Inhalt der Printausgabe

Kennt ihr schon die Lobos?

Wenn ein alter Mann und eine junge Frau sich ganz ganz lieb haben, dann kommt da manchmal ein Podcast (früher Sextape genannt) bei raus oder sogar ein Paar, das jetzt immer als Experten-Wir auftritt. Wie sieht es so in Jule und Sascha Lobo aus? TITANIC war exklusiv dabei!

Nänänä,

wir sind die Lobos, beziehungsweise DAS EHEPAAR LOBO, manchmal auch Jule und Sascha Lobo oder sogar Jule Lobo und Sascha Lobo, und andere nennen uns zum Beispiel »Journalistenpaar«, »Autorenpaar« oder »Podcastpaar«, aber auch »nervige Idioten« und »Power-Couple«. Aber Achtung, wir sind nicht einfach ein stinknormales, langweiliges, heterosexuelles Paar! Nein, wir ficken und streiten nicht einfach nur wie die einfachen Leute, erzählen uns bis zum Tod Anekdoten aus der Kindheit, versuchen ständig, unser Essverhalten in Richtung gesund anzupassen, handeln immer wieder aus, wer die schlimmeren Eltern hat und vergleichen täglich unsere Kalender miteinander, um noch was reinzuquetschen. Nee, wir sind zudem noch superschlau und interessieren uns für Politik, Medien, Netz-, Pop- sowie Debattenkultur! Da gucken wir nämlich mit kritischem Blick drauf, und genau so haben wir uns auch bei Twitter kennengelernt, in irgendeinem Shitstorm, in irgendeiner Debatte über irgendetwas, woran sich heute niemand mehr erinnert, weil es null Bedeutung für die echten Leute hatte. Nun, paar Jahre später, gibt es unser erstes gemeinsames Baby: unseren Podcast. Und es gibt noch ein weiteres Baby: ein Menschenbaby, das durch unseren Sex entstanden ist, mit Penis und Scheide. Und bald kommt direkt noch ein weiteres Baby. Und da wir einige Babys haben, sind uns Sachen wichtig, für die sich Singles ohne Baby null interessieren, weil sie kurzsichtige Egoisten sind, denen der Blick für das bigger picture fehlt. Und wir bringen auch schon ohne Nachkommen voll die breite Perspektive mit, weil wir super unterschiedlich sind, ja quasi divers! Ich (Jule Lobo) komme vom Land, ich (Sascha Lobo) aus der Stadt; ich (Jule Lobo) bin Millennial, ich (Sascha Lobo) Generation X, Aszendent Boomer; ich (Jule Lobo) bin eine Frau, ich (Sascha Lobo) bin ein Mann; ich (Jule Lobo) poste auf Instagram vor allem Bilder von Familienzeugs, ich (Sascha Lobo) mein eigenes Gesicht. Und unser Sponsor heißt Jimdo.

Nänänanä,

unser Podcast heißt »Feel the News – Was Deutschland bewegt«, und da soll es halt so um die Gefühle gehen, die man bezüglich der Nachrichtenlage hat. Und obwohl niemand was dagegen hat und sich sowieso schon seit Jahren und vor allem in Podcasts die eher emotionalen Erzählungen durchgesetzt haben, verteidigen wir wo es nur geht unseren ach so neuartigen Zugang. Zum Beispiel erklären wir immer, dass unser Podcast so ist wie ein Familiengespräch, so wie wir es von früher kennen, weil wir voll die interessanten politischen Familien hatten, wo ständig die Nachrichten am Küchentisch diskutiert worden sind und nicht etwa wer heute noch mit dem Hund »Nänänä- nääääää!«raus muss. Und wir haben natürlich unseren Luhmann gelesen, irgendwas mit Medien, und sind besonders konstruktiv. Das ist uns voll wichtig, weil wir sind nicht wie die anderen Asis im Internet, deshalb blocke ich (Sascha Lobo) alle möglichen Leute im Internet, und ich (Jule Lobo) diskutiere nur noch gewinnbringend und nicht so sinnlos wie der Pöbel. Wir verstehen Debatten und stehen über ihnen, aber wir sind auch bescheiden, deswegen lernen wir natürlich noch dazu, aber wir sind da einfach schon viel weiter als du, der*die du das hier gerade liest, zum Beispiel. Wir gendern. Wir stehen auf gelungene Diskussionen und können uns durch Empathie auch mal in andere hineinversetzen. Wir sind ultra special einfach und unser Sponsor heißt Jimdo.

Nänänänänä,

wir vertreten megagern auch mal eine edgy Meinung, die dem entgegensteht, was die Leute auf Twitter finden, und halten das dann nicht etwa für die Mainstream-Meinung, die immer dem entgegensteht, was die Leute auf Twitter finden, sondern denken, das sei selten und fresh und klug. Zum Beispiel scheuen wir uns nicht, Reiche wie Frank Thelen und Elon Musk differenziert zu betrachten oder sogar cool zu finden, wow, wir trauen uns einfach was. Dann erfinden wir, also vor allem ich (Sascha Lobo), immer wieder affige Begriffe, wie zum Beispiel »Lumpen-Pazifismus«, weil Leute wie Alice Schwarzer, die keinen eskalierenden Krieg wollen, »Wir sind übrigens ein Paar! Mit Knutschen!« während man selbst voll den Durchblick und den richtigen offenen Brief zur Hand hat, irgendwie eklig sind. Aber auch auf die Schöpfung »Toxic Wokeness« sind wir voll stolz. Genial, wie wir analysieren, dass es auf Twitter drunter und drüber geht. Überhaupt ist Twitter das Wichtigste und super repräsentativ für uns, völlig egal, dass nur 1,4 Millionen Deutsche überhaupt täglich Twitter nutzen. Aber da kommen halt die gut klickenden Themen her! Auf Twitter gibt es nämlich Leute, die sich nicht zu benehmen wissen und absolut geltende Urteile fällen, während wir selbst voll die flexiblen Urteile fällen, indem wir Leute zum Beispiel als »Lumpen-Pazifisten« bezeichnen. O Gott, seid ihr anderen dumm wie Scheiße. Huch, haben wir das gerade laut gesagt? Jule, kannst du die Story bitte wieder löschen? Wir grüßen außerdem unseren Sponsor Jimdo!

Nänänänänänä,

wir freuen uns immer total, wenn wir mal unterschiedlicher Meinung sind, was meistens bedeutet, dass einer eine Sache ein Mü schlimmer findet als die andere, dann werden unsere Stimmen ganz gespannt, dann wittern wir den geilen Diskurs und reiten dann eine Weile darauf rum, damit die Leute nicht denken, man sei bereits zu einer Person verschmolzen, weil das wäre ja so voll pärchenmäßig, aber am Ende hat dann doch wieder jemand recht oder es ist egal und dann sind wir wieder WIR. Deswegen bekommen wir bald noch ein Baby und unser Sponsor heißt Jimdo.

Nänänänänänänä,

wir lassen nicht nur die Welt an unseren erfundenen Küchentischgesprächen teilhaben, sondern treten jetzt auch gemeinsam draußen auf, zum Beispiel in Talkshows. Da sitzen wir dann nebeneinander und bekommen extra ein Sofa für zwei, für unsere Pärchenhaftigkeit, für unsere Ehe, für uns Lobos. Nicht einen Sessel oder einen Stuhl wie traurige unschwangere Single-Eingeladene, sondern schön geräumig zum Kuscheln. Dort tun wir dann angestrengt so, als würden wir nicht lieber netflixen wollen, sondern machen immer schön weiter mit Politik und so, und ich (Sascha Lobo) rede mit sanfter Stimme, damit ich nicht wie ein Macker rüberkomme, »Politik und Diskurse!«und wenn das Thema was mit Feminismus ist, werde ich auch selbstkritisch und räume ein, dass ich (Sascha Lobo) der Jule Lobo manchmal auch was mansplaine, da muss ich halt dran arbeiten. Und wenn ich (Jule Lobo) was sage, dann warte ich (Sascha Lobo) immer drauf, dass sie fertig wird, ihren Satz zu Ende bringt, gucke aber feministisch dabei, so à la »that’s my girl«, was eigentlich schon wieder ein neues zu benennendes Phänomen sein könnte. »Manswaiting« oder so, vielleicht wird das ja Thema der nächsten Podcastfolge. Gerade jetzt, wo wir Eltern sind, könnte das auf Twitter von Bedeutung sein … Unser Sponsor heißt Jimdo. Jimdo ist ein Webseiten-Baukasten, den wir gern ins Liebesspiel integrieren.


Paula Irmschler

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Lieber Fritz Merz,

im Podcast »Hotel Matze« sagst Du, dass Du in Deutschland große Chancen bekommen hättest und etwas zurückgeben wolltest. Jawollo! Wir haben da direkt mal ein bisschen für Dich gebrainstormt: Wie wär’s mit Deinem Privatjet, dem ausgeliehenen vierten Star-Wars-Film oder dem Parteivorsitz? Das wäre doch ein guter Anfang!

Wartet schon ganz ungeduldig: Titanic

 Deine Fans, Taylor Swift,

Deine Fans, Taylor Swift,

sind bekannt dafür, Dir restlos ergeben zu sein. Sie machen alle, die auch nur die leiseste Kritik an Dir äußern, erbarmungslos nieder und nennen sich bedingt originell »Swifties«. So weit ist das alles gelernt und bekannt. Was uns aber besorgt, ist, dass sie nun auch noch geschafft haben, dass eine der deutschen Stationen Deiner Eras-Tour (Gelsenkirchen) ähnlich einfallslos in »Swiftkirchen« umbenannt wird. Mit Unterstützung der dortigen Bürgermeisterin und allem Drum und Dran. Da fragen wir uns schon: Wie soll das weitergehen? Wird bald alles, was Du berührst, nach Dir benannt? Heißen nach Deiner Abreise die Swiffer-Staubtücher »Swiffties«, 50-Euro-Scheine »Sfifties«, Fische »Sfischties«, Schwimmhallen »Swimmties«, Restaurants »Swubway« bzw. »SwiftDonald’s«, die Wildecker Herzbuben »Swildecker Herzbuben«, Albärt »Swiftbärt« und die Modekette Tom Tailor »Swift Tailor«?

Wenn das so ist, dann traut sich auf keinen Fall, etwas dagegen zu sagen:

Deine swanatische Tayltanic

 Du, »MDR«,

gehst mit einer Unterlassungserklärung gegen die sächsische Linke vor, weil die im Wahlkampf gegen die Schließung von Kliniken plakatiert: »In aller Freundschaft: Jede Klinik zählt.« Nun drohen juristische Scharmützel nebst entsprechenden Kosten für beide Seiten. Wie wäre es, wenn die Linke ihr Plakat zurückzieht und im Gegenzug nur eine einzige Klinik schließt? Die Ersparnisse dürften gewaltig sein, wenn die Sachsenklinik erst mal dichtgemacht hat.

Vorschlag zur Güte von Deinen Sparfüchsen von Titanic

 Ach, welt.de!

Die Firma Samyang stellt offenbar recht pikante Instant-Ramen her. So pikant, dass Dänemark diese jetzt wegen Gesundheitsbedenken vom Markt genommen hat. Und was machst Du? Statt wie gewohnt gegen Verbotskultur und Ernährungsdiktatur zu hetzen, denunzierst Du Samyang beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, wo Du fast schon hämisch nachfragst, ob das Produkt vielleicht auch hierzulande verboten werden könne.

Das Amt sekundiert dann auch sogleich bei der Chilifeindlichkeit und zählt als angebliche »Vergiftungssymptome« auf: »brennendes Gefühl im (oberen) Magen-Darm-Trakt, Sodbrennen, Reflux bis hin zu Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Bauch- und Brustraum. Bei hohen Aufnahmemengen können zudem Kreislaufbeschwerden auftreten – beispielsweise Kaltschweißigkeit, Blutdruckveränderungen und Schwindel«. Hallo? Neun von zehn dieser »Nebenwirkungen« sind doch der erwünschte Effekt einer ordentlich scharfen Suppe! Erbrechen müssen wir höchstens bei so viel Hetze!

Feurig grüßt Titanic

 Wurde aber auch Zeit, Niedersächsische Wach- und Schließgesellschaft!

Mit Freude haben wir die Aufschrift »Mobile Streife« auf einem Deiner Fahrzeuge gesehen und begrüßen sehr, dass endlich mal ein Sicherheitsunternehmen so was anbietet! Deine Mitarbeiter/innen sind also mobil. Sie sind unterwegs, auf Achse, auf – um es einmal ganz deutlich zu sagen – Streife, während alle anderen Streifen faul hinterm Büroschreibtisch oder gar im Homeoffice sitzen.

An wen sollten wir uns bisher wenden, wenn wir beispielsweise einen Einbruch beobachtet haben? Streifenpolizist/innen? Hocken immer nur auf der Wache rum. Streifenhörnchen? Nicht zuständig und außerdem eher in Nordamerika heimisch. Ein Glück also, dass Du jetzt endlich da bist!

Freuen sich schon auf weitere Services wie »Nähende Schneiderei«, »Reparierende Werkstatt« oder »Schleimige Werbeagentur«:

Deine besserwisserischen Streifbandzeitungscracks von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Reifeprozess

Musste feststellen, dass ich zum einen langsam vergesslich werde und mir zum anderen Gedanken über die Endlichkeit allen Lebens mache. Vor meiner Abreise in den Urlaub vergaß ich zum Beispiel, dass noch Bananen in meiner Obstschale liegen, und dann dachte ich zwei Wochen darüber nach, wie lange es wohl dauert, bis die Nachbarn wegen des Geruchs und der Fliegen aus meiner Wohnung die Kripo alarmieren.

Loreen Bauer

 Ein Lächeln

Angesichts der freundlichen Begrüßung meinerseits und des sich daraus ergebenden netten Plausches mit der Nachbarin stellte diese mir die Frage, welches der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen sei. Sie beantwortete glücklicherweise ihre Frage gleich darauf selbst, denn meine gottlob nicht geäußerte vage Vermutung (Geschlechtsverkehr?) erwies sich als ebenso falsch wie vulgär.

Tom Breitenfeldt

 Zeitsprung

Dem Premierenpublikum von Stanley Kubricks »2001: Odyssee im Weltraum« wird der Film 1968 ziemlich futuristisch II vorgekommen sein.

Daniel Sibbe

 Dialog auf Augenhöhe

Zu meinen Aufgaben als Marketingexperte in einem modernen Dienstleistungsunternehmen gehört es unter anderem, unzufriedene Kunden zu beschwichtigen. Vor kurzem beschwerte sich einer von ihnen darüber, dass wir in unseren Texten immer dieselben Bausteine verwenden. Die Mail ließ mich ganz irritiert zurück. Ein Glück, dass wir für genau solche Anfragen gleich fertige Antworten haben.

Andreas Maier

 Der kästnerlesende Kniebeuger

Es gibt nichts Gutes
Außer man Glutes.

Sebastian Maschuw

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster