Inhalt der Printausgabe
Dezember 2003
TITANIC-Entenpolizeibericht 2002/2003 Entensieg in weite Ferne gerückt (Seite 1 von 4) |
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Nach wie vor zuviele Tote an der Entenfront / Polizeibericht auch dieses Jahr ziemlich durchwachsen
Jedes Jahr strömen fast tausend junge Menschen nach Flensburg, denn dort gibt es die einzige deutsche Ausbildungsstätte für angehende Entenpolizisten. Schon bei der Ankunft wird klar, was es heißt, hier zu trainieren: Stacheldraht umgibt das Areal, monströse Fitneßanlagen erstrecken sich über mehrere Quadratkilometer, das Klo ist auf der halben Treppe. Hier werden die Entenpolizeianwärter die nächsten Jahre aufs unbarmherzigste gedrillt. Denn En-tenpolizist ist ein tougher Job: Rund 75 Prozent der Bewerber quittieren ihre Ausbildung nach spätestens 48 Stunden - ausgepumpt, kaputt, zwei Tage älter. Die, die es überleben, sind Maschinen, die zwar Gefühle besitzen, diese jedoch sogar in der aussichtslosesten Rettungsaktion im Zaum halten müssen. Es sind Entenpolizisten. Über welche die Frankfurter Neue Presse am 23. Juni 2003 aber Erfreuliches zu berichten wußte: "Offenbar die Orientierung verloren hatte am Samstag eine Entenfamilie im Stadtteil Heddernheim. Statt mit ihren vier Küken Richtung Nidda zu marschieren, watschelte die aufgeregte Mutter mit den Kleinen kreuz und quer über die vielbefahrene Heddernheimer Landstraße. Daraufhin alarmierte ein besorgter Nachbar den Polizeinotruf. Einer Streife des 14. Reviers im Nordwestzentrum gelang es, die Jungen behutsam einzufangen. Derweil kreisten Mutter und Vater immer wieder im Tiefflug über den Köpfen der Enten-Retter. Die brachten das flauschige Quartett schließlich in einer Kiste zum Fluß. Ihr Lohn: dankbares Entengeschnatter und spontaner Applaus mehrerer Spaziergänger, die Zeugen der Aktion und der glücklichen Familienzusammenführung waren." Das liest sich gut und gerne. | ||
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Die ganze Tragweite der besonnenen Entscheidung, immer zunächst die Entenpolizei zu informieren, wird ex negativo im nächsten Fall deutlich: Gerhard Detering (56) fuhr mit seinem Ford Scorpio durch Laatzen, als direkt vor ihm eine Entenmutter mit ihren sechs Küken über die Erich-Panitz-Straße watschelte. Der "tierliebe Außendienstmitarbeiter" rief nicht etwa die Entenpolizei, die natürlich zuständig gewesen wäre, sondern, doof genug, "trat voll auf die Bremse". Es kam, wie's kommen mußte: "Rumms!" (Bild), schon "knallte von hinten eine Astra-Fahrerin (30) auf seinen Ford." Immerhin: Entenfamilie wohlauf. Trotzdem: Die Entenpolizei hätte den Totalschaden an beiden Autos eventuell verhindern können. Wo nicht sogar: müssen! Wie eine gute Neuigkeit aus Chemnitz zeigt: Hier hatte sich am verkaufsoffenen Sonntag eine Entenfamilie beim "Shoppen" verirrt und versuchte nun vergeblich, die Bahnhofsstraße zu überqueren. "Unter den Augen zahlreicher Schaulustiger halfen Entenpolizisten dann der Tierfamilie aus ihrer Not und geleiteten sie ins heimische Revier: einen nahegelegenen idyllischen Park", frohlockt die SZ am 14. 7.2003; und das völlig zu recht. Gerade in Städten wie Chemnitz trägt jede einzelne Ente entscheidend zur Verbesserung des Stadtbilds bei, kleine architektonische Mängel werden durch eine gesunde Entenpopulation locker wettgemacht. Well done, Duck Police! Rügen müssen wir dagegen die lokalen Krawalljournalisten der Süddeutschen in München: Die Schlagzeile "Ente erschlägt Karpfen" vom 29. April 2002 ist ein Skandal! Polemischer- und widerwärtigerweise wird hier versucht, der Reputation sowohl unserer gefiederten Freunde wie auch der Entenpolizisten zu schaden: "Die Fahrerin eines Citroën 2 CV stürzt in einen Seitenarm des Nymphenburger Kanals. Einziges Opfer: ein Karpfen, von der Ente erschlagen." Dazu Gertrude Stein (112): "Eine Ente ist keine Ente ist keine Ente!" Sofort zur Stelle war unsere Truppe in Rheinau. "Mutterseelenallein watschelten vormittags acht Entlein durch den Verkehr. Die führungs- und elternlose ›Jungschar‹ wurde von der Polizei zum Mitkommen ›überredet‹", "freute" sich am 17.6.2002 die Hockenheimer Tageszeitung und ergänzte: "Alte und Junge schnatterten freudig, als die geretteten Enten in einem nahen Weiher ausgesetzt wurden." Und auch aus Dortmund ereilte uns frohe Botschaft, pikanterweise via ausgerechnet Heilbronner Stimme vom 6. Mai d.J.: "Als Retter in der Not für Entenküken haben sich zwei Dortmunder Polizeibeamte erwiesen. Zwei aus der Kükenschar waren in einen Gullyschacht gefallen und konnten sich aus eigener Kraft nicht daraus befreien." Danke, Dortmund… | ||
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Irritationen scheint es leider weiterhin in Bremen zu geben. Schon in der Saison 96/97 hatte die FAZ beinahe angeekelt moniert: "Bremer Polizisten im Igel-Einsatz", und offenbar ist man in der Hansestadt bis heute keinen Deut klüger. Der Nordschleswiger berichtet jedenfalls am 29.8.03 aus Bremen: "Gierig machte sich ein Igel über die Reste eines großen Eisbechers her. Er steckte seinen Kopf so tief hinein, daß er ihn nicht mehr heraus-bekam. Danach wollte das Stacheltier mit dem Becher über dem Kopf eine verkehrsreiche Straße in Bremen überqueren. Zum Glück kam zufällig ein Streifenwagen vorbei. Die Polizisten befreiten den Igel und setzten ihn in der Natur aus - abseits jeder Versuchung." Für derlei falsches Heldentum ist indes kein Platz bei der Entenpolizei - vielleicht quakten irgendwo in Bremen zu jenem Zeitpunkt ein paar Küken laut um Hilfe! Wo waren da unsere Jungs? Wenn der "feine" bremische Herr Polizeipräsident ein Faible für Igel hat, schön, seine Sache. Aber die bekannte Ententanzband Die Prinzen wußte es zuerst: "Das Bremen ist grausam!", so die unsympathischen Ostdeutschen schon auf ihrer allerersten Platte. | ||
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