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Ab in die Plastiktonne! – Über das Ende der Tupperware-Ära

Nach seinem jahrzehntelangen Siegeszug durch frischhaltewütige Haushalte droht der Plastikdosenlegende Tupperware die Insolvenz. Warum ist das auf Partyzwang und Gruppendruck basierende Erfolgsmodell gescheitert? Eine Analyse.

 

Falsche Erwartungen

Wenn es ein Ranking für die größten Overstatements aller Zeiten gäbe - der Begriff "Party" für stundenlange, quälende Untätigkeit unter massivem Konsumdruck wäre vermutlich weit oben. Warum Waldbaden, tagelange Zen-Meditationen und rauschende Bingonächte im Seniorenstift dieses Prädikat vorenthalten wurde und ausgerechnet beim Verkauf von bunten Kunststoffbehältern Kokain geschnupft und in den Schirmständer erbrochen werden sollte, war kritischen Kunden nicht wirklich vermittelbar. Da für Tupperpartys fast ausnahmslos entfernte Tanten, Nachbarn und dösbaddelige Bekannte als hörige Kaufsklaven herangekarrt wurden, konnte man auch die Hoffnung auf kollektive Rauscherlebnisse, sexuelle Eskapaden oder morgendliche Überraschungen nach dem Suff getrost knicken. Die enttäuschende Wirkung von Tupperware auf das Belohnungszentrum im Gehirn wurde übrigens jüngst in einer Studie des "Massachusetts Institute of Technology" (MIT) eindrucksvoll belegt. Im Blut von Probanden, denen während der Verkaufsshow ein dröger Plastikdosensatz zum Wucherpreis vertickt worden war, konnten immer noch deutlich weniger Glückshormone nachgewiesen werden als bei Menschen, die sich beim Brennholzschlagen mehrfach in den Fuß gehackt hatten.

Unpopuläres Material

Falls Sie es noch nicht bemerkt haben: Plastik ist das personifizierte Böse. Es versaut die Weltmeere, reichert sich in unserem Blut an und bekommt schon nach der dritten Anwendung in der Spülmaschine ärgerliche Kratzer. Bilder von der Ex-Trauminsel Henderson Island, mit ihren Bergen aus angespülten Tupperdosen, in denen man beim stichprobenartigen Öffnen verendete, aber erstaunlich frisch gebliebene und daher total süße Basstölpel-Küken gefunden hatte, gingen um die Welt. Abgleiche von Verkaufszahlen mit der Menge an vorgefundenem Meeresmüll legten die Vermutung nahe, dass weite Teile des teuren Polypropylen-Sortiments bereits unmittelbar nach Verlassen der Verkaufsveranstaltung im hohen Bogen in das nächste Fließgewässer geworfen worden waren. Das nachvollziehbar schlechte Image der Kunststoffboxen unter Schulkindern, die vom Kampf gegen Umweltzerstörung und Klimawandel schwer gezeichnet sind, kommt also nicht von ungefähr. Wer sich heutzutage noch traut, auf dem Pausenhof Brote aus Original-Tupperdosen hervorzukramen, trägt mittags darin in der Regel seine ausgeschlagenen Milchzähne nach Hause.

Entzauberte Verkaufsmethoden

Während der Corona-Pandemie konnten Tupperpartys für eine gewisse Zeit nur als digitale Veranstaltung stattfinden. Das Problem: Psychotricks und subtile Manipulationen funktionieren nur bei direktem Augenkontakt. Um dem Tupperware-Voodoo zu erliegen, braucht es die erwartungsvollen Blicke ALLER Anwesenden, das seelenlose Lächeln der Vertriebshexe sowie eine laut tickende Standuhr mit fallbeilartigem Schicksalspendel. Weil all diese Instrumente fehlten, fiel die komplette Tupperware-Vertriebsstrategie wie ein Kartenhaus in sich zusammen: Online bestellte Plastikdosen-Sets wurden entweder dreißig Sekunden nach Ende der Sitzung storniert oder bei Zustellung mit dem blutbefleckten Vermerk "Annahme vehement verweigert" zurückgeschickt. Zur gleichen Zeit tauchten vor den Webcams die ersten unkaputtbaren und umweltfreundlicheren Alu-Brotdosen auf, aus denen die Teilnehmer während der Tupperware-Online-Veranstaltungen kackdreist ihre Babykarotten snackten. Das Imperium hatte zu bröckeln begonnen.

Autonome Kunden

Nachdem man sich im Schutz der beiden Lockdowns dem Bann des Syndikats entzogen hatte, war es an der Zeit, mit einigen Mythen und Märchen zur Tupperware-Produktpalette aufzuräumen. Zunächst einmal schmeckten die, in der miefigen Kunststoffummantelung bereits nach wenigen Minuten durchgesuppten, Käse- oder Leberwurststullen genauso wenig frisch, wie Erdnussflips aus der Couchritze. Semmeln, die im knusprigen Zustand konserviert wurden, entwickelten sich, einmal in der Dose, binnen Sekunden zu schlabbrigen und geschmacklosen Weizenfladen. Hinzu kam, dass sich die Wohnungen dosensüchtiger Stammkunden durch den ständigen Nachschub an vermeintlich superpraktischen Frischhalte-Kreationen schleichend in unbewohnbare Messi-Behausungen verwandelt hatten. Millionen Haushalte nutzten die Corona-Atempause daher, um sich endlich ihres tonnenschweren Ballasts zu entledigen und den unnützen Pröll des Plastikgiganten aus der Welt zu schaffen. Für immer? Nicht ganz. Als jüngster, äußerer Ring des majestätischen "Great Pacific Garbage Patch" wird Tupperware vor dem Zerfall zu Mikroplastik wohl noch einige tausend Jahre knackig frisch bleiben!

Patric Hemgesberg

Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hej, Gifflar!

Du bist das Zimtgebäck eines schwedischen Backwarenherstellers und möchtest mit einer Plakatkampagne den deutschen Markt aufrollen. Doch so sehr wir es begrüßen, wenn nicht mehr allein Köttbullar, Surströmming und Ikeas Hotdogs die schwedische Küche repräsentieren, so tief bedauern wir, dass Du mit Deinem Slogan alte Klischees reproduzierst: »Eine Schnecke voll Glück«? Willst Du denn für alle Ewigkeiten dem Stereotyp der schwedischen Langsamkeit hinterherkriechen? Als regierten dort immer noch Sozialdemokraten, Volvo und Schwedenpornos?

Damit wirst Du nie der Lieblingssnack der Metropolenjugend!

Sagen Dir Deine Zimt- und Zuckerschnecken von Titanic

 Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Vielen Dank, Claudia Schiffer!

Die Bunte zitiert Sie mit der Aussage: »Um zu überleben, muss man gesund sein, und wenn man am gesündesten ist, sieht man einfach auch am jüngsten aus!« Gut, dass Sie diese Erkenntnis an uns weitergeben!

Geht jetzt zur Sicherheit bei jeder neuen Falte, Cellulitedelle und grauen Strähne zum Arzt:

Ihre greise Redaktion der Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Ein Vorschlag, Clemens Tönnies …

Während Ihrer Zeit im Aufsichtsrat bei Schalke 04 sollen Sie in der Halbzeitpause einmal wutentbrannt in die Kabine gestürmt sein und als Kommentar zur miserablen Mannschaftsleistung ein Trikot zerrissen haben. Dabei hätten Sie das Trikot viel eindrücklicher schänden können, als es bloß zu zerfetzen, Tönnies!

Sie hätten es, wie Sie es aus Ihrem Job kennen, pökeln, durch den verschmutzten Fleischwolf drehen und schließlich von unterbezahlten Hilfskräften in minderwertige Kunstdärme pressen lassen können.

Aber hinterher ist man immer schlauer, gell?

Dreht Sie gern durch den Satirewolf: Titanic

 Warum, Internet?

Täglich ermöglichst Du Meldungen wie diese: »›Problematisch‹: Autofahrern droht Spritpreis-Hammer – ADAC beobachtet Teuer-Trend« (infranken.de).

Warum greifst Du da nicht ein? Du kennst doch jene Unsichtbar-Hand, die alles zum Kapitalismus-Besten regelt? Du weißt doch selbst davon zu berichten, dass Millionen Auto-Süchtige mit Dauer-Brummbrumm in ihren Monster-Karren Städte und Länder terrorisieren und zum Klima-Garaus beitragen? Und eine Lobby-Organisation für Immer-Mehr-Verbrauch Höher-Preise erst verursacht?

Wo genau ist eigentlich das Verständlich-Problem?

Rätselt Deine alte Skeptisch-Tante Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Citation needed

Neulich musste ich im Traum etwas bei Wikipedia nachschlagen. So ähnlich, wie unter »Trivia« oft Pub-Quiz-Wissen gesammelt wird, gab es da auf jeder Seite einen Abschnitt namens »Calia«, voll mit albernen und offensichtlich ausgedachten Zusatzinformationen. Dank Traum-Latinum wusste ich sofort: Na klar, »Calia« kommt von »Kohl«, das sind alles Verkohl-Facts! Ich wunderte mich noch, wo so ein Quatsch nun wieder herkommt, wusste beim Aufwachen aber gleich, unter welcher Kategorie ich das alles ins Traumtagebuch schreiben konnte.

Alexander Grupe

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Die wahre Strafe

Verhaftet zu werden und in der Folge einen Telefonanruf tätigen zu müssen.

Fabio Kühnemuth

 Im Institut für Virologie

Jeder Gang macht krank.

Daniel Sibbe

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg