Inhalt der Printausgabe
Oktober 2005
Briefe an die Leser (Seite 12 von 12) |
Sehr schön, Gloria von Thurn und Taxis, fanden wir auch wieder einmal, wie Sie letztens bei Beckmanns Reinhold die atemberaubende Geschichte Ihres Lebens herunterbeteten: Frühe, unbekümmerte Sturm-und-Drang-Jahre, dann die alles verändernde Begegnung mit Seiner Durchlaucht, schließlich deren plötzlicher Tod und die nun auf einmal auf Ihnen lastende Verantwortung, als alleinerziehende Millionärin neben Windelwechsel und Breikochen auch noch mit der pausenlos auf Sie einströmenden Kapitalrendite fertigzuwerden. Wirklich sehr überzeugend, wie Sie das jedes Mal wieder mit treuherzigem Augenaufschlag und bescheidenem Hausfrauenblick hinkriegen! Am besten aber fanden wir den Schwank, den Sie aus dem Leben Ihres seligen Johannes berichteten: Wie er vor einem Flug einen Wurstsalat in einer Tüte kaufte, die Tüte in die Jackentasche steckte, um sich dann beim Start vom Steward als erstes die Kotztüte reichen zu lassen, Reihergeräusche zu imitieren, anschließend die Kotztüte verschwinden zu lassen und unbemerkt die Tüte mit dem Wurstsalat aus der Tasche zu ziehen, vom Steward einen Löffel zu verlangen und zum Entsetzen der übrigen Passagiere genüßlich den Wurstsalat aus der Tüte zu löffeln. Die Pointe aber, so erzählten Sie mit verhaltenem Stolz, sei die gewesen, daß der anschließend servierte Kaviar bei den übrigen Fluggästen der Luxusklasse keinen rechten Zuspruch mehr fand, so daß ihn Ihr verewigter Gatte ganz allein wegspachteln konnte – fürwahr, der alte Johannes war schon ein kolossaler Kotzbrocken und Connaisseur erlesensten Spitzengeschmacks! Und wie menschlich, wie witzig! Doch wir sind uns sicher, daß Sie, Durchlaucht, den Geist Ihres Hauses in diesem Sinne weiterpflegen und hegen werden. Kotz und würg: Titanic
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