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Bye-bye Minzfrische!

Hersteller Mars hat angekündigt, die Produktion von Wrigley's Spearmint ab sofort einzustellen. In wenigen Wochen wird der Kult-Kaugummi unwiderruflich und endgültig aus den Auslagen der Supermärkte verschwunden sein. Wir haben prominente Fans gefragt, wie sie mit dem Verlust umgehen und auf was sie demnächst herumkauen wollen.  

Lionel Messi
"Wrigley's Spearmint hat mir stets dabei geholfen, die unerträgliche Spannung im Vorfeld einer Weltfußballer-Wahl auszuhalten. Würde ein namenloser Newcomer den begehrten Preis abräumen, ein spielstarker Torwart, ein Kopfballungeheuer, eine wuchtige Abwehrkante oder am Ende doch wieder bloß ich? Wahrscheinlich hätte ich schwitzend und zitternd an den Nägeln gekaut oder wäre vor lauter Stress zum Auto gerannt und mit quietschenden Reifen davongerast. Nur durch das permanente Herumkauen auf dem schmackhaften Minzstreifen konnte ich der Fachwelt und einem Millionenpublikum vorgaukeln, ich sei völlig entspannt und der Preis ginge mir in Wirklichkeit am Arsch vorbei. Während meiner Spiele haben Kaugummis mich dabei unterstützt, fokussiert zu bleiben und zwischen den vielen herumwuselnden Beinen auf dem Platz den Ball nicht aus den Augen zu verlieren. Meinen kickenden Landsleuten möchte ich nun raten, so schnell wie möglich einen brasilianischen Pass zu beantragen und mit dem Kauen von Tabak anzufangen. Der macht zwar nur die Zähne schwarz, aber vielleicht sieht man nach jahrelangem Konsum furchterregend genug aus, dass einen die Verteidiger auch ohne magischen Kaugummi-Dribbelzauber durchlassen."  

Adele
"Ich kaue als Ritual vor meinen Konzerten traditionell auf alten Spearmint-Kaugummis herum, die Celine Dion von der Bühne in den Orchestergraben gespuckt hat. Bisher schien dadurch immer etwas von der Größe meines Ideals auf mich abzufärben. Nach dem Wrigley's-Aus will Celine nun anscheinend mit dem Kaugummikauen aufhören und ihre Karriere beenden. Ersteres ist für mich eine absolute Katastrophe. Ich bin persönlich nach Las Vegas geflogen und habe ihre Garderobe nach unter den Möbeln klebenden Uralt-Gums abgesucht. Nichts! Im Tonstudio und allen 52 Zimmern ihrer Privatvilla ebenfalls nichts (zumindest bis ich wegen der näherkommenden Polizeisirenen flüchten musste). Ob der Trick auch mit angelutschten Fisherman's Friends funktioniert, wird sich zeigen müssen. Im Vorfeld meiner 2023er Tournee habe ich der singenden Bootshupe schon ein paar Kisten der Sorte "Extra stark" mit der Bitte um baldige Rücksendung geschickt."  

Boris Johnson
"Oh ja, Wrigley's Spearmint! Da werden Erinnerungen an unsere legendären Downing-Street-Partys wach. Im Anschluss an unsere Saufgelage haben wir das Zeug kiloweise gefressen, damit wir während unserer Regierungs-Pressekonferenzen nicht zehn Meter gegen den Wind nach altem Gin rochen. Auch bei meinen Stippvisiten im Buckingham Palace war der minzfrische Atem überlebenswichtig. Nicht für mich, sondern für die Queen. Bei so viel Alkohol in der Raumluft hätte ihre Majestät vielleicht sogar Lust bekommen, sich auf die alten Tage selbst noch ein Fläschchen von dem ganz harten Zeug zu genehmigen, und das hätte böse enden können. Nun muss sich die britische Regierung zum Kaschieren ihres Suff-Odems etwas anderes ausdenken. Ich persönlich würde zu Tausendjährigen Eiern raten. Da die linken Revolverblätter im Land uns Konservativen gerne "foul play" vorwerfen, wäre das während auslandender PKs in schlecht belüfteten Locations genau die richtige Antwort!"

Wolfgang Kubicki
"Also, ich weine Wrigley's Spearmint keine Träne nach. Solange ich mich erinnern kann, habe ich immer ein Zigarillo geraucht, wenn ich den ultimativen Frischekick brauchte. Außerdem benötige ich zum Befriedigen meiner oralen Bedürfnisse keine synthetischen Hilfsmittel. Mein Mund hat auch mit dem Zerkauen fäkalbakterien-verseuchter Theken-Erdnüsse genug zu tun. Der Erfolg gibt mir übrigens recht. Oder haben Sie jemals eine junge Liberale gesehen, die schreiend das Weite sucht, sobald ich ihr ein unverbindliches "Hhaallooo" entgegenhauche? Okay, das war jetzt wahrscheinlich das falsche Beispiel.  Tatsächlich bekomme ich langsam eine leise Ahnung, warum im Bundestag die Plätze rechts und links von mir ständig frei bleiben. Vielleicht sollte ich es ja mal mit Mentholzigaretten probieren!"  

Carlo Ancelotti  
"Für alle Nicht-Fußballfans: Ich bin ehemaliger Profispieler und jetziger Erfolgstrainer bei Real Madrid. Den meisten dürfte ich aber wegen meines exzessiven Kaugummikonsums am Spielfeldrand ein Begriff sein. Was Wrigley's Spearmint angeht, bin ich seit mehreren Jahrzehnten ein "Heavy User". Ich brauche vor, während und nach dem Spiel jeweils einen frischen Streifen, den ich mit zu Hochleistungskiefern mutierten Beißwerkzeugen  malträtiere. Zu Hause kaue ich Kaugummi auf dem Klo, beim Essen, unter der Dusche und während ich schlafe. Gott sei Dank habe ich mir als alter Prepper einen Wrigley's-Geheimvorrat für schwere Zeiten angelegt, von dem ich erst mal ein paar Jahre zehren kann. Danach werde ich es wohl mit einem Sack Mohrrüben neben der Trainerbank versuchen und hoffen, dass ich nicht orange werde."          

Patric Hemgesberg

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hallihallo, Michael Maar!

In unserem Märzheft 2010 mahnte ein »Brief an die Leser«: »Spannend ist ein Krimi oder ein Sportwettkampf.« Alles andere sei eben nicht »spannend«, der schlimmen dummen Sprachpraxis zum Trotz.

Der Literatur- ist ja immer auch Sprachkritiker, und 14 Jahre später haben Sie im SZ-Feuilleton eine »Warnung vor dem S-Wort« veröffentlicht und per Gastbeitrag »zur inflationären Verwendung eines Wörtchens« Stellung bezogen: »Nein, liebe Radiosprecher und Moderatorinnen. Es ist nicht S, wenn eine Regisseurin ein Bachmann-Stück mit drei Schauspielerinnen besetzt. Eine Diskussionsrunde über postmoderne Lyrik ist nicht S. Ein neu eingespieltes Oboenkonzert aus dem Barock ist nicht S.«

Super-S wird dagegen Ihr nächster fresher Beitrag im Jahr 2038: Das M-Wort ist ja man auch ganz schön dumm!

Massiv grüßt Sie Titanic

 Kurze Anmerkung, Benedikt Becker (»Stern«)!

»Wer trägt heute noch gerne Krawatte?« fragten Sie rhetorisch und machten den Rollkragenpullover als neues It-Piece der Liberalen aus, v. a. von Justizminister Marco Buschmann und Finanzminister Christian Lindner, »Was daran liegen mag, dass der Hals auf die Ampelkoalition besonders dick ist. Da hilft so eine Halsbedeckung natürlich, den ganzen Frust zu verbergen.«

Schon. Aber wäre es angesichts des Ärgers der beiden Freien Demokraten über SPD und Grüne nicht passender, wenn sie mal wieder so eine Krawatte hätten?

Ebenso stilistisch versiert wie stets aus der Mode: Titanic

 Eher unglaubwürdig, »dpa«,

erschien uns zunächst Deine Meldung, Volker Wissing habe nach dem tödlichen Busunglück auf der A9 bei Leipzig »den Opfern und Hinterbliebenen sein Beileid ausgesprochen«. Andererseits: Wer könnte die Verstorbenen auf ihrem Weg ins Jenseits noch erreichen, wenn nicht der Bundesverkehrsminister?

Tippt aufs Flugtaxi: Titanic

 Ah, »Galileo«!

Über die Arbeit von Türsteher/innen berichtest Du: »Viele Frauen arbeiten sogar als Türsteherinnen«. Wir setzen noch einen drauf und behaupten: In dieser Branche sogar alle!

Schmeißen diese Erkenntnis einfach mal raus:

Deine Pointen-Bouncer von Titanic

 Verehrte Joyce Carol Oates,

da Sie seit den Sechzigern beinah im Jahrestakt neue Bücher veröffentlichen, die auch noch in zahlreiche Sprachen übersetzt werden, kommen Sie vermutlich nicht dazu, jeden Verlagstext persönlich abzusegnen. Vielleicht können Sie uns dennoch mit ein paar Deutungsangeboten aushelfen, denn uns will ums Verrecken nicht einfallen, was der deutsche Ecco-Verlag im Sinn hatte, als er Ihren neuen Roman wie folgt bewarb: »›Babysitter‹ ist ein niederschmetternd beeindruckendes Buch, ein schonungsloses Porträt des Amerikas der oberen Mittelschicht sowie ein entlarvender Blick auf die etablierten Rollen der Frau. Oates gelingt es, all dies zu einem unglaublichen Pageturner zu formen. In den späten 1970ern treffen in Detroit und seinen Vorstädten verschiedene Leben aufeinander«, darunter »eine rätselhafte Figur an der Peripherie der Elite Detroits, der bisher jeglicher Vergeltung entkam«.

Bitte helfen Sie uns, Joyce Carol Oates – wer genau ist ›der Figur‹, dem es die elitären Peripherien angetan haben? Tragen die Leben beim Aufeinandertreffen Helme? Wie müssen wir uns ein Porträt vorstellen, das zugleich ein Blick ist? Wird das wehtun, wenn uns Ihr Buch erst niederschmettert, um dann noch Eindrücke auf uns zu hinterlassen? Und wie ist es Ihnen gelungen, aus dem unappetitlich plattgedrückten Matsch zu guter Letzt noch einen »Pageturner« zu formen?

Wartet lieber aufs nächste Buch: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Altersspezifisch

Ich gehöre noch zu einer Generation, deren Sätze zu häufig mit »Ich gehöre noch zu einer Generation« anfangen.

Andreas Maier

 Gute Nachricht:

Letzte Woche in der Therapie einen riesigen Durchbruch gehabt. Schlechte Nachricht: Blinddarm.

Laura Brinkmann

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Spielregeln

Am Ende einer Mensch-ärgere-dich-nicht-Partie fragt der demente Herr, ob er erst eine Sechs würfeln muss, wenn er zum Klo will.

Miriam Wurster

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hannover, TAK Ella Carina Werner