TITANIC Gold-Artikel

"Ich bin ich, auch wenn das manchmal hart ist"

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat im Leben noch einiges vor. Ein Gespräch über brutale Metaphern, sexy Spritpreise und seine vier Söhne.

TITANIC: Herr Hofreiter, 21 Prozent bei der Europawahl, 17 Prozent in Bremen, Ihre Partei ist ja mächtig im Aufwind. Um mal einfach so drauflos zu quasseln: Heißt der nächste deutsche Kanzler vielleicht Anton Hofreiter? 

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Hofreiter: Ja.

TITANIC: Huch. Damit hatten wir jetzt nicht gerechnet. Das wirft den weiteren Fragenkatalog ein wenig durcheinander …

Hofreiter: Dann übernehme ich. Schon 2017 wollte ich nach ganz oben, aber dann haben mir Katrin und Cem den Parteivorsitz weggeschnappt. Jetzt nichts gegen Weiber und Osmanen, aber frustriert war ich schon.

TITANIC: Umfragen zeigen jedoch, dass es mit Ihrer Popularität nicht weit her ist. Ihr Beliebtsheitswert liegt bei 0,2 Prozent, in Adelskreisen noch ein wenig drunter. In Ihrer eigenen Fraktion werden Sie gerne mal als "Hirntoni", "Hintodtoni" oder "Anton Puffreiter" apostrophiert. Ihren Mitmenschen erscheinen Sie oft grob, humorlos, verbissen.

Hofreiter: Das wird jetzt alles anders. Bald bin ich fünfzig. Zeit für einen Imagetransfer, einen inneren Gestaltwandel. Ironischer, witziger, verspielter will ich mich künftig präsentieren. Deshalb hier ein mutiges Geständnis: Ich bin heterosexuell, habe Fussel im Bauchnabel und archiviere meine abgeschnittenen Zehennägel in der Reihenfolge ihrer Größe. Ich spreche dänisch, habe vier Söhne und 17 prächtige Schmöker geschrieben. Ich möchte volks- und körpernah agieren. Apropos, wollen wir uns duzen?

TITANIC: Nein.

Hofreiter: Nur mit dem herzlich Lachen klappt's noch nicht so, aber ich kichere jetzt manchmal, zum Beispiel über Annalena Baerbocks supersüßes Stottern. Und betrachten Sie mein neues Pressefoto, wie smart ich da gucke. Den Kopf bissl schräg, in den Augen so ein jovial-perverses Glitzern. Zu cool!

TITANIC: Cool wie … Robert Habeck?

Hofreiter (hält sich die Ohren zu): Welcher Robert? Ich bin ich, auch wenn das manchmal hart ist, zum Beispiel abends allein im Bett, kurz vorm Einschlafen.

Markenschal, Rosen, viel Pastell: Hier stimmt einfach alles

TITANIC: Ihr Wikipedia-Eintrag liest sich ja bislang eher negativ: Sie kämpfen gegen Antibiotika, den Klimawandel und Andreas Scheuer, manchmal sogar mit den Fäusten.

Hofreiter: Alles Kunstschnee von gestern! Jetzt gilt es, die Dinge zu positiv zu formulieren. Saubere Braunkohle aus nachhaltigem Anbau für alle! Höhere Spritpreise sind sexy!

TITANIC: Was Ihr bisheriges Image unterläuft: Öko-Maoist, Fundi, Bombenleger …

Hofreiter (winkt ab): Bomben lege ich nur noch in die Kloschüssel.

TITANIC: Herr Hofreiter, das war ja fast ein bisschen witzig. Wir erinnern uns auch gern an die Fotos, wo Sie in Wackersdorf angekettet …

Hofreiter: Anketten lasse ich mich nur noch von meiner lieben Freundin. Ruth. Ruth Mayer. 0152 / 56 83 577 81, um auch hier ein bisschen persönlicher zu werden.

TITANIC: Um auf Ihre jüngsten Erfolge mit Ihrer Partei zurückzukommen, die ist ja zur Zeit im Höhenflug, im Geschwindigkeitsrausch …

Hofreiter (ballt die Fäuste): Ich verbitte mir diese Metapher! Ich befürworte ein klares Tempolimit, ihr Bockfotzngsichter!

TITANIC: Herr Hofreiter, so wird das mit der Popularität nie was.

Hofreiter (seufzt): Ach, es ist so schwierig. Ich will doch einfach nur laberrhabarber daherreden, aber dann schwirrt mir doch wieder die vermaledeite Erderwärmung und die Hackfresse vom Andi Scheuer durch den Kopf und Sätze perlen über meine Lippen von substanzieller Wucht.

TITANIC: Viele Menschen wünschen Ihnen den Tod, darunter weite Teile der FDP und Andreas Scheuer. Was sagen Sie dazu?

Hofreiter: Ich wünsche mir auch den Tod, wenn ich nicht sehr bald Kanzler werde. Am besten springe ich dann von einer sehr hohen Brücke.

TITANIC: Warum das?

Hofreiter: Weil danach niemand meinen Leichnam betrachten und diese alte Phrase raushauen kann: 'Er sieht aus, als ob er nur schläft.' (bricht in schallendes Gelächter aus.)

TITANIC: Sie können ja doch herzhaft lachen.

Hofreiter: Ja, aber nur über meine eigenen Witze.

TITANIC: Herr Hofreiter, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Ella Carina Werner

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

Empfehlen Deine Blättchenfreund/innen von Titanic

 Chillax, Friedrich Merz!

Sie sind Gegner der Cannabislegalisierung, insbesondere sorgen Sie sich um den Kinder- und Jugendschutz. Dennoch gaben Sie zu Protokoll, Sie hätten »einmal während der Schulzeit mal einen Zug dran getan«.

Das sollte Ihnen zu denken geben. Nicht wegen etwaiger Spätfolgen, sondern: Wenn ein Erzkonservativer aus dem Sauerland, der fürs Kiffen die Formulierung »einen Zug dran tun« wählt, schon in der Schulzeit – und trotz sehr wahrscheinlichem Mangel an coolen Freund/innen – an Gras kam, muss dann nicht so ziemlich jedes andere System besseren Jugendschutz garantieren?

Sinniert

Ihre Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg