Briefe an die Leser | September 2009


Liebes Marketing-Team der XXXL-Möbelhäuser!

Was hast Du Dir nur dabei gedacht, als Du, anläßlich der Neueröffnung einer Filiale, den Werbeslogan »Die mit dem roten Stuhl« verbreitet hast?

So genau hätten wir es nämlich gar nicht wissen wollen.

Deine Proktologen von

Titanic

Michael Sudahl (»Frankfurter Rundschau«)!

»Durch E-Learning können Geschäftsreisende sich überall und jederzeit weiterbilden – auch beim Warten auf den nächsten Flieger«, verrieten Sie in der Karriere-Beilage einem Publikum, das derartige Nullmeldungen sicherlich zu schätzen weiß. Aber wissen Sie was? Es gibt da auch was Analoges, mit dem das schon lange geht, das mit der Weiterbildung; und auch wenn Sie das als Rundschau-Mitarbeiter überraschen mag: Auch aus Printerzeugnissen kann man lernen!

Wie z.B. aus

Titanic

Hey, Dalai Lama!

Unter aufgeklärteren Zeitgenossen ist ja kaum noch umstritten, daß Du einen Riesenknall hast. Doch die mutmaßliche Ursache dafür konnten wir gerade erst einem Zwiegespräch zwischen Dir und der Süddeutschen Zeitung entnehmen: »Stehen Sie nach wie vor um 3.30 in der Früh auf?« – »Jawohl.«

Wahnsinn. Aber andererseits auch prima: Da wir dann erst ins Bett gehen, kommt man sich nicht so leicht in die Quere.

Ausgeschlafene Grüße!

Titanic

Huhu, Kai Diekmann!

Wenn man ein Buch schreibt, welches »Der große Selbstbetrug« heißt, dieses Buch in der Hardcover-Edition zwar mit viel Bild-Getöse für einen kurzen Moment in die Bestsellerlisten hievt, aber im Vergleich zu anderen medialen Großkopferten (Schirrmacher) doch eher bescheiden abschneidet, und man dieses Buch dann als Paperback rausbringt, wo es mit einem »Bestseller«-Aufkleber versehen wird – ist das dann nicht ein… Selbstbetrug? Wenn auch nur ein kleiner?

Unter Schummlern:

Titanic

Außerdem, Meisner!

Daß homosexuelle Paare möglichen Adoptivkindern »die sogenannte Triangulierung«, wie Sie das zu nennen belieben, »nicht bieten können«, stimmt natürlich. Denn nur in der Triangulierung, nur »in der Identifikation mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil und in der Spannung zum gegengeschlechtlichen Elternteil« entstehen schließlich jene kapitalen Sexualneurosen, ohne die Ihr Berufsstand, Herr Meisner, bekanntlich zum Aussterben verurteilt wäre.

Pro domo:

Titanic

Hergehört, iPhone-Besitzer!

Es gibt da ein ganz heißes neues Applet. Es heißt »Display kaputt« und sieht endstylish aus, so richtig mit Sprüngen, Rissen und Brüchen im Glas.

Praktisch: Man muß nicht mal den Apple-Store aufrufen, um es runterzuladen, nein – man läßt das iPhone einfach runterfallen, einmal reicht, und schon ist das Applet automatisch upgeloaded! Und braucht quasi null Speicherplatz!

Einfach mal ausprobieren.

Titanic

Ursula von der Leyen!

Mit dem von Ihnen eingeführten Elterngeld haben Sie Ihrer vom Deutschlandfunk verbreiteten Einschätzung nach »Türen geöffnet, die vorher nicht da waren« – Türen geöffnet, die vorher nicht da waren? Aber dafür gibt’s in der eigenen Familie ja bekannte Vorbilder: 1978 war Ihr Papa Ernst Albrecht niedersächsischer Ministerpräsident. Sein Verfassungsschutz öffnete auch eine Tür, die vorher nicht da war – und sprengte ein Loch in die JVA Celle, um einen Befreiungsversuch eines dort inhaftierten Terroristen vorzutäuschen.

Um Ihr anlagebedingtes Loch im Kopf sollten Sie sich aber beizeiten kümmern, findet:

Titanic

Und wie, Kardinal Meisner,

dürfen wir Ihre »Fremde Feder« in der FAZ vom 1.8. verstehen? »Immer wieder berichten mir Kindergärtnerinnen, wie sehr sich Kinder, die ohne Vater aufwachsen, auf die männlichen Erzieher stürzen – und umgekehrt.« Was meinen Sie da bloß mit »umgekehrt«? Wie? Im katholischen Kindergarten?

Ach so, klar.

Vergelt’s Gott:

Titanic

Mit wenig Freude, Wolf von Lojewski,

sahen wir Ihre Sendung »Index«, in der laut Ankündigung einem ZDF-Team die topgeheimen Archive von Inquisition und Indexkongregation geöffnet wurden. Nachdem Sie also 90 Minuten durch den Vatikan gekaspert waren und wir gerade so viel neues Wissen erlangt hatten, daß es selbst bei kleiner Schrift noch immer auf eine Hostienseite gepaßt hätte, kamen Sie plötzlich ohne Not oder gar Beleg zu dem Hammerresümee: »Das Christentum gilt als Geburtshelfer der Freiheit.« Und das, verehrter Herr von Lojewski, war dann doch noch ein so revolutionärer Gedanke, daß uns sein strahlendes Licht wie ein Scheiterhaufen in kalter Nacht noch lange die Birne wärmen wird.

Ungewohnt ketzerisch:

Titanic

Und Sie, Veronica Ferres,

spielen jetzt, weil’s eh schon wurscht ist, eine von Münsterländer Bauern vor der Deportation versteckte Jüdin: »Ein Filmprojekt über Marga Spiegel lag bereits seit zehn Jahren auf Eis, aber ich wollte alles über Marga wissen. Ich recherchierte detektivisch – und fand ein altes Foto im Internet. Eine blonde Frau, der ich wirklich ähnlich sah. Ich wollte sie unbedingt spielen. Heute bin ich stolz und dankbar, Teil dieses Films über Marga sein zu dürfen.« Wenn »detektivische Recherche« = zwölf Sekunden Google-Bildsuche sind, dann dürfen wir analog Ihre zu erwartende, mit allem unvermeidlichen Engagement vorgetragene Schauspielkunst schon jetzt in einen Abend voller Kitsch umrechnen; schließlich: »Marga ist eine kluge Frau mit unglaublichem Lebensmut. Ich wollte – ja, ich mußte sie einfach verkörpern. Das Schicksal hat es gewollt, daß wir zusammengeführt werden«, wo nicht Jahwe persönlich; aber wo wir Ihnen, Ferres, den Lebensmut noch abnehmen, ist es, Schicksal hin oder her, spätestens bei der Klugheit mit dem Method Acting doch wohl vorbei!

Stolz und dankbar:

Titanic

Bevor, großartiger »Spiegel online«,

der Orkus des Vergessens blabla: »Mit Möllemanns Himmelssturz endete ein Drama von geradezu shakespearschen Ausmaßen: Geld, Macht, Verrat, Intrige, Tod – alle Zutaten einer klassischen Tragödie waren im Überfluß vorhanden«, nämlich Segelflugzeug, Fallschirm, ein antisemitischer Blödmann und ein Acker bei Marl, Aischylos pur vom Feinsten eben. Aber apropos Blödmann: »Am 5. Juni 2003 nahm sich der FDP-Politiker Jürgen W. Möllemann mit einem Sprung aus 4000 Metern Höhe das Leben. Es war der Tiefpunkt eines Politdramas«, mit dem Du, Spiegel online, Dich hoffentlich nicht ausgeschrieben hat. Denn weitere Metaphernköstlichkeiten wie »Mit seiner Selbsterschießung ging Hitlers Bunkermentalität Knall auf Fall zu Ende« bzw. »Nach seinem Tod in einer tragischen Genfer Badewanne schlug Uwe Barschel noch reichlich Wellen« täte zu gern schmatzend schlürfen

Deine

Titanic

Bundesminister!

Ihr habt Euch in letzter Zeit angewöhnt, Gesetzesentwürfe von Anwaltskanzleien ausarbeiten zu lassen, jüngst z.B. der Karl-Theodor den Text für das »Gesetz zur Ergänzung des Kreditwesengesetzes«.

Jetzt mal unter uns: Fragt Ihr Euch nicht auch manchmal, was die ganzen Menschen, die durch die Häuser laufen, in denen sich Eure Berliner Büros befinden, den ganzen Tag so machen? Könnte es sein, daß es sich um Beamte und Angestellte sogenannter »Ministerien« handelt? Was ist nun aber ein »Ministerium«? Da bietet die Kinderseite der Bundesregierung www.regierenkapieren.de eine Erklärung an: »Ein Ministerium ist eine Behörde. Es hat vor allem die Aufgabe, den Minister bei seinen Aufgaben zu unterstützen … In ihrem Fachgebiet bereiten die Ministerien die Gesetze vor.«

Na seht Ihr. Einfach mal im Büro nebenan fragen! Ist nämlich viel billiger!

Eure Politsonderpädagogen von der

Titanic

Günter Grass!

Eigentlich sollte man Ihnen gegenüber längst altersbedingt Milde walten lassen, aber Sie fordern es halt immer wieder heraus: »Ich bin sehr schmerzempfindlich. Wenn ich die Diagnose bekäme, daß ich unheilbar krank bin, und wenn das mit körperlichen Schmerzen verbunden wäre, würde ich einen Weg suchen, das Leiden abzukürzen, mir und den Menschen in meiner Umgebung zuliebe.« Nun wollen wir, Grass, gar nicht wissen, wieviel Leid Sie mit Ihren drögen Drucksachen schon über die Menschheit gebracht haben. Und kurz waren die Elaborate ja eher auch nicht! Aber falls Sie nach einem Mittel suchen, welches das Wegdämmern erleichtert: Es gibt da bedeutungsschwangere Schwarten, die zwar noch vielerorts besprochen, aber immer seltener gelesen werden – wenn Sie sich so einen Wälzer besorgen, dann sollte sanftes Entschlummern garantiert sein. Und die Beschaffung ist kein Problem: einfach mal im Bücherregal bei den Belegexemplaren schauen!

Ihre Empfindsamen auf der

Titanic

Verehrter Weltgeist!

Da läßt Du in den USA eine Stadträtin gegen den Sexismus der Kollegen wettern, und dann heißt die Dame doch tatsächlich – Linda Chick!

Gute Arbeit.

Wie immer die Deine:

Titanic

Da ist uns, liebe Sulzberg-Rosenburger,

ein peinlicher Fehler unterlaufen: In den Kleinanzeigen der letzten Ausgaben haben wir immer wieder angegeben, die Ausstellung »Robert Gernhardt. Die letzten Bilder« finde bis zum 18. Oktober in Sulzbach-Rosenheim statt. Für diesen Fehler möchten wir uns entschuldigen. Es weiß doch ein jeder, daß Euer Ort Sülzheim-Rosendorf heißt. Oder Salzberg-Rosenhain? Unser Praktikant, der von dort kommt, ist sich selber nicht mal mehr sicher. Das einzige, was er noch ganz sicher weiß, ist, daß es sich bei Eurem Städtchen um, Zitat, »das letzte Loch« handelt.

Ist doch auch was, meint Ihr nicht?

Schöne Grüße aus Frankfurt am Rhein:

Titanic

Dr. Karg!

Daß Sie ausgerechnet Knäckebrot herstellen, ist doch wohl, haha, ein Sparwitz!

Nicht ganz knusper findet das:

Titanic

Und was Sie, Dirk Pilz (»Autor«),

getrieben hat, auf derselben Seite als »ein Buch für das leichte Gepäck« Friedrichs Schillers »Don Karlos. Text und Kommentar (Deutscher Klassiker Verlag, 1369 Seiten)« zu empfehlen, bleibt auch Ihr schwer gehütetes Angeber-Geheimnis. Fürs leichte Gepäck empfehlen wir mehr Gehalt und weniger Seiten, kurz:

Titanic

Sabine Vogel!

Als Literaturredakteurin der Berliner Zeitung empfahlen Sie mit Ihren Feuilletonkollegen wie jedes Jahr »Bücher für die Ferienzeit« und rieten zu Dave Eggers’ »Weit gegangen. Das Leben des Valentino Achak Deng«: »Die herzzerreißende, wahre Geschichte des somalischen Flüchtlingsjungen Achak Deng, der fünfzehn Jahre lang allein durch Kriegsgebiete, Wüsten und Lager irrt.« Geschenkt, daß Sie Somalia und Sudan verwechseln (so viel geopolitische Orientiertheit wäre von einer Literaturredakteurin auch etwas viel verlangt), aber mal Hand aufs Herz für Negerkinder: Die jahrelange Flucht- und Vertreibungstortur eines Kindes als »ein Buch vom Reisen« anzupreisen – sind Sie damit nicht auch ein wenig, nun ja, weit gegangen? Überarbeitet? Urlaubsreif?

Wir empfehlen 15 Jahre Campingurlaub in Ostafrika. Gute Fahrt!

Titanic

Albert von Thurn und Taxis!

Durch den unverzeihlichen und schmählichen Rückzieher Seehofers, der sich immer für die Geheimhaltung der bayerischen Empfänger von EU-Agrarsubventionen verbürgt hatte, erfuhr die Welt nun, daß Sie auch als Nebenerwerbslandwirt tätig sind, in welcher Eigenschaft Ihnen die EU im vergangenen Jahr mit summa 577962 Euro und 46 Cent unter die Arme griff. Und auch wenn Focus das aufrührerische Volk eilfertig zur Besonnenheit aufrief (»Die Summen für die Güter bayerischer Adeliger halten sich in Grenzen«), wurde mit der Veröffentlichung natürlich eine Neiddiskussion an den Stammtischen der bayerischen Hochebene losgetreten, der wir hiermit entschlossen entgegentreten wollen: Denn einmal muß diese nur auf den ersten Blick horrende Summe von einer halben Million Euro natürlich ins Verhältnis zu Ihrem Familienvermögen gesetzt werden, das vom Forbes Magazine auf 2,3 Milliarden Dollar geschätzt wird, was ungefähr 1,6 Milliarden Euro entspricht, denen gegenüber die halbe EU-Million der überschaubare 2768ste Teil ist – nicht mehr als der Tropfen auf den heißen Stein also. Des weiteren geben wir allen Neidhammeln zu bedenken, daß Sie angesichts Ihrer weiteren Nebenjobs als Theologe, Rennfahrer, Volkswirt und (mit Ihren 26 Jahren) evtl. drittjüngster Milliardär der Welt sicherlich der am meisten beschäftigte Bayer sind, der nach Feierabend noch zur Mistgabel greift, und das nur für den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft; was ja wohl eine kleine Anerkennung verdient!

Ihr Komitee zur Verteidigung des verarmten Landadels auf der

Titanic

Hey Pop, huhu Rock!

Seid Ihr jetzt eigentlich endgültig übergeschnappt? Glaubt Ihr, daß es Euch guttut, wenn das Vokabular der hohen Kunst in Eurer Welt Einzug hält? Das »Kuratieren« jedenfalls, das bislang Museumsmenschen und Ausstellungsmachern vorbehalten war, scheint es Euch in letzter Zeit schwer angetan zu haben. In der Spex lesen wir z.B. über den früheren Pulp-Sänger Jarvis Cocker: »Er kuratierte das Meltdown Festival«; in der Intro freut sich der Chefredakteur über ein Konzert der wiedervereinigten Blur mit seinem »exzellenten, von der Band kuratierten Rahmenprogramm«. Und kurze Zeit später erreicht uns die Pressemitteilung einer Metal-Plattenfirma: »Tom G. Warrior ist Kurator für Roadburn 2010«.

Es würde uns ja nicht wundern, wenn das schnell Schule machte und alle Leute, die irgend etwas aussuchen, auswählen oder zusammenstellen, sich demnächst zum Kurator adelten – ob das nun Musikstücke für den MP3-Stick oder Aufschnittplatten fürs kalte Büffet sind. Wir aber radeln jetzt mal rüber zum Getränkemarkt und kuratieren uns ein schönes Abendprogramm.

Prost:

Titanic

Werte Lebensmittelfabrikanten,

bzw. werte »SGS Genießer Service GmbH & Co. KG«, die Du der Supermarktkette Plus unter dem Markennamen »Regionale Küche – Feinstes vom Meisterkoch« bspw. das »Schweinegulasch in pikanter Sauce mit Nudeln« herstellst: Vom Meisterkoch erwarten wir ja gerade beim Schweinegulasch einiges Feines, ja Feinstes, nicht jedoch in Form so geballt auftretender Spuren wie jenen, von denen der Warnhinweis auf der Verpackung kündet: »Kann Spuren von Sesamsamen, Soja, Erdnüssen, Schalenfrüchten, Krebstieren, Weichtiere [sic!], Fisch, Sellerie, Senf und Sulfit enthalten.«

Herrgottsakra, Lebensmittelfabrikanten! Wir hatten es doch vor Jahr und Tag schon einmal angemahnt! So schreibt’s Euch jetzt aber mal definitiv hinter die Löffel: Räumt auf! Räumt in Euren schmuddeligen Fabriken endlich auf! Jede Zutat kriegt ihr eigenes Töpfchen, jedes Gewürz ein verschließbares Tiegelchen, insbesondere Weichtiere und Sulfit werden im Kühlschrank getrennt voneinander gelagert und alle Kessel, Pfannen, Maschinen sowie Fließbänder nach Gebrauch schön abgespült – dann brauchen wir uns in Zukunft mit solchen Hygieneproblemchen beim Gulasch nicht mehr zu plagen. Und Ihr auch nicht.

Letzter Warnhinweis von unserer Seite! Sonst kaufen wir das (vielleicht) nie wieder:

Titanic

Lieber Philipp Selldorf (»SZ«)!

In Ihrem anstrengend verlaberten Sportteil sind Sie ja noch einer der Aufrechten; aber schauen Sie mal: »Dabei müßte sich allmählich herumsprechen, daß das David-Goliath-Prinzip wenigstens zwischen den Profiklubs bis hinunter in die Regionalliga ein überholtes Klischee ist. Die erste Pokalrunde hat an genügend Beispielen vorgeführt, daß sich die Klassenunterschiede … recht gut minimieren lassen« – was aber doch bedeutet, daß das David-Goliath-Prinzip, wonach der Kleine den Großen schlagen kann, nach wie vor intakt ist.

Stimmt’s nit?

Trotzdem Grüße:

Titanic

Und Sie, Sabine Bätzing (SPD),

werben als Drogenbeauftragte der Bundesregierung also für ein Schulfach namens »Wohlfühlen«, das »Lebenskompetenz, Streßbewältigung, Alkoholvorbeugung und gesunde Ernährung« umfassen soll – was wir dabei nicht verstanden haben: Sollen Lehrer das Fach eher unterrichten oder als abschreckendes Beispiel fungieren?

Nicht überzeugt:

Titanic

Sie, Til Schweiger,

dürfen für ein paar Minütchen im neuen Tarantino-Film »Inglourious Basterds« mitspielen und werden nicht müde, in Interviews damit anzugeben: »Mit Tarantino rede ich auf Augenhöhe, mit Brad sowieso … Tarantino hat mir ein gerahmtes Foto der ›Basterds‹ geschickt mit ›Love Quentin‹ darauf. Von Brad kam per Post ein Kampfmesser mit der Inschrift ›Inglorious Basterds‹ und dazu eine Karte ›It was an honor to serve with you‹.« Und eine Herausforderung war’s natürlich sowieso: »Ich trage ja zunächst eine Wehrmachtsuniform, damit hatte ich kein Problem. Aber als ich später als Tarnung diese SS-Uniform anziehen mußte, fühlte ich mich seltsam: Das war schon eklig.« Mag ja sein, Schweiger, daß es Ihnen einiges abverlangt hat, in eine fremde Rolle zu schlüpfen. Andererseits spielen Sie doch seit Jahren eine noch fremdere Rolle, die eines Schauspielers nämlich – und das ja sogar recht erfolgreich!

Love:

Titanic

Sie leiden also, Pedro Almodóvar,

an chronischen Kopfschmerzen, die Ihre Ärzte als »vererbbare Migräne« erkannt zu haben glauben. Aber nun schauen Sie doch mal: Gleich über Ihrem Interview in der Süddeutschen befindet sich ein längerer Artikel über Sie, und darin heißt es über eines Ihrer schon etwas älteren Werke: »Mit ›Alles über meine Mutter‹ wurde er leiser, eindringlicher.«

Wir erinnern uns: In »Alles über meine Mutter« nervt ein junger Mann als Ich-Erzähler, der bei dem Versuch, von einer von ihm verehrten Schauspielerin ein Autogramm zu bekommen, überfahren wird. Nach seinem Unfalltod beschließt seine Mutter, den verschollenen Vater zu suchen, der, heroinabhängig, transsexuell und HIV-infiziert, eine junge Nonne geschwängert und ebenfalls infiziert hat. Die Mutter kümmert sich fortan nicht nur fürsorglich um die Nonne bis zu deren Tod, sie kommt auch beruflich als Assistentin bei eben der Schauspielerin unter, derentwegen ihr Sohn gestorben ist und welche ihrerseits eine lesbische Beziehung mit einer ebenfalls Drogenabhängigen unterhält… –

und das, Señor Almodóvar, ist also einer Ihrer leiseren Filme? »Vererbbare Migräne«, pfff – legen Sie sich doch einfach mal hin!

Praxisgebühr bitte an:

Titanic

Huhu, Ökotest!

Kommt Dir die folgende Bemerkung bekannt vor? »Da gab es Butterersatz aus gefärbtem Quark, Butterpulver aus Stärkemehl, um genuine Butter zu ›strecken‹, Butteröl aus Möhren, Rüben und Gewürzen. Da gab es Salatölersatz aus Pflanzenschleim und 98 Prozent Wasser, Wurst aus pflanzlicher Rohmasse, tierischen Abfallstoffen und Wasser, Eierersatz aus gefärbtem Kartoffelmehl, Marmelade aus Gelatine und farbigem Wasser. Satt und gekräftigt werden konnte davon niemand.« Nein? Natürlich nicht, das steht ja auch tatsächlich nicht in einem aktuellen Ökotest-Bericht zum Angebot der Lebensmitteldiscounter an Analogkäse, Gelschinken und Lügensalami, sondern nur in H.-U. Wehlers »Deutscher Gesellschaftsgeschichte 1914-1949«. Aber immerhin unter welcher Überschrift? Richtig: »Die Klassengesellschaft unter Kriegsbedingungen«. Und somit stimmt natürlich wieder alles, nicht wahr?

Zwinkerzwinker:

Titanic

Und Du, Fa. Mars,

hast vor dem Europäischen Gerichtshof einen Prozeß um die Schokoriegelform von »Bounty« geführt. Und weißt Du was? Solange Konzerne Zeit, Muße und Geld haben, sich die Form von Schokoriegeln schützen zu lassen, und bereit sind, Markenrechtsprozesse um die Einzigartigkeit runder Schokoladenecken zu führen, und dafür Marktforschungsinstitute in gleich sechs EU-Staaten beauftragen, um vor Gericht die europaweite Bekanntheit von Schokoladeneckenrundungsformen zu belegen, solange kann es eigentlich mit der Weltwirtschaftskrise nicht weit her sein.

Wir meinen: Krise ist erst, wenn’s auch ans Hüftgold geht! Und damit kennt sich leider aus:

Titanic

Steinmeier!

Ist ja gut und schön und für Sie selbst wahrscheinlich auch ein Traum, daß Sie jetzt überall zitiert werden mit Ihren Dings, Ihren Ideen da (»Vollbeschäftigung«). Aber eins raten wir Ihnen: Übertreiben Sie es nicht. Ein allgemeines Sonntagsfahrverbot auf deutschen Autobahnen, fair gehandelter Kaffee bei Starbucks, das Verbot von RTL2 und allen anderen ADS-Sendern – dann werden Sie unglaubwürdig!

Die Satiriker sind nämlich immer noch wir von

Titanic

Und übrigens, »taz«:

»Der Markt für biologisch erzeugte Lebensmittel und Getränke bricht ein. Im ersten Halbjahr 2009 sinken die Ausgaben um 4 Prozent« – neuerdings sind also vier Prozent ein Einbruch, am Ende sogar ein dramatischer; in welcher Spitzengesellschaft Du Dich da befindest (»Industrie bekommt drastisch mehr Aufträge … Auftragseingänge stiegen um 4,5 Prozent«, Spon, wer sonst), weißt Du hoffentlich.

Laß es, taz, also bitte bleiben. Schließlich will sich unsereins mal über die Schlagzeile »Kohlendioxid-Emissionen brechen ein« freuen, ohne derart knalldumm angeschmiert zu werden.

Mit einbrechender Sympathie:

Titanic

Super, Mario Basler!

Es lohnt sich doch, wenn man nach dem Abpfiff die Augen aufhält: »Für Nürnberg wird es dieses Jahr schwer, weil diese Elf einfach zu schlecht bestückt ist.«

So genau wollten wir es allerdings gar nicht wissen.

Duscht lieber allein:

Titanic

Dieter Althaus!

Den Skiunfall, bei dem Sie im Januar den Tod einer Urlauberin verschuldeten, wollten Sie aus dem thüringischen Wahlkampf ja eigentlich diskret heraushalten. Im intimen Plausch mit Bild am Sonntag frohlockten Sie nun aber doch, der Unfall sei für Sie ein »Schub« hin zu mehr Sensibilität oder was gewesen und habe auch Ihrer Ehe einen zusätzlichen »Impuls« verliehen; worunter der Physiker ja die Wucht eines Körpers beim Aufprall versteht.
Freut uns zu hören, Althaus. Das Interview aber, in dem Sie vielleicht schon bald davon schwärmen, wie intensiv nun Ihr Kontakt zu den Bürgern sei und wie leicht sich auf einmal unliebsame Hindernisse aus dem Weg räumen lassen, wenn Sie erst mal so richtig Fahrt aufgenommen haben – könnten Sie uns das evendöll ersparen?
Zusätzlich impulsiv:

Titanic

Ines Pohl!

Sie wollen als neue Chefredakteuse der taz also deren »linkes Profil« schärfen, und was Sie darunter so verstehen, haben Sie dem Tagesspiegel in der gebotenen Deutlichkeit erklärt: »Es geht für mich primär darum, sich auf die Seite derjenigen zu stellen, die erst mal nicht die Gewinner, sondern eher auf der Seite der Verlierer sind. Links zu sein heißt für mich auch, kritisch und aufständisch sein, Attribute, die für die taz ja passen.« Links zu sein heißt für Sie also nicht nur Bioladen und Karneval der Kulturen, sondern auch, eher so kritisch und dagegen zu sein, so wie z.B. Che Guevara gefühlsmäßig eher auf der Seite von denen stand, die primär die Sklaverei nicht so gut fanden. Von Marx/Engels mal zu schweigen: »Proletarier aller Länder, kuckt doch primär mal, ob ihr zusammen nicht vielleicht eher was erreichen könnt. Muß natürlich nicht!«
Da werden die Verhältnisse aber tanzen!
Gespannt:

Titanic

»Fleischverzicht«, liebe Tierschutzorganisation Peta,

»führt zu mehr Lebenslust«, glaubst Du laut Internet, und »besser einen vegetarischen Burger in der Küche als ein schlaffes Würstchen im Schlafzimmer!« zitiert gastro.de Deinen Ernährungsfachmann Lars Hollerbach. Da aber der Mensch bekanntlich sein Verhalten nur dann ändert, wenn man ihm was bietet, möchtest Du vom Berliner Bordell »Maison d’Envie«, in dem ökologisch korrekte Fahrradfahrer bereits günstiger bedient werden, ebenfalls »Rabatt für Vegetarier«.
Die Frage, Peta, wird erlaubt sein, was vor diesem Hintergrund die »vegetarischen Starter Kits«, mit denen Du den Männern das Fleischliche abgewöhnen willst, enthalten mögen: zwei Melonen? Eine Pflaume? Oder doch eher ein paar Schrauben? Die müßtest Du nämlich nicht extra anschaffen, die wären ja eh locker, gell.
Lebenslustig:

Titanic

Juli Zeh, schon wieder!

Sich in die »Sicherheitsdebatte« einzumischen, scheint Ihnen ja nicht zu reichen, und so verirrten Sie sich als Werbedame für die SPD zu »Illner Intensiv«, einer als Politsendung getarnten Mischung aus Quizshow, Phrasendrusch und nervtötendem Dauerapplaus zwecks, so dumm kann’s gehen, »Wahl-Watching«. Dort antworteten Sie auf die Frage, ob Deutschland unter der Ägide der SPD gerechter geworden sei: »Was mir an der Sozialdemokratie gut gefällt, ist, daß man eigentlich solche ideologisch aufgeladenen Begriffe wie Gerechtigkeit gar nicht unbedingt braucht. Die Frage, ob Deutschland gerecht ist oder nicht, würde jeder hier drin ganz anders und immer individuell beantworten. Ich finde, wofür Sozialdemokratie stehen muß, und das tut sie ungebrochen die ganze Zeit, ist die Idee, daß jeder in diesem Land ein menschenwürdiges Auskommen haben muß. Und ich vertraue darauf, daß das unter sozialdemokratischer Regierung auch weiterhin so bleiben wird.« Weil Autorinnen, die mit Ihren Büchern kommerziellen Erfolg haben, bereits ein ausreichend würdiges Auskommen haben und sich also mit der »Idee« davon begnügen können. Während alle weniger Bemittelten  die Frage individuell sicher ganz anders beantworten würden, z.B. Ihre ideologisch sehr aufgeladenen Fans auf der

Titanic

Wie, Bestattungshaus Möse in Falkenhagen,

wirbt man wohl am elegantesten für sich, wenn man heißt, wie Du heißt, haben wir uns gefragt. Und auf Deiner Website auch gleich die Antwort gefunden: »Wir bürgen mit unserem Namen.«
Da muß man erst mal drauf kommen!
Hochachtungsvoll:

Titanic

Lieber Pit!

Siebzig Jahre Lebensblüte,
Geistesschärfe, Herzensgüte –
Jubelnd kreischen wir im Chor:
Siebzig Jahre Peter Knorr!

Siebzig Jahre wahre Worte,
Gutes Bier & Haschischtorte –
Selig hüpfen wir empor:
Siebzig Jahre Peter Knorr!

Siebzig Jahre freies Lachen,
Liebe-, Lust- und Scheißemachen,
Siebzig Jahre Hochhumor:
Siebzig Jahre Peter Knorr!

Nimm, o Pit, du Schinderschinder,
Du TITANIC-Mitbegründer,
Dies Gedicht als kleinsten Lohn!
Immer Deine

Redaktion

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Hey, »Zeit«,

Deine Überschrift »Mit 50 kann man noch genauso fit sein wie mit 20«, die stimmt vor allem, wenn man mit 20 bemerkenswert unfit ist, oder?

Schaut jetzt gelassener in die Zukunft:

Deine Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Mmmmh, Thomas de Maizière,

Mmmmh, Thomas de Maizière,

über den Beschluss der CDU vom Dezember 2018, nicht mit der Linkspartei oder der AfD zusammenzuarbeiten, an dem Sie selbst mitgewirkt hatten, sagten Sie bei Caren Miosga: »Mit einem Abgrenzungsbeschluss gegen zwei Parteien ist keine Gleichsetzung verbunden! Wenn ich Eisbein nicht mag und Kohlroulade nicht mag, dann sind doch nicht Eisbein und Kohlroulade dasselbe!«

Danke für diese Veranschaulichung, de Maizière, ohne die wir die vorausgegangene Aussage sicher nicht verstanden hätten! Aber wenn Sie schon Parteien mit Essen vergleichen, welches der beiden deutschen Traditionsgerichte ist dann die AfD und welches die Linke? Sollte Letztere nicht eher – zumindest in den urbanen Zentren – ein Sellerieschnitzel oder eine »Beyond Kohlroulade«-Kohlroulade sein? Und wenn das die Alternative zu einem deftigen Eisbein ist – was speist man bei Ihnen in der vermeintlichen Mitte dann wohl lieber?

Guten Appo!

Wünscht Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Dünnes Eis

Zwei Männer in Funktionsjacken draußen vor den Gemüsestiegen des türkischen Supermarkts. Der eine zeigt auf die Peperoni und kichert: »Hähä, willst du die nicht kaufen?« Der andere, begeistert: »Ja, hähä! Wenn der Esel dich juckt – oder nee, wie heißt noch mal der Spruch?«

Mark-Stefan Tietze

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Kehrwoche kompakt

Beim Frühjahrsputz verfahre ich gemäß dem Motto »quick and dirty«.

Michael Höfler

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
28.03.2024 Nürnberg, Tafelhalle Max Goldt
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt