Inhalt der Printausgabe

April 2004


Köhlers Chance


 

Nach aller zur Verfügung stehenden Wahrscheinlichkeit ist der nächste Bundespräsident unseres Landes kein Repräsentant einer unbeliebten Randgruppe, also kein Politiker, kein Behinderter, keine Frau und kein Neger, sondern, und damit konnte keiner rechnen, eine Steigerungsform des sattsam bekannten Kohl: Köhler (61).
Das macht im Einland bestimmt einen guten Ausdruck bzw. umgekehrt, und daß sich Köhler darüber hinaus den Künstlernamen "Horst" zulegte, ist nicht nur initialentechnisch als weitere Hommage an sein Vorbild Helm. Kohl (ebenfalls CDU) zu werten. Abzuwarten bleibt indes, wie der in seiner Wut jetzt völlig unberechenbare Sänger Guildo Horn auf Merkels Coup de Main reagieren wird - der unsympathische Blödelbarde wurde nämlich 1963 in Trier ebenfalls als Horst Köhler geboren, und wenn sich erst später, nach Köhlers Vereidigung, herausstellen sollte, daß eigentlich er, Köhler (Horn) gemeint war, könnte es für den falschen Köhler brenzlig werden. Amtsanmaßungsverfahren, wir hör'n dir trapsen...
Einen gelernten Apparatschik wie Köhler (Horst) jedoch ficht das nicht an. Für ihn spricht ganz klar, daß er vor allem "sachorientiert" ist, wie die scheißliberale Jubelpresse in großer Übereinstimmung voneinander abschrieb. Sachorientiert - da geht nix drüber. Köhlers sprichwörtliche Sachorientiertheit ist in Sachbearbeiterkreisen bereits legendär, mit pragmatischer Lach- und Sachpolitik muß daher gerechnet werden.
Darüber hinaus hat Köhler (Horst) voll das Faible für ethnische Randgruppen, für Verlierer der Geschichte, für Kriminelle, Strauchdiebe und Pfennigfuchser, denn er wurde in Polen geboren und ist dann unter Schwaben aufgewachsen. Sein Geld trägt er nur im Brustbeutel spazieren, seine Frau wohnt in einem Schließfach. Letzteres konnte er sich noch in seiner Zeit als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes sichern. Dort setzte er sich mit sachlicher Leidenschaft dafür ein, daß wir als Girokontoinhaber bis heute nur 0,5 Prozent Guthabenzinsen bekommen, zum Ausgleich dafür aber 12,5 Prozent Überziehungszins.
Im legendären Polit-Jahr 1990 war er (Horst) beim Zukauf der Liegenschaft DDR mit von der Sache und leistete als Kohls rechter Handlanger unschätzbare Dienste. Zehn Jahre zuvor hatte er sich bereits aus Sachzwängen heraus das CDU-Parteibuch gesichert, welches ihm bei seinem protegierten Aufstieg half. Stets hatte er viel Geld, das ihm nicht gehörte, und konnte dementsprechend damit umgehen. Den Russen gab er Milliarden, damit sie aus Deutschland abhauten, den Amerikanern gab er Milliarden, damit sie 1990 in Richtung Kuweit und Irak abhauten. Als keiner mehr zum Abhauen da war, verschob er die Milliarden nach Brüssel, damit in Irland, Portugal und Spanien beleuchtete Autobahnen durch Kuhdörfer getrieben werden konnten.
Trotz Parteibuch ist Köhler (Horst) ein unabhängiger, sachlicher Kopf geblieben - das zeigt schon die Tatsache, daß er immer diejenigen schätzt, die gerade was zu melden haben. Mit Gerhard Schröder verbindet ihn eine sachorientierte Freundschaft, die ihm einen schönen Druckposten in Washington einbrachte. Als Chef des Internationalen Währungsfonds konnte er dort wirtschaftliche Krisenherde wie Argentinien, Zimbabwe, die Uckermark und Haiti erfolgreich auf Vordermann bringen.
Der im Volke noch leidlich unbekannte Präsidentschaftskandidat muß nun dringend an Profil zulegen. Ob dabei eine Nasenkorrektur oder gar eine Brustvergrößerung hilfreich ist, darf bezweifelt werden, und zwar von mir. Am sinnvollsten und zugleich publikumswirksamsten schiene hier wohl die Aneignung einer sympathischen Marotte, so wie wir das von den Vorgängerdespoten kennen: Heinrich Lübke baute Konzentrations-lager, Heinemann liebte seine Frau, Scheel sang, Carstens kannte Lübke von früher, Weizsäcker mahnte gerne, Herzog ruckte und Rau imitierte intellektuell und konditionell sein Vorbild, den Papst. Wofür aber stünde nun ein Bundespräsident Köhler?
Von Stoiber wissen wir, daß Köhler sich sehr für "Globalisierung" interessiert und ferner ein "unbequemer Mahner" ist - aber reicht das schon? Gut, er könnte sich für ein Mehr an Demokratie einsetzen, für freie Wahlen in seinem Heimatland, für die Verdoppelung der Girokonto-Guthabenzinsen. Oder, und das würde ihn als Bundespräsident unvergeßlich machen: für Wolfgang Schäuble - und ihm das Buprä-Amt übertragen oder notfalls gebraucht verkaufen.
In seinem politischen Leben hat Wolfgang Schäuble freilich schon viel verloren: einige Wahlen, jede Menge Ansehen und natürlich die Gehfähigkeit. Und zuletzt auch noch den Glauben an die Politik als eine Veranstaltung unter demokratischen Ehrenmännern, bei denen das Wort noch etwas gilt. Das hat er nun davon. Er mußte das Amt des Parteichefs abgeben, weil die CDU mit Angela Merkel eine Person an der Spitze haben wollte, die noch behinderter war als er. So hat Deutschland mit der Nichtnominierung Schäubles eine historische Chance vertan. Der allseits unbeliebte Schwabe Schäuble hätte nicht nur die große Traditionslinie behinderter deutscher Nachkriegspolitiker fortgesetzt (Erhard, Strauß, Kohl, Scharping), sondern auch die großer deutscher Vorkriegspolitiker von Kaiser Wilhelm Zwei (Klumparm) bis Joseph Goebbels (Klumpfuß). Außerdem kann er besser rückwärts einparken als jeder andere Politiker weltweit.
Aber diese Chance wurde von Merkel & Co. verspielt. Hoffen wir, daß Horst Dingsda (Köhler) sie nutzt.
Oliver Maria Schmitt




Aktuelle Startcartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Hoppla, Berliner Gefängnischefs!

Drei von Euch haben laut Tagesspiegel wegen eines Fehlers der schwarz-roten Regierungskoalition statt einer Gehaltserhöhung weniger Geld bekommen. Aber der Ausbruch von Geldnöten soll durch einen Nachtragshaushalt verhindert werden. Da ja die Freundschaft bekanntlich beim Geld endet: Habt Ihr drei beim Blick auf Eure Kontoauszüge mal kurz über eine Ersatzfreiheitsstrafe für die nachgedacht, die das verbrochen haben?

Wollte diese Idee nur mal in den Raum stellen: Titanic

 Bild.de!

»Springer hatte im Januar bundesweit für Entsetzen gesorgt«, zwischentiteltest Du mit einem Mal überraschend selbstreferenziell. Und schriebst weiter: »Nach der Enthüllung des Potsdamer ›Remigrations‹-Treffens von AfD-Politikern und Rechtsextremisten postete Springer: ›Wir werden Ausländer zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimnis. Das ist ein Versprechen.‹« Und: »In Jüterbog wetterte Springer jetzt gegen ›dahergelaufene Messermänner‹ und ›Geld für Radwege in Peru‹«.

Dass es in dem Artikel gar nicht um Dich bzw. den hinter Dir stehenden Arschverlag geht, sondern lediglich der Brandenburger AfD-Vorsitzende René Springer zitiert wird, fällt da kaum auf!

Zumindest nicht Titanic

 Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Ganz schön unentspannt, Giorgia Meloni!

Nachdem Sie eine Klage wegen Rufschädigung eingereicht haben, wird nun voraussichtlich ein Prozess gegen den britischen Rockstar Brian Molko eingeleitet. Dieser hatte Sie bei einem Konzert seiner Band Placebo in Turin als Nazi und Faschistin bezeichnet.

Wir finden, da könnten Sie sich mal etwas lockermachen. Wer soll denn bitte noch durchblicken, ob Sie gerade »Post-«, »Proto-« oder »Feelgood-« als Präfix vor »Faschistin« bevorzugen? Und: Wegen solcher Empflichkeiten gleich vor Gericht zu gehen, kostet die Justiz so viel wertvolle Zeit. Die könnte sie doch auch nutzen, um Seenotretter/innen dingfest zu machen oder kritische Presse auszuschalten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht, Sie Snowflake?

Schlägt ganz gelassen vor: Titanic

 Ach, Scheuer-Andi,

wie der Spiegel meldet, wird niemand für Sie in den Bundestag nachrücken. Da scheinen die Fußstapfen wohl einfach zu groß zu sein.

Die Besten gehen immer zu früh …

Weiß Titanic

 Helen Fares, c/o »SWR« (bitte nachsenden)!

Sie waren Moderatorin des Digital-Formats MixTalk und sind es nun nicht mehr, nachdem Sie ein launiges kleines Video veröffentlicht haben, in dem Sie zum Boykott israelischer Produkte aufriefen, mit Hilfe einer eigens dafür programmierten App, die zielsicher anzeigt, wo es in deutschen Supermärkten noch immer verjudet zugeht (Eigenwerbung: »Hier kannst Du sehen, ob das Produkt in Deiner Hand das Töten von Kindern in Palästina unterstützt oder nicht«).

Nach Ihrem Rauswurf verteidigten Sie sich in einem weiteren Video auf Instagram: »Wir sind nicht antisemitisch, weil wir es boykottieren, Produkte von Unternehmen zu kaufen, die Israel unterstützen. Ein Land, das sich vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Genozid verantworten muss, weil es Zehntausende von Menschen abgeschlachtet hat.« Da sich aber auch Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Beihilfe zum Genozid verantworten muss, war Ihre Kündigung beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ja ohnehin einvernehmlich, oder?

Kann es sich nicht anders vorstellen: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 100 % Maxx Dad Pow(d)er

Als leidenschaftlicher Kraftsportler wünsche ich mir, dass meine Asche eines Tages in einer dieser riesigen Proteinpulverdosen aufbewahrt wird. Auf dem Kaminsims stehend, soll sie an mich erinnern. Und meinen Nachkommen irgendwann einen köstlichen Shake bieten.

Leo Riegel

 In Würde altern

Früher hätte mich der riesige Pickel mitten auf meinem Hals stark gestört. Heute trage ich den wohl niedlichsten ausgeprägten Adamsapfel, den die Welt je gesehen hat, mit großem Stolz ein paar Tage vor mir her.

Ronnie Zumbühl

 Immerhin

Für mich das einzig Tröstliche an komplexen und schwer zugänglichen Themen wie etwa Quantenmechanik, Theodizee oder den Hilbertschen Problemen: Letztlich ist das alles keine Raketenwissenschaft.

Michael Ziegelwagner

 Konsequent

Die Welt steckt in der Spermakrise. Anzahl und Qualität der wuseligen Eileiter-Flitzer nehmen rapide ab. Schon in wenigen Jahren könnten Männer ihre Zeugungsfähigkeit vollständig verlieren. Grund hierfür sind die Verkaufsschlager aus den Laboren westlicher Großkonzerne. Diese Produkte machen den Schädling platt, das Plastik weich und das Braterlebnis fettfrei und wundersam. Erfunden wurden diese chemischen Erfolgsverbindungen von – Überraschung – Y-Chromosom-Trägern. Toll, dass sich Männer am Ende doch an der Empfängnisverhütung beteiligen.

Teresa Habild

 Empfehlung für die Generation Burnout

Als eine günstige Methode für Stressabbau kann der Erwerb einer Katzentoilette – auch ohne zugehöriges Tier – mit Streu und Siebschaufel den Betroffenen Abhilfe verschaffen: Durch tägliches Kämmen der Streu beginnt nach wenigen Tagen der entspannende Eintritt des Kat-Zengarteneffekts.

Paulaner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
30.04.2024 Hamburg, Kampnagel Martin Sonneborn mit Sibylle Berg