Inhalt der Printausgabe
März 2002
Die große Kirch-Pleite |
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Wie die Werbepause in einen fesselnden Bluemovieblockbusterfilmfilm auf Sat.1, so störend platzte vor wenigen Tagen eine Schlagzeile in die beschauliche Ruhe der Redaktion: "Kirch-Pleite: Gläubiger läuten Ausverkauf ein!" |
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Was ist das nur für ein Land, möchte man sich fragen, in dem sich Politiker und Geldfachleute wie die Geier auf einen alten, halbblinden Mann stürzen, bloß weil er mit seinen Fernseh-Kanälen ein paar Milliarden Euro (ein paar Milliarden mehr DM) Schulden herausgewirtschaftet hat? | |||
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März-TITANIC - Vatikan-Ausgabe | |||
Zumal diese Entwicklung doch wohl alles andere als überraschend kam. Möglich, daß wir von TITANIC durch unseren Umgang mit großen Bankrotteuren (Ex-TITANIC-Verleger Sondermann, TITANIC-Verleger Weihönig) sensibilisiert sind und daher die ersten diskreten Anzeichen für den baldigen Niedergang eines Medienimperiums eher wahrnehmen als die Kollegen von Capital, Bizz (die ja nicht mal ihre eigene Einstellung vorausgesehen haben) und Bayerische Landesbank Quarterly. Selbst einem mäßig begabten Fernseher jedoch hätte auffallen können, daß sich das Programmschema der Kirch-Sender seit geraumer Zeit gewandelt hat: Während in den ersten Jahren mit teuren Hollywood-Schinken wie "Die Farbe des Geldes", "Geld spielt keine Rolle" oder "Geier, Geld und goldene Eier" geprotzt wurde, mußten die Zuschauer in den letzten Monaten immer öfter mit Eigenproduktionen à la "Ein Herr ohne Kleingeld", "Blicke in den Abgrund" und "Die große Pleite" Vorlieb nehmen. Wer sich im TV-Tycoon-Business auskennt, weiß, daß Leo Kirch schwere Fehler gemacht hat. Statt sich an den Erfolg der Konkurrenz zu hängen und sich als Kandidat bei "Wer wird Millionär?" zu bewerben oder wenigstens über ein ebenbürtiges Format Verbindlichkeiten abzubauen ("Wer wird Schuldenmillionär?"), setzte er ganz auf das Bezahlfernsehen Premiere. Genau diese Irrsinnstat hat dem Fernseh-Mogul letztlich den Hals gebrochen: Obwohl finanziell nicht zum besten gestellt, entschied sich Kirch für eins seiner eigenen überteuerten Premiere-Abos - kein Wunder, daß die Banken da nicht länger mitspielen wollten! Die panischen Reaktionen in Politik und Medien jedoch sind übertrieben: Auch wenn der australische Medien-Zar Murdoch sich jetzt in den deutschen Fernsehmarkt einkaufen will - ein paar Sendungen mit rammelnden Känguruhs verändern die Programmqualität wohl kaum zum Schlechteren. Herzlichst, Ihr
Martin Sonneborn PS: Der Wahlkampf hat begonnen - Friedrich Merz ist ab sofort auch über die URL www.fotzenfritz.tk zu erreichen! |