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Die Schleckerkinder – Ausflug ins Gefängnis

2012 meldete die Drogerie Schlecker Insolvenz an. Neben Unternehmensgründer Anton Schlecker (74,99) wurden auch seine Kinder Lars und Meike – landläufig als Schleckerkinder bekannt – von der Justiz abgescannt und wegen Beihilfe zu vorsätzlichem Bankrott, Insolvenzverschleppung und Veruntreuung eingetütet. Nun wurde der Prozess endgültig abgeschlossen. 

Es wurde ein Urteil wie aus dem Sonderangebot: Die Schleckerkinder müssen zwar immer noch in Haft, bekommen aber einen (Meike) bzw. zwei Monate (Lars) Aktionsrabatt. Vorbei sind die Zeiten, da sie noch mit einer schwitzigen Hand voll genau abgezählter Centmünzen Lollis bei Rossmann klauen konnten, jetzt beginnt der Ernst des Lebens für die kriminelle Brut des Schleckerpapas. Das heißt: Regale einräumen (in der Zelle), am Fließband arbeiten (Tüten kleben für DM) und Seife aufheben (für die nächste Dusche). Und alles zu einem monatlichen Taschengeld, das die Frührente ehemaliger Schleckermitarbeiterinnen kaum übersteigt.

"Zum Glück haben wir vor dem Bankrott noch ein paar Millionen abgezweigt", seufzt Meike Schlecker erleichtert und versucht sich eine Schokoladenzigarette mit einem seltenen Spielgeldschein anzuzünden. "Sonst wäre bei uns jetzt wohl Arschleckern angesagt." Vom Dampf der verkochenden Schokolade beginnt Meike affektiert zu husten. Dann schlappt sie in viel zu großen Stöckelschuhen durchs Zimmer und öffnet ein Fenster ihrer sündhaft teuren Londoner Wohnung. Es ist ein schweres Erbe, das die Schleckerkinder angetreten haben; antreten mussten, als es bereits zu spät war und sie nur noch illegal den der Arbeiterschaft sauer abgepressten Mehrwert auf eigene Sparbücher verschieben konnten. 

"Dass wir schlechte Menschen sein sollen, lasse ich auf mir nicht sitzen!" sagt Lars Schlecker und verschränkt die Arme vor der Brust. "Ich spende jeden Monat zehn Euro für die Berggorillas. Von meinem Konto!" Jeder mache mal Fehler, die Veruntreuung sei keine Absicht gewesen. Der ganze Erwachsenenkram auf der Arbeit sei ihm über den Kopf gewachsen, der zu allem Unglück zeitweise in einer Suppenschüssel gesteckt habe. "Da habe ich dann beim schriftlichen Malnehmen ein paar Nullen zu viel auf das Überweisungsformular geschrieben. Hätte ich bereits einen Taschenrechner benutzen dürfen, wäre das alles nicht passiert!"

Die Zukunft der Schleckerkinder: mitgehangen, mitgefangen

Die verurteilten Geschwister beteuern noch immer ihre Unschuld, doch sollte niemand sich von den verträumten Gesichtchen der beiden täuschen lassen, von ihren blonden Locken, den Blumen im Haar, Meikes bis über die Wangen gezogenen Lippenstift, Lars’ Butterbrot in der Hosentasche. Die Gören haben es faustdick hinter den Ohren! In den Haftanstalten, die mit dem Einsperren der ungezogenen Nachwuchsverbrecher betraut sind, hat man bereits Vorkehrungen getroffen. So werden die "Zellen" genannten Zimmer ganztägig von außen abgeschlossen, Mitarbeiter der Gefängnisse sind instruiert, Betteln und Quengeln nicht nachzugeben. Auch Aufstampfen und das Werfen von Spielzeug gegen die Wände soll ignoriert werden. Zur Not werde man die Schleckerschlingel ohne Abendbrot ins Bett schicken, als zusätzliche Maßnahme Stubenarrest androhen.

Das Frauengefängnis Gotteszell in Schwäbisch-Gmünd und die JVA Ulm werden für die beiden Drogerie-Dealer wohl ihre Tore schließen. Dort werden sie dann jeweils zwei Jahre und sieben Monate zusammen mit anderen Gaunern wie Räubern, Piraten, Kinderschleckern und sonstigem Geschmeiß einsitzen und darüber nachdenken, was sie ausgefressen haben.Für frühere Angestellte bedeutet das Urteil Genugtuung, für die Schleckerkinder nicht. "Pah", sagt Meike und macht eine wegwerfende Handbewegung. Lars glaubt noch nicht recht, dass er wirklich ins Kittchen geht. Seine Geheimstrategie: "Ich werde kratzen, beißen und um mich schlagen. Wir wollen mal sehen, wer es wagt, mich anzufassen. Ich sage alles meinem Papa, der ist ein ganz hohes Tier in der Wirtschaft gewesen!" Meike hat andere Pläne: "Ich halte einfach so lange die Luft an, bis sie mich wieder rauslassen." In den Haftanstalten legt man derweil blau-weiß gestreifte Strampler bereit …

Valentin Witt

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Weiter so, uruguayischer Künstler Pablo Atchugarry!

Eine angeblich von Ihnen geschaffene Bronzeskulptur im englischen Cambridge soll an Prinz Philip erinnern, der dort von 1977 bis 2011 Kanzler der Universität war. Allerdings wird das Kunstwerk, das im Auftrag eines reichen Bauträgers angefertigt wurde, von vielen als verunglückt empfunden und zieht seit nunmehr zehn Jahren Spott auf sich.

Dass Sie mittlerweile die Urheberschaft leugnen, um Ihr Renommee als Künstler zu schützen, ist zwar verständlich, aber aus unserer Sicht völlig unnötig. Wenn sich das Konzept durchsetzt, lästige Promis, die uns über Jahrzehnte viel Zeit, Geld und Nerven gekostet haben, mit langlebigen Schrott-Monumenten zu schmähen, werden Sie sich vor Aufträgen bald kaum noch retten können. Und das Beste: Weil andere Großkopferte sich mit ihren Eskapaden zurückhalten würden, um nicht von Ihnen verewigt zu werden, sorgten Sie auch noch für Ruhe und gesellschaftlichen Frieden.

Hofft, dass dieser Vorschlag einen Stein ins Rollen bringt: Titanic

 Hä, »Spiegel«?

»Aber gesund machen wird diese Legalisierung niemanden!« schreibst Du in einem Kommentar zum neuen Cannabisgesetz. »Ach, echt nicht?« fragen wir uns da verblüfft. Wir waren bisher fest vom Gegenteil überzeugt. Immerhin haben Kiffer/innen oft sehr gute feinmotorische Fähigkeiten, einen gesunden Appetit und ärgern sich selten. Hinzu kommen die unzähligen Reggaesongs, in denen das Kiffgras als »Healing of the Nation« bezeichnet wird. All dies willst Du nun tatsächlich infrage stellen? Da lieber noch mal ganz in Ruhe drüber nachdenken!

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Vom Fachmann für Kenner

 Nicht lustig, bloß komisch

Während ich früher schon ein kleines bisschen stolz darauf war, aus einer Nation zu stammen, die mit Loriot und Heinz Erhardt wahre Zen-Meister der Selbstironie hervorgebracht hat, hinterfrage ich meine humoristische Herkunft aufgrund diverser Alltagserfahrungen jetzt immer öfter mit Gedanken wie diesem: Möchte ich den Rest meines Lebens wirklich in einem Land verbringen, in dem man während seiner Mittagspause in ein Café geht, das vor der Tür vollmundig mit »leckerem Hunde-Eis« wirbt, und auf seine Bestellung »Zwei Kugeln Labrador und eine Kugel Schnauzer« statt des fest eingeplanten Lachers ein »RAUS HIER!« entgegengebrüllt bekommt?

Patric Hemgesberg

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
08.05.2024 Wiesbaden, Schlachthof Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
09.05.2024 Zürich, Friedhof Forum Thomas Gsella
09.05.2024 München, Volkstheater Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
10.05.2024 Weil am Rhein, Kulturzentrum Kesselhaus Thomas Gsella