Vom Fachmann für Kenner | April 2017


L’art d’ameublement

»Wie haben Sie sich denn Ihre Echokammer eingerichtet?«
»Ach, schlicht. Ganz schlicht.«

Christian Y. Schmidt

Göttlich

Aufgrund eines Mißverständnisses gab es in der WG meiner Freundin vor kurzem einen großen Kartoffelüberschuß. Es wurde darüber diskutiert, was nun mit den ganzen Kartoffeln angestellt werden sollte. Schnell kamen wir auf »Himmel und Erde«, wobei meine Freundin der Meinung war, für das Gericht müßten Zwiebeln, Äpfel und Kartoffeln gemeinsam gekocht und dann zermatscht werden, während ihr Mitbewohner sich sicher war, daß Zwiebeln und Äpfel gebraten werden müßten und nur die Kartoffeln püriert würden. Nach einigem Hin und Her hatten sie zwar keinen Konsens gefunden, dafür aber eine wichtige Lektion fürs Leben gelernt: Von Himmel und Erde hat jeder seine ganz eigene Vorstellung.

Ernst Jordan

Apathie im Alltag

Sagte neulich auf einer Party ein Typ im Überschwang: »Der Mann hat das Haus komplett mit den eigenen Händen erbaut!« Parierte ungerührt sein Gegenüber: »Hat der denn sonst keine Interessen?«

Theobald Fuchs

Marktforschung

Placebos haben als Ersatzpillen wohl erst dann eine Chance, wenn sich die Probanden neben der beabsichtigten Wirkung des Testmedikaments auch sämtliche Nebenwirkungen einbilden.

Jonny Rieder

Lifehack

Als immer wieder mal von Depressionen geplagter Mensch bin ich stets auf der Suche nach Gelegenheiten, mein Dasein bekömmlicher wirken zu lassen. Mein neuester Geistesblitz: Während der Teezubereitung REO Speedwagon’s »Can’t fight this feeling anymore« laufen lassen. Da sowohl die Tasse Ingwer-Zitronen-Tee als auch die 80er-Power-Ballade grob fünf Minuten brauchen, freue ich mich anschließend nicht nur über das fertige Heißgetränk, sondern auch darüber, daß der Song endlich vorbei ist.

Nils Laaser

Beruhigend (1756-1763)

Als studierter Historiker kann ich allen Menschen, die sich davor fürchten, daß demnächst der dritte Weltkrieg ausbricht, eine sehr erfreuliche Mitteilung machen: es ist der vierte.

Andreas Maier

Liebesbeweis

Meine Freundin liebt Katzen, aber gerade darum kommt eine eigene in unserer Stadtwohnung für sie ethisch nicht in Frage, es sei denn, diese könnte, warum auch immer, sowieso nicht mehr nach draußen. Was hat sie sich gefreut, als ich dann einen süßen Streuner vom Tierheim geholt, geblendet, ihm ein Vorderbein amputiert habe und ihr den Racker abends strahlend übergeben konnte.

Wanja Lindenthal

Zeichen setzen

Sorgt im Text stets für. den Aha-Effekt: der sprıngende Punkt!

Daniel Sibbe

Auf der Überholspur

Vor knapp zwei Jahren wurde ich von diesem großen Unternehmensberater angeworben und zum CEO ernannt. Schnell erkannte ich die Konzernstrukturen. Der Vorstand war träge und abgehoben, weshalb ich mich kurzerhand auf Managementebene downgraden ließ. Als mir dort die untergebene Senior Associate schöne Augen machte, fackelte ich nicht lange. Ich nutzte die Affäre, um mich auf ihr Kompetenzniveau runterzuskillen. Das heiße Intermezzo war allerdings schnell vorbei, als mich ihre Sekretärin mit der Kantinenleiterin bekannt machte, der ich mit offensivem Charme eine Position bei der Essensausgabe abzwang. Spätestens seit ich letzte Woche mein Praktikum in der Hausmeisterei angetreten habe, ist wirklich allen klar: Ich habe mich binnen kürzester Zeit nach ganz unten geschlafen.

Leo Riegel

Evolution

An welchen Stellen verlor der Urmensch zuerst das Fell? Egal, ob es kreisrunde kahle Stellen an den Knien waren oder eine nackte Nase, die aus dem dicht behaarten Gesicht ragte – es bedeutete lebenslanges Getrieze und Gehänsele von den Komplettbewachsenen.

Miriam Wurster

Beim Einkaufen

Ich stehe an der Kasse und warte. In der Nachbarschlange fängt ein mittelalter Mann mit beginnender Halbglatze (Bier, Kochschinken, Sprühsahne) leise an zu weinen. Sofort kommen von überall Kunden auf ihn zugerannt, um zu trösten. Überraschend aggressiv schlage und beiße ich um mich, bis sie zu Boden gehen (inklusive Nachtreten). Dann drücke ich seinen Kopf an meine Brust und streichle ihm immer wieder über die leicht fettige Kopfhaut. Er akzeptiert mich als seine Mutter, gegenseitig geben wir uns Halt. Muß etwas mit dem Wetter oder so zu tun haben.

Konstantin Hitscher

Doppelter Schaden

Eine Bekannte löcherte ihren Mann vor dem Valentinstag so lange, bis er ihr verriet, daß er ihr zu diesem Anlaß nichts schenken würde. Jetzt wird sie nicht nur ohne Geschenk dastehen, sie hat sich auch noch die Überraschung verdorben.

Uwe Geishendorf

Wen juckt’s?

Als Hämorrhoideninhaber kann ich mit Fug und Recht behaupten: Das Thema Anus ist bei mir ein Dauerbrenner.

Helge Möhn

Gemischte Bilanz

Das Leben im Mittelalter war schon eine rechte Plackerei. Von Sonnenauf- bis -untergang malochten die Menschen damals auf den Feldern, nur um gerade so über die Runden zu kommen, und litten gleichwohl unter Hunger und Mangelernährung aufgrund wetterbedingter Mißernten. Die Sterblickeit war hoch, die Lebenserwartung gering. Ja, es muß wahrlich ein Jammertal gewesen sein. Auf der anderen Seite: Es fehlten jegliche moderne Kommunikationsmittel. Das bedeutete: Keine ständige Erreichbarkeit durch den Lehnsherren!

Burkhard Niehues

Gesprächskiller

»Und was machen Sie beruflich?«
»Ich entwickle ein Handy, das sogar meine Oma bedienen kann.«
»Aber so etwas gibt es doch schon.«
»Meine Oma ist tot.«

Valentin Witt

Hi, Robot

Manchmal, bevor ich das Haus verlasse, stelle ich den Staubsaugroboter so ein, daß er unentwegt Anlauf nimmt und immer wieder von innen gegen meine Wohnungstür donnert. Heimkommend erfüllt mich dann beim Schlüsseldrehen für einen kurzen Moment das tröstliche Gefühl, dahinter sei tatsächlich ein Lebewesen, das sich über meine Rückkehr freut.

Cornelius Oettle

Sangesmarsch, der

Wird in Discotheken beobachtet, wo mehrere Leute mit ernstem Eifer einen Schlager mitsingen, während sie im Gänsemarsch das Etablissement durchqueren. Steht in Beziehung zum Flächentanz, bei dem jemand eigentlich zum Klo läuft, sich aber verpflichtet fühlt, Tanzbewegungen zu imitieren, solange er auf seinem Weg die Tanzfläche kreuzt.

Robert von Cube

Nachrichtentauglich

Bei Überschwemmungen und Flutkatastrophen hört man in den Nachrichten immer wieder: »Die Aufräumarbeiten werden Wochen dauern.« Also eigentlich genau wie bei mir, nur ohne vorherige Flut!

Mark-Stefan Tietze

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Also wirklich, »Spiegel«!

Bei kleinen Rechtschreibfehlern drücken wir ja ein Auge zu, aber wenn Du schreibst: »Der selbst ernannte Anarchokapitalist Javier Milei übt eine seltsame Faszination auf deutsche Liberale aus. Dabei macht der Rechtspopulist keinen Hehl daraus, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, obwohl es korrekt heißen müsste: »Weil der Rechtspopulist keinen Hehl daraus macht, dass er sich mit der Demokratie nur arrangiert«, müssen wir es doch anmerken.

Fasziniert von so viel Naivität gegenüber deutschen Liberalen zeigt sich

Deine Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Erwischt, Bischofskonferenz!

In Spanien haben sich Kriminelle als hochrangige Geistliche ausgegeben und mithilfe künstlicher Intelligenz die Stimmen bekannter Bischöfe, Generalvikare und Priester nachgeahmt. Einige Ordensfrauen fielen auf den Trick herein und überwiesen auf Bitten der Betrüger/innen hohe Geldbeträge.

In einer Mitteilung an alle kirchlichen Institutionen warntest Du nun vor dieser Variante des Enkeltricks: »Äußerste Vorsicht ist geboten. Die Diözesen verlangen kein Geld – oder zumindest tun sie es nicht auf diese Weise.« Bon, Bischofskonferenz, aber weißt Du, wie der Enkeltrick weitergeht? Genau: Betrüger/innen geben sich als Bischofskonferenz aus, raten zur Vorsicht und fordern kurz darauf selbst zur Geldüberweisung auf!

Hat Dich sofort durchschaut: Titanic

 Du, »Brigitte«,

füllst Deine Website mit vielen Artikeln zu psychologischen Themen, wie z. B. diesem hier: »So erkennst Du das ›Perfect-Moment -Syndrom‹«. Kaum sind die ersten Zeilen überflogen, ploppen auch schon die nächsten Artikel auf und belagern unsere Aufmerksamkeit mit dem »Fight-or-Flight-Syndrom«, dem »Empty-Nest-Syndrom«, dem »Ritter-Syndrom« und dem »Dead- Vagina-Syndrom«. Nun sind wir keine Mediziner/innen, aber könnte es sein, Brigitte, dass Du am Syndrom-Syndrom leidest und es noch gar nicht bemerkt hast? Die Symptome sprechen jedenfalls eindeutig dafür!

Meinen die Hobby-Diagnostiker/innen der Titanic

 Eine Frage, Miriam Meckel …

Im Spiegel-Interview sprechen Sie über mögliche Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Arbeitswelt. Auf die Frage, ob die Leute in Zukunft noch ihr Leben lang im gleichen Beruf arbeiten werden, antworten Sie: »Das ist ja heute schon eher die Ausnahme. Ich zum Beispiel habe als Journalistin angefangen. Jetzt bin ich Professorin und Unternehmerin. Ich finde das toll, ich liebe die Abwechslung.« Ja, manchmal braucht es einfach einen beruflichen Tapetenwechsel, zum Beispiel vom Journalismus in den Fachbereich Professorin! Aber gibt es auch Berufe, die trotz KI Bestand haben werden? »Klempner zum Beispiel. Es gibt bislang keinen Roboter mit noch so ausgefeilter KI auf der Welt, der Klos reparieren kann.«

Das mag sein, Meckel. Aber was, wenn die Klempner/innen irgendwann keine Lust mehr auf den Handwerkeralltag haben und flugs eine Umschulung zum Professor machen? Wer repariert dann die Klos? Sie?

Bittet jetzt schon mal um einen Termin: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Neulich

erwartete ich in der Zeit unter dem Titel »Glückwunsch, Braunlage!« eigentlich eine Ode auf den beschaulichen Luftkurort im Oberharz. Die kam aber nicht. Kein Wunder, wenn die Überschrift des Artikels eigentlich »Glückwunsch, Braunalge!« lautet!

Axel Schwacke

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Einmal und nie wieder

Kugelfisch wurde falsch zubereitet. Das war definitiv meine letzte Bestellung.

Fabian Lichter

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick