Inhalt der Printausgabe

Vor den Europawahlen wurde viel über die möglichen Erfolge rechter antieuropäischer Parteien diskutiert und davor gewarnt, daß sie eine Fraktion im Europaparlament bilden könnten. Doch auch diese politischen Kräfte haben einen fairen Blick verdient, unabhängig vom linksliberal dominierten, politisch korrekten Mainstream. Wer sind die Parteiführer? Wofür und für wen stehen sie? Was wollen sie? Ein Ländervergleich.

Front National (FN)

Im Oktober 1972 als Zusammenschluß verschiedener französischer Rechtsextremisten gegründet, wurde der »Affront National«* bis 2011 vom mehrfach wg. Beleidigungen, Morddrohungen und Körperverletzungen verurteilten Jean-Marie Le Pen mit berühmten Forderungen wie »Frankreich first!« und »Aus jedem Schoß ein Franzos‘« geführt. Seit Marine Le Pen, Tochter Jean-Marie Le Pens und einer fetten Stopfgans, die Geschicke der Partei der Froschverstümmler leitet, werden aber sanftere Töne angeschlagen – was in einer solch schwulen Sprache wie Französisch keine Kunst ist. Statt Schwarze, Einwanderer und v.a. Muslime weiterhin totguillotinieren zu wollen, sollen sie jetzt nur noch mit Zwangsvorführungen französischer Filme lebensmüde gemacht und mit einer Rohmilchkäsepflicht für Schwangere am zahlenmäßigen Überfremden der französischen Gesellschaft gehindert werden. Außerdem soll der Franc, die schwulste aller Währungen, wieder eingeführt werden und die Homo-Ehe nur noch zwischen französischen Männern und Frauen erlaubt sein. Der Austritt Frankreichs aus der EU wäre für den FN nur ein Amuse-Gueule: Danach soll die Grande Nation als Enfant terrible den anderen europäischen Staaten den Chapeau verweigern, bis diese ein Déjà-vu ihres Malheurs erleben und en passant zu der Einsicht »Le roi est mort, vive le roi« gelangen – was immer das bedeutet.

Gewählt wird der Front National 1. von knollennasigen Knautschopas mit Baskenmützen und übersteigertem Sexualtrieb, die aus Nationalstolz ihr Baguette auf einem Klapperfahrrad durch die Gegend paradieren und ausgelutschte Schneckenhäuser sammeln, 2. von alten Madämchen, die ihren Gauloises-Gestank und ihre dank Likör-Mißbrauch und übersteigertem Sexualtrieb frühverfallenen Körper mit modischen Mätzchen zu überdecken versuchen, und 3. überhaupt von Camembertlutschern, die Brigitte Bardot und Gérard Depardieu wie geistig gesunde Wesen wirken lassen.

*Meistgemachter Scherz französischer Kabarettisten in den Jahren 1998 – 2003, 2006 und 2008 bis 2012, führt 2014 die Liste noch vor »Front irrational« und »Hollande untér« an.

Partij voor de Vrijheid (PVV)

Eine zentrale Rolle bei der Vereinigung rechter Antieuropäer könnte der Tulpennulpe Geert Wilders und seiner Partij voor de Vrijheid zufallen. Er ist Spezialist auf dem Gebiet »Abnejgung geegen de  Muslijme«. Mit dieser einzigen länderübergreifenden Gemeinsamkeit kann er den Pakt nationalistischer Parteien forcieren. Doch engagiert sich Wilders auch in anderen Bereichen. So möchte er einen stärkeren Kampf gegen den (islamistischen) Terror, ein Verbot (islamischer) Religionssymbole, die Gleichstellung Homosexueller (zur Verärgerung von Muslimen) und ein Wohnwagenverbot für »de Zijgeuners«. Wilders ist einziges Mitglied, Vorsitzender, Kassenwart und  Gouda-Antje seiner »Eijn-Keijskopf-Partij«.

Gewählt wird die PVV von orangegesoffenen Hooligans und allen von der holländischen Gemüsemafia Abhängigen (ca. 20% der niederländischen Bevölkerung), die durch die Einfuhr und den Verkauf von unverwässerten Tomaten und Gurken aus dem (islamischen) Norden Afrikas ihre Lebensgrundlage bedroht sehen.

United Kingdom Independence Party (UKIP)

Unter der Leitung von Nigel Paul Farage, einem ehemaligen Spokesman der königlich-britischen Vereinigung von Opfern naheliegender Gebißwitze, strebt die United Kingdom Independence Party mit Slogans wie »Ukip it real« und »Fuck me? Fuck EU!« vor allem den Austritt aus der Europäischen Union an. Zentrale Forderungen sind dabei die Rückzahlung sämtlicher von Großbritannien nicht geleisteter Beiträge zur »Union der Inzestophoben«, wie Farage die EU scherzhaft nennt (englischer Humor!) und die Wiedereinführung des nie abgeschafften Pfunds. Außerdem fordert er eine Unterbindung politischer Korrektheit (kein Witz!) – also das Verbot von allem, was Farage und seinesgleichen als Verbot empfinden –, die Verbannung des Al-Gore-Films »Eine unbequeme Wahrheit« aus britischen Schulen (auch kein Witz!), sowie das Verbot von Elfmeterschießen bei großen Fußballturnieren (deutscher Witz!).

Der Sohn seiner stolzen Schwester sieht das Vereinigte Königreich als »Essig auf den Chips Europas« und Einwanderer und andere Muslime als »die eine widerliche gesunde Zutat im guten englischen Frühstück«. Entsprechend erreicht die UKIP vor allem rotgesoffene Hooligans, rotgebrannte Middle-Class-Twits, die heulen, wenn ihnen die Pool-Liegen von deutschen Handtüchern weggenommen werden, und rotblonde Dorfschönheiten, die in jedem anderen Land der Welt bestenfalls das Zeug zum Vorher-Model hätten.

Vlaams Belang

Der Vlaams Belang ist eine sezessionistische Vereinigung, die für die Loslösung Flanderns von Belgien und Europa eintritt (sog. Vlaambereich). Das bedeutet, daß Brüssel von Brüssel unabhängig werden soll. Dazu tritt die ausschließlich von nach Frittenfett stinkenden Pißmänneken betriebene und gewählte Partei für eine Erhöhung des Kindergelds bei gleichzeitiger Lockerung der Kinderschutzgesetze ein. Den Propheten Mohammed und seine Anhänger sieht der Vlaams Belang eher kritisch, bis auf »den Teil mit der Kinderschänderei«.

Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)

Die FPÖ ist eine der ältesten und erfolgreichsten rechtspopulistischen Parteien Europas, und man könnte sehr viel über ihr spezifisch österreichisches Wesen und ihre Wähler erzählen – wenn sich nur irgend jemand außerhalb Österreichs für Österreich interessieren würde.

Perussuomalaiset (PS)

Sogar in einem derart abgelegenen und praktisch unbevölkerten Land wie Finnland kann Fremdenhaß entstehen, wenn nur genug gepanschter Alkohol und verdorbenes Rentierfleisch den Stoffwechsel bis zur Hirntätigkeitsverringerung belasten. Die Mitglieder der Perussuomalaiset (zu deutsch: »Basisfinnen« oder »Wahren Finnen«) hassen alle, deren Hautfarbe heller als durchsichtig ist, jeden, der bei weniger als drei Litern, selbstgebranntem Schnaps blind wird und sämtliche Menschen, die depressives Geschrammel nicht für Musik halten. Die Partei, die aus einem Bündnis der »Sauberen Finnen« mit den »Wasch-Lappen« hervorgegangen ist, fordert eine Mindestquote umständlicher Vokal- und Umlautfolgen für andere europäische Sprachen, damit ihre Abgeordneten nicht immer wieder nach Wortmeldungen im Europaparlament wegen vermeintlicher Schlaganfälle in Nervenkliniken eingeliefert werden. Außerdem will sie ein Kopftuchverbot in Saunen, eine halbjährige Sonnenverdunklung für das verhaßte »Helleuroipoääa« südlich Finnlands und einfach ein bißchen mehr Aufmerksamkeit.

Gewählt wird die PS von allen sechsundneunzig wahren Finnen (= 19,1 Prozent der Wahlberechtigten).

Alternative für Deutschland (AfD)

Auch Deutschland besitzt eine aufstrebende antieuropäische Partei: die AfD. Sie gibt sich mal radikal-liberal, mal wertkonservativ und besteht aus Ökonomen, die selbst für ihr Fachgebiet erstaunlich wahnsinnig erscheinen, und jeder Menge sauerkrautfurzender Kartoffelfressen. Sie will all das, was die rechten Untereuropäer-Parteien auch wollen, nur auf die deutsche Art: humorlos, häßlich und analfixiert.

Gewählt wird sie von Klemmnazis – hat also in Deutschland ein Wählerpotential von über 70 Prozent.

Fazit

Ach, es ist doch eh schon lange alles egal. Wieso nicht mal diese Idioten machen lassen? Ja, meinen Sie auch? Ist nicht Ihr Ernst. Sie haben es aber auch nicht besser verdient!

 

Tim Wolff

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Briefe an die Leser

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg