Pro und Kontra SUV-Fahrer plattrollen
Pro:
Ulf Poschardt, Umraser aus Leidenschaft
Zu den grundsätzlichen Freiheiten einer aufgemotzten Demokratie gehört auch das Recht, ein Kraftfahrzeug nach den Regeln der Physik zu bewegen. Ob ich in einem Kleinwagen bei Tempo 80 die Autobahn blockiere oder mit dem SUV eine lebendige Fußgängerzone in Hackfleischsoße verwandle, ist erst mal mein Bier. Das ich, Stichwort Strafgesetzbuch, im Zweifel natürlich auslöffeln muss und nicht noch Sprit nachtanken darf, denn sonst ist der Lappen weg. Hier stellt sich eine spannende rechtsphilosophische Frage: Ist einem SUV-Fahrer weniger als anderen Fahrzeughaltern oder gar Antiautomobilisten zuzumuten, von einem PS-starken Sportwagen – beispielsweise meinem Porsche mit mir selbst am Steuer – plattgerollt zu werden, oder spricht etwas dafür, Besitzer besonders breiter Brummbrumms zu verschonen? Das humanistische Erbe Europas und die kantische Neudrehung des goldenen Löffels als automatischen Impulsiv geben hier eine klare Antwort: Ich muss sogar jede und jeden ohne Ansehen von Geschlecht, Hautfarbe, Kontostand und Geschwindigkeitspräferenz umheizen. Nicht nur, weil es bockt, sondern auch, weil ich bei meinem Tempo überhaupt keine Möglichkeit zum Ausweichen habe, bloß weil der Blödarsch auf meiner Fahrbahn einen Allradboliden zu Hause stehen hat. Soll ich etwa bremsen, aussteigen und mir die Fahrzeugpapiere zeigen lassen, bevor ich weiterbrettere? Mein Tipp: Einfach nie das Auto verlassen, mit dieser Strategie fährt man am sichersten. Ich wäre selbst gern ein Auto.
Kontra:
Greta Thunberg, Klima-Ikone
"SUV-Besitzer sind auch Menschen." Das ist ein Satz, der nicht leicht über die Lippen geht, und dennoch wahr ist. Meinetwegen auch nicht, was ändert das schon. Fakt ist, dass es so nicht weitergehen kann mit dem Autofahren. Zuallererst müssen die lauten, umweltzerstörenden, klimaerhitzenden Giftmüllschleudern aus der Hölle neutralisiert werden, und ihre Riesenkarren am besten gleich mit. Hieße es da nicht, zwei Flieger mit einer Klapperkiste vom Himmel holen, die SUV-Halter mit ihren eigenen Hybris-Fahrzeugen auf Briefmarkenstärke zu walzen? Ja und nein, denn klimafreundliche Folgen unseres Handelns sind nicht gleichbedeutend mit klimafreundlichem Handeln. Jeder plattgerollte SUV-Fahrer ist erst einmal für zusätzlichen CO2-Ausstoß verantwortlich, die Effekte von Krankenwagen und ärztlicher Behandlung nicht eingerechnet, falls doch einmal etwas schiefgehen sollte. Und womöglich hätte der eine oder andere Klima-Rowdy wenig später ohnehin einen Herzanfall erlitten und ganz ohne zusätzliche Luftbelastung aus der Liste lebender Umweltkatastrophen gestrichen werden können. Deshalb gilt es zunächst einmal gut auszurechnen, welches Vorgehen dem Planeten zum größtmöglichen Vorteil gereicht – auch wenn das heißt, das eine oder andere PKW-Monster am Leben zu lassen, oder auch nur sein Auto. Die Sportwagenbesitzer sind jedenfalls als nächste dran.
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