Humorkritik | Februar 2019

Februar 2019

Ich halte es ohnehin mit einem Spruch, den ich vor langer Zeit gehört habe: Werde die Person, mit der du gern zusammen wärst. Wenn du gern mit jemandem verheiratet wärst, der einen guten Humor hat – entwickle selbst diesen Humor.
Gloria Allred

Kichern ohne Kollektiv

Wie komisch liest sich ein Sammelband, der Geschichten von Lesebühnenautoren versammelt, wenn diese Geschichten eigentlich von ihrer Vortragsweise, ja der gesamten Bühnenatmosphäre leben? Dies fragte ich mich, als ich die Anthologie »Mit euch möchten wir alt werden. 30 Jahre Berliner Lesebühnen« in die Hände bekam. 75 Lesebühnen-Mitglieder sind darin versammelt, von (mir) unbekannten bis zu einigermaßen prominenten: Wladimir Kaminer, Horst Evers, Marc-Uwe Kling, Bov Bjerg, Kirsten Fuchs und Wiglaf Droste.

Für Lesebühnentexte typisch, sind die meisten aus der Ich-Perspektive verfasst: Viele mehr oder minder männliche, mehr oder minder erfolglose, durchs Leben trudelnde »Antihelden«, die mehr oder minder Selbsterlebtes berichten, welches nicht selten irgendwann ins Irreale kippt – leider oft an erwartbaren Stellen. Es berlinert viel, es wimmelt von Mietshäusern, Briefkästen, Treppenhausgesprächen; es wimmelt aber auch vor gut plazierten Pointen (Martin Gottschild: »ich esse vom Apfel ja immer nur den Aufkleber«). Auch überraschende Drehs finden sich zuhauf: »Ich liebte es, fremden Menschen zuzuhören, ohne selber was sagen zu müssen. Deswegen bin ich damals auch aus dem Callcenter rausgeflogen« (ders.). Die Qualität der Texte variiert, was sich aber auch als Pluspunkt des im Satyr-Verlag erschienenen Bandes verbuchen ließe: schließlich wird er dadurch erst »repräsentativ«. Ein Fünftel der Texte ist zum Vergessen, verlaberte Selbstbeschau ohne jedes Gespür für Timing; am lustigsten sind jene, in denen der Idiot nicht der versoffene Hinterhof-Proll ist, sondern der Ich-Erzähler selbst. Glänzend etwa Uli Hannemanns blasiertes Akademikergeschwafel, mit dem er eine Bäckerin beeindrucken will, oder Jochen Schmidt als exzentrischer Romancier, der sich vom Lesebühnenpöbel abgrenzt. Im besten Buchkapitel geht es um Geschichten rund ums Künstlerdasein: Hier werden die Lesebühnenkonventionen selbst veralbert und freigelegt, wovon bereits die Titel zeugen (»Die geschätzt 100. Geschichte, die damit beginnt, dass es an meiner Wohnungstür klingelt«). Fazit: Das Gros der Geschichten funktioniert auch leise gelesen, und manchmal ist es auch ganz angenehm, dass die »Performance« fehlt, kann man doch seelenruhig glucksen, ohne durch fremdes Gelächter oder überartikulierte Vortragsweise gestört zu werden. Mit den meisten der versammelten Autoren möchte ich vielleicht nicht gerade alt werden – in diesen oder jenen Soloband hineinlesen werde ich aber sehr wohl.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Hey, »Dyn Sports«!

Bitte für zukünftige Moderationen unbedingt merken: Die Lage eines Basketballers, der nach einem Sturz »alle Viere von sich streckt«, ist alles Mögliche, aber bestimmt nicht »kafkaesk«. Sagst Du das bitte nie wieder?

Fleht Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner