Briefe an die Leser | Juli 2007


Berliner!

Mit wachsendem Widerwillen ­lesen wir v. a. in der feuilletonismusverarbeitenden Industrie immer wieder ­Loblieder auf Eure charmante Kodderschnauze, Euren verschmitzten Lakonismus etc., und Ihr lest es und glaubt es und fühlt Euch im Recht. Aaaber: Wenn Ihr z.B. als Fahrkartenverkäufer schon auf die harmlose Erkundigung »Ich möchte mit meinen Freunden gern ein Wochenende durch Berlin gondeln« mit »Ich auch, ich auch« antwortet, so hat das mit Kodderschnauze, Lakonismus usf. gar nicht mehr viel zu tun; eher schon mit Arschkrampigkeit.

Also damit aufhören, ja?

Befiehlt:

Titanic

Ikea!

Deine Klobürste »Viren«: müßte die nicht genaugenommen – »Bakterien« heißen?

Hihi!

Titanic

»Eine attraktive Mischung«, Philipp Stölzl,

»aus Zeitgeschichte und melodramatischem Abenteuer« nennen Sie Ihr neuestes Filmprojekt »Nordwand«, dessen Story sich, wie die Süddeutsche berichtet, am angebl. tragischen, tatsächlich aber bloß tödlichen Erstbesteigungsversuch der ­Eiger Nordwand 1936 orientiert. Damit die derart desorientierte Story nicht gleichfalls am Berg den Tod findet, lesen Sie abends die Klettererinnerungen von Riefenstahls Leni und gucken deren Filme weg; und wissen hinterher, daß man bei der Beurteilung des Dritten Reiches den sportlichen Aspekt nicht vernachlässigen dürfe: »Die Lust am Risiko war damals eindeutig größer.«

Ja. Hm. Dochdoch. Das kann man so sagen!

Trotzdem lieber risikofrei:

Titanic

Brandauer, Klaus Maria!

Dem Tagesspiegel erzählten Sie neulich, was Sie an der Zusammenarbeit mit jungen Schauspielern so reizt: »Ich habe es gern, wenn ich in einem Ensemble arbeiten kann, in dem alle Altersstufen vertreten sind: sehr alte Hasen, weniger alte Hasen und ganz junge Anfänger. Das ist auch ästhetisch sehr angenehm. Jüngere Leute sehen einfach besser aus als Alte. (Brandauer stampft wütend auf.) Das bedeutet nicht, daß junge Leute interessanter sind – davon kann keine Rede sein. Aber sie sind einfach schöner. Sie sind erotisch zugänglicher als ältere Herrschaften.«

Und gerade letzteres, lieber Klaus Maria, möchten wir bezweifeln – zumindest, wenn sich ältere Herrschaften wie Sie diesen jungen Hasen ganz interesselos nähern. Sie sind nämlich inzwischen auch sehr alt und sehen dementsprechend einfach schlechter aus, das ist ästhetisch sehr unangenehm. Da können Sie noch so wütend aufstampfen!

Ihre alten Anfänger auf der

Titanic

Und worum, Möhrchen,

ging’s diesmal auf Deiner Improvisationsbühne namens Spiegel online? Um den Gipfel, logo: »Die Burgherren samt Fräuleins in der militärisch gesicherten Festung, Pech und Schwefel gut gebunkert, draußen die anstürmenden Volksmassen mit modernen Mistgabeln, die – mangels Wassergraben – am Zaun rütteln und kriegerische Verwünschungen ausstoßen. Symbolische Politik, hilflose Gesten auf beiden Seiten. Die einen kommen nicht rein, die anderen nicht raus. Die drinnen produzieren heiße Luft, die draußen lassen Dampf ab. Pffft pfffft, puff puff. Oder doch knallknall pengpeng?«

Wenn Du uns, Möhrchen, fragst: Knallknall pengpeng!

Bis gleich:

Titanic

Claus Strunz!

Daß Ihnen und Ihrer BamS die Proteste gegen den G8-Gipfel nicht gefallen haben, wundert uns wenig; ebensowenig, daß Sie klare, fettgedruckte Worte dafür gefunden haben: »Die Massenproteste gegen den G8-Gipfel sind zynisch, falsch und gefährlich … Die Demonstranten verstehen sich als ›Globalisierungsgegner‹ – ein Begriff, der mit naiv noch charmant beschrieben ist … In Heiligendamm treffen sich Politiker, die es in der Hand haben, die Lebensverhältnisse ganzer Kontinente zu verbessern. Für Millionen Menschen in Afrika und Asien ist das G8-Treffen eine Konferenz der Hoffnung. Wer diese Konferenz verhindern will, versündigt sich an denen, für deren Zukunft er angeblich kämpft.«

Aber sehen Sie, Claus Strunz: Wenn wir Ihre zynischen, falschen und gefährlichen Kommentare lesen, die mit naiv noch charmant beschrieben sind, dann müssen wir auch Ihren einleitenden Worten widersprechen: »Es ist angenehm, in einem Land zu leben, in dem jeder seine Meinung frei äußern darf.« Das ist es manchmal eben nun wahrlich nicht.

Jedenfalls nicht für immer noch ein bißchen weniger Ihre

Titanic

Glückwunsch, Dieter Hildebrandt (SPD)!

Zu Ihrem Achtzigsten wurden Sie ja mal wieder hübsch mit Lob beworfen und vielkehlig zur großen alten Dame desjenigen Klamauks ernannt, der sich politisches Kabarett nennt; und nachdem Ihnen eine Schar von Gratulanten aus der herrschenden Klasse die Ehre gegeben hatte, ­durfte dann Ihr kongenialer Nachfolger Bruno Jonas im Radio gestehen, daß Sie ihm im Alter sogar noch »bissiger, unversöhnlicher und schärfer« erschienen als früher.

Mensch, Dieter: Wo soll das denn noch hinführen? Immer noch bissiger und schärfer und unversöhnlicher werden – vielleicht gelingt Ihnen dann sogar mal eine echte Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Bis dahin aber bitte gesund und immer schön kritisch bleiben! Ohne Sie würden die da oben nämlich bestimmt machen, was sie wollen, und das fürchtet niemand mehr als Ihre

Titanic

Abermals, n-tv!

Im Kampf um die Gunst der jungen Zuschauer gehst Du ja ganz schön weit: »Putin disst Merkel«, so lautete jüngst Deine Schlagzeile, damit auch die Kids Deine coolen Facts ganz easy checken. Wir freuen uns schon auf Deine kommenden Headlines: »Endgeile Revanche: Merkel kackt Putin an«, »Fetter Mindfuck für Madeleines Eltern« und ­»Krasse Scheiße: Deutsche Soldaten hat’s gefetzt«.

Yo:

Titanic

Radrennfans,

die Ihr derzeit so irritiert auf ­Eure ehemals großen Vorbilder blickt – jetzt mal unter uns: Es war doch völlig offensichtlich, daß im Radrennsport die letzten Jahrzehnte auf Biegen und Brechen gedopt wurde. Denn, schaut mal: Woher hätten die Radfahrer denn sonst immer genauso schnell fahren können sollen wie die Motorräder?

Titanic

Es ist, Dirk Peitz,

doof, aber leider wahr: Wie ein Popjournalist aussieht, erkennt man meistens daran, wie er über Mädchen schreibt: »Es ist doof, aber leider wahr: Wie eine Band ist, erkennt man meistens daran, wie die Mädchen beim Konzert in der ersten Reihe aus­schauen. Es gibt Dicke-und-häßliche-Mädchen-Bands (Tokio Hotel), Dicke-und-traurige-Mädchen-Bands (Coldplay), Dünne-und-häßliche-Mädchen-Bands (alles mit Rock’n’Roll). Und es gibt Bands wie Rooney«, deren erste Reihe derart atemberaubend besetzt sei, daß Sie, wenn wir Ihr trübes Textlein in der Wochenend-SZ richtig verstanden haben, beim nächsten Konzert der Band dort ebenfalls zum Schieben, Drängeln und Drücken bereitstünden. Was aber machen Sie, Peitz, wenn diese Spitzenweiber keine Lust darauf haben, sich von einem Popjournalisten des Typs Dicker-und-hornbrilletragender- Glatzkopf (Süddeutsche Zeitung) nach Junggesellenstammtischart durchkategorisieren und anschließend die Hucke vollschwitzen zu lassen? Die wenigen Resthaare ausraufen? Eine dickere Hornbrille kaufen? Oder noch mehr essen?

Leider wahr:

Titanic

»Tagesspiegel«!

Daß wir angesichts der ja quasi wöchentlichen Funde von verwahrlosten Kindern und gefrosteten Baby­leichen in Deinem weiteren Einzugsgebiet nun nicht ständig nur mit vor das Gesicht geschlagenen Händen durch die Gegend laufen können, das sehen wir ja ein. Aber ist ­es nicht doch ein bißchen viel Pragmatismus, auf der Titelseite in der Rubrik »Matthies meint« gleich in der Überschrift zu fordern: »Kinder? Nur mit neuem Kühlschrank«?

Fröstelnd:

Titanic

Wenn, Nachrichtenjournalisten,

hr Fatah-Kämpfer in Eurem Online-Schreib oder Sende-Sprech neuerdings gern auch mal »Fatah-Bewaffnete« nennt, ist dann damit zu rechnen, daß beispielsweise Soldaten zur See bei Euch künftig Marine-Besegelte heißen, jemand, der von seinem Arzt zum Zweck der Prophylaxe eine Spritze bekommt, ein Arzt-Geimpfter wird und einer, der entweder Doofmist produziert oder ihn von Kollegen abschreibt, demnächst als Arschquatsch-Behämmerter in einem Satiremagazin steht?

Überlegt’s Euch halt mal.

Ende der Durchsage:

Titanic

Michel Friedman!

»Es widert mich an! Erik Zabel und Aldag, der Sportdirektor von T-Mobile: Sie machen weiter, als wäre nichts geschehen.«

Sie kennen den alten Spruch vom Glashaus und der Panzerfaust?

Jedenfalls bitte weiter »so«:

Titanic

Frank Pagelsdorf!

Mit dem FC Hansa Rostock sind Sie jetzt wieder Erstligatrainer, und wo Werner Lorant, Trainer Ihres letzten Zweitligagegners Unterhaching, großspurig angekündigt hatte, sich im ­Falle des Klassenerhalts eine Glatze zu scheren, liebäugelten Sie lt. Presse und im Aufstiegsfall mit derselben Maßnahme. Da eine Glatze in Rostock nun wirklich nicht auffällt: Wär’s da nicht mutiger, sich mit einem bunten Iro in die heimische Fankurve zu begeben?

Viel Glück!

Titanic

Ulf Poschardt!

In einem Ihrer wie immer schwer staatstragenden Vanity-Fair-Editorials widmeten Sie sich unter dem Titel »Keine Zukunft für Schlaue?« dem Umstand, daß immer mehr Deutsche Deutschland verlassen, und im Kern lief Ihre Analyse darauf hinaus, daß Dumme und Faule nach Deutschland strömen, während die Klugen und Fleißigen gehen.

Wenn uns unsere Erinnerung nicht täuscht, kamen Sie von der Zürcher Weltwoche zu Ihrem Metropolenmagazin, das niemand braucht. Weshalb wir Ihrer These teils sogar zustimmen.

Bleibt aber die Ausnahme!

Verspricht

Titanic

Sie, stets verehrte Lisa Fitz,

ob Ihres messerscharfen Verstandes auch als die Paris Hilton des deutschen Kabaretts bekannt, ließen uns während einer Klimadiskussion diese Erkenntnis zuteil werden: »Der 11. September war unser schlimmstes Jahr.« Da Sie das so persönlich äußerten, möchten wir Ihnen nicht widersprechen. Aber doch tröstend ergänzen: auch eines der kürzesten.

Ihre Zeitforscher von der

Titanic

Deutsche Popsänger!

Nachdem wir einer Ankündigung des Diogenes-Verlages entnahmen, daß das neue Album des Schweizer Sängers Stephan Eicher nicht nur – wie üblich – Lieder aus der Feder seines Kumpels Philippe Djian enthält, sondern auch drei Songtexte von Martin Suter, fragen wir uns, ob dieses Beispiel nicht auch bei Euch Schule machen sollte: »Wolfgang Petrys Comeback-Album mit Lyrics von Martin Walser und Günter Grass«, »Elfriede Jelinek schreibt neue Hitsingle für Xavier Naidoo« oder »Grönemeyer macht seltsame Geräusche aus Texten der Nobelpreisträger Orhan Pamuk, Imre Kertész, Gao Xingjian und José Saramago« – wäre das nicht ein vielversprechender Weg aus der Krise Eures Marktes? Hochliteratur geht schließlich immer, wie niemand besser weiß als die Bestsellertypen von

Titanic

Sie wiederum, Susanne Fröhlich,

wurden von der Frankfurter Rundschau als »B-Prominenz« tituliert, kündigten daraufhin umstandslos Ihr Rundschau-Abo und verlangten brieflich eine Richtigstellung dahingehend, Sie seien bei Gott keine B-Prominenz, sondern A-Prominenz durch und durch. Und genau so reagieren ja A-Prominente auf Presseanwürfe, nicht wahr: beleidigt, trotzig, notfalls mit dem Rechtsanwalt. Haben Sie auch mit dem Fuß aufgestampft und geheult: »Ich will aber keine B-Prominenz sein! Ich will A-Prominenz sein! A-ha-ha-ha-haaaa!!«?

Das hätte zu gerne gesehen:

Titanic

Gewohnt eloquent, Ildikó von Kürthy,

haben Sie im wie nichts notwendigen Brigitte-Dossier »Hauptsache schön?« festgestellt: »Das hast du davon, wenn du mit einem Supermodel auf ’nen Drink gehst. Die sieht sogar von hinten noch besser aus als du von vorn.« Und abgesehen davon, daß wir es fast bewundernswert finden, wie Sie mit solchen immer und immer wieder variierten Weisheiten die Emanzipation der Frau im Alleingang und gegen Millionengage in Grund und Boden schreiben – es gibt auch Sätze, die sogar von hinten noch besser sind als Ihre von vorn. Gucken Sie mal: »Dabei schaut er mir ausgerechnet in die Augen und ich frage mich, ob die Straffung von Schlupflidern wohl von meiner Krankenkasse übernommen werden würde.« Wie klug, elegant und anmutig sich dagegen selbst noch ».trewsnegalkeb tsi dnatsuZ neuarF reD« ausnimmt!

Unnachgiebig:

Titanic

Monika Harms!

Für eine Generalbundesanwältin zeigten Sie jüngst im Spiegel-Interview erstaunlich viel Augenmaß, was das sog. Sicherheitspaket der Bundesregierung betrifft: »Deshalb bin ich überzeugt davon, daß die Online-Durchsuchung notwendig ist – nicht, um etwa Wirtschaftsstraftaten aufzuklären, sondern in einem engumgrenzten Deliktfeld« – na, dann sind wir ja beruhigt! Wir fürchteten nämlich schon, daß ­unsere zahlreichen geheimen Milliardendeals, unsere Riesenabfindungen für zwielichtige Ex-Mitarbeiter, unsere schwarzen Konten in Übersee, unsere kleinen Geldgeschenke an ausgesuchte Parlamentarier, unsere geheimen Monopolbildungen und all unsere illegalen Börsenabsprachen jetzt unter verschärfter Beobachtung stünden. Wie gut also, daß die Bundesanwaltschaft die richtige Balance nicht verliert, den Kernbereich privater Lebensgestaltung weiter schützt! Und genau dorthin tritt, wo’s weh tut: nach unten nämlich.

Äußerst engumgrenzte Grüße:

Titanic

Das neue Buch, Alice Schwarzer,

ist da, die PR-Maschine läuft, und Sie wissen, was Ihr Publikum verlangt: Vorwürfe gegen »die Linke«, wie Sie und Ihre Interviewerinnen von der Zeit die rot-grüne Ex-Regierung nennen. So sei u.v.a. auch das Prostitutionsgesetz von 2002 falsch gewesen, weil es den Bordellbetreibern, aber nicht den Prostituierten helfe: »Die einzige prostituiertenfreundliche Politik wäre: keine Diskriminierung von Prostituierten, aber Verfolgung des Systems Prostitution; also der Menschenhändler, Zuhälter, Bordellbetreiber, Freier. Denn sie profitieren von der Prostitution, die Prostituierten aber enden fast immer im Elend.«

Ihre Aufzählung, Frau Schwarzer, ist unvollständig: Es fehlt die Journalistin und Zeitschriftenherausgeberin, die davon profitiert, daß sie nach eigener Aussage schon lange »keine Berührungsängste« mehr hat gegenüber Diekmanns elendem Drecksblatt, das an Bordellanzeigen so schön verdient; und die es sich überhaupt in dieser Gesellschaft, in der sich die meisten fast immer verkaufen müssen, mit einer gutdotierten Lebensstellung als Rebellin inkl. Bundesverdienstkreuz und Vorabdruck in der FAZ sehr gemütlich eingerichtet hat.

Die Geschäftsfreunde meiner Geschäftsfreunde sind meine Geschäftsfreunde:

Titanic

Westerwelle!

Das Autowrack in Rostock war noch warm, der agent provocateur noch nicht enttarnt, die Zahlen der verletzten Polizisten geisterten noch um eine Größenordnung zu hoch durch die Krawallpresse, da geiferten Sie bereits über das Ihrer Meinung nach zu lasche Zukloppen und zu milde Tränengas, denn » wer Beton­brocken auf diese Polizisten wirft, ist ein versuchter Totschläger«.

Ihnen als versuchtem Liberalen raten wir: Wenn die Versuchung zu plärren wieder zu groß wird, versuchen Sie’s mal mit ’ner kalten Dusche vom Wasserwerfer.

Titanic

Hoho, »Penthouse«!

Wie Deine Trendforscher herausgefunden haben, damit Du’s groß auf Deinen Titel drucken kannst, ist »der neue Frauentrend: Sex mit einem Macho!« Dickes Ding, na klar. Und der dadurch wie ’ne laue Kartoffel flink abservierte Trend? »Petting mit dem Ex, der Heulsuse«? Und sag nur, Penthouse, was erspähst und weißt Du nächsten Monat? »Der neue Frauen­trend: Sex mit jedem«? Oder ist’s von Dir am Ende mehr kritisch-emanzipatorisch, ja schockiert gemeint gewesen? Nö?

Dann sei der neue Frauentrend schon bald:

Titanic

Da spielen, Julia Jentsch,

Sie im Sat.1-Spitzenmovie »Frühstück mit einer Unbekannten« also das aufrichtige einfache Mädchen, das sich in einen G8-Politiker verliebt und ihn zum Gipfeltreffen begleiten darf, das sich ebenda mit unerschütterlicher Herzensgüte für die Hungernden der Welt starkmacht, das zwar die großen Zusammenhänge nicht durchschaut, das aber doch so viel mehr verstanden hat als all die bösen mächtigen Politiker, von denen, das muß auch gesagt sein, viele eigentlich in ihrem Innersten doch gute Menschen sind, die das alles so gar nicht wollen –

und schämen sich nicht? Nein? Dann müssen wir das wohl für Sie tun und uns schon vor Ihren nächsten 1a verantwortungsvollen Rollen gruseln: Vielleicht als junge Soldatin, die mutig die Menschenrechte in Afghanistan verteidigt, sich dabei in einen Taliban verliebt und auf dem Marktplatz von Kabul »Alle Menschen werden Brüder« singt? Oder als junge Tippse, die sich in ihren Chef verliebt und dann Massenentlassungen verhindert, weil das Herz halt mächtiger ist als jede Bilanz? Oder lieber die Hauptrolle in »Sophie Scholl 2 – die Rückkehr« übernehmen und sich in einen Sturmbannführer verlieben, woraufhin Dachau dichtgemacht und Hitler abgewählt wird?

Längst nicht mehr neugierig:

Titanic

»Bild«

Kaum war noch der letzte Zweitgeländewagen für den Einkauf zwischendurch mit einem Deiner »Rettet unsere Erde – Ich mache mit«-Aufkleber bestückt, startetest Du auch schon die Fortsetzung der Kampagne: »Große Aktion von Bild: 100 000 Liter Gratis-Benzin zu gewinnen!«

Und für soviel Konsequenz wollten wir Dich einfach mal loben.

Macht nicht mit:

Titanic

Gefreut, Zonis,

hat uns das Ergebnis einer ­neuen Demographiestudie, daß Euch nämlich die Frauen weglaufen, daß ein großer Teil der jungen Mädchen nach Abschluß der Schule sich in den Westen absetzt und allenfalls noch zu Besuchen zurückkehrt. Denn hier wächst bzw. wichst doch wirklich mal zusammen, was zusammengehört: Nationalsozialismus und Männerwohnheim.

Selbst ist der deutsche Mann!

Titanic

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Moment, Edin Hasanović!

Sie spielen demnächst einen in Frankfurt tätigen »Tatort«-Kommissar, der mit sogenannten Cold Cases befasst ist, und freuen sich auf die Rolle: »Polizeiliche Ermittlungen in alten, bisher ungeklärten Kriminalfällen, die eine Relevanz für das Jetzt und Heute haben, wieder aufzunehmen, finde ich faszinierend«, sagten Sie laut Pressemeldung des HR. Ihnen ist schon klar, »Kommissar« Hasanović, dass Sie keinerlei Ermittlungen aufzunehmen, sondern bloß Drehbuchsätze aufzusagen haben, und dass das einzige reale Verbrechen in diesem Zusammenhang Ihre »Schauspielerei« sein wird?

An Open-and-shut-case, urteilt Titanic

 Augen auf, »dpa«!

»Mehrere der Hausangestellten konnten weder Lesen noch Schreiben« – jaja, mag schon sein. Aber wenn’s die Nachrichtenagenturen auch nicht können?

Kann beides: Titanic

 Wie kommt’s, »Krautreporter«?

In einem Artikel zum Thema »Konkurrenz im Job« stellst Du die These auf: »Konkurrenz ist nicht so verpönt wie ihr Ruf.« Aber warum? Was hat der Ruf der Konkurrenz denn bitte verbrochen? Womit hat er seinem Renommee so geschadet, dass er jetzt sogar ein schlechteres Image hat als die Konkurrenz selbst? Und weshalb verteidigst Du in Deinem Artikel dann nur die Konkurrenz und nicht ihren Ruf, der es doch viel nötiger hätte?

Ruft Dir fragend zu:

Deine genau im gleichen Ausmaß wie ihr Ruf verpönte Titanic

 An Deiner Nützlichkeit für unsere Knie, Gartenkniebank AZBestpro,

wollen wir gar nicht zweifeln, an Deiner Unbedenklichkeit für unsere Lungen allerdings schon eher.

Bleibt bei dieser Pointe fast die Luft weg: Titanic

 Lieber Fritz Merz,

im Podcast »Hotel Matze« sagst Du, dass Du in Deutschland große Chancen bekommen hättest und etwas zurückgeben wolltest. Jawollo! Wir haben da direkt mal ein bisschen für Dich gebrainstormt: Wie wär’s mit Deinem Privatjet, dem ausgeliehenen vierten Star-Wars-Film oder dem Parteivorsitz? Das wäre doch ein guter Anfang!

Wartet schon ganz ungeduldig: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Räpresentation

Als Legastheniker fühle ich mich immer etwas minderwertig und in der Gesellschaft nicht sehr gesehen. Deshalb habe ich mich gefreut, auf einem Spaziergang durch Darmstadt an einer Plakette mit der Aufschrift »Deutscher Legastheniker-Verband« vorbeizukommen. Nur um von meiner nichtlegasthenischen Begleitung aufgeklärt zu werden, dass es sich dabei um den »Deutschen Leichtathletik-Verband« handele und und umso teifer in mein Loch züruckzufalllen.

Björn Weirup

 Guesslighting

Um meine Seelenruhe ist es schlecht bestellt, seit mich ein erschütternder Bericht darüber informierte, dass in Hessen bei Kontrollen 70 Prozent der Gastronomiebetriebe widerlichste Hygienemängel aufweisen (s. Leo Riegel in TITANIC 07/2022). Neben allerhand Schimmel, Schleim und Schmodder herrscht allüberall ein ernsthaftes Schadnagerproblem, die Küchen sind mit Mäusekot nicht nur kontaminiert, sondern praktisch flächendeckend ausgekleidet. Vor lauter Ekel hab ich sofort Herpes bekommen. Nun gehe ich vorhin in meine Küche, und auf der Arbeitsplatte liegen grob geschätzt 30 kleine schwarze Kügelchen. Ich bin sofort komplett ausgerastet! Zehn hysterische Minuten hat es gedauert, bis mir klar wurde, dass der vermeintliche Kot die Samen eines dekorativen Zierlauchs waren, der einen Blumenstrauß krönte, den eine liebe Freundin mir geschenkt hat. Ich hätte ihn einfach nicht noch einmal anschneiden sollen … Hysterie off, Scham on.

Martina Werner

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

 Reifeprozess

Musste feststellen, dass ich zum einen langsam vergesslich werde und mir zum anderen Gedanken über die Endlichkeit allen Lebens mache. Vor meiner Abreise in den Urlaub vergaß ich zum Beispiel, dass noch Bananen in meiner Obstschale liegen, und dann dachte ich zwei Wochen darüber nach, wie lange es wohl dauert, bis die Nachbarn wegen des Geruchs und der Fliegen aus meiner Wohnung die Kripo alarmieren.

Loreen Bauer

 Lifehack von unbekannt

Ein Mann, der mir im Zug gegenüber saß, griff in seine Tasche und holte einen Apfel heraus. Zu meinem Entsetzen zerriss er ihn mit bloßen Händen sauber in zwei Hälften und aß anschließend beide Hälften auf. Ich war schockiert ob dieser martialischen wie überflüssigen Handlung. Meinen empörten Blick missdeutete der Mann als Interesse und begann, mir die Technik des Apfelzerreißens zu erklären. Ich tat desinteressiert, folgte zu Hause aber seiner Anleitung und zerriss meinen ersten Apfel! Seitdem zerreiße ich fast alles: Kohlrabi, Kokosnüsse, anderer Leute Bluetoothboxen im Park, lästige Straßentauben, schwer zu öffnende Schmuckschatullen. Vielen Dank an den Mann im Zug, dafür, dass er mein Leben von Grund auf verbessert hat.

Clemens Kaltenbrunn

Vermischtes

Erweitern

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Titanic unterwegs
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