende Moral definieren.« So kommen Sie nebst originellen Bemerkungen über Quinoa essende »Szene-Berliner« schließlich zum Fazit: »Denn was moralisch geboten ist und was nicht, bestimmen nun mal die Deutschen.«

Da haben Sie aber etwas missverstanden: Die Königsdisziplin deutscher Hybris ist längst das moralische Gejammer über die Moral der anderen, aus dem vulgärdialektischen Irrglauben heraus, sich so in argumentative Höhen zu poltern. Objektiv gesehen, Herr Thadeusz, befinden Sie sich nämlich geistig längst selbst unter dem Meeresspiegel.

Fern jeder Hybris:

Ihre Seenotretter von Titanic

Etwas irritiert, Kollegen Litschko und Schmidt-Lunau,

sind wir ob Eures Vorwurfes im Taz-Schwerpunkt: »Bisher, so hieß es von der Bundesanwaltschaft, habe man im Mordfall Lübcke keine Hinweise auf Mittäter des Tatverdächtigen Stephan E. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn offenbar gehen die Ermittler seit Tagen einem Hinweis nach, der das Gegenteil bedeuten könnte.«

Wenn es nun aber offenbar einen Hinweis gibt: Worin besteht dann die andere, die wahre Hälfte der Wahrheit?

Mindestens halb verwirrt: Titanic

Türkischer Staatspräsident Erdoğan!

Im Streit Ihres Landes mit den USA um den Erwerb von F-35-Kampfjets haben Sie Washington davor gewarnt, bereits bezahlte Kampfflugzeuge nicht zu liefern. Mit Blick auf den drohenden Ausschluss aus dem Rüstungsprojekt wegen des geplanten Kaufs russischer S-400-Luftabwehrraketen erregten Sie sich laut »Hürriyet«, es wäre »Diebstahl«, einem Kunden eine Ware nicht zu geben, für die er bereits gezahlt habe.

Einspruch, Euer Unehren! Bei der Nichtübergabe und -übereignung einer Kaufsache handelt es sich, wenn überhaupt, um Betrug. Aber mit geltendem Recht nehmen Sie es ja ohnehin nicht so genau.

Klagt an: Titanic

Gut beobachtet, »Spiegel online«!

Über die Bestrebungen der grünen Verbotspartei schreibst Du: »Die Grünen sparen nicht mit Kritik, wenn unternehmerisches Handeln umweltschädlich sein könnte oder ist – und nicht selten erhebt die Ökopartei den Anspruch, mitreden zu wollen.«

Langsam reicht es aber auch: Erst nehmen sie uns unsere Flugreisen, unsere Autos und unser Fleisch weg, jetzt wollen diese Ökoterroristen auch noch über ihren eigenen Willen entscheiden. Die machen wirklich vor nichts Halt! Und werden vermutlich nicht ruhen, bis sie unser Denken ebenso gleichgeschaltet haben.

Zittern schon davor: Deine Umweltsünder von der Titanic

Da waren wir, Toni Kroos,

doch ein bisschen aufgeregt, als der Film über Dich (»Kroos«) in die Kinos kam. »Krooses Kino« ward versprochen und von Dir »viel Privates«, eben »das, was die Leute wirklich interessiert«. Sodass wir natürlich gleich losfantasierten: Sequenzen voller Madrider Sangria-Orgien, geheime Sammelleidenschaften (Bierdeckel?), Kieferbrüche durch Taxifahrer, Spanische Grippe, absinthgeschwängerte Ballkünstlerpartys und Steuerhinterziehung bis nachts um vier. Und dann sitzt Du im Film doch nur mit Kindern und Ehefrau am Küchentisch oder am heimischen Pool und sagst in die Kamera: »Am liebsten bin ich zu Hause.«

Dabei hättest Du doch durchaus ein paar nette Peinlichkeiten und Pikanterien zu bieten, die im Film aber alle nicht vorkommen: Deine irre Passion für die Pop-Truppe »Pur« (»Ich kenne alle Texte auswendig«), Deine anrüchige Duzfreundschaft mit Carsten Maschmeyer sowie jede Menge infame Lügen: »Deutschland wird nochmal Fußballweltmeister!« Mit Maschi »Wo sind all die Indianer hin« auf den Tischen irgendeiner Taberna grölend, das wäre doch mal ein cineastisches Highlight gewesen.

Chance verspielt!

Deine Sportsfreunde von Titanic

Frage, Franziskus-Papst:

Wenn wir in einem Artikel über Ihren öffentlichen Brief an die deutsche katholische Kirche, in dem Sie deren Reformbestrebungen hinsichtlich Zölibat u.Ä. tadeln und in diesem Zusammenhang vor einem »Zurechtflicken« des Glaubens warnen, auch nach mehrfachem Wiederholen immer noch »Zurechtficken« lesen – ja, ist das dann Zufall?

Wohl kaum, glaubt Titanic

Zwar werden Sie, Prince of Darkness Ozzy Osbourne,

US-Präsident Donald Trump nicht gleich den Kopf abbeißen, äh, -reißen. Weil dieser sich aber zur musikalischen Untermalung eines Clips, in dem er die technischen Probleme einer TV-Debatte der Demokraten ins Lächerliche zieht, Ihres Songs »Crazy Train« bedient hat, wollen Sie ihm zumindest untersagen, Ihre Lieder im Wahlkampf einzusetzen. »Ozzys Musik darf unter keinen Umständen genutzt werden«, teilte Ihre Ehefrau und Managerin Sharon via Instagram mit.

Schade! Bietet doch Ihr umfangreicher Backkatalog von »Paranoid« über »War Pigs« bis hin zu »Diary of a Madman« doch den perfekten Soundtrack für die Twitterei des POTUS.

Ihre Träumer von Titanic

Huhu, Pia Ratzesberger (SZ)!

»Im Kampf gegen den Klimawandel bleibt das Ozonloch eher eine abstrakte Vorstellung, während man irgendeine Plastikfolie jeden Tag aufreißt.«

Genau; bzw. apropos Loch: Regnet’s rein? Aber schön warm, wegen Ozonwandel?

Puh!

Löchrig grüßt Titanic

Hi and hello, Sky Sport News!

Nach dem Einspieler eines Filmchens über den sensationellen Sieg der 15jährigen Coco Gauff gegen Venus Williams in Wimbledon meinte Deine Moderatorin: »Und da muss man wirklich ab und zu mal auch ganz genau hinschauen, ist das jetzt wirklich Cory Coco Gauff? Sie sieht ihr auch ganz schön ähnlich, Venus Williams.« Wir verstehen die Verwirrung komplett, schließlich sind ja beide Spielerinnen dunkelhäutig.

Aber wisst Ihr, was wirklich witzig ist? Da Ihr Euch nicht die Mühe machtet, den Namen Eurer Moderatorin einzublenden, wollten wir recherchieren, wer da so hübsch rassistisch daherschwafelte. Doch wir mussten passen – die schmalen Blondinen sehen sich auf den Pressebildern einfach viel zu ähnlich.

Möchte bei Dir wirklich ab und zu mal ganz genau wegschauen: Titanic

Wincent Weiss!

Nach dem großen Erfolg Ihres ersten Albums »Irgendwas gegen die Stille« erschien jetzt also »Irgendwie anders«, weswegen Sie bei der »Lausitzer Rundschau« zum Interview antanzen durften, um dort irgendwie darüber zu sinnieren, warum Sie so viel Privates in Ihren Texten preisgeben: »Ich hole mir schon ab und zu Feedback, bin aber sehr resistent gegen Hilfsanregungen. Ich war von Anfang an der Meinung, dass ich einfach alles von mir erzählen möchte und ein offenes Buch bin. Ich möchte nicht ein Künstler sein, der sich eine Fassade aufbaut und Theater spielt. Das hat natürlich seine Vor- und Nachteile.«

Ja, die Nachteile sind wirklich kaum zu übersehen! Beispielsweise müssen Sie hartnäckig gegen die »Hilfsanregungen« von insgesamt 18 Personen ankämpfen und dabei resistent bleiben, denn so viele zusätzliche Songwriter zählen wir insgesamt auf Ihrer neuen Platte.

Alternativ könnten Sie natürlich auch einfach alles selbst schreiben und müssten dann nicht solchen Quatsch in Interviews von sich geben. Ach, Sie ziehen es doch lieber vor, ein weiteres austauschbares und nichtssagendes Stück vermeintlich tiefgehender Kulturindustrie zu sein?

Dann sucht irgendwas für die Stille: Titanic

Charlotte Roche!

In »Spiegel« und SZ, »Zeit« und Ihrem eigenen Podcast haben wir nun lang und breit zu lesen bzw. hören bekommen, dass Ihre Ehe nicht perfekt, sondern »ganz normal« sei. So normal kann sie aber doch nicht sein, schließlich haben »normale« Paare weder einen eigenen Ehepodcast noch Zeitungs- und landesweite Berichterstattung über ihr Privatleben, meinen Sie nicht?

Na ja, was Sie sonst so alles Normales tun, werden wir mangels Interesse wohl nie erfahren. Unser Leben geht trotzdem ganz normal weiter. Titanic

Huch, FDP-Chef Christian Lindner,

was ist denn nun schon wieder mit Ihrem liberalen Leistungswillen los? Im »Tagesspiegel« mümmelten Sie, dass Sie Deutschland zu einer Gründerrepublik machen wollten: »Deutschland muss sich wieder etwas trauen. Dabei darf Scheitern kein Makel sein.« Wie üblich vergaßen Sie, in Ihrem Beitrag zu erwähnen, dass Sie selbst ja mal mit einer Internetklitsche scheiterten und dabei mehr als eine Million öffentlicher Fördergelder auf Nimmerwiedersehen versenkten. Geschenkt, Lindner. Was uns viel mehr Furcht einflößt: Dass diese ganzen gescheiterten Start-up-Gestalten dann wie Sie die Politik bevölkern und uns ununterbrochen mit ihrem Marktgesülze anöden.

Es wünscht daher allen Gründerclowns so viel Erfolg wie nur irgend möglich: Titanic

Mutig, mutig, Volksbank!

Deine neue Kampagne ist angelaufen, und deshalb lesen wir jetzt auf großflächigen Plakaten den Slogan »Ihr seid das Volk, wir eure Bank«.

Schon beeindruckend, wie sich ausgerechnet ein Teil des Finanzsektors traut, sich so unverkrampft zu national-völkischen Bewegungen zu bekennen. Na ja, aber wenn Deine Gewinne dann in Zukunft auf mysteriöse Weise einbrechen, Deine Aktie von der Börse verschwindet und alle Deine Angestellten zu Goldman Sachs wechseln »müssen«, weißt Du immerhin, woran es liegt.

Würden die Weltmacht niemals so herausfordern:

Deine Marionetten von Titanic

Hallo, Heinrich Heine GmbH!

Da preist Du doch in Deinem Modekatalog für den Monat Juli in großen gelben Lettern 15 Prozent Rabatt auf alles sowie Gratisversand an – aber nur bis 30.6.2019.

Ob Deine Kollektion wohl genauso grell und aktuell ist wie Deine Rabattaktion? Auf Antwort wartet (aber nur bis zum 25.7.2019): Titanic

Dr. Hugo Müller-Vogg!

Auf Twitter kritisieren Sie, dass die »Anonymität im Netz« es all denen, denen es in erster Linie darum gehe, zu »beschimpfen und zu denunzieren«, leicht mache. Aber Herr Müller-Vogg, Sie sind doch das beste Beispiel dafür, dass das auch sehr gut ohne Anonymität geht.

Sagt ganz offen: Titanic

Well, Boris Johnson,

früherer Außenminister Großbritanniens, Ex-Bürgermeister von London, Strubbelhaarträger und vielleicht bald Premierminister der Regierung Ihrer Majestät des Vereinigten Königreichs: Sie müllen also Ihr Auto zu, wie man auf einem Foto des Aufräum-Fachblatts »Sun« sehen konnte. Und zwar mit Flaschen, Kaffeebechern, Hemden, Mützen, einer Ikea-Tasche, alten Zeitungen, einem Tim-und-Struppi-Comic sowie der Verpackung holländischer Käsecracker samt zugehörigem Dip. Dinge im eher flüssigen Aggregatzustand scheinen Sie auch gerne in die Sitze zu schmieren.

Nicht, dass wir das in irgendeiner spießigen Weise tadeln wollten, aber was uns echt Sorgen macht: Ihr Auto hat das Steuer auf der falschen Seite! Kommen Sie damit mal lieber nicht auf einer deutschen Autobahn vorbei, dort wird sonst ganz anders mit Ihnen aufgeräumt. Vermuten zumindest die Verkehrsexperten von der Titanic

Und Sie, Werner Patzelt,

der Sie als Dresdner Politikwissenschaftsprofessor nicht nur AfD-Berater waren, sondern immer noch AfD-Experte sind, standen wieder mal im öffentlich-rechtlichen Nachrichtenfernsehen herum und wussten, dass der Entscheid des Landeswahlausschusses, der sächsischen AfD wegen Formfehlern zwei Drittel der Listenplätze für die Landtagswahl zu streichen, bloß wieder die Leute radikalisiere und die Spaltung des Landes usw. – was, Patzelt, heißt, dass Nazis einfach machen dürfen sollten, was sie wollen? Damit die Leut’ keinen Hass auf das System kriegen? Das z.B. Sie ja scheint’s immer noch gern anruft?

In Form: Titanic

Netzlegende Horst Seehofer!

Nach nur zwei Beiträgen haben Sie Ihre Twitter-Karriere wieder beendet. Die Kommentare auf der Plattform seien oft »platt und flach, gehässig und bösartig«.

Eine plausible Entscheidung: Platte, flache, gehässige und bösartige Kommentare gibt es ja schon zur Genüge in der CSU, dafür brauchen Sie nun wirklich nicht auch noch Twitter, stimmt’s? @titanic

Wenn ausgerechnet Sie, Kölner Weihbischof Ansgar Puff,

im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur dazu aufrufen, sich durch das eigene Verhalten stärker gegen Menschenhandel zu organisieren, und predigen »Fangen wir bei der Prostitution an: Einfach nicht ins Bordell gehen. Punkt« – ist Ihre Aussage dann letztlich nicht auch ein Sinnbild der bigotten Sexualmoral Ihrer Kirche? Nomen est schließlich omen. Titanic

Ihnen, David Hasselhoff,

scheint Ihre dritte Ehe ja richtig Spaß zu machen (vergleiche Titanic Juni 2019). In der »Bunten« haben Sie nun nach einem Jahr mit Ihrer Frau Hayley eine überschwängliche Bilanz gezogen: Von der 39jährigen hätten Sie gelernt, das Leben mit deren Augen zu betrachten und jeden Morgen beim Aufstehen mit dem glücklich zu sein, was man hat.

Und zu diesem Dasein übermitteln wir Ihrer Gattin an dieser Stelle unser aufrichtiges Beileid. Titanic

Verehrte Susanne Klatten (21 Mrd.),

dem »Manager Magazin« gaben Sie erstmals ein gemeinsames Interview mit Ihrem Bruder, Herrn Quandt. Und da sagten Sie Folgendes: »Mit Mittelmaß verbinde ich nicht unbedingt etwas Negatives. Zwischen oben und unten scheint mir viel Platz zu sein für ein Maß der soliden Mitte. Als Gegenpol erscheint mir Exzellenz geeignet – die brauchen wir allerdings auch.«

Nun ist es Ihr Beruf, Geld zu haben, und nicht, sinnvolle Sätze zu sagen. Dennoch würden wir das gerne verstehen. Also mal zum Vergleich: Die Mitte zwischen dem Nordpol und dem Südpol ist der Äquator. Was ist in Ihrem Bild dann der Gegenpol zur Mitte? Vielleicht der Orbit? So ein Zufall: Genau dorthin möchten wir Sie gerne schießen! Titanic

Auf ein Wort, lieber Pit!

Du hast im Leben vermutlich hunderttausend Witze verfertigt, für Dich und uns, den Funk und Otto, und sie waren alle spitze, denn Du bist ja eben auch spitze, ein Mann wie ein Baum, ein Heftgründer, Mallorca-Erfinder, Dr. Unmuffel und Weihnachtsnadelbaumvirtuose, wie er in einem sehr guten Buche steht. Aber dass Du jetzt 80 – achtzig! – geworden sein sollst, das ist vielleicht der beste Witz. Da können wir nur lachen! Hahahahaha! Denn wenn Du 80 bist, dann sind wir Jungschen, die Du allemal alt aussehen lässt, 100.

Also Schluss mit den schlechten Scherzen; oder jedenfalls diesem einen!

Mit den herzlichsten Glückwünschen und in größter Verehrung:

Immer Deine alte Titanic

Ein kleiner Tipp, Harald Martenstein…

In Ihrer Kolumne erzählen Sie, welche großen Schwierigkeiten Sie als Mensch aus einem bildungsfernen Elternhaus hatten, in der Welt des Journalismus Fuß zu fassen. Woher kommt nur so ein Elitarismus in einem als weltoffen und tolerant bekannten Beruf? Nun, wären Sie wirklich ein guter Journalist, hätten Sie das selbst rausfinden können, indem Sie eine Seite weitergeblättert hätten. Dort wird nämlich ein Waschmittel wie folgt beworben: »Falls Sie Meister Proper mit seinen weißen Augenbrauen schon immer etwas prollig fanden, wird Ihnen dieses elegante Biowaschmittel von Uni Sapon bestimmt gut gefallen.«

Noch Fragen?

Investigative Grüße von Titanic

Du, LC Liegenschaft Consulting,

bist ein Immobilienhändler und behauptest von Dir, »ständig Immobilien aller Genres« zu kaufen. Aber sind es auch wirklich alle Genres? Macht es für Dich denn überhaupt keinen Unterschied, ob es sich bei dem angebotenen Objekt um ein Action-Apartment, eine Fantasy-Wohnung oder einen Kriminalkomplex handelt? Schlägst Du bei Science-Fiction-Hotels ebenso entschlossen zu wie bei Erotik-Grundstücken und Porno-Einkaufszentren? Ja?

Dann hätte da eventuell ein Horror-Häuschen für Dich: Titanic

Gute-Laune-Fee Kramp-Karrenbauer,

Sie haben nicht nur Spaß an und mit Ihren Initialen (s.o.), sondern auch an Sprache im Allgemeinen. Auf Ihrem Internetauftritt zum Beispiel fordern Sie, die Bußgelder, die die Autokonzerne wegen des Dieselbetrugs zahlen müssen, in einen Fonds für »freie Fahrt und gute Luft« einzuzahlen, und nennen ihn #FREIFAGULU! Der Fonds soll irgendwie dazu führen, dass die Menschen weiter brumm-brumm machen können, ohne hust-hust. Aber, AnKraKaBa, geht die Pinke-pinke nicht Rambazamba über Rabatte zurück an die Konzerne? Achtung, wir gucken Ihnen da genau auf die Patschehändchen!

#DaEnGüSaMaZi Titanic

Heda, Richard David Precht!

Sie haben der »Augsburger Allgemeinen« ein Interview gegeben und unter anderem behauptet: »Die Menschen lieben Verbote. Das ist etwas, was Politiker nicht verstehen. Die meisten Leute sind natürlich erst einmal dagegen, aber nachher sind sie froh, dass es die Verbote gibt.« Sie selbst würden am liebsten Massentierhaltung, Plastiktüten und SUVs in Innenstädten verbieten, um den Klimawandel zu stoppen.

Das sind schon mal sehr gute Vorschläge, Precht! Nur: Reicht das? Oder sollte man nicht noch mehr verbieten? Zum Beispiel Ihre ZDF-Sendung, Ihre Bücher und Ihre Interviews? Wir sind überzeugt: Die meisten Leute wären natürlich erst einmal dagegen, aber nachher wären sie froh, dass es die Verbote gibt.

Verbotene Grüße Titanic

Hey, »Süddeutsche Magazin«!

»Wozu hat die deutsche Sprache noch drei Artikel?« fragt es aus Dir heraus. »Ein einziger würde schließlich vollkommen reichen«. Wir hingegen fragen uns, warum das »Süddeutsche Magazin« mehr als null Artikel braucht.

Blättert gerne weiter:

die Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du wiederum, »Spiegel«,

bleibst in der NBA, der Basketball-Profiliga der Männer in den USA, am Ball und berichtest über die Vertragsverlängerung des Superstars LeBron James. »Neuer Lakers-Vertrag – LeBron James verzichtet offenbar auf Spitzengehalt«, vermeldest Du aufgeregt.

Entsetzt, Spiegel, müssen wir feststellen, dass unsere Vorstellung von einem guten Einkommen offenbar um einiges weiter von der Deiner Redakteur/innen entfernt ist als bislang gedacht. Andere Angebote hin oder her: 93 Millionen Euro für zwei Jahre Bällewerfen hätten wir jetzt schon unter »Spitzengehalt« eingeordnet. Reichtum ist wohl tatsächlich eine Frage der Perspektive.

Arm, aber sexy: Titanic

 Lieber Fritz Merz,

im Podcast »Hotel Matze« sagst Du, dass Du in Deutschland große Chancen bekommen hättest und etwas zurückgeben wolltest. Jawollo! Wir haben da direkt mal ein bisschen für Dich gebrainstormt: Wie wär’s mit Deinem Privatjet, dem ausgeliehenen vierten Star-Wars-Film oder dem Parteivorsitz? Das wäre doch ein guter Anfang!

Wartet schon ganz ungeduldig: Titanic

 Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Du warst der jüngste TITANIC-Chefredakteur aller Zeiten. Du warst der Einzige, der jemals eine klare Vorstellung davon hatte, wie das ideale Heft aussehen musste, und hast immer sehr darunter gelitten, dass sich Deine Utopie nur unzureichend umsetzen ließ. Aus Mangel an Zeit und an Mitarbeiter/innen, die bereit waren, sich Nächte um die Ohren zu schlagen, nur um die perfekte Titelunterzeile oder das richtige Satzzeichen am Ende des Beitrags auf Seite 34 zu finden.

Legendär der Beginn Deiner satirischen Tätigkeit, als Du Dich keineswegs über einen Abdruck Deiner Einsendung freutest, sondern Robert Gernhardt und Bernd Eilert dafür beschimpftest, dass sie minimale Änderungen an Deinem Text vorgenommen hatten. Das wurde als Bewerbungsschreiben zur Kenntnis genommen, und Du warst eingestellt. Unter Deiner Regentschaft begann die Blütezeit des Fotoromans, Manfred Deix, Walter Moers und Michael Sowa wurden ins Blatt gehievt, und manch einer erinnert sich noch mit Tränen in den Augen daran, wie er mal mit Dir eine Rudi-Carrell-Puppe vor dem iranischen Konsulat verbrannt hat.

Nach TITANIC hast Du viele, die ihr Glück weder fassen konnten noch verdient hatten, mit Spitzenwitzen versorgt und dem ersten deutschen Late-Night-Gastgeber Thomas Gottschalk humortechnisch auf die Sprünge geholfen. Und dass River Café, eine deutsche Talkshow, die live aus New York kam, nur drei Folgen erlebte, lag bestimmt nicht an Deinen Texten. Auf Spiegel online hieltest Du als ratloser Auslandskorrespondent E. Bewarzer Dein Kinn in die Kamera, und gemeinsam mit Tex Rubinowitz hast Du das Genre des Listenbuches vielleicht sogar erfunden, auf jeden Fall aber end- und mustergültig definiert, und zwar unter dem Titel: »Die sexuellen Phantasien der Kohlmeisen«. Und diese eine Geschichte, wo ein Psychiater in ein Möbelhaus geht, um eine neue Couch zu kaufen, und der Verkäufer probeliegen muss, wo stand die noch mal? Ach, in der TITANIC? Sollte eigentlich in jedem Lesebuch zu finden sein!

Uns ist natürlich bewusst, dass Du auch diesen Brief, wie so viele andere, lieber selber geschrieben und redigiert hättest – aber umständehalber mussten wir das diesmal leider selbst übernehmen.

In Liebe, Deine Titanic

 Hi, Daniel Bayen!

Sie sind sehr jung und waren mit Ihrer Firma für Vintage-Klamotten namens Strike vorübergehend sehr erfolgreich. Die ist jetzt pleite, machte aber zeitweise 2,9 Millionen Euro Umsatz. Der Bedarf war so groß, dass Correctiv-Recherchen zufolge sogar massenhaft Neuware zwischen die Secondhand-Bekleidung gemischt wurde. Auch Sie räumten demnach ein, gefälschte Ware geordert zu haben. Allerdings, so behaupten Sie, nur, um Ihren »Mitarbeitern zu zeigen, wie man gefälschte Ware identifiziert und aussortiert«.

Aber Bayen, Ihre Expertise besteht doch darin, neue Sachen auf alt zu trimmen. Also versuchen Sie bitte nicht, uns solche uralten Tricks zu verkaufen!

Recycelt Witze immer nach allen Regeln der Kunst: Titanic

 Oha, »Siegessäule«!

Als queeres und »Berlins meistgelesenes Stadtmagazin« interviewtest Du anlässlich der Ausstellung »Sex. Jüdische Positionen« im Jüdischen Museum Berlin die Museumsleiterin und die Kuratorin und behelligtest die beiden unter anderem mit dieser Frage: »Linke, queere Aktivist*innen werfen dem Staat Israel vor, eine liberale Haltung gegenüber Homosexualität zu benutzen, um arabische und muslimische Menschen zu dämonisieren. Diese Aktivist*innen würden Ihnen wahrscheinlich Pinkwashing mit der Ausstellung unterstellen.«

Nun ist das Jüdische Museum Berlin weder eine Außenstelle des Staates Israel, noch muss man als Journalist/in irgendwelchen »Aktivist*innen« ihre antisemitischen Klischees, dass letztlich doch alle Jüdinnen und Juden dieser Welt unter einer Decke stecken, im Interview nachbeten. So können wir uns aber schon mal Deine nächsten Interviewfragen ausmalen: »Frau Pastorin Müller, Sie bieten einen Gottesdienst zum Christopher Street Day an. Betreiben Sie damit Pinkwashing für den Vatikanstaat?« oder »Hallo Jungs, ihr engagiert euch in einem schwulen Verein für American Football. Betreibt ihr damit nicht Pinkwashing für Donald Trump?«

Wird diese Artikel allerdings nicht mehr lesen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Guesslighting

Um meine Seelenruhe ist es schlecht bestellt, seit mich ein erschütternder Bericht darüber informierte, dass in Hessen bei Kontrollen 70 Prozent der Gastronomiebetriebe widerlichste Hygienemängel aufweisen (s. Leo Riegel in TITANIC 07/2022). Neben allerhand Schimmel, Schleim und Schmodder herrscht allüberall ein ernsthaftes Schadnagerproblem, die Küchen sind mit Mäusekot nicht nur kontaminiert, sondern praktisch flächendeckend ausgekleidet. Vor lauter Ekel hab ich sofort Herpes bekommen. Nun gehe ich vorhin in meine Küche, und auf der Arbeitsplatte liegen grob geschätzt 30 kleine schwarze Kügelchen. Ich bin sofort komplett ausgerastet! Zehn hysterische Minuten hat es gedauert, bis mir klar wurde, dass der vermeintliche Kot die Samen eines dekorativen Zierlauchs waren, der einen Blumenstrauß krönte, den eine liebe Freundin mir geschenkt hat. Ich hätte ihn einfach nicht noch einmal anschneiden sollen … Hysterie off, Scham on.

Martina Werner

 Feuchte Träume

Träumen norddeutsche Comedians eigentlich davon, es irgendwann mal auf die ganz große Buhne zu schaffen?

Karl Franz

 Lifehack von unbekannt

Ein Mann, der mir im Zug gegenüber saß, griff in seine Tasche und holte einen Apfel heraus. Zu meinem Entsetzen zerriss er ihn mit bloßen Händen sauber in zwei Hälften und aß anschließend beide Hälften auf. Ich war schockiert ob dieser martialischen wie überflüssigen Handlung. Meinen empörten Blick missdeutete der Mann als Interesse und begann, mir die Technik des Apfelzerreißens zu erklären. Ich tat desinteressiert, folgte zu Hause aber seiner Anleitung und zerriss meinen ersten Apfel! Seitdem zerreiße ich fast alles: Kohlrabi, Kokosnüsse, anderer Leute Bluetoothboxen im Park, lästige Straßentauben, schwer zu öffnende Schmuckschatullen. Vielen Dank an den Mann im Zug, dafür, dass er mein Leben von Grund auf verbessert hat.

Clemens Kaltenbrunn

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Verabschiedungsrituale

Wie sich verabschieden in größerer Runde, ohne dass es ewig dauert? Ich halte es so: Anstatt einen unhöflichen »Polnischen« zu machen, klopfe ich auf den Tisch und sage: »Ich klopf mal, ne?«. Weil mir das dann doch etwas unwürdig erscheint, klopfe ich im Anschluss noch mal bei jeder Person einzeln. Dann umarme ich alle noch mal, zumindest die, die ich gut kenne. Den Rest küsse ich vor lauter Verunsicherung auf den Mund, manchmal auch mit Zunge. Nach gut zwanzig Minuten ist der Spuk dann endlich vorbei und ich verpasse meine Bahn.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster