Humorkritik | Juni 2012
Juni 2012
Handkes Lieblingswitz
Es soll ja Experten (Literaturwissenschaftler, Kritiker usw.) geben, die der Meinung sind, beispielsweise Thomas Mann sei ein humoristischer, gar komischer Autor. Ja, sogar bei Günter Grass oder Herta Müller will eine kühne Minderheit Spuren von Witz ausgemacht haben. Rätselhaft. Daß indes jemand behauptet, Peter Handke sei ein zumindest gelegentlich komischer Autor, ist mir bisher noch nicht untergekommen.
Angenehm ist, daß Handke sich in selbstkritischer Klarheit jegliches Talent fürs komische Fach im allgemeinen und fürs »Witzemachen« im besonderen abspricht. So erklärte er unlängst im Rahmen eines Gesprächs mit Peter Kümmel in der Zeit… Aber lesen Sie selbst:
»Zeit: Das Witzemachen ist ja auch eine Entscheidung für eine Lebensweise.
Handke: Aber ich bin da nicht gefährdet, weil ich nie Witze erzählen konnte. Wenn ich irgendwann mal Witze machen wollte, das ging gar nicht. Ich höre gern einem guten Witz zu, ich bin nicht dagegen, aber ich kann keine Witze erzählen. Ich habe einen einzigen Witz selber erfunden, aber über den lacht niemand. Ich lache da immer selber drüber, wie die schlechten Witzeerzähler. Die lachen auch immer selbst, und immer allein. Nein, nein. Niemand wird lachen.
Zeit: Erzählen Sie ihn doch.
Handke: Nein, der ist so dumm. Also, es gibt doch das Gemälde von Caspar David Friedrich, zwei Männer in Betrachtung des Mondes, oder? Ich habe das Bild für mich neu gemalt. Ich sehe da einen Betrunkenen: einen Mann in Betrachtung von zwei Monden.
Zeit: Klingt wie ein irischer Witz.
Handke: Nein, der ist von mir (er unterdrückt das Lachen). Niemand lacht über meinen Witz. Bis jetzt bin ich der einzige, der lacht, und ich lach auch nicht echt.«
Echt lachen muß ich zwar auch nicht, aber Handkes »Witz« ist auf so absurde Weise mißlungen und so rührend unbeholfen erzählt, daß ich ihm eine gewisse, sich in einem verschämten Schmunzeln manifestierende Sympathie nicht versagen kann – dem verunglückten Witz und seinem ungeschickten Erfinder. So unkomisch ist Peter Handke nämlich gar nicht – zumindest wenn er der so traumhaft brummdummen Zeit Interviews gibt.