Inhalt der Printausgabe

TITANIC-Telefonterror

Bei Anruf Aiwanger

Was war da los in Niederbayern? Der Vize-Präsi Hubsi Aiwanger wurde nach seiner Flugblattaffäre vom »linksgrünen Elitenmob aus Berlin« (Aiwanger) »durch den Dreck gezogen« (ebenfalls Aiwanger) und soll nun »verbrannt werden wie die, Sie wissen schon … ja, die Juden, haha!« (Aiwangers Bruder). Und in diesen schweren Wahlkampfzeiten hat ein Spitzenpolitiker, der gerade von Brandrede zu Brandrede hetzt, doch gar keine Zeit, sich darum zu kümmern! Nicht auszudenken, was passierte, wenn nun noch mehr Bubenstreiche ausgegraben würden – alles wäre denkbar! Amtsenthebung, Exil, Wahlergebnisse jenseits der 90 Prozent! Ein Glück, dass TITANIC nicht nur aiwangertreu, sondern auch im ständigen Kontakt mit Deutschlands einzigem Aiwangerimitator Andreas Maria Lugauer steht. Die Aufgabe ist klar: Dafür sorgen, dass »Old Huberhand« auch weiterhin fest im Sattel sitzt. Wie das gelingen soll? Wir telefonieren uns durch Niederbayern und stopfen jedes Leck, das uns unterkommt.

Und wo, wenn nicht in einem Wirtshaus könnte Hubert damals noch diverse andere Streiche gespielt haben? Hier, wo Buben noch Buben sein dürfen, wo einem halt mal die ein oder andere 90minütige Sportpalastrede rausrutscht, was Jahre später von den Linksfaschisten an ihren Tastaturen in den falschen verfassungsfeindlichen Kontext gestellt wird. Man kennt’s ja!

Aiwanger Guten Tag, Aiwanger ist am Apparat? Ja, und zwar Folgendes. Sie kriegen ja vielleicht mit, wie ich gerade von den Medien durch den Kakao gezogen werde.

Wirt Ja.

Aiwanger Und jetzt ist mir zugetragen worden, ich bin ja früher auch oft bei euch eingekehrt, dass es da vielleicht zu der ein oder anderen unschönen Szene gekommen sei. Dass da Fotos gemacht worden sind.

Wirt (germknödelig) Nee, sicher nicht. Ich hab erst seit zwei Jahren ein Handy. (rechnet im Kopf nach) Das kann nicht sein, damals.

Aiwanger Es ist die Rede von Polaroidfotos …

Wirt (aus allen Wolken fallend) Also bei mir weiß ich nix. Hier, ich hab noch nie so eins gesehen, wenn ich ehrlich bin. Aber bei uns ist die Stimmung eher pro Aiwanger als Anti-Aiwanger.

Aiwanger Das freut mich natürlich. Es läuft ja eine Kampagne gegen meine Person. Jeder Bubenstreich wird gegen einen verwendet, ob man ein Flugblatt verfasst hat oder einer Lehrerin Säure ins Gesicht gespritzt haben soll.

Wirt Ja, stimmt. Also bei mir in der Kneipe wird sicherlich nichts verraten, weil hier sind vom Bürgermeister bis zum letzten Handlanger alle eher pro Aiwanger als anti. Mit Sicherheit.

Aiwanger Das freut mich zu hören. Kann ich mich denn auf Sie verlasen, dass, wenn da jemand anruft, dass Sie nichts verraten, was ich früher gemacht habe?

Wirt (schnaubt brüderlich) Ja, vor einer Woche hat eine Zeitung angerufen und ich habe gesagt, ich weiß von nichts, hab ich da gesagt. Ich kann da nichts machen. Keine Ahnung.

Aiwanger Das ist sehr freundlich. Das sind ja alte Muster mit den Systemmedien aus Berlin.

Wirt (kosmopolitisch) Ja!

Aiwanger Also sind Sie alle auf der Seite der Freien Wähler?

Wirt Nee, wir sind auf der Seite von Aiwanger, politisch sind wir alle völlig neutral. Auf jeden Fall sind wir aber pro.

Ein voller Erfolg! Schon mal eine Kneipe im schönen Bayernland ist auf unserer Seite – der Seite von Meinungsfreiheit und Wahrheit. Weiter geht es zur Metzgerstube, hier hat unser Hubsi damals eine ganz pikante Delikatesse in Auftrag gegeben. Und eine blutwurstjunge Metzgereifachkraft begrüßt uns zuvorkommend. Schautime!

Aiwanger Es war damals ’82 am 20. April, also Sie wissen ja, wer da Geburtstag hat? Also wir haben da eine symbolische Sache bestellt. Eine bestimmte (leiser) … Wurstspeise.

Metzgereifachkraft (geschichtsbewusst) Aha, ja. Da habe ich hier aber noch nicht gearbeitet.

Aiwanger Jetzt ist natürlich die Problematik, das soll nicht an die Öffentlichkeit kommen. Also unter Verschluss gehalten werden.

Metzgereifachkraft Ja, das ist klar. Nur da war ich noch nicht hier, das muss der Chef wissen.

Aiwanger Na gut … (schüchtern) Sind Sie Freie Wählerin?

Metzgereifachkraft (überzeugt) Ja.

Aiwanger Und was halten Sie von der ganzen Sache, was da momentan gegen mich gemacht wird?

Metzgereifachkraft Ja, mei. Jeder hat da seine eigene Vorstellung. Ich sag das mal.

Aiwanger Das versteh ich jetzt nicht.

Metzgereifachkraft (klandestin) Da kann ich nicht klären am Telefon. Ich bin ja auf der Arbeit.

Aiwanger Ich wollte halt mal fragen, ich versuche zu schauen, wie es draußen auf dem Land ausschaut. Und Sie hält das nicht davon ab, die Freien Wähler zu wählen, was da passiert ist?

Metzgereifachkraft (unbefangen) Nee, jeder hat da seine eigenen Meinungen … also Meinungsverschiedenheiten. (lacht)

Aiwanger Am Ende ist das Interpretation, nicht wahr?

Metzgereifachkraft Joa, der eine macht so, der andere so.

Aiwanger (volksnah) Wie ist das bei Ihnen mit den Syrern und Flüchtlingen? Ich hab von München aus nicht so den Überblick.

Metzgereifachkraft Ach, Gott. Hier bei uns im Ort?

Aiwanger Gibts da Schwierigkeiten?

Metzgereifachkraft Nee, eigentlich nicht. Aber da müssen Sie mit dem Chef reden, der ist ja länger schon da, also hier.

Der Schulterschluss gelingt bis hinter die entlegensten Theken der Republik. Wie das wohl wäre, so einen Politiker zu haben, für den man die Hand ins Feuer legt und dem man Nazistreiche aus der Jugend verzeiht? Wir stellen uns vor, mit dieser inbrünstigen Treue einem Volker Bouffier oder einem Boris Rhein gedient zu haben. Nachdem wir uns das Erbrochene aus den Lederhosen gewaschen haben, stoßen wir auf eine weitere Wirtschaft nicht weit von Aiwangers Geburtsstätte. Erneut schildern wir die beschämenden Umstände der politischen Lage und hoffen auf joviale Verschwiegenheit des Schankwirts. Kann es uns noch mal gelingen oder endet hier die Reise für Bavaria’s Finest?

Aiwanger (bedrückt) Also es ist nun so, dass ich damals bei Ihnen auch eingekehrt bin und manchmal viel intus hatte. Mich also nicht an alles erinnern kann, was da passiert ist. Und wenn nun jemand aus Berlin … also die Eliten …

Wirt (zähneknirschend) Ja? Die kennt man ja.

Aiwanger Wenn nun so jemand bei Ihnen anruft, dann kann ich mich da auf Sie verlassen, dass da nichts verraten wird? Also dass Sie das so zu Protokoll geben, dass da nicht was passiert ist?

Wirt (kühl) Na, selbstverständlich.

Aiwanger Also kann ich davon ausgehen, dass Sie auf unserer Seite stehen?

Wirt (meisterederig) 100 Prozent.

Aiwanger Das ist schön zu hören.

Wirt 100 Prozent.

Aiwanger Also wenn jemand fragt, dann würden Sie gewisses kompromittierendes Material nicht erwähnen?

Wirt Ja, sicher.

Aiwanger Also Sie wissen, was ich da meine?

Wirt (konspirativ) Ja, selbstverständlich.

Aiwanger Ja, also, dann aber bitte die Lippen unter Verschluss halten, falls Sie da dementsprechend … was wissen.

Wirt (integer, niederbayerisch) Wir sind 100 Prozent Freie Wähler.

Aiwanger (seelenvergnügt) Das ist schön zu hören. Da bedank ich mich, kann ich auf Ihre Stimme zählen?

Wirt Selbstverständlich. 100 Prozent.

Da wird einem ja ganz mulmig warm ums Herz bei so vielen Prozent; wenn man mitbekommt, mit welcher treuherzigen Candeur hier der Mittelstand hinter unserem Hubert steht! Kümmert sich auch das Bäckerhandwerk so rührend um den Lonesome Ranger?

Aiwanger Also vor 20 Jahren ist die Geschichte passiert, wo wir so ein Gebäckstück in einer Form bestellt haben, die man heutzutage, also die würde man heutzutage so nicht mehr bestellen … Und das würd mir dann wieder auf die Füße fallen, die würden das da wieder so umdrehen.

Bäcker Also, ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Gebäckstück … was haben Sie denn da bestellt?

Aiwanger Ja, also am 20. April, Sie wissen ja, wer da Geburtstag hat, und wir haben so eine kleine Gaudi gemacht.

Bäcker Ja, wissen Sie, wie das ausgeschaut hat?

Aiwanger Ja, wer hat am 20. April Geburtstag? So ein Herr mit einem kleinen Bärtchen …

Bäcker Nee, da haben wir nix gemacht.

Aiwanger Also wir haben’s bestellt! Darum gehts hier. (explizit) Die Medien!

Bäcker Nee, da haben wir nix gemacht, mit dem kleinen Bart. Das wüsste ich.

Aiwanger Also ich hör schon raus, dass Sie bei der kommenden Wahl ein Kreuzchen bei uns machen?

Bäcker Nee, weil ich wähle nicht mehr, Sie wissen ja. Die Urne, die Wahlurne da wird die Demokratie begraben, also damit. Also verbrannt. Und in Erding, da haben Sie ja über randgestreifte Themen gesprochen. Es geht ja noch direkter!

Aiwanger Aha? Zum Beispiel?

Bäcker (bühnenreif) Ja, nehmen wir mal Corona, beispielsweise Corona. Das ist eine »Plandemie«, keine Pandemie, die WHO als Gesetzgebungsänderung Paragraph drei, da werden wir Menschen nicht mehr berücksichtigt. Alle haben dafür gestimmt in Europa, die Ganzen. Gibt der WHO einen Freifahrtschein. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen. Wir brauchen einen Friedensvertrag, ein Ende des Besatzungsvertrags. Das muss man aussprechen.

Aiwanger Mehr als das in Erding kann ich gerade nicht machen.

Bäcker Sie brauchen keine Angst haben, wir Wähler sind hinter Ihnen. Sie müssen Rückgrat haben. Dann klappt das alles. Wir fühlen uns beim Klima verarscht, bei der Rente, beim Ukrainekrieg. Das muss alles weg.

Aiwanger Das klingt alles nach Politik mit gesundem Menschenverstand. Sie klingen mir wie ein normaler, bodenständiger Mann,

Bäcker Ja, genau.

Aiwanger Hoffentlich kann ich Sie wieder für die Wahl begeistern.

Bäcker Kennen Sie den Witz mit »vor der Wahl und nach der Wahl«?

Aiwanger Nein.

Bäcker Na, den erzähl ich Ihnen noch schnell … Merkel kommt in den Himmel und sagt: »Ich möchte gern.« – »Du darfst hier bleiben«, sagt er [gemeint ist wohl Gott/Petrus]. Sie schaut sich alles an, alles ist ganz ruhig, ganz chillig, alles ist leise, alles ist schön, alles ist in Ordnung, jedem geht’s gut, und so weiter. Dann sagt sie: »Ich will die Hölle sehen.« Also fahren sie mit dem Aufzug runter, die Tür geht auf: Kaviar, Golfspielen, Pokern, Schampus, Poolparty, einfach eine Riesengaudi. Dann überlegt sie sich es einen Tag und sagt: »Na, dann will ich lieber zu meinen Politikerfreunden in die Hölle hinunter!« Also geht die Tür auf, sie [gemeint sind wohl irgendwelche Teufel/Dämonen] ziehen sie rein, Merkel steht einen Dreiviertelmeter in der Scheiße …

Aiwanger Haha! Köstlich.

Bäcker … alle schaufeln Scheißdreck in die Plastiktüten rein …

Aiwanger Haha!

Bäcker … Feuer brennt, heiß ist es wie die Sau. Da sagt sie: »Wo ist der Pool? Wo ist der Kaviar?« – »Ja, gestern war vor der Wahl, heute ist nach der Wahl!«

Aiwanger Hahaha, ja. Es wird sich mit den Freien Wählern was ändern.

Bäcker Ja, wir brauchen Veränderung.

Ein weiteres Schäfchen, das wieder zur Herde der Vernünftigen geführt wurde. Denn man weiß ja: Jede nicht abgegebene Stimme ist eine Stimme für die SPD. Ein weiterer Mund, der stillhält, wenn die Lügenpresse und ihre Schergen aus Berlin durchklingeln und Dreck aufwirbeln wollen. Apropos Zeit: Ein gemütliches Gasthaus lädt zum Verweilen in der Telefonwarteschleife ein:

Aiwanger Es wird ja in meiner Vergangenheit rumgegraben. Flugblatt, Säureunfall. Alles aus der Schulzeit.

Wirtin Ja, das geht niemanden was an.

Aiwanger Darf ich Sie um ein vertrauliches Gespräch bitten?

Wirtin Na, klar!

Aiwanger Okay, es ist knapp 20 Jahre her, da war ich bei Ihnen im Gasthof, da haben wir, so jung und dumm wie wir waren, so gewisse Sachen gemacht, die wir heute so nicht mehr würden. Die aber auch so nicht ans Licht der Öffentlichkeit kommen dürfen.

Wirtin Okay.

Aiwanger Weil, sie wissen ja. Die Elitenmedien, die drehen bei mir in der Heimat jeden Stein um.

Wirtin Das heißt, Sie schätzen, da könnte jemand vorbeikommen?

Aiwanger Ja, es gab da Fotos, von dem, was da passiert ist. Und einen Camcorder. Wir waren auch in einer gewissen Weise mit Uniformen verkleidet, wo uns die Medien das so hindrehen, als wären wir die größten Nazis gewesen. Aber das war ja alles bloß, Sie wissen schon, oder?

Wirtin Ja, Fasching und so weiter. Man macht ja … seine Gaudi. Man ist jung und dumm.

Aiwanger Genau so war das. Und so war das gemeint, Sie können es sich vorstellen …

Wirtin (unterbricht) Ja, das wird dann durch den Dreck gezogen.

Aiwanger Ja, und ich war da 25 und die werden mir das so drehen, als wär ich heute noch so.

Wirtin (uniform) Ja, klar.

Aiwanger Und ich wollt mich da Ihrer Unterstützung versichern, falls sich da jemand meldet. Und das wird sehr wahrscheinlich passieren. Sind Sie da grundsätzlich auf meiner Seite?

Wirtin Bei uns ist »Gast ist Gast«, egal wie, wo, was. Egal auf welche Art und Weise. Wir haben auch öfter Prominenz drin, die hier schläft. Wir wissen, was Vertraulichkeit ist (lacht lange und laut). Wir wissen von nix, war vor unserer Zeit, fertig.

Aiwanger Also wir hatten auch nicht nur Verkleidungen, es gab auch gewisse Gesten.

Wirtin (abwinkend) Ja, ja.

Aiwanger Ich war ja auch besoffen. Vielleicht habe ich da auch eine Rede imitiert. (schwitzig) Also, das waren andere Zeiten.

Wirtin Da wurd’s auch noch anders gesehen als heute. Wo so was durch den Dreck gezogen wird.

Aiwanger Ja, da sagen Sie was.

Wirtin Da brauchen Sie sich keine Gedanken machen.

Aiwanger (besonnen) Wie sehen Sie das denn, dass da heute alles durch den Dreck gezogen wird?

Wirtin (sittsam) Meiner Meinung nach wird zu viel gemacht. Jeder hat sein Privatleben. Ob das Politik ist oder Promi.

Aiwanger Da sagen Sie was.

Wirtin Dementsprechend, durch die sozialen Medien ist das noch schlimmer geworden. Also von unserer Seite: Ich werde das kommunizieren. Dass auch der Chef Bescheid weiß, von unserer Seite. Was vor 20 Jahren war …

Aiwanger Es wird einem ein Strick aus allem gedreht. Darf ich denn mit Ihrer Stimme rechnen in der Wahl?

Wirtin Bisher eigentlich immer! Aber ich bin Wahlhelfer, ich muss also unparteiisch bleiben. Aber ich bin ehrlich, da machen Sie wirklich alles richtig, also auch bei dem Thema mit dem ganzen Corona-Dreck … Da waren Sie eindeutig der Sympathischere.

Aiwanger Ja, das freut mich zu hören, Sie haben ja in Erinnerung, wie ich damals bei der Impfung, was ich da für eine wichtige Arbeit geleistet habe.

Wirtin (resistent) Richtig. Genau.

Na, also. Auch noch Hunderte Kilometer von Hubert Aiwangers Postleitzahlengebiet hält man zum kernigen Urgestein und noch wichtiger: die Klappe, sollten die schnüffelnden Schmierfinken und Demokratiefeinde aus der Hauptstadt mit ihren Griffeln in der Vergangenheit herumwühlen wollen. Nach sechs Stunden am Telefon ist die Maß voll! Es kam uns keine einzige Seele unter, die nicht hinter Hubert Aiwanger gestanden hätte, man kann also mit Fug und Recht behaupten, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis das Aiwanger-Virus auch die restlichen Bundesländer infiziert und auch wir in Hessen fröhlich sagen dürfen: »Nee, davon haben wir damals nichts mitbekommen. 100 Prozent!«

 

Andreas Lugauer / Sebastian Maschuw

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Katsching, Todd Boehly!

Sie haben sich von Ihrem sauer Errafften den englischen Fußballverein FC Chelsea angelacht, der Titel holen soll, allerdings unter Ihrer Leitung lediglich einen einstelligen Tabellenplatz im nationalen Wettbewerb vorzuweisen hat. Zur Generalüberholung der in der Mittelmäßigkeit versackten Blauhemden sind auf Ihr Geheiß für über eine Milliarde Euro insgesamt 39 Fußballer verpflichtet worden, womit der aktuelle Kader mindestens 44 Spieler umfasst (darunter zehn Torhüter, von denen laut derzeit gültigem Regelwerk leider trotzdem nur einer das Tor hüten darf).

Zu dem über Ihrer Truppe ausgekübelten Spott tragen wir allerdings nicht bei, aus unserem Mund also keine Mutmaßungen über beengte Verhältnisse unter der Dusche oder die vollen Körbe am Trikotwaschtag. Denn selbstverständlich wird ein ausgebufftes Finanzgenie wie Sie, Boehly, seine Gründe haben, viermal elf Freunde mit Verträgen, die zum Teil bis ins nächste Jahrzehnt laufen, auszustatten. Denn wissen wir nicht alle, dass in diesen unsicheren Zeiten das Geld auf der Bank am besten aufgehoben ist?

Guckt eh lieber von der Tribüne aus zu: Titanic

 Ho ho ho, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro!

Ho ho ho, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro!

Mitten im Streit um das wohl von Ihnen manipulierte Wahlergebnis bei der Präsidentschaftswahl haben Sie wieder einmal tief in die politische Trickkiste gegriffen: »Es ist September, und es riecht schon nach Weihnachten«, frohlockten Sie in einer Fernsehansprache. »Als Dank an das kämpferische Volk werde ich daher Weihnachten per Dekret auf den 1. Oktober vorziehen.«

Wir haben sogar eine noch bessere Idee, Maduro: Könnten Sie nicht per Dekret Weihnachten von Anfang Oktober bis Ende Dezember stattfinden lassen? Im Gegensatz zum Kanzler in seinem kapitalistischen Schweinesystem können Sie doch sicher bestimmen, dass die planwirtschaftliche Lebkuchen-Vanillekipferl-Produktion schon im Juni anläuft. So können Sie sich nicht nur ein paar Tage, sondern ganze drei Monate Ruhe zum Fest schenken!

Rät Titanic

 Tatütata, LKA Niedersachsen!

»Ganz viel Erfolg morgen bei der Prüfung, liebe Karin«, sagt angeblich das gesuchte ehemalige RAF-Mitglied Burkhard Garweg gut gelaunt in einem Video, das bei der Fahndung im Presseportal unter der Rubrik »Blaulicht« veröffentlicht wurde. Die Fahnder/innen erhofften sich dadurch, so heißt es, neue Hinweise, und richten sich deshalb mit den Fragen an die Bevölkerung: »Wer ist ›Karin‹ bzw. ›Carin‹?« und: »In welchem Zusammenhang steht sie zu Burkhard Garweg?«. Schön und gut, da möchten wir nach einem derartigen Cliffhanger nun aber auch die Frage hinzufügen: Wie ist Karins Prüfung denn nun eigentlich gelaufen?

Hinweise an Titanic

 Philipp Bovermann (»SZ«)!

Früher hatten Sie Angst vor der Klimakatastrophe. Heute sind Sie Mitte dreißig und haben dazugelernt: »Ich kann heute nur noch darüber staunen, wie wenig tief mich die Tatsache bekümmert, dass der Planet überhitzt, dass Arten verschwinden, Ökosysteme kollabieren, Regenwälder brennen, Meeresböden sich in Wüsten verwandeln. Menschen werden sterben, Menschen sterben schon heute, das Leid der Tiere sprengt alle Vorstellungskraft – aber jetzt stehe ich auf meinem Balkon, habe mir ein Leben aufgebaut, mit einem tollen Job, einer tollen Frau, einer tollen Tochter, unten auf dem Teich schwimmt eine Entenfamilie vorbei, und geblieben ist nur die sanfte Sorge, dass ich mir zu wenig Sorgen mache. Ich grusele mich vor mir selbst. Aber nur ein winziges bisschen.« Denn »vielleicht ist es rational, wegen des Klimawandels ruhig zu bleiben und sich auf das Leid im Hier und Jetzt zu konzentrieren. Die Welt wird schon nicht gleich untergehen.«

Nein, Kollege Bovermann, wird sie nicht, jedenfalls Ihre nicht. An den Menschen in Südostasien oder Osteuropa, betroffen von einem exemplarischen Regen aus der neuen Klimagegenwart, schwimmen derweil keine Entenfamilien, sondern ihre toten Töchter vorbei, während Sie sich so arg auf das Leid im Hier und Jetzt konzentrieren, dass es alle Vorstellungskraft sprengt.

Vorm ewigen Jungspießer gruselt’s da ein bisschen: Titanic

 Mal halblang, Polizei Düsseldorf!

Irgendwie war ja zu erwarten, dass Du Dich in Deinen Ermittlungen zum Anschlag in Solingen von rassistischen Debatten und wütenden Rufen nach Massenabschiebungen beeinflussen lässt. Wenn Du in einem Aufruf an die Bevölkerung aber auch noch um »Angaben zur Herkunft der abgebildeten Regenjacke« bittest – gehst Du damit nicht ein bisschen zu weit?

Deine Sittenwächterin von der Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Zum Sterben hoffentlich zu dämlich

In der Wartezone der Arge in Fürth sitzen zwei Männer um die vierzig. Einer der beiden hält eine aufgeschlagene Tageszeitung so, dass der zweite mitlesen kann. Geduldig blättern sie gemeinsam bis zur Seite mit den Todesanzeigen. »Schau«, sagt der eine, »da ist einer zwei Mal gestorben.« – »Wie kommst du darauf?« – »Lies doch! Derselbe Name in zwei Anzeigen.« – »Tatsächlich! Zwei Mal gestorben. Wie er das wohl geschafft hat?« Eine längere Denkpause setzt ein. »Wahrscheinlich einer wie ich, der nichts auf Anhieb hinkriegt«, schlussfolgert der eine dann. »Ha, das kommt mir bekannt vor!« stimmt der zweite ein. »Meine erste Frau mit den Kindern abgehauen, Führerschein schon drei Mal gemacht. Also zwei Mal wegen Alkohol, und ich weiß gar nicht, wie oft ich schon hier nach einer neuen Arbeit angestanden bin.« – Seufzend: »Hoffentlich kriegen wir wenigstens das mit dem Sterben mal besser hin als der hier …«

Theobald Fuchs

 Unangenehm

Auch im Darkroom gilt: Der Letzte macht das Licht aus.

Sebastian Maschuw

 Reality-TV

Bei der Fernsehserie »Die Nanny« gibt es diese eine Szene, in der die Mutter der Nanny, Sylvia Fine, in einem Pariser Restaurant mit dem Kellner kommunizieren will. Da sie kein Französisch spricht, nutzt sie zum Austausch ausschließlich den Text des französischen Kinderliedes »Frère Jacques«: Mit »Frère Jacques« ruft sie den Kellner, mit »Ding-ding-dong« fordert sie einen neuen Kaffee und so weiter. In der Serie klappte das sehr gut, und als Kind fand ich es auch ausgesprochen lustig, war mir allerdings sicher, dass das in der Realität nie funktionieren würde – bis es mir selbst gelang. Das kam so: Im Fitnessstudio wartete ein junger Mann am Tresen vergeblich auf einen Trainer. Vergeblich, weil er die im Tresen eingelassene Klingel nicht betätigt hatte. Nun hatte ich ihn während des Trainings Französisch sprechen hören, sprach allerdings selbst keines. Da ich aber der Einzige war, der sein vergebliches Warten bemerkte, ging ich schließlich hin, zeigte auf die Klingel und sagte »Sonnez les matines! Sonnez les matines!« Er verstand sofort und klingelte ausgiebig. Kurz darauf erschien der Trainer und ließ ihn hinaus. Da soll noch mal einer sagen, Fernsehen würde im Leben nicht helfen.

Karl Franz

 Quo vadis, Fortschritt?

Unfassbar: Nach so vielen Jahren des Horrorfilms gruseln sich die Leute noch vor der Nosferatu-Spinne. Wann taucht in unseren Breiten endlich die Slasher- oder Zombie-Spinne auf?!

Mark-Stefan Tietze

 Mitläuferin? Ganz im Gegenteil!

Meine Oma fuhr im Widerstand Motorrad.

Andreas Maria Lugauer

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 03.10.: Der MDR kramt bei der Debatte, ob Ostdeutschland in den Medien schlechtgeredet wird, die Zonen-Gaby wieder hervor.
  • 26.09.:

    Noch-Grünenchefin Ricarda Lang retweetet "ihren" Onlinecartoon vom 25.09.

  • 18.09.: TITANIC-Zeichnerin Hilke Raddatz ("Briefe an die Leser") ist mit dem Wilhelm-Busch-Preis geehrt worden. Die SZLZ und der NDR berichten.
  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

Titanic unterwegs
23.10.2024 Karlsruhe, Tollhaus Max Goldt
23.10.2024 Berlin, Walthers Buchladen Katharina Greve
24.10.2024 Stuttgart, Im Wizemann Max Goldt
25.10.2024 Potsdam, Waschhaus-Arena Thomas Gsella