Humorkritik | Februar 2018

Februar 2018

Ewig weiterleben; – ich räume ein, es hat ein bißchen was Komisches, aber es gibt wenig ernste Sachen, die nicht auch eine komische Seite hätten.
Theodor Fontane, »Der Stechlin«

Folterwunsch

Der Schriftsteller Joshua Cohen gilt als einer der jungen Stars der amerikanischen Intellektuellen; zumindest bei der Zeitschrift »Der Freitag«, die ihn zum Thema Komik interviewte. »Auch die Nazis hatten ihre Komiker«, behauptet Cohen dort, »um sagen zu können, Kritik sei erlaubt.« Da Sie, liebe Leserschaft, sich wahrscheinlich ebensowenig wie ich an die erlaubten Spottschriften Tucholskys über den Reichstagsbrand oder die allgemein bejubelten Satiren Erich Kästners über die Pleite von Stalingrad erinnern können, liegt die Vermutung nahe, daß Cohen Unsinn redet. Sicher, es gab offizielle Komiker im Dritten Reich, jedoch waren diese in keiner Weise kritisch oder gar Feigenblätter zur Vortäuschung angeblicher Meinungsfreiheit, sondern für Propaganda oder Ablenkung zuständig; und wenn daneben das Genre »Flüsterwitz« existiert hat, so heißt dieses mit gutem Grund nicht »Brüllwitz«.

Dumm auch, daß der Interviewer des »Freitag« Cohen nirgendwo Kontra gibt, z.B. hier: »Würden Komiker ein Risiko eingehen, würden sie für ihre Jokes verhaftet, gefoltert, ermordet, dann würde das bedeuten, daß sie Macht haben.« Nein. Es würde nur bedeuten, daß die Komiker in einer Diktatur leben, in der sie eben die Macht nicht haben, die ihnen Cohen schon unter halbwegs demokratischen Umständen abspricht (»Alec Baldwin, der Donald Trump spielt, sei nichts anders als ein Hofnarr; mehr könne er nicht leisten, mehr könne jetzt kein Komiker leisten, weil nichts auf dem Spiel stehe«). Derlei frivole dialektische Verbiegungen, geboren aus einer gar nicht so heimlichen Sehnsucht nach dem autoritären Staat, dessen Repression erst wahre Kunst und Satire erzwingt, würde ich Cohen noch verzeihen – wenn er denn wenigstens kapiert hätte, daß komische Betätigung nicht bloß eine Machtprobe ist (bei der übrigens Baldwin ganz gut abschneidet, wenn sich sein Opfer Trump zu wütenden Reaktionen provozieren läßt); sondern auch Unterhaltung, Aufklärung, Antidepressivum, Ventil etc.

Vielleicht sieht Joshua Cohen aber auch ein, daß für ihn ebenfalls nichts auf dem Spiel steht, und beendet sein kritisches Treiben zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Wir wollten, »SZ«,

nur mal schnell Deine Frage »Gedenkbäume absägen. Hinweistafeln mit Hakenkreuzen beschmieren. Wer macht sowas?« beantworten: Nazis.

Für mehr investigative Recherchen wende Dich immer gerne an Titanic

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
07.05.2024 Köln, Stadthalle Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
07.05.2024 Frankfurt am Main, Club Voltaire »TITANIC-Peak-Preview« mit Kathrin Hartmann
08.05.2024 Wiesbaden, Schlachthof Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella