Briefe an die Leser | April 2011


Apropos, »Focus«!

Erfreulich, daß Du nach Deinem ersten Schutzreflex gegen Altminister zu Guttenberg auch ein paar Witze über ihn gemacht hast. D.h.: nicht Du, sondern andere, aber Du hast sie nachgedruckt, und zwar eingedenk Deines früheren Schützlings mit recht vager Quellenangabe (»Internet«). Etwa diesen: »Jetzt packt seine Jugendliebe aus: Er schummelte auch beim Doktorspielen!« Und weißt Du was, Focus? Hinter dem geheimnisvollen Internet steckt in diesem Fall die Homepage titanic-magazin.de.

Wir freuen uns allerdings, daß Du diese Information weggelassen hast, handelt es sich bei dem Jokus doch um ein ziemlich »naheliegendes Wortspiel«. Sagt wer? Sagst Du – in Deiner Kommentarzeile. Und hast sogar recht: Das Wortspiel war so naheliegend, daß wir es zwei Focus-Seiten weiter gleich noch einmal entdeckt haben (»Doktorspiele im Parlament«, S.25) – und eine Woche darauf schon wieder (»Doktor-Spiele«, S.78)! Da haben wir uns noch mehr gefreut. Schließlich bedeutet das, daß selbst unsere simpleren Wortspiele für Dich immer noch zweimal reichen.

Rechnung ist schon unterwegs:

Internet

Sie, Andreas Bernard,

sind einer der Autoren der Rubrik »Das verstehe ich nicht« im Magazin der Süddeutschen Zeitung, und Anfang März verstanden Sie folgendes nicht: »Soll das ein Witz sein? Im Internet scheint es nur noch eine Reaktion zum Zeitgeschehen zu geben: den Kalauer.« Woraus Sie schließen: »Es ist weniger die Weisheit der vielen, die in den Kommentarleisten, Twitter-Nachrichten und Facebook-Einträgen gerade demonstriert wird, sondern vielmehr die Lustigkeit der vielen.«

Und was, Bernard, wäre daran so schlimm? »Der Witz überwuchert jede Differenz; noch die unvereinbarsten Gegenstände werden mit demselben Belag des Komischen überzogen. Deutsche Dissertationen, afrikanische Revolutionen, Guttenberg, Gaddafi: Vor dem Einfallsreichtum der Kommentatoren wird alles eins. Daß Humor ansteckend ist, gilt also nicht nur für Menschen, sondern auch für Sujets. Seltsamer Imperialismus der Form: Die Sehnsucht nach Originalität im Ausdruck ebnet jede Originalität des Sachverhalts ein.«

Ach, Bernard! Wer Lustigkeit, Komik, Humor, Witz und Kalauer – ohne Beachtung der Differenz zwischen diesen teils Ausdrucksformen, teils Gemütsverfassungen, teils Funktionen – einfach gleichsetzt und mit demselben Belag des Pseudonaiv-Nachdenklichen überzieht, versteht allerdings wirklich überhaupt nichts.

Machen Sie sich doch lieber mal Gedanken über jenen seltsamen Imperialismus der Form, wie er Ihnen von der albernen Rubrik auferlegt wird. Die versteht nämlich kein bißchen:

Titanic

Frankfurter CDU!

Im Kommunalwahlkampf forderst Du auf Deinen Plakaten: »Wohnen muß bezahlbar sein«. Aber sicher, na klar! Sonst haben die vielen Vermieter in Deinen Reihen ja nichts davon.

Grüßchen:

Titanic

Michael Jürgs!

Erinnern Sie sich? Volker Weidermann hat ein Buch über Max Frisch geschrieben, und Sie haben es besprochen, für die FAZ, und zwar so schwärmerisch, daß man glauben könnte, Sie hätten dabei mit Flüssigseife gegurgelt. Gewiß, man sollte nicht jedes Wort eines Publizisten Ihres Formats auf die Goldwaage legen, aber einen Ihrer Sätze wollen wir Ihnen doch in seiner vollen Pracht ins Gedächtnis rufen: »Weidermanns Text tanzt mit Max Frisch im Arm: Das ist der Kerl mit den schiefen Zähnen, der kleinen Nase, der Pfeife im Maul, in den anfangs zu großen, ihm geschenkten Anzügen eines Freundes, stets knapp an Barem, der sich schreibend aufmacht, den Traum vom Ruhm zu erfüllen, der nichts von Frauen versteht, wie ihm seine Mutter schon früh attestierte, und der sie alle deshalb – Hanna, Käte, ach Gertrude, ach, Marianne, ach, Ingeborg, ach, Alice, und ach Rosemarie – umso erregter für einen Liebeswalzer linksrum, rechtsrum im Ballsaal des Lebens« – – –

wie? Das genügt Ihnen bereits? Aber Sie wissen noch, daß sich dieser Satz über vierzehn weitere Zeitungszeilen hingezogen hat, ja?

Nein? Schon vergessen? Schadet nichts. Machen Sie einfach weiter. Linksrum, rechtsrum, mit oder ohne Pfeife im Maul – es ist wirklich vollkommen egal.

Jedenfalls Ihrer

Titanic

»Frankfurter Allg. Sonntagszeitung«!

»Steffis Entscheidung. Sie ließ sich die Brust operieren. Jetzt ist sie glücklich. Politik, Seite 12« – ist das Dein spätes Zugeständnis an die 68er? Und das Private nun auch für Dich politisch? Oder ist es vielmehr so, daß Dir mittlerweile alles egal ist?

Nur so mittelglücklich:

Titanic

Und kaum, verehrte »FAZ«,

war die Plagiatsaffäre um Guttenberg halbwegs durch und ausgestanden, drucktest Du auf Seite 3 Deiner Ausgabe vom 3. März unter dem Titel »Tod im Evros« eine ganzseitige, reich bebilderte Reportage von Michael Martens über »das Dreiländereck zwischen der Türkei, Bulgarien und Griechenland« als das »größte europäische Einfallstor für Flüchtlinge aus Asien oder Afrika«, »eine Reise an den äußersten Rand der Festung Europa«. In haargenau derselben Ausgabe vom 3. März fand sich auf der dritten Seite der Abteilung »Bilder und Zeiten« eine ganzseitige, reich bebilderte Reportage von Anastasia Triantafillaki über »Europas Hintertür«: »Der Evros trennt nicht nur zwei Staaten voneinander, sondern auch die Festung Europa vom Rest der Welt«, denn »dort, wo die Grenze zwischen der Türkei und Griechenland verläuft, ist das Haupteinfallstor für illegale Immigranten in die EU. Doch wer interessiert sich für das Drama, das sich hier abspielt?«

Wir würden vermuten: keiner. Jedenfalls keiner von denen, die das alles vorne im Blatt bereits durchstudiert hatten. Und auch wenn wir, FAZ, da keine bewußte Täuschungsabsicht unterstellen: Ob die Enttäuschung bei Frau Triantafillaki, daß der Martens schon all dor war, nicht an die Grenzen ihrer Kräfte geht?

Fragen Deine Grenzerfahrenen auf der

Titanic

Malte Lehming c/o »Tagesspiegel«!

Wenigstens Ihnen hätten wir Ihre ganz spezifische Mischung aus Wahnsinn, Verwirrung und reaktionärem Christentum als eigenen Markenkern jederzeit abgenommen. So daß uns Ihr Kommentar »Guttenberg und die Keulen der Moral« auch gar nicht weiter gewundert hätte, in dem Sie im Fall des entzauberten Doktors Ihre ganz eigene Sichtweise fanden: »Doch falsch, ja bigott und daher abstoßend ist das Triumphgeheul derer, die ihn zur Strecke gebracht haben – diese moralische Überhöhung der Guttenberg-Kritik zu einem Aufstand der Anständigen.«

Ein echter Lehming also, hätten wir gedacht, doch dann stießen wir im Blog des Kollegen Bov Bjerg auf einen interessanten Hinweis: Im Jahr 2003 waren Sie der Washington-Korrespondent des Tagesspiegel und haben in dieser Eigenschaft einen ganzen Artikel aus der New York Times abgepinnt, Absatz für Absatz. Und wissen Sie, was wir da über Ihre Guttenberg-Verteidigung dachten? Sie werden es sich ja denken können.

In Sachen Bigotterie hätten Sie sich also ruhig eine Scheibe bei der Bild abschneiden können. Denn die hat, wie jeder weiß, Guttenberg trotz seines Plagiats mit Zähnen und Klauen verteidigt, Sie aber damals wegen Ihres Plagiats zum »Verlierer des Tages« gemacht. So geht das, Lehming!

In stets aufrichtiger Verachtung:

Titanic

Vera Lengsfeld (CDU)!

Ihrer Homepage haben Sie ein Motto vorangestellt: »Freiheit und Fairneß statt Gleichheit und Gerechtigkeit«. Genau – und gut für Sie! Denn gerecht wäre es, Ihnen eine Vollmeise zu attestieren; wir aber bleiben fair und finden Ihre Ansichten weiterhin interessant, dochdoch.

Titanic

Na ja, »FAZ«!

»Arabellion« – natürlich auch nicht schlecht. Bleibt zu hoffen, daß sich Dikta-Tor Gaddafies nicht eine neue Tripolist ausdenkt und seinen Bengasicherheitsdienst Maghrebensaft ausschenken läßt, um den anschließenden Saufstand niederzuschlagen.

Mit einem dicken Cous-Kuß:

Titanic

Helmut Werner!

Wie wir einem Zeitungsinterview mit Ihnen entnehmen, sind Sie dafür zuständig, die Loge des notorischen Wiener Opernballbesuchers Richard »Mörtel« Lugner mit Prominenten zu füllen, und Sie haben aus dem Nähkästchen geplaudert, was die Tarife betrifft: »Ein Dieter Bohlen, der ja im vergangenen Jahr unser Gast war, setzt für weniger als 100 000 Euro keinen Fuß vor die Tür!«

Es gibt selbstverständlich viele gute Gründe, keinen Fuß vor die Tür zu setzen. Uns zum Beispiel kommt selbst ein Planet vom Volumen der Erde etwas zu klein vor, wenn wir ihn mit Kreaturen wie Richard »Mörtel« Lugner und Dieter »Knete« Bohlen teilen müssen. Und die Vorstellung, auch nur fünf Minuten in einer mit diesen beiden Herren besetzten Loge verbringen zu müssen, ist so entsetzlich, daß wir Sie darum bitten möchten, nie wieder öffentlich davon zu reden. Andernfalls sehen wir uns dazu gezwungen, Sie auf nicht weniger, sondern auf deutlich mehr als 100 000 Euro Schmerzensgeld zu verklagen.

Vorhang!

Titanic

Ildikó von Kürthy, Teuerste!

Im Zeit-Magazin haben Sie zusammen mit Ijoma Mangold über das Geheimnis Ihrer schriftstellerischen Karriere meditiert. Ihr Gesprächspartner legte vor: »Die Trägheit ist Ihre Rettung: Sie verbrauchen sich nicht zu schnell!« Und Sie nahmen dankend an: »Ja, vermutlich halte ich mich auch deswegen so lange an der Spitze, weil ich zu wenig mache, um den Leuten auf die Nerven zu gehen.« Moment! Da fallen uns aber gleich ein paar Gegenargumente ein: »Schwerelos«, »Höhenrausch«, »Freizeichen«, »Herzsprung« und »Mondscheintarif«, um nur die wichtigsten zu nennen.

Braucht zum Glücklichsein noch viel weniger:

Titanic

Von wem, Konstantin Neven DuMont,

ist im folgenden Text wohl die Rede? »Er stand seinem Vater den größten Teil seines Lebens helfend zur Seite, so sieht er das selber. Und vermutlich würde er das auch heute noch tun, wenn der Vater die Beziehung zu seinem Sohn nicht für beendet erklärt hätte. (…) Er schreibt, daß sein Vater ihm die heftigsten Vorwürfe gemacht hätte, als er anfing, eigenständig Interviews zu geben. So entsteht der Eindruck, daß er mit seinen öffentlichen Aussagen gegen einen ungeschriebenen Familienkodex verstoßen hat. Oder war der Vater von den Gesprächen mit seinem Sohn ab einem bestimmten Zeitpunkt einfach nur genervt? (…) Genaugenommen hat er nicht mit seinem Vater abgerechnet, sondern mit der bundesrepublikanischen Gesellschaft der vergangenen Jahrzehnte. (…) Obwohl – oder gerade weil – seine Geschichte sehr speziell ist, beschreibt er indirekt den Generationenkonflikt vieler heute 40- bis 50jährigen mit ihren Eltern.«

Potzblitz! Das ist doch – Ihre Geschichte! Die vom reichen Verlagserben, der vom Vater aus dem Unternehmen und wohl auch aus seinem Leben geworfen wurde. Aber die Zitate – von uns nur leicht anonymisiert – stammen alle aus Ihrer, Konstantin Neven DuMonts, Besprechung der Autobiographie »Leben oder gelebt werden« von Walter Kohl, Sohn von Helmut. Und erschienen ist dieser Text ausgerechnet im Freitag, dem Blatt Jakob Augsteins, Sohn von Rudolf!

Verrückt, was es für Zufälle gibt!

Immer noch verblüfft:

Titanic

DSDS-Kandidaten!

Hin und wieder sehen und hören wir beim Zappen, wie Ihr trällert, hopst und hampelt, um den ersehnten Status sogenannter Superstars zu erlangen, wie Ihr Euch anschließend von Dieter Bohlen mit sprachlichen Fäkalien bewerfen laßt und wie Ihr selbst im besudelten Zustand noch vor der Dreckschleuder auf dem Bauche rutscht und um Erbarmen wimmert. Warum tut Ihr das?

Die Antwort auf diese Frage haben wir – zu unserer eigenen Überraschung – in Adolf Hitlers chef d’œuvre »Mein Kampf« gefunden. Darin heißt es über die breite, dem Willen jedes machtvollkommenen Herrschers gefügige Masse: »Die Unverschämtheit ihrer geistigen Terrorisierung kommt ihr ebensowenig zum Bewußtsein, wie die empörende Mißhandlung ihrer menschlichen Freiheit, ahnt sie doch den inneren Irrsinn der ganzen Lehre in keiner Weise. So sieht sie nur die rücksichtslose Kraft und Brutalität ihrer zielbewußten Äußerungen, der sie sich endlich immer beugt.«

Weiterhin recht viel Vergnügen dabei.

Titanic

Heil, Tom Schilling!

Im soeben angelaufenen Hitlerpic »Mein Kampf« spielen Sie die aufstrebende österreichische Hauptfigur – eine, wie die Welt Sie zitiert, »Rolle wie ein Autounfall«. Nun sind wir wirklich sehr gespannt, wie so etwas aussieht; aber, junger Mann, seien Sie schon einmal auf den gewohnheitsmäßig geäußerten Kritikersatz vorbereitet: »Naa, das Buch war besser.«

Wartet lieber auf den Comic:

Titanic

Huhu, Josef Joffe!

Sie lassen jetzt also Ihre Essays, die Sie an amerikanische Zeitschriften verhökern, von Zeit-Redakteurinnen ins Deutsche übertragen, wie kürzlich bei einem diffusen Vergleich der Religionsauffassungen in den USA und Europa für die »Glauben & Zweifeln«-Rubrik geschehen. Gute Sache eigentlich, aber sollten Sie dieses Prinzip nicht auch für Ihre wöchentliche Zeit-Kolumne nutzen?

Bis zum nächsten Mal:

Titanic

Liebe »Taz«!

Gut gemerkt und fein differenziert: »Über 260 Busse konnte allein das zivilgesellschaftliche Bündnis ›Dresden Nazifrei‹ mobilisieren, die am Samstag aus allen Teilen Deutschlands und auch aus dem europäischen Ausland in Sachsen eintreffen sollen. Darin sitzen Gewerkschafter, Parteifunktionäre und Antifaschisten. Darin sitzen aber auch Tausende friedliche Demonstranten, die sich am Samstag den Neonazis friedfertig in den Weg stellen wollen.«

Und so haben die berüchtigten Prügelkommandos von Gewerkschaften und Parteien dann ja auch wieder zünftig randaliert.

Im Unterschied zu den friedlichen Demonstranten von der

Titanic

Michael Schredl, Psychologe und Schlafforscher!

In einem Hörfunk-Essay interessierten Sie sich vor allem dafür, was Träume über die bewußten Anteile einer Person aussagen, und steuerten gleich ein persönliches Beispiel bei: »Ich habe geträumt, daß ich einen genialen Flaschenöffner erfunden habe.« Ihre Auslegung: Sie würden gern mal eine tolle Erfindung machen.

Schredl, manchmal ist ein Flaschenöffner nur ein Flaschenöffner und eine Flasche nur eine Flasche. Aber sähe man mit einer kleinen Prise Freud nicht klarer, daß Sie sich in Wahrheit ein beispielloses Organ wünschen, mit dem Sie verschlossenen Damen zu Leibe rücken könnten?

Fragen Ihre Tagträumer auf der

Titanic

Gewundert, werter »Spiegel«,

hast Du Dich in einer Titelgeschichte über die Bild-Zeitung und ihre Propaganda für Karl-Theodor zu Guttenberg. Über eine Meinungsumfrage auf bild.de stand dort etwa: »Es war ein weiterer der verzweifelten Versuche der Zeitung, einem in der Kritik stehenden Minister beizustehen und Volkes Meinung für ihn zu mobilisieren. Er markierte den vorläufigen Höhepunkt einer Kampagnenwoche, wie sie auch in der wilden Geschichte der ›Bild‹-Zeitung höchst selten ist.«

Und da sind wir angesichts solcher Sätze der Mobilisierung ganz Deiner Meinung: »Wieder hat er Leute beeindruckt, wieder hat er alles richtig gemacht, Fürsorglichkeit gezeigt, sich auf den ruppigen Soldatenton eingestellt, Nähe demonstriert. Zurück bleiben Soldaten, die sich verstanden fühlen. So ist es fast immer, wenn Guttenberg einfliegt.« Bzw.: »Das kommt noch dazu: die Gattin. Es gibt jetzt zwei Guttenbergs, die Deutschland bewegen, Karl-Theodor und Stephanie, die sich gegen Kindesmißbrauch engagiert. Sie sind das Royal Couple der Bundesrepublik, das königliche Paar, das nicht nur die Hirne beschäftigt, sondern auch die Herzen bewegt.«

Halt, Moment. Unser wissenschaftlicher Dienst meint gerade, die Sätze seien gar nicht aus der Bild, sondern aus dem Spiegel Nr. 42 vom 18.10.10, Titel: »Die fabelhaften Guttenbergs – Paarlauf ins Kanzleramt«. Aber, Spiegel, mit bewegtem Herzen kommt man ja schnell mal durcheinander, was niemand besser versteht als die Hirnis von

Titanic

Werbeagentur Saatchi & Saatchi!

Wie wir der Fachpresse entnehmen, bist Du gerade dabei, Dein Geschäft in der Arzneimittelbranche auszubauen. Wie wär’s denn dann mit der Umbenennung in Haatschi & Haatschi?

Gesundheit!

Titanic

Verehrte Jutta Ditfurth!

In einer der vielen Talkshows zum Guttenberg-Skandal äußerten Sie, der Raub von geistigem Eigentum sei so, als nähme man einem Handwerker sein Werkzeug weg. Und fügten, wie um zu beweisen, daß Sie Volkes Stimme besser kennen als Bild oder Demoskopie, hinzu: »Meine Handwerkerfreunde haben dafür nicht das geringste Verständnis.« Mag sein. Aber ein Vergleich, der schon auf den ersten Blick kaum einleuchtet, wird nicht dadurch besser, daß handarbeitende Menschen ihn beglaubigen. Denn schauen Sie: Plagiieren kann man nur ein Produkt. Das Werkzeug hingegen, wahlweise Schreibstift, Federkiel oder Computer, nimmt der Plagiator niemandem weg, auch das Gehirn verbleibt beim Besitzer. Das Plagiat ist also allenfalls damit vergleichbar, daß man einem Ihrer Handwerkerfreunde einen Tisch wegnimmt. Er hätte dann zwar diesen Tisch nicht mehr, könnte mit Hilfe seines Werkzeugs aber ohne Ende weiter Tische fabrizieren, gegen gutes Geld ausliefern und sich bei den Anfahrtskosten großzügig für den gestohlenen Tisch entschädigen.

Got it? Und sagen Sie’s Ihren ehrbaren Zunftfreunden weiter?

Grüße aus der Werkstatt der

Titanic

Und, Guttenberg (Sohn)!

Kaum hatte die böse, besserwisserische Wissenschaft Sie aus dem Amt geekelt, wurden auch schon Stimmen laut, die Ihr Comeback in die Politik forderten oder gar prophezeiten. Daher eine kleine Frage: Gibt es bereits einen Termin für Ihre öffentliche Wiederauferstehung? Falls nein: Bietet sich angesichts der religiösen Orientierung Ihrer Fangemeinde dafür nicht das kommende Osterfest an? Aber seien Sie gewarnt: Wie schnell rutscht einem bei einer solchen Gelegenheit ein Spruch wie »Ich bin das Licht, die Wahrheit und das Leben« hinaus – und dann laufen plötzlich die exakten Wissenschaften Sturm, alle Welt will Ihre Wundmale sehen, und wenn Sie nicht pünktlich zu Himmelfahrt wieder verschwunden sind, glaubt Ihnen kein Mensch mehr was.

Wär doch zu schade!

Titanic

Hey, Natalie Portman!

In »Black Swan«, dem entzückenden Schmachtschinken für kleine Mädchen, für den Sie den Golden Globe und den Oscar bekamen, spielen Sie eine kaum volljährige Ballettänzerin, die sich mit unendlich viel Weh und Ach aus den Fängen ihrer usurpatorischen Frau Mama befreit und als Belohnung dafür sogleich die umjubelte Hauptrolle im verschnarchtesten Stück der Ballettgeschichte tanzen darf: im »Schwanensee«. Und was schluchzten Sie vor der versammelten Academy ins Mikrophon? Dieses: »Ich möchte meinen Eltern danken, dafür, daß sie mir das Leben geschenkt haben, dafür, daß sie mir die Gelegenheit geben, Schauspielerin zu sein, und dafür, daß sie mir jeden Tag mit ihrem Beispiel zeigen, wie man ein guter Mensch ist« usw. usf. – was man halt so sagt vor der Weltöffentlichkeit, wenn man mit 29 noch unter Vormundschaft steht. Beziehungsweise eben das, was Ihre Filmmutter in »Black Swan« vergeblich von Ihnen fordert: »Vergiß nicht, wie ich mich für dich aufgeopfert habe!« Nun also, nach der ganzen schier lebensecht gespielten Aufregung über Emanzipation und Mündigkeit, ist Ihnen doch noch die richtige Antwort eingefallen: »Danke, Mami!«

Na also, geht doch!

Titanic

Und Sie, Bastian Sick,

sind zwar Schulmeister der Nation, äußerten jedoch im Hörfunk, daß Sie sich nicht vorstellen können, als Deutschlehrer zu arbeiten: »Die leisten eine sehr harte Arbeit. Alleine das frühe Aufstehen morgens, das wäre überhaupt nicht meine Sache. Und die soziale Kompetenz, die man als Lehrer haben muß, das ist etwas, was ich in dem Maße nicht zu besitzen glaube.«

Von der Sprachkompetenz, Sick, gar nicht zu reden, was?

Nichts für ungut:

Titanic

Werter Alexander Krawzov!

Wir freuen uns auf Ihr neues Buch »Die Welt des Busineß – Eine Expedition«. Etwas merkwürdig finden wir allerdings die Formulierungen, mit denen Ihr Verlag es bewirbt. Der Band zeige nämlich, »wie man die natürlichen Sympathien zwischen Männern und Frauen im Team in Geld umwandelt«, und da fragen wir uns doch: Heißt »Russenmafia« jetzt »im Team«? Und war »die natürlichen Sympathien zwischen Männern und Frauen in Geld umwandeln« bisher nicht hinreichend mit dem Wort »Prostitution« getroffen?

Für Klartext:

Titanic

Enoch zu Guttenberg!

Lange hielten Sie sich bedeckt. Volle drei Wochen lang bewahrten Sie aristokratische Zurückhaltung und kommentierten die teuflische Hetzjagd der linksradikalen Medien auf Ihren Sohn Karl-Theodor mit keinem Wort. Dann aber, als Ihre leibeigenen Bauern bei Ihrem Stammsitz im oberfränkischen Guttenberg am Samstag nach KTs Rücktritt eine Solidaritäts- und Sympathiekundgebung auf die Beine stellten, wie sie das Dorf noch nie gesehen hatte – da hielt es Sie nicht länger in Ihrem Schloß. Sie bestiegen einen Traktor­anhänger und wandten sich an Ihre Untertanen, auf deren Transparenten zu lesen stand: »Ohne KT Deutschland ade« und »Wir sind das Volk, wir wollen Guttenberg zurück!« Und Sie prangerten »das Geifern und den Jagdrausch« an, womit Ihr Sohn verfolgt und zur Strecke gebracht worden sei, und bekundeten Ihr Entsetzen darüber, »daß so eine Menschenjagd« nach 1945 noch einmal möglich sei.

Gleichzeitig räumten Sie großzügig ein, daß Ihr Sohnemann nicht mit unserm Herrn Jesus gleichzusetzen sei: »Auch er ist keiner, der übers Wasser laufen kann.« Was für eine zutiefst anrührende Demut Herr ­Baron da dem Charakter Ihres Sohnes entgegenbringen! Wie Sie ja schon in einem SZ-Interview 2009 über Ihren damals frischgebackenen Ministersproß zu sagen beliebten: »Für mich ist er ein Delphin im Haifischbecken. Und solange er Delphin bleibt, habe ich keine Angst. Ich bin mir sicher, er wird das bleiben, weil er eine ehrliche Haut ist. Der spielt nicht.« Nein, Guttenberg sen., jetzt mal im Ernst: Daß Ihr Sproß rein schnatter- und imagemäßig einem Delphin gleicht, okay. Auch die »ehrliche Haut« scheint uns bei einem ­x-fach überführten Lügner und Betrüger im nachhinein ein ausgesprochen originelles Prädikat. Nur das mit dem Spielen – wollte er nicht eben das, Ihr Sohn: nur spielen? Minister spielen, und nicht zuletzt: Doktor?

Les jeux sont faits:

Titanic

Liebe Medien!

Was habt Ihr nicht wieder alles zur Karnevalszeit gemeldet: »Nun regieren die Narren« (Oberbayrisches Volksblatt), »Narren in der Kirche« (Stuttgarter Nachrichten), »Narren im Dschungel« (Schwarzwälder Bote) oder gar »Echte Narren besuchen Merkel im Kanzleramt« (Hamburger Abendblatt). Aber sagt mal, Medien, ist das denn nicht das ganze Jahr über so?

Tusch!

Titanic

Akademiker!

Im Zuge der Guttenberg-Plagiatsaffäre hat Euer bis dahin tadelloser Ruf bekanntlich den ein oder anderen Kratzer bekommen. Als wir aber auf der Nachrufseite der FAZ vom 2. März sahen, daß elf von dreizehn als gestorben Vermeldete einen Doktortitel führten, waren wir dann doch leicht geschockt. Selbstmord ist keine Lösung!

Ad multos annos:

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gute Idee, Porsche-Vorständin Barbara Frenkel …

Sie haben Ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass die Regierung das (zufälligerweise auch von Porsche produzierte) synthetische Benzin, also E-fuels, subventionieren und somit billiger machen müsse. Denn: »Der Kraftstoff, den wir herstellen, ist viel zu teuer, als dass wir ihn so verwenden könnten.«

Dieser Superidee schließen wir uns gerne an: Wir tippen jetzt jedes Heft auf unseren eigens entwickelten »E-tools« (Kryptotinte), aber weil das doch aufwendiger ist als die Arbeit am PC, fordern wir dann gemeinsam mit Porsche Geld vom Staat, um die Heftkosten zu drücken, ja? Nein? Dann sehen Sie bitte endlich ein, dass Sie sich mit Ihrer ineffizienten Deppentechnologie auf dem Markt nicht durchsetzen werden, und sagen Sie Ihren peinlichen Brummbrumms Lebewohl.

Wünscht Ihnen keine gute Fahrt: Titanic

 Bssssssssssssss, Bienen!

Bssssssssssssss, Bienen!

In den USA ist gerade ein Impfstoff für Euch freigegeben worden, nämlich gegen die Amerikanische Faulbrut, die Euch seit einer Weile dahinrafft. Nun wollten wir schon höhnen: »Haha, jetzt wird zurückgestochen! Da merkt Ihr mal, wie unangenehm das ist«, doch dann lasen wir die entsprechende Meldung genauer und erfuhren, dass das Vakzin gar nicht injiziert, sondern dem Gelée Royale für Eure Königinnen beigemengt wird. Erschreckend, wie sich wieder einmal die Impfgegner/innenlobby durchgesetzt hat!

Zeichnet somit erst mal keine Beeontech-Aktien: Titanic

 Hallo, Literaturkritik!

Was ist los mit Dir? Alt geworden? Müde? Wir waren doch so gut aufeinander eingespielt: Du liest ein neues Werk von Raphaela Edelbauer (»Das flüssige Land«, 2019 / »Dave«, 2021), gerätst aus dem Häuschen, schreibst irgendwas wie »sprachlich souverän« und »Raffinesse« und »Kafka« und »enorme Sprachmächtigkeit« und abermals »Kafka«, und wir schauen uns das schwergelobte Werk etwas genauer an und finden lauter wundersame Stellen, die Du wahrscheinlich überlesen hast: »Der ganze Raum zitterte glückselig vor Neid wie ein trotziger Block Aspik« zum Beispiel. Oder: »Selbst wenn jemand bloß geschäftig und zielgerichtet den Gang hinunterging, war sein Streben vom Habitus eines Handgemenges«. Oder: »Da richtete sich Pawel jäh auf, und die Lider waren wie von transparenten Seilen an der Stirn aufgerafft.«

So weit, so gewohnt. Aber jetzt? Erscheint »Die Inkommensurablen«, Edelbauers dritter Roman in knapp dreieinhalb Jahren – und Du, Literaturkritik, versagst plötzlich. Mäkelst rum! Erstmalig! Hältst das zwar alles weiterhin für »glänzend« und »klaren Stil«, meinst aber, dass sich »da und dort kleine Fehler eingeschlichen« hätten; findest das Buch stur »faszinierend«, aber auch »faszinierend misslungen«; attestierst auf einmal »Manierismus«, ja stellst (mit dem Spiegel) die ganz großen bangen Fragen: »Mist oder Musil?«

Heißt das, dass Dir allmählich was schwant? Dass Du Lunte gerochen hast? Verdacht schöpfst? Dass Dir an Sätzen wie »Dessen Reaktion produzierte eine ungeheure Diskrepanz« oder »Junge Charmeure in Militäruniform liefen ein paar Mädchen nach, die sich beim Kaufen einer Brezel aus der Auslage eines groben Böhmen kokett umdrehten« irgendwas auf-, irgendwas missfällt – Du weißt nur noch nicht, was genau?

Und also R. Edelbauer bloß noch sieben oder acht Romane schreiben muss, bist Du in zehn oder elf Jahren auf dem Laufenden bist, was die Sprachmächtigkeit dieser Art von Literatur betrifft?

Na dann – durchhalten!

Wünscht Titanic

 Nice one, Ted Cruz!

Sie sind US-Senator und mittlerweile auch hierzulande als rechter Hardliner und Schwurbelkopf der Republikaner halbwegs bekannt. Derzeit setzen Sie sich für die Begrenzung auf zwei Amtszeiten für Senator/innen ein. Und wollen gleichzeitig für eine eigene dritte kandidieren.

Diesen Ansatz finden wir sehr vielversprechend, um die Anliegen Ihrer Partei durchzubringen. Sie sollten ihn unbedingt auch auf andere Themen anwenden! Unsere Vorschläge: Waffenniederlegungen gegen schärfere Waffengesetze, Abtreibungskliniken gegen Abtreibungen und offene Grenzen gegen Einwanderung.

Für weitere Tipps stehen jederzeit zur Verfügung:

Ihre Snowflakes von Titanic

 Ach, »Welt«,

wohl mangels Materials bewarbst Du online einen sieben Jahre alten Artikel aus dem Archiv, und zwar mit den Worten: »Wenn ihr diese Wörter benutzt, wirkt ihr intelligenter.« Dazu ein wahlloses Foto einer jungen Frau.

Nun wollen wir Dich nicht enttäuschen, müssen aber doch auf einen wichtigen Umstand hinweisen, der Dir anscheinend entgangen ist. Man muss nämlich nicht nur bestimmte Wörter benutzen, um intelligent zu erscheinen, sondern diese auch noch in eine komplizierte Reihenfolge bringen, die oft ganz entscheidend ist.

Dumm für oft Welt hält Journalist/innen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Beim mittelmäßigen Zahnarzt

»Bitte weit aufmachen! Nicht erschrecken, meine Mundhöhlentaschenlampe ist mir vorhin ins Klo gefallen, ich muss eine Wunderkerze benutzen.«

Torsten Gaitzsch

 Medienkritik

Ich kann diese Parfum-Influencer auf Youtube einfach nicht riechen.

Fabian Lichter

 It’s not a Bug

Als Gregor Samsa, Programmierer, eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett erfreulicherweise zu einem ungeheueren Feature verwandelt.

Christian Kroll

 Post vom Mediator

Beigelegt: ein Streit.

Andreas Maier

 Marktregeln

Leuten, denen es in der Supermarktschlange nicht schnell genug geht und die deshalb eine unschuldige Mitarbeiterin ankeifen, fehlt das nötige Kassenbewusstsein.

Viola Müter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 24.02.:

    Die Deutsche Welle über das Krieg-Spezial im aktuellen Heft und andere themenverwandte Titel (Artikel in russisch, aut. Übersetzung).

  • 10.02.:

    Spiegel berichtet: "EU-Untersuchung Russland soll Fake-'Titanic'-Titelseiten verbreitet haben"

  • 10.01.: "Der Teufel vom Dachboden" – Eine persönliche Pardon-Geschichte in der Jungen Welt von Christian Y. Schmidt.
  • 13.12.:

    Anlässlich des 85. Geburtstages Robert Gernhardts erinnert Christian Y. Schmidt in der Jungen Welt an den Satiriker und Vermieter.

  • 26.10.:

    Chefredakteurin Julia Mateus spricht über ihren neuen Posten im Deutschlandfunk, definiert für die Berliner-Zeitung ein letztes Mal den Satirebegriff und gibt Auskunft über ihre Ziele bei WDR5 (Audio). 

Wenzel Storch: "Die Filme" (gebundene Ausgabe)
Renommierte Filmkritiker beschreiben ihn als "Terry Gilliam auf Speed", als "Buñuel ohne Stützräder": Der Extremfilmer Wenzel Storch macht extrem irre Streifen mit extrem kleinen Budget, die er in extrem kurzer Zeit abdreht – sein letzter Film wurde in nur zwölf Jahren sendefähig. Storchs abendfüllende Blockbuster "Der Glanz dieser Tage", "Sommer der Liebe" und "Die Reise ins Glück" können beim unvorbereiteten Publikum Persönlichkeitstörungen, Kopfschmerz und spontane Erleuchtung hervorrufen. In diesem liebevoll gestalteten Prachtband wird das cineastische Gesamtwerk von "Deutschlands bestem Regisseur" (TITANIC) in unzähligen Interviews, Fotos und Textschnipseln aufbereitet.
Zweijahres-Abo: 117,80 EURSonneborn/Gsella/Schmitt:  "Titanic BoyGroup Greatest Hits"
20 Jahre Krawall für Deutschland
Sie bringen zusammen gut 150 Jahre auf die Waage und seit zwanzig Jahren die Bühnen der Republik zum Beben: Thomas Gsella, Oliver Maria Schmitt und Martin Sonneborn sind die TITANIC BoyGroup. In diesem Jubiläumswälzer können Sie die Höhepunkte aus dem Schaffen der umtriebigen Ex-Chefredakteure noch einmal nachlesen. Die schonungslosesten Aktionsberichte, die mitgeschnittensten Terrortelefonate, die nachdenklichsten Gedichte und die intimsten Einblicke in den SMS-Speicher der drei Satire-Zombies – das und mehr auf 333 Seiten (z.T. in Großschrift)!
Titanic unterwegs
25.03.2023 Meinerzhagen, Stadthalle Martin Sonneborn
02.04.2023 Fürstenfeldbruck, Kunsthaus Greser und Lenz