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"Fader Beigeschmack" - Interview mit Bernd Lecker von "Lafer! Lichter! Lecker!"

Zum 60. Geburtstag von Horst Lichter feiert das ZDF den TV-Liebling mit euphorischen Reportagen. Kritische Stimmen werden unterdrückt. Grund genug, ihnen Gehör zu verschaffen. Diese Interviewserie soll zeigen, dass der Jubilar mehr ist als ein "würdelos alternder Grabsch-Eumel" (TITANIC 05/2021). In Folge 1 von 1 treffe ich Bernd Lecker, den "fünften Beatle des TV-Cooking-Trends" (ZEITmagazin). Lecker war jahrelang Lichters Co-Star bei "Lafer! Lichter! Lecker!"  

Am vermeintlich verlassenen Schrebergarten im ländlichen Brandenburg flüstere ich die vereinbarten Codeworte in ein Schnurtelefon: "Lanz kocht!" Bernd Lecker springt hinter einem Busch hervor und öffnet das Gartentor. Nachdem er mich mit skeptischem Blick gemustert und sich die Hände an seiner Kochschürze abgewischt hat, bittet er mich auf das Pachtgrundstück. In der Laube brodeln mehrere Töpfe vor sich hin. Es stinkt nach Zwiebel, Fisch und Käse. Aber auch das Essen riecht intensiv.  

TITANIC: Wie ich sehe, kochen Sie noch.  

LECKER: Die Freude daran war mir zwischenzeitlich verlustig gegangen. Fertigsuppen, Tiefkühlpizzen, teeriger Stuhl. Letzterer ist mir immerhin geblieben.  

TITANIC: Kommen Sie einigermaßen über die Runden?  

LECKER: Da ich arbeitslos bin, hat die Corona-Krise keine negativen Auswirkungen auf mein Leben. Das macht mich glücklich und gibt mir neuen Mut. Ich freue mich aufs Bürgergeld!  

TITANIC: Woher rührt Ihre berufliche Situation? Bei "Lafer! Lichter! Lecker!" waren Sie ein Star.  

LECKER: Ein Jahr reüssierte ich als Sous-Chef bei "Pommes Schranke", einem angesehenen Imbiss am örtlichen Bahnhofsvorplatz. Ich hatte eine Lebensmittelvergiftung, wurde gekündigt und musste mich hernach irgendwie durchbeißen.  

TITANIC: Wie erklären Sie sich, dass Erfolge im Fernsehen ausblieben? Ihre ehemaligen Kompagnons sind berühmter denn je.  

LECKER: Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen! Waren die Kameras aus, wurde soziale Kälte serviert. Lichter wollte mich damals zwingen, mir per Haartransplantation einen Schnauzbart einpflanzen zu lassen, weil mir keiner wuchs. So ein Balken stört beim Essen nur! Sie glauben gar nicht, wie viele Haare unsere Mitarbeiter aus den Mahlzeiten gefischt haben. Das wurde nach der Aufzeichnung alles weggeworfen.    

TITANIC: Dabei wirken Lafer und Lichter so sympathisch.  

LECKER: Genau das fand ich schwer verdaulich. Denn ich kannte ihre wahren Gesichter. Sie warfen einem hie und da einen Happen hin, das war's. Vieles ist eben nicht so, wie es scheint. Haben Sie "Don't Look Up" gesehen? Ich glaube, der Asteroid war eine Metapher für die eigentliche Gefahr: einen Kometen. Oder Meteoriten. Ich bin Koch, kein verdammter Weltraumforscher!  

Lecker geht zum Herd, schmeckt ab und setzt sich wieder.  

LECKER (an einen Trauerkloß erinnernd): Es schmeckt nach Misserfolg.  

TITANIC: So schlimm kann es doch nicht sein. Sie sind Profi!  

LECKER: Na ja, ich bin gelernter Schweißer.  

Lecker blickt bedeutungsschwanger zu seiner Kochbuchsammlung. Dann kramt er Bilder heraus, auf denen er mit Sarah Wiener und Ralf Zacherl zu sehen ist.  

LECKER: Unter uns: Die beiden rochen streng nach Essen. Ich habe sogar mal Steffen Henssler getroffen, am Flughafen Schönefeld. Er hat mich nicht erkannt. Die kochen eben alle nur mit Wasser!  

TITANIC: Was bereiten Sie da eigentlich zu? Hausmannskost oder Haute Cuisine?  

LECKER: Instant-Gemüsebrühe mit Liquid Smoke.  

TITANIC: Ich hatte etwas anderes erwartet.  

LECKER: Erwartungen sind dazu da, enttäuscht zu werden. So wie heute Morgen auf eBay. Der Thermomix ging an einen anderen Bieter. Ich finde diese Art von Wettbewerb grundsätzlich geschmacklos, habe so allerdings schon fetzige schwarze Kochhandschuhe und einen Dutch Oven ergattern können. Den Vakuumierer habe ich aus meinem alten Staubsauger und etwas Frischhaltefolie selbst gebaut. Wenn der Thermomix dazukommt, greife ich ganz groß an. Mit einer eigenen Show auf YouTube! Ich bin gerade dabei, alles zu skalieren. Den Titel "Bernds leckere Mampfmanufaktur" habe ich bereits für 30 Jahre gesichert. Das Ganze soll mit flotten Sprüchen garniert werden, um es auch jüngeren Menschen unter 65 schmackhaft zu machen. Kleine Kostprobe: "Zu viele Köche verderben das WiFi".  

TITANIC: Sie scheinen den alten Erfolgshunger, nun ja, aufgewärmt zu haben.  

LECKER: Einen Plan B habe ich auch, sozusagen ein Ersatzrezept, verstehen Sie?  

TITANIC: Köstlicher Humor! Erzählen Sie doch etwas darüber.  

LECKER: Wenn Horst Lichter das liest: Ich gebe offen zu, mich mehrmals und unter falschem Namen bei "Bares für Rares" beworben zu haben. Das ist erst der Beginn meiner Transparenzoffensive. Ich möchte ein Buch schreiben. Kein Kochbuch, lol. Sondern ein Enthüllungsbuch. Also, Horst: Nimm mich als Kandidaten an oder ich kotze mich auf 300 Seiten über Dich aus!  

TITANIC: Hätten Sie denn etwas Rares, das sich zu Geld machen ließe?  

LECKER: Da wird sich schon was finden. Meine Bewerbung für "Das perfekte Promi Dinner" habe ich auch losgeschickt, gewürzt mit raffinierten Ideen zur Verbesserung des Sendungskonzepts. Das Rampenlicht zieht mich an wie normales Licht die Lebensmittelmotte.  

TITANIC: Zurück zu Ihrer Zeit bei "Lafer! Lichter! Lecker!" Das Format erhielt für frauenfeindliche Aussagen den Negativpreis "Saure Gurke". Weibliche Gäste wurden on air als "Täubchen" und "nougatgefüllte Marzipanpralinen auf zwei Beinen" bezeichnet.  

LECKER: Die Kritik nahmen wir ernst. Taube? Marzipan gefüllt mit Nougat? Beide Gerichte sind nicht jedermanns Geschmack.  

TITANIC: In der letzten Sendung im März 2017 kam an Ihrer Stelle der Koch Daniel Lecker zum Einsatz. Viele fragten sich seinerzeit: warum?  

LECKER (schelmisch grinsend): Ich litt an Verstopfung und weder Detlef Delikat noch Ludger Lukullisch hatte Zeit.  

TITANIC (ehrfürchtig): Haha, Sie haben es immer noch drauf, Champ! Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.  

LECKER: An Alle: Bitte unterstützt mich per PayPal!  

Im Anschluss kontaktiere ich das Management von Horst Lichter. Bis zum heutigen Tag habe ich keine Reaktion auf die Anschuldigungen Bernd Leckers erhalten. In diesem Business scheint jeder sein eigenes Süppchen zu kochen.

 

Martin Weidauer

 

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Du, »Hörzu Wissen«,

weißt, wie Werbung geht! Mit »Die Sucht zu töten« machtest Du so richtig Lust auf Deine aktuelle Ausgabe, um erläuternd nachzulegen: »Bestialisch, sadistisch, rätselhaft: Was Menschen zu mordenden Monstern macht – acht Täter und die Geschichten ihrer grausamen Verbrechen.«

Wer kann sich da der Faszination der »dunklen Welt der Serienkiller« noch entziehen? Aber am Ende, liebe Hörzu Wissen, ist in diesem Zusammenhang doch die Implikation Deines Slogans »Hörzu Wissen – das Magazin, das schlauer macht!« das Allergruseligste!

Da erschauert sogar

Die True-Crime-resistente Redaktion der Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Aha bzw. aua, Voltaren!

Das wussten wir gar nicht, was da in Deiner Anzeige steht: »Ein Lächeln ist oft eine Maske, die 1 von 3 Personen aufsetzt, um Schmerzen zu verbergen. Lass uns helfen. Voltaren.«

Mal von der Frage abgesehen, wie Du auf die 1 von 3 Personen kommst, ist es natürlich toll, dass Du offenbar eine Salbe entwickelt hast, die das Lächeln verschwinden lässt und den Schmerz zum Vorschein bringt!

Gratuliert salbungsvoll: Titanic

 Ganz schön kontrovers, James Smith,

was Du als Mitglied der britischen Band Yard Act da im Interview mit laut.de vom Stapel gelassen hast. Das zu Werbezwecken geteilte Zitat »Ich feiere nicht jedes Cure-Album« hat uns jedenfalls so aufgewühlt, dass wir gar nicht erst weitergelesen haben.

Wir mögen uns nicht ausmalen, zu was für heftigen Aussagen Du Dich noch hast hinreißen lassen!

Findet, dass Provokation auch ihre Grenzen haben muss: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Finanz-Blues

Wenn ich bei meiner langjährigen Hausbank anrufe, meldet sich immer und ausnahmslos eine Raiffeisenstimme.

Theobald Fuchs

 Vom Feeling her

Es hat keinen Sinn, vor seinen Gefühlen wegzulaufen. Man muss sich schon auch mal hinter einem Baum verstecken und warten, dass die das nicht merken und an einem vorbeiziehen, sonst bringt das ja alles nichts.

Loreen Bauer

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Tödliche Pilzgerichte (1/1)

Gefühlte Champignons.

Lukas Haberland

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg