Inhalt der Printausgabe
Februar 2006
Mehr Wagen wagen!
Vorschau auf ein Superautojahr
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2006 wird ein fantastisches Autojahr. Millionen Deutsche werden sich wegen der für 2007 angekündigten Mehrwertsteuererhöhung ein neues Gefährt zulegen, da man dabei im Schnitt 700 Euro sparen kann – und viele auch einen neuen Gefährten, da man dabei noch viel mehr sparen kann, wenn man darauf achtet, daß der Neue genügsam im Verbrauch ist und nicht ständig soviel schluckt. Zurück zum Autojahr: Vor allem das Angebot ist in diesem Jahr so üppig wie nie! Die Hersteller präsentieren über 200 attraktive neue Modelle, die sich beim Genfer Autosalon im März auf den Motorhauben räkeln, und auch wieder jede Menge neuer Autos. Zur Auswahl stehen sensationell große wie auch lächerlich kleine Wagen, viel Mittelklasse für die Mittelschichten, dazu lange, kurze, dicke, dünne, billige und teure Autos sowie alle möglichen Mischformen (Stichwort: »Crossover«), z.B. ganz lange dünne oder ganz billige teure. Am tollsten treibt es natürlich wieder einmal Mercedes. Im April stellt der Premium-Anbieter ein ultraflaches, superschnelles und wahnsinnig teures Auto vor, wahrscheinlich ein Cabrio oder Coupé, das laut Angaben der Entwickler selbst in Tempo-30-Zonen »abgeht wie eine Rakete«. Und tatsächlich: Schon beim Start durchbricht der muskelstrotzende Bolide die Schallschutzmauer jedes Kindergartens, während die ursprünglich angepeilte Lichtgeschwindigkeit derzeit nur von den Scheinwerfern und den in ihrem Licht herumfliegenden Kindern erreicht wird. Verängstigten Senioren bieten die Untertürkheimer ab Juni ein noch breiteres Sortiment an robusten Geländewagen mit ganz hohen Rädern an. Demnächst gibt’s vielleicht sogar welche auf Stelzen oder Krücken, mit denen man trockenen Fußes über den Atlantik oder ins nächste Sanitätshaus kommt. Bereits im September folgt dann der nächste Knüller: das bislang teuerste Auto der Firmengeschichte in unvorstellbar aggressiver Optik. Es ist zehn Meter lang, hundert Tonnen schwer, hat Ketten statt Rädern und einen schwenkbaren Schützenturm – nach ein paar Warnschüssen hat man die Autobahn garantiert für sich alleine. Auf eine Enttäuschung zum Jahresende müssen sich allerdings Geringverdiener einstellen: Das lang angekündigte Mercedes-Mofa läßt weiter auf sich warten. Auch Konkurrent BMW vernachlässigt dieses wenig umkämpfte Segment und bringt erneut ein paar heiße Schlitten zum Angeben und Kindertotfahren auf den Markt: im Mai z.B. ein unfaßbar PS-starkes Auto mit Boxermotor, Faustkeilriemen und ausfahrbarer Dampframme, im Juli ein überarbeitetes altes, dem als Kaufanreiz Radkappen aus Platin und zusätzliche 1000 PS spendiert wurden, und rechtzeitig zur IAA im September drei weitere: eins in Dunkelblau, eins in Silbermetallic und eins in Trauerschwarz, mit dem man den Nachbarn über den Verlust ihrer Kinder hinweghelfen kann. Rivale Audi setzt wieder auf die bewährte Formel, äußerste -Eleganz mit einer Reduktion aufs Wesentliche zu verbinden. Statt Cordhut gibt’s mehr Zylinder, mehr PS und als besonderen Clou keine Bremsen. Das macht den Neuen aus Ingolstadt zum schnellsten seiner Klasse! Doch auch die Sicherheit kommt nicht zu kurz: Acht Airbags pro Sitz, eine ausbruchssichere Fahrgastzelle und eine eingebaute Intensivstation sorgen dafür, daß Audi-Kunden keinem Crash aus dem Weg gehen müssen – genau das richtige also für Alphatiere, leitende Angestellte und andere Psychopathen. |
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