Inhalt der Printausgabe
»Ich sehe wen, den du nicht siehst!«
Gesichterraten mit einem Super-Recognizer
Nur 1 Prozent der Menschen (also ziemlich viele) verfügt über diese Gabe: Sogenannte Super-Recognizer können Gesichter in großen Mengen oder auf unübersichtlichen Aufzeichnungen wiedererkennen, selbst wenn die Gesichter geschminkt oder anderweitig verändert sind.
Die Polizei setzt immer mehr auf diese Gedächtnis-Champions, inzwischen sogar die deutsche: Fünf Super-Recognizer hat etwa die Frankfurter Polizei im Dannenröder Forst eingesetzt.
Exklusiv für TITANIC zeigt Frederic Jäschke, der seit Anfang des Jahres für das Ordnungsamt Offenbach arbeitet, sein Können …
Ich … – ich meine: ein Freund von mir hat die Seite-1-Mädchen der Bild damals alle ausgeschnitten, gesammelt und archiviert. Das müsste Cora sein, 21, Fleischerin aus Dinslaken.
Dieser Fall hat uns alle mitgenommen. Bleibt die Frage, ob man da nicht doch jemanden öffentlich hingerichtet hat, nur um ein Exempel zu statuieren? Die Bilder des in der Haft um zehn Jahre verjüngten Uli Hoeneß gingen jedenfalls um die Welt. Da dürfte es Job- und Date-Anfragen nur so gehagelt haben. So gesehen ein Eigentor für die Justiz.
August 2018 … Dresden, nicht wahr? Hier gibt es gleich mehrere markante Merkmale, anhand deren ich den Herrn identifizieren kann: Nase, Ohren … ja, ich sehe auch einen Mund. Die Frage ist allerdings nicht, wer der Mann ist, sondern wer ihn widerrechtlich gefilmt hat. Das ist eine Straftat! In solchen Momenten verliere ich beinahe den Glauben an den Rechtsstaat.
Ah ja, da klingelt was! Warten Sie, ich muss mich in meinen Gedankenpalast begeben … Also, ich sehe einen Engel mit Eisaugen. Eisaugen … wann saugt man Eier aus? Na klar, zu Ostern! Ostern ist ein christliches Fest. Christdemokraten! Und was ist das Symbol des Christentums? Der Fisch! Es handelt sich um den CDU-Abgeordneten Axel Fischer, der sich von Aserbaidschan mit Masken hat schmieren lassen. Sofort festnehmen, und den Raffke Amthor gleich mit!
Ha, jetzt wird’s aber unheimlich. Verfolgen Sie mich? Bei dem Typen habe ich mir gestern einen doppelten Chai-Latte mit Stutenmilch bestellt. Netter Typ. Habe mit Karte bezahlt, seither zeigt der Bankomat seltsamerweise an, ich sei im Dispo. Gut, dass Sie mich daran erinnern.
Wir waren jung, wir waren frei. Damals durfte ich mit Mama länger aufbleiben und bis spätabends Röhrenfernsehen schauen. Klar kenn ich die noch: »Ein bisschen Frieden, ein bisschen Freude …«. Corinna May, oder?
Ich erinner’ mich, als sei es 2002 gewesen: Deutschland gegen Kamerun. Ergebnis: 2 : 0 für Deutschland. Kein Wunder bei der Abwehrkette. Ganz großer Fußball!
Manche Fälle lassen mich einfach nicht los. Auch wenn die Tat, die diesem Beschuldigten zur Last gelegt wurde, längst verjährt und vergessen ist – zu entschuldigen sind diese »Wetten, dass ..?«-Sendungen niemals! Der Name von dem Kerl fällt mir gerade nicht ein.
Ach, jetzt wollen Sie mich foppen, was? Ich soll wohl denken, hier wäre der legendäre Chupacabra zu sehen, dabei handelt es sich eindeutig um den nicht minder legendären Dirigenten Kurt Masur. Das ist eine ältere Aufnahme, wie man an der Farbgebung erkennen kann: Ich sehe Weiß, Schwarz sowie weitere Töne, die wir fachsprachlich »Grautöne« nennen.
Den Schlapphut erkenn ich aus zehn Seemeilen Entfernung: Das ist Molotow-Michi, der ist hier im Angelsportverein Sachsenhausen. Hat neulich eine Brasse gefangen und ihr einen Polenböller in den Schlund geschoben. Das war ’ne Sauerei, sag ich Ihnen. Nur Michi hat gegrölt. (Er ist sich als Kind angeblich mal selbst mit dem Kettcar über den Kopf gefahren.)
Bei solch raffinierter Tarnung gerate selbst ich an meine Grenzen. Dennoch glaube ich, diesen Verdächtigen schon einmal in einer Disneyland-Attraktion erhascht zu haben, als er seine Lebensgefährtin misshandelt hat. Halt, nein – das war nur eine Rolle, die er gespielt hat. Trotzdem: Freibeuterei ist kein Kavaliersdelikt, auch nicht in 3D.
In dieses Antlitz habe ich schon viele Male geblickt. Unheimlich, es kommt mir vor, als hätte ich das vor einer Sekunde getan. Hab ich ja auch! Moment ... Das bin ich!
Torsten Gaitzsch / Fabian Lichter