Artikel

Linke Licentia: Das Debattenprotokoll

Die frühere rechte Videobloggerin Lisa Licentia hat nach der verpatzten Bundestagswahl einen Mitgliedsantrag bei den Linken gestellt, was sie auf ihrem Twitter-Kanal öffentlich machte. Dort brach sogleich ein Streit über den Umgang mit der jungen Frau aus. Aus der Partei hieß es dann, man werden den Antrag der Frau mit der schillernden Persönlichkeit prüfen. TITANIC liegt das geheime Gesprächsprotokoll der Prüfung am Rande der Bundesvorstandssitzung vom Samstag vor.

Janine Wissler: So, kommen wir zu ... (Karteikartenrascheln) Lisa Licentia!

Gregor Gysi: Potzblitz, sieht aber nicht schlecht aus, das Mädel!

Katja Kipping: Gregor!

Gysi: Ja, was denn?

Wissler: Auf Twitter gab es einen mordsmäßigen Aufruhr wegen der Sache. Sie sagt, sie sei aus der rechten Szene ausgestiegen

Kipping: Das Neue Deutschland ... Entschuldigung. Das nd schreibt, auf ProSieben habe sie vor einem Jahr "tränenreich" ihren Bruch mit der rechten Szene inszeniert und sich vom Sender als Lockvogel einspannen lassen. So ein ehemaliger AfD-Sprecher hat dann vor geheimer Kamera was davon erzählt, dass es für die Partei gut ist, wenn noch mehr Migranten kommen. Die könne man dann hinterher immer noch erschießen und vergasen. Vorher war sie bei jeder rechten Kapelle dabei und reiste zu jeder Demo, alles live auf YouTube.

Gysi: Die ist bestimmt so alt wie meine Tochter Anna.

Kipping: Gregor!

Bodo Ramelow: Ich muss sagen, ich bin da pragmatisch. Wenn sie ausgestiegen ist, dann ist sie ausgestiegen. Jeder hat eine zweite Chance verdient.

Gysi: Haben wir früher auch so gemacht.

Ramelow: Ja. Ich erinnere mich an einen Fall bei uns in Erfurt, so 2000 rum war das. Man muss da pragmatisch sein.

Gysi: Ich meine FRÜHER, Bodo.

Wissler: Sie soll aber selbst nach ihrem Ausstieg noch bei einer Corona-Leugner-Demo festgenommen worden sein. Soll eine Antifaschistin mit einem Kamerastativ oder sowas geschlagen haben.

Ramelow: Ich muss sagen, zumindest der Gedanke ist mir nicht unbekannt.

Wissler: Was?

Ramelow: Mit dem Kamerastativ.

Wissler: Was?

Ramelow: Als hätten wir nicht alle schon mal den selben Gedanken gehabt, Janine.

Wissler: Oh man ey.

Kipping: Ich sehe es gerade bei Twitter. Bei der Alten kickt das Cluster B aber sowas von hart, wenn ihr mir erlaubt, das mal so frei zu sagen.

Ramelow: Was meinst du?

Kipping: Cluster B. Ähm. Theatralisch, launenhaft, emotional, unberechenbar, aufmerksamkeitsheischend, egozentrisch ...

Ramelow: Schon gut, ich hab's verstanden.

Wissler: Wenn wir den Antrag ablehnen, stehen die Chancen gut, dass sie in 'nem halben Jahr bei der FDP ist. Dann legt sie dort alles in Schutt und Asche.

Kipping: In welchem Bundesland wohnt sie?

Wissler: NRW.

Kipping: Angenommen. Der nächste Antrag?

Wissler: Sehr witzig, Katja.

Kipping: Also doch die FDP-U-Boot-Nummer? Was willst du rausfinden? Dass Christian Lindner eine Vasektomie hat?

Ramelow: Wollte Sahra nicht mehr "normale" Leute für die Partei begeistern? Scheint ihr ja zu gelingen. Hehe.

Gysi: Gibt es schon eine Identitätspolitik für diskriminierte Nazi-Aussteiger?

Wissler: Was?

Gysi: Also, versteht mich nicht falsch. Ich finde nur, dass wir es uns mit den Aktivistis nicht verscherzen sollten. So kurz nach dieser Scheißwahl. Heutzutage wird ja jeder diskriminiert.

Kipping: Nein, und das weißt du.

Gysi: Gar nichts weiß ich! Was soll ich denn wissen?

Wissler: "Theatralisch" kannst du aber auch ganz gut, was, Gregor?

Gysi: Wenn ich das Direktmandat nicht geholt hätte, würden wir heute hier über ganz andere Sachen streiten. Also Ruhe jetzt.

Ramelow: Vielleicht kann man sie in die Partei aufnehmen und ihr dann schon vorsorglich den richtigen ... Drall verpassen. Irgendeine Arbeitsgruppe zur Klimakatastrophe. Dann ist sie zu Neujahr wieder draußen und randaliert durch die Ökobewegung.

Wissler: Oh ja! Dann dürfen die Hippies sich damit rumschlagen.

Kipping: Vielleicht lassen sich die Rechten auch auf einen Deal ein: Wir nehmen denen diese Licentia ab und im Gegenzug kriegen die von uns Sahra.

Wissler: Niema Movassat hat sie schon auf Twitter als neue Genossin willkommen geheißen.

Ramelow: WAS?

Wissler: Ja. Steht hier.

Ramelow: Zeig!

Wissler: Guck auf dein eigenes Handy.

Ramelow: Kann grad bei Clash Royale nicht speichern.

Gysi: What a time to be alive. Er kann nicht speichern.

Ramelow: Ist Multiplayer.

Kipping: Gegen wen?

Ramelow: Paul.

Wissler: Ziemiak?

Ramelow: Ja.

Kipping: Es heißt, Lisa Licentia behauptet, sie sei jahrelang in der Jungen Union gewesen. In Köln sagt die JU aber, man kenne die gar nicht. Frag' doch mal Paul, da machst du dich auch mal nützlich.

Ramelow: Na toll, jetzt habe ich wegen eurem Gelaber meinen ersten Turm verloren. Danke, ihr Defätisten.

(Stille)

Wissler: Also, abgelehnt?

Kipping: Ja. (Karteikartenrascheln) Die Nächste ... Lisa-Maria Hemper. Landkreis Stade.

Gysi: Moment, die hat ja gar kein Foto!

Jeja Klein

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Könnte es sein, »ARD-Deutschlandtrend«,

dass Dein Umfrageergebnis »Mehrheit sieht den Frieden in Europa bedroht« damit zusammenhängt, dass seit über zwei Jahren ein Krieg in Europa stattfindet?

Nur so eine Vermutung von Titanic

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Rrrrr, Jesus von Nazareth!

Im andalusischen Sevilla hast Du eine Kontroverse ausgelöst, der Grund: Auf dem Plakat für das Spektakel »Semana Santa« (Karwoche) habest Du zu freizügig ausgesehen, zu erotisch, ja zu hot!

Tja, und wie wir das besagte Motiv anschauen, verschlägt es uns glatt die Sprache. Dieser sehnsüchtige Blick, der kaum bedeckte anmutige Körper! Da können wir nur flehentlich bitten: Jesus, führe uns nicht in Versuchung!

Deine Dir nur schwer widerstehenden Ungläubigen von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg