Vom Fachmann für Kenner | Mai 2016


Gestern abend

bin ich lange Zeit sehr deprimiert gewesen. Der Grund dafür gehört nicht unbedingt hierher. Jedenfalls habe ich mich später noch mit einem sehr schönen Gedanken getröstet. Aber eigentlich, merke ich gerade, möchte ich auch diesen Gedanken ganz gerne für mich behalten. Tut mir leid.

Dominik Bauer

Ausstattung

Ich finde, daß die Grundsätze der Humanität unabdingbar verlangen, keinen Flüchtling abzuschieben, ohne ihn zuvor mit hochwertigem Zahnersatz zu versorgen, auch über die Kassenleistung hinaus. Die Kosten dafür sollte der Staat tragen.

Dr. med. dent. Uwe Geishendorf

Wundermittel Analyse

Von allen Wissenschaften scheint mir die Seelenkunde doch die erstaunlichste zu sein. So berichtete mir neulich ein befreundeter Psychologe von einem Fall, bei dem ein neurotischer Patient stark darunter litt, daß er sein Umfeld regelmäßig durch zwanghafte Schuldzuweisungen vergraulte. Es sei ihm gleich entschieden besser gegangen, als sich in der Analyse herausstellte, daß wohl seine Eltern dafür verantwortlich zu machen sind.

Fabian Lichter

Hardliner

Seitdem ich in die tiefste bayerische Provinz gezogen bin, habe ich sowohl zu freilaufenden Kötern im Park als auch zu herumlungernden Jugendlichen eine klare Meinung: a) einschläfern lassen! Und b) für die Hunde Leinenzwang.

Daniel Sibbe

Werbespruch, unveröffentlicht

»Ketchup – kühlt die Speise ab!«

Elias Hauck

Frostig

Eine Mütze wirkt bei mir wie eine Tarnkappe. Freunde und Bekannte, die mich sonst offenbar nur anhand der Haare identifizieren, reagieren auf mich zuerst entgeistert und grüßen reserviert zurück. Ich komme mir dann immer vor wie eine Grußerschleicherin.

Miriam Wurster

Im Rausch der Tiefe

Schmutzig-weiß quillt eine Schaumkrone, steigt bedrohlich an, überschlägt und unterläuft sich zugleich, schleimige Blasen schlägt das schwappende Chaos und kriecht in zahllose Ritzen und Spalten, doch dann ergießt sich die spritzende Gischt endlich in hohem Bogen, klare Flüssigkeit flutet kristallklar-mächtig herein, den Kehricht mit sich reißend, und spült im wirbelnden Strudel allen Unrat hinweg und hinab in den Orkus und ins ewige Nichts.

Schon als Kind kostete es mich immense Kräfte, ob der dramatischen Ereignisse beim Zähneputzen die Nerven zu bewahren.

Theobald Fuchs

Fernsehtip

Gemeinsam mit einem befreundeten Regisseur arbeite ich gerade an einem TV-Konzept, das die beiden aktuell sehr populären Genres der Kochshow und des Zombiefilms aufs spektakulärste miteinander vereint. Arbeitstitel: »The Rice of the Walking Dead«.

Andreas Maier

Meine zwei Laster

Ich bin Kettenraucher und prokrastiniere. Blöd nur, daß ich bis jetzt noch nicht dazu gekommen bin, mit dem Rauchen anzufangen. Aber morgen lege ich los. Ganz sicher.

Sebastian Austerdal

Wiedersehen

Reichlich verspätet traf ich auf dem Klassentreffen ein. Trotz erster abschätzig-fragender Blicke auf meine Person war die Stimmung bereits locker und gelöst, so daß ich mich schnell wohlfühlte und schließlich bis in die späte Nacht mit dem harten Kern durchfeierte. Die einhellige Meinung zum Abschied, daß ich, Klaus, gar nicht mehr so ein Arschloch wie früher sei, hat mich darin bestärkt, im nächsten Jahr auch einmal auf meine eigene Jahrgangsfeier zu gehen.

Thorsten Mausehund

R.I.P.

Man sagt, die Hoffnung stirbt zuletzt, aber meine hat eine Patientenverfügung unterschrieben.

Volker Schwarz

Trage-Trias, die

Hiermit bezeichnet man die vor allem bei Frauen mit lackierten Fingernägeln zu beobachtende Angewohnheit, gleichzeitig ein Handy, einen Autoschlüssel und eine Packung Marlboro Light in einer Hand zu tragen.

Robert von Cube

Die schlechteste Anmache der Welt

Ich kenne Sie! Sie sind das Gespenst, das mich verfolgt! Nein? Das, dem ich nachjage? Kaffee?

Teja Fischer

Bekanntmachung

Weil ich noch nicht die Möglichkeit hatte, dies in einer Talkshow oder einem Interview mit einem gediegenen Magazin kundzutun, möchte ich an dieser Stelle für die Zukunft dieses festgehalten wissen: Ich bin mir mit nur 27 Jahren bereits voll bewußt, wie privilegiert ich als heterosexueller, weißer Mann mit zwei Armen und zwei Beinen bin. Ich wiederhole: Bereits im Alter von 27 Jahren, noch bevor das große Geld und der Ruhm kamen, fühlte sich Moritz Hürtgen privilegiert. Ein beeindruckender Mensch:

Moritz Hürtgen

Nur mal nebenbei

Meines Erachtens genießen Imageberater ein viel zu hohes Ansehen.

Karsten Wollny

Familienrat

Wenn ich auf Youtube einen Trickfilm für meine Kinder anklicke, kommt oft erst mal Werbung für Kondome oder Anti-Baby-Pillen. Seit Monaten grüble ich, was man mir damit eigentlich sagen will.

Ella Carina Werner

Stammtischvisionen

In der Kneipe, zwei Mittsechziger unterhalten sich am Nachbartisch:

»Und wat soll aus dir werden, wenn de mal tot bist?«

»Wie, wat soll dann aus mir werden?«

»Na, du mußt doch ‘ne Perspektive ham!«

Ich, Mittdreißiger, sinke erleichtert zurück. Die Zukunft kann kommen.

Dominik Wachsmann

Angstverlagerung

Seit ich eine E-Zigarette nutze und sämtliches Zubehör wie Batterien und Ersatzteile mit mir herumtrage, habe ich weniger Angst vor den gesundheitlichen Folgen des Rauchens. Hinzugekommen ist dafür die Angst, daß mir bei total unpassender Gelegenheit die Handtasche explodiert.

Julia Mateus

Die Frage nach dem Musikgeschmack

ist eine gute Gelegenheit, öden Smalltalk zu beenden. So ziemlich jeder Gesprächspartner verliert das Interesse, wenn sein Gegenüber antwortet, er oder sie höre ausschließlich Mashup. Bei Härtefällen sollte man jedoch eine doppelt upgemashte Musikrichtung nennen können. Etwas wie »Electroswing meets Rockoper« vergrault auch die Hartnäckigsten.

Leo Riegel

Altherrenwitz

Zufällig die Schlagzeile »Deutscher Sex-Lehrer gefeuert!« gesehen. Erst Mitleid mit dem Mann gehabt, nach dem Weiterlesen Wut auf den Arbeitgeber: Der Mann ist bereits 64. Was haben die denn erwartet, wie zuverlässig er diesen Job noch erledigen kann?

Tim Wolff

Muttertag

Vor einigen Jahren wurde mir klar, daß es sich bei der Liebe des Kindes zur Mutter um nichts anderes als ein schweres Stockholm-Syndrom handeln muß. Die monatelange Isolation im Mutterleib, gefesselt und zwangsernährt – so bricht man jeden noch so starken Charakter. Seit dieser Einsicht betrachte ich jeden vergessenen Muttertag als erfolgreichen Schritt auf dem Weg zu meiner neu erlangten Eigenständigkeit.

Friedemann Lietz

Ritual

Ich gehe am Tag rund fünfzig Mal an dem Spiegel im Flur vorüber und schaue mir dabei bedeutungsvoll in die Augen.

Henning Christiansen

Früchte der Liebe und des Zorns

Es hat ja nicht nur jeder seinen eigenen Blickwinkel, sondern gelegentlich mehrere davon, je nachdem, worauf er schaut oder wo sie sich befindet. In Hinblick auf Mangos ist es bei mir zum Beispiel so, daß ich im Supermarkt am Obststand denke: »Mmmh, wie verlockend grün-gelb-rot sie leuchten, innen voll süß und saftig – köstlichste Frucht ever, gekauft!« Zu Hause jedoch: »Aber nervig zu schälen, dann der doofe Kern, an dem sich das Fruchtfleisch regelrecht festkrallt, und hinterher sieht die vollgesaftete Küche aus wie Sau. Lieber noch ein paar Tage liegen lassen, bis sie zu faulen beginnt.« Aus solchen Perspektivwechseln kann man jedoch lernen, und so gebe ich die Mango neuerdings immer gleich aus der Einkaufstüte direkt in den Müll.

Mark-Stefan Tietze

Reisegenuß

»Kann man die Stiefel mal runter vom Sitz tun?« ermahnt mich die betagte Dame neben mir im ICE-Abteil. Vielleicht lag es an ihren gebrechlich-großmütterlichen Zügen, ihren omihaft gebundenen Haarsträhnen oder dem alterszarten Klang ihrer Stimme, daß ich der Bitte bar jeder Widerrede Folge leistete und meine Latschen umgehend in ihre Visage verlagerte.

Cornelius Oettle

Nimals

Wenn mich das Leben eines gelehrt hat, dann das: nimals denselben Fehler zweimal zu machen.

Ernst Jordan

Plan für den Wonnemonat Mai

Ich will endlich meine Frühjahrsmüdigkeit richtig ausleben.

Michael Höfler

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

 Gute Frage, liebe »Süddeutsche«!

»Warum haben wir so viele Dinge und horten ständig weiter? Und wie wird man diese Gier wieder los?« teast Du Dein Magazin an, dasselbe, das einzig und allein als werbefreundliches Vierfarb-Umfeld für teuren Schnickschnack da ist.

Aber löblich, dass Du dieses für Dich ja heißeste aller Eisen anpackst und im Heft empfiehlst: »Man kann dem Kaufimpuls besser widerstehen, wenn man einen Schritt zurücktritt und sich fragt: Wer will, dass ich das haben will?«

Und das weiß niemand besser als Du und die Impulskundschaft von Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Frage an die Brutschmarotzer-Ornithologie

Gibt es Kuckucke, die derart hinterhältig sind, dass sie ihre Eier anderen Kuckucken unterjubeln, damit die dann fremde Eier in fremde Nester legen?

Jürgen Miedl

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg