Humorkritik | Dezember 2006

Dezember 2006

Wilders Welt

Und wo wir schon ziemlich beim Thema sind: Billy Wilder wäre im Sommer hundert Jahre alt geworden. Als die Süddeutsche Zeitung aus diesem Anlaß den großen Regisseur würdigte, zitierte sie Passagen aus Cameron Crowes »Hat es Spaß gemacht, Mr. Wilder?«. Zwar ist dieses Buch um Längen besser als ein bestimmtes Werk aus der Hochzeit des Anbiedermeider (Karaseks »Nahaufnahme«), aber auch Crowes Ziegel hat seine Schwächen. Natürlich sind die Interviews mit dem Regisseur sehr interessant, aber die wenig strukturierte Faktenfülle ist eher Rohmaterial als ein rundes Buch.

Viel besser gefiel mir da »On Sunset Boulevard: The Life and Times of Billy Wilder« (Hyperion). Ed Sikov hat nicht nur Anekdoten und Legenden zusammengetragen, sondern auch Leute befragt, die dem Meister nicht in völliger Demut ergeben waren. Das Bild von Billy Wilder wird dadurch nicht zwangsläufig unfreundlicher, aber genauer und komplexer. Meines Wissens ist »The Life and Times of Billy Wilder« noch nicht auf deutsch erschienen – kann das mal bitte jemand ändern?

Nicht übersetzt werden müssen hingegen Wilders frühe journalistische Arbeiten, die er zunächst im Wien der zwanziger Jahre und dann, bis zu seiner Emigration 1933, in Berlin publizierte. Seine Wiener Arbeiten sind nun gebündelt in einem von Rolf Aurich, Andreas Hutter, Wolfgang Jacobsen und Günter Krenn herausgegebenen, wunderbar kommentierten und bebilderten Bändchen namens »Billie« erschienen (Verlag Filmarchiv Austria). Lesen Sie diese Texte eines gerade zwanzigjährigen »Teufelsreporters« und staunen Sie! Oder lachen meinetwegen, wenn »Billie« – so sein gelegentlicher Autorenname – als Reporter, Eintänzer oder auch nur Anekdotenerzähler glänzt, wie etwa mit der Petitesse »Lubitsch entdeckt«:

»Daisy will unbedingt zum Film. Sie läßt sich bei Lubitsch anmelden, wartet drei Tage, darf dann endlich in das Zimmer des Allmächtigen.

›Bitte?‹

›Ich will zum Film.‹

›Zeigen Sie mir Ihre Beine.‹

Daisy zieht den Rock umständlich über das linke Knie.

›Nicht übel! Das andere Bein, bitte!‹

Daisy schämt sich: ›Sieht ebenso aus.‹

›So? Sie sind engagiert. Für meinen nächsten Film: Die Dame mit den zwei linken Beinen!‹«

 

  

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Dual Use

Seit ich meine In-Ear-Kopfhörer zugleich zum Musikhören und als Wattestäbchen verwende, stört es mich gar nicht mehr, wenn beim Herausnehmen der Ohrstöpsel in der Bahn getrocknete Schmalzbröckelchen rauspurzeln.

Ingo Krämer

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner
01.05.2024 Berlin, 1.-Mai-Fest der PARTEI Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
02.05.2024 Dresden, Schauburg Martin Sonneborn mit Sibylle Berg