Inhalt der Printausgabe

Juni 2003


Am Dienstag kam das SARS zurück
Eine Reihenuntersuchung auf Herz und Verstand
(Seite 4 von 9)

 
Ein Mann mit gestreiftem Hemd und einer Asiatin im Arm wackelt heran, freut sich über unsere Aufklärungsarbeit und beklagt sich, daß am Flughafen, wo er als Flugzeugabfertiger für die Lufthansa arbeite, neuerdings alles drunter und drüber gehe: "Die Passagiere machen Panik, die Kollegen auch!" Passagiere aus Hongkong, Shanghai und Peking trügen mittlerweile zu 40 Prozent Atemschutzmasken, und noch vor zwei Wochen sei es so gewesen, daß, sobald jemand gehustet habe, er sofort in die Flughafenklinik transportiert und der ganze Flug unter Quarantäne gestellt worden sei. Er selbst sei mit seiner Frau einmal im Monat in Shanghai, weswegen ihn seine Mutter jetzt zehn Tage unter Quarantäne gestellt habe, vorher dürfe er sie nicht besuchen. "Macht die Lufthansa auch Panik?" hinterfragen wir ziemlich lufthansakritisch. "Nein, die spielen das runter. Kein Angestellter der Flughafen AG darf einen Mundschutz tragen. Die Flight-Manager haben jedem Konsequenzen angedroht, der einen trägt. Das dürfen die aber gar nicht!" Das ist doch keine Panikmache, sondern ganz normal. Wir tragen doch schließlich auch welche...
Direkt neben ihm zu stehen kommt ein gepflegter Vierziger mit Goldkettchen, der gerne ein langes Ding (Thermometer) ganz tief sonstwohin (Mund) gesteckt bekommen hätte. Kann er haben. Der grenzvitale Nichtasket ist Verkäufer im Ramschgeschäft "Metzen Junior" gegenüber, in das Asiaten nach wie vor hineindürfen, bislang sei aber auch nur ein einziger mit Einweghandschuhen aufgetaucht. Seine Temperatur oberhalb der Gürtellinie ist normal, da kann man den Blutdruck gleich guten Gewissens mitmessen; Ergebnis: 245 zu 137 - ein durchaus anständiger Wert, der vielleicht noch besser geworden wäre, hätte Oberarzt Sonneborn dem wertkonservativen Schnäppchenhammel das Meßgerät nicht aus Versehen verkehrtherum angelegt - eine Methode, die sich so bewährt, wird natürlich sofort zur gängigen Praxis. "Das ist ein super Ergebnis", spielt Sonneborn den Informierten, "Sie sind gesund und können arbeiten!" Oder was man bei "Metzen Junior" halt so arbeiten nennt. "Das könnte ich gut verkaufen", kräht der Salesprofi munter und meint das Meßgerät, "aber nicht teurer als 35 Euro! Können Sie welche besorgen?" Natürlich könnten wir, allerdings nur in der Apotheke und in extrem kleinen Stückzahlen (1). "Das reicht nicht", beendet der gewiefte Verkaufstaktiker die Geschäftsbeziehung nonchalant und segelt von dannen.

 
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Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Mitgehört im Zug

»Prostitution ist das älteste Gewerbe der Welt!« – »Ja, aber das muss es ja nicht bleiben.«

Karl Franz

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Gebt ihnen einen Lebenszyklus!

Künstliche Pflanzen täuschen mir immer gekonnter Natürlichkeit vor. Was ihnen da aber noch fehlt, ist die Fähigkeit zu verwelken. Mein Vorschlag: Plastikpflanzen in verschiedenen Welkstadien, damit man sich das Naserümpfen der Gäste erspart und weiterhin nur dafür belächelt wird, dass man alle seine Zöglinge sterben lässt.

Michael Höfler

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg