Aus Eugen Egners Püppchenstudio
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Experiment in Studio 5 (Teil II)
Die Stimme des Sicherheitsbeamten riß mich jäh aus meiner wehmütigen Betrachtung. Sehr streng wurde mir die Frage gestellt, was ich im Gebäude zu suchen hätte, ob ich am Ende womöglich gedächte, selbsterzeugte Musik aufzunehmen. Wie empfindlich die Weltgemeinschaft schon beim Verdacht auf musikalische Aktivitäten meiner Person reagierte! Ich hatte es nicht nötig, den Mann zu beruhigen, indem ich etwa log: „Nein, nein, keine Sorge, ich will nur in der Kantine nach dem Besteck sehen. Auch soll es unliebsame Neuerungen beim Brotaufstrich geben. So etwas interessiert mich.“
Die Kantine konnte mir nämlich gestohlen bleiben. Man erreichte sie über eine mit Torf bedeckte 45-Grad-Schräge, die zur ersten Etage hinaufführte (es gab auch einen Zierlift, dessen Benutzung aber verboten war). Was einen oben erwartete, lohnte keinesfalls die Mühe des Aufstiegs. Wenn nicht sowieso alles zugenagelt war, gab es dort bloß dicke, unverständliche Speise- und Getränkekarten und ebensolche Speisen und Getränke. Selbstbewußt erwiderte ich also: „Mein Ehrgeiz richtet sich darauf, der akustischen Aufnahmetechnik neue Möglichkeiten, wo nicht gar Horizonte zu eröffnen.“
Damit ließ ich den verblüfften Sicherheitsbeamten stehen.
In Studio 5, wohin ich nun meine Schritte lenkte, gedachte ich, ein bedeutendes Experiment durchzuführen. Ich war dafür bekannt, daß ich manchmal hinging und etwas mit Menschen unternahm, wenn es auch immer absolut sinnlos war. Eine große Hilfe war mir dabei stets das Tragen von Edward Elgars altem Gehpelz. Er sicherte mir den Respekt der Menschen, mit denen ich etwas unternahm, was es auch sein mochte. Infolgedessen hatte sich eine längst verstorbene Sängerin auf meinen persönlichen Wunsch hin bereit erklärt, bei gedachtem Experiment mitzuwirken. Ich traf sie innerhalb der zeitlich-räumlichen Verhältnisse von Studio 5 und freute mich sehr, sie zu erkennen. Entsprechend gut gelaunt erklärte ich ihr, worum es ging: „Ich möchte, daß Sie nicht in ein Mikrophon und auch nicht in einen Lautsprecher singen, sondern in eine Glühbirne.“
Die Sängerin bedachte mich mit einem ungläubigen Blick, tat mir aber trotzdem den Gefallen. Sie sang, auf dem Mischpult stehend, eine von mir komponierte Ballade mit dem Titel „Hier kommen die Ponys“ in eine 60-Watt-Glühbirne, die ich in die Fassung der Deckenlampe geschraubt hatte. Vom Ergebnis des Versuchs waren wir alle enttäuscht.
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