TITANIC-Blitz-Interview mit einer Foodora-Fahrerin
TITANIC: Sie fahren für Foodora mit dem Rad in Essen Köln aus, Entschuldigung, in Köln Essen aus. Ist das nicht ein Knochenjob?
Dorani: Nein, zwar wurde ich schon mal gebeten noch ein wenig zu warten, bis der Kunde, ein Versicherungsvertreter, seine Mahlzeit beendet hatte, um die abgenagten Reste eines halben Hähnchens wieder mitzunehmen, aber dafür haben wir in der Regel überhaupt keine Zeit. Wir müssen weiter zum nächsten Kunden. "Mahlzeit ist Geld", wie uns unser CEO immer einhämmert.
TITANIC: Bleibt das Essen überhaupt hinreichend warm, wenn Sie sich so im Gegenwind zu den städtischen Randbezirken durchkämpfen müssen?
Dorani: Absolut! Suppen oder Auflaufgerichte werden glühend heiß in die Essenbox gekippt und mit Heizschläuchen in der Transportkiste weiter erhitzt. Das klappt prima! Einmal wurde ich sogar von einem Kunden gebeten, eine Minestrone mit der Luftpumpe etwas herunter zu kühlen, diese Büromenschen haben nicht viel Zeit zum Essen.
TITANIC: Welche Speisen gehen am besten?
Dorani: Häufig bestellt werden asiatische Gerichte, Ratatouille oder Aufläufe. Einfach alles, was schon bei Fahrtantritt gut durcheinander gemengt ist. Zu Reisgerichten gebe ich auch schon mal ein paar Mantelheber dazu, wenn keine Stäbchen zuhause sind. Bei Pizza fahren wir fast nur noch Calzone aus, nachdem es ein paar heftige Vollbremsungen mit Salami-Pizzen gegeben hat...
TITANIC: "Essen auf Rädern" gibt es ja schon etwas länger, hat aber so ein opimäßiges Image. Wie erklären Sie sich den Erfolg von "Essen auf Zweirädern", wie es Ihr Arbeitgeber anbietet?
Dorani: Zunächst einmal werden unsere Speisen klimafreundlich ausgefahren. Und dann denken viele Kunden wohl: Wenn ich auch selbst hier nur im Büro rumsitze und mir eine fette Pizza Hawaii reinziehe, tue ich wenigstens der armen Mindestlohnfahrerin etwas Gutes, da sie sich durch den Job ja wenigstens fithält.
TITANIC: Sind Sie schon mal auf der Straße von Passanten angesprochen worden?
Dorani: Ja, klar. Einmal stand ich an der Ampel, und da hat mich jemand herangewinkt und wollte mir etwas abkaufen. Der hatte wohl spontan Hunger auf einen kleinen Imbiß. Ansonsten werde ich häufig von BMW-Fahrern beschimpft.
TITANIC: Haben Sie noch Ideen, wie man Ihnen die Arbeit erleichtern könnte?
Dorani: Da gäbe es einiges, z.B. spezielle Fahrspuren mit Vorrang für uns und speziellen Lebensmittelampeln. Oder extragroße Briefkästen mit Thermofunktion, Lebensmittelaufzüge in Hochhäusern, etc.
TITANIC: Frau Dorani, vielen Dank für das Gespräch. Moment! Da fehlen noch zehn Cent Rückgeld! Unerhört!
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