Inhalt der Printausgabe

»Wir spalten euch den Arsch!«

Sie sind erfolgreich. Sie stehen bei großen Clubs unter Vertrag. Ihre Ablösesummen sind astronomisch. Sie wissen nicht, wohin mit ihrem Geld.
Sie sind unnahbar.
Wir nähern uns ihnen trotzdem. Das sind die deutschen Stars der Fußball-WM – dem Topevent 2019 vom 7. Juni bis 7. Juli in Frankreich.

Margarita »Swagarita« Schulze

Manche sagen, Margarita Schulze sei die beste Mittelfeldspielerin der Welt. Andere sagen, sie sei die schlechteste Mittelfeldspielerin der Welt, da ist sich die Fußballwelt uneins. Fest steht: Die Tochter einer deutschen Kassiererin und eines spanischen Schweinehirten kommt von ganz unten, aus Süddeutschland. Eine raue Kindheit in den Outskirts von Oberndorf am Neckar lehrte sie, sich durchzubeißen, auch mal durch die Schulter einer Gegenspielerin. Schulze kann viel einstecken. »Am liebsten Geld«, erklärt die 27-jährige Sympathisantin metallicglänzender Flitzer mit Flügeltüren. Bei Instagram präsentiert sie stolz ihre neuesten Zukäufe: einen Lamborghini, einen Ferrari 458 Spider sowie Olof Johannsen, minderjähriges Model aus Uppsala. Nach Trainingsschluss geht sie gerne feiern: »Schieß hard, paaarty hard!« Die Glam- und Flankengöttin vereint Red-Carpet mit Roter Karte wie keine zweite. Zu ihren Freunden zählen Schwesta Ewa und Lady Bitch Ray. Handshakes mit Billie Eilish und Annalena Baerbock sind für Schulze »fucking normal«. Am Ende eines exzessiven Abends kramt sie einen Batzen grüner Scheine aus der Nike-Jogginghose und flatscht ihn auf die Theke. Fußball spielt sie aber auch gut, aktuell beim Kultclub »Cercle Brügge« im Besitz der belgischen Oligarchin Herga Merckx-Poelvoorde. Neider bezeichnen Schulze als abgehoben, vor allem bei meterhohen Kopfbällen. Ihre Waden zieren grafisch gestaltete Zeichen von Maserati, Porsche und Hubba Bubba. »Mein neuer Sponsor«, sagt sie achselzuckend. Vor der WM fühlt sie sich »fit wie ein Valentino Garavani Sneaker«. Schulze freut sich auf fachkompetente Bitchfights und blattgoldglasiertes Cordon D’Or.

Jennifer »Paaraufsmaul« Mészáros

Jennifer Mészáros, Offensivwaffe des VfL Wolfsburg, ist die Stürmerin der Saison. Die Aufsteigerin verrät ihr Geheimnis: »Ich trainiere jeden Tag.« Gegenspielerinnen dribbelt sie mitleidlos aus, arbeitet mit ausgefuchsten Tricks: »Guck mal, da oben, ein Vögelchen!«, gellt sie den Rivalinnen zu, ehe sie den Ball nonchalant im Tor versenkt. Mészáros’ Botschaft an die Mitfavoritinnen aus Brasilien, USA und Co.: »Ich kille euch alle! Und vorher besiege ich euch bei der Weltmeisterschaft, hehe.« Die Vorrundenpartien kennt sie auswendig, sogar mit Datum. Kalt lächelnd unterbreitet sie ihre Pläne bei der Pressekonferenz des DFB: »Zuerst spielen wir gegen Slowenien und spalten ihnen den Arsch. Dann ficken wir Tschechien. Dann wird Island durchgenudelt, bis der Vesuv qualmt, dann die Färöer Bitches und zum Schluss die gesamte FIFA, wenn wir nicht ins Finale einziehen!« Ihren linken Oberarm ziert ein Satanskreuz, kopfüber hängt daran ein blutiges Schwein im französischen Trikot. Die Tochter ungarischer Einwanderer ist bekannt für gepfefferte Tweets, am liebsten gegen den Lieblingsfeind, die gastgebende Équipe Tricolore: »Ich mach euch Bataclan! Ich mach euch Notre-Dame, ihr Fatherfuckeeers!« Ihre jüngste Message: »In diesem Sommermärchen bin ich die böse Hexe« lässt einiges erwarten. Fußball-Deutschland steht geschlossen hinter ihr.

Maritzebill Huber

Kein Zweifel: Marit-Sibyll Huber, wie die 31-Jährige bürgerlich heißt, ist die Gutelaune-Bärin der deutschen Mannschaft. Nach verlorenem Match, wenn die Kolleginnen frustriert herumrandalieren und das Testosteron durch die Kabine wabert, sorgt sie für gute Stimmung. Die rheinische Frohnatur, die den Fußball auch mal als »Tretpflaume« oder »Pille« apostrophiert, ist immer zu Scherzen aufgelegt, und mit Witzen über die Kontrahentinnen (»Der Ball war so lasch geschossen, den konnte man unterwegs noch aufpumpen«) bringt sie ihre Elf zum Wiehern. Ihre Spielphilosophie: »Wenn’s scheiße läuft, läuft’s scheiße.« Hubers fröhliches Mundwerk kommt ihrer Spielposition als Torhüterin optimal entgegen. Mit flotten Sprüchen wie »Vorsicht, Hose rutscht«, »Das gibt ’nen Schwalbimeter« und zackigen Hampelmännern auf der Torlinie treibt sie die gegnerischen Sturmspitzen zuverlässig in den Wahnsinn. Ihr größter Karrieresprung: Anfang der letzten Saison wechselte die Kult-Keeperin vom Kölner FC zum 1. FC Köln. Die Ablösesumme: »Vierstellig«, jubelt Huber noch heute, die selbst Rückschläge mit Humor nimmt, wie jüngst nach einer Zerrung: »Tja, mit meinen Bändern kann ich jetzt wohl Gummitwist spielen.« Vor der Partie gegen die Rivalinnen aus dem hohen Norden witzelt »Mrs. Bean« (Huber über Huber) bereits auf Facebook: »Wie nennt man einen Panda auf Isländisch? Bambusbjörn!« Auch die Gastgeberinnen nimmt sie aufs Korn: »Die Französinnen sollen echt gut sein – die Crêpe de la Crêpe des Fußballs!« Bei solchen Brüllern verzeihen ihr die deutschen Fans schon mal manch durchgeflutschten Ball und ein illegales Girokonto auf den Marshallinseln. Hubers Pläne für die WM: »Am Ende erreichen wir das Finale und spielen in der Hauptstadt. London, wir kommen!«

Annalena »The Normal One« Mayer

Das ist Annalena Mayer, 22 Jahre alt. Eigentlich wollte sie Einzelhandelskauffrau werden, aber ihr linker Zauberfuß und ihre phänomenale Laufbereitschaft machten sie zur unverzichtbaren Innenverteidigerin der deutschen Elf. Besondere Interessen hat sie keine. Mayer geht gerne zum Training und am Abend wieder nach Haus. Das PR-Team des DFB sagt, sie solle mehr aus sich herausgehen, sich ein extravagantes Hobby zulegen, osteuropäische Sneakers sammeln, billige Tattoo-Stulpen tragen, Balljungen blutgrätschen oder einem Taxifahrer im Streit den Kiefer brechen, irgendwas, um aus Annalena Mayer die Marke »Annalena Mayer« zu machen. Annalena Mayer ist aber noch am Überlegen. Ihre Message an die Fans: »Ich will einfach nur Fußball spielen.« Herrgott, dann soll sie doch. Hauptsache, am Ende gewinnt Deutschland!

Die Fußball-WM 2019 im Überblick

Favoriten: Deutschland, USA, Frankreich, Färöer Inseln, Saudi-Arabien

Stadien: Gilets-Jaunes-Stadion in Clichy-sous-Bois, Camembert-Stadion in Ville-Ennuyeuse-sur-Mer, Bataille-Stadion in Dunkerque (eigentlich Dünkirchen), Eclair-Stadion in Cookies-aux-Trois-Chocolats, Très-Loin-Stadion auf Réunion

Tickets: 4,90 – 7,90 Euro, zu erwerben über de.fifa.com/womensworldcuptickets.tickets.fwwc19.fr oder am Tresen des Café Montmartre, Paris

 

Ella Carina Werner, Fotos: Thomas Hintner

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Wie bitte, Extremismusforscher Matthias Quent?

Im Interview mit der Tagesschau vertraten Sie die Meinung, Deutschland habe »viel gelernt im Umgang mit Hanau«. Anlass war der Jahrestag des rassistischen Anschlags dort. Das wüssten wir jetzt aber doch gern genauer: Vertuschung von schrecklichem Polizeiverhalten und institutionellem Rassismus konnte Deutschland doch vorher auch schon ganz gut, oder?

Hat aus Ihren Aussagen leider wenig gelernt: Titanic

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Ziemlich beunruhigt, Benjamin Jendro,

lässt uns Ihr vielzitiertes Statement zur Verhaftung des ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette zurück. Zu dem beeindruckenden Ermittlungserfolg erklärten Sie als Sprecher der Gewerkschaft der Polizei: »Dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte, bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist.«

Auch wir, Jendro, erkennen die Zeichen der Zeit. Spätestens seit die linken Schreihälse zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, ist klar: Die bolschewistische Weltrevolution steht im Grunde kurz bevor. Umso wichtiger also, dass Ihre Kolleg/innen dagegenhalten und sich ihrerseits fleißig in Chatgruppen mit Gleichgesinnten vernetzen.

Bei diesem Gedanken schon zuversichtlicher: Titanic

 Dear Weltgeist,

das hast Du hübsch und humorvoll eingerichtet, wie Du an der Uni Jena Deiner dortigen Erfindung gedenkst! Und auch des Verhältnisses von Herr und Knecht, über das Hegel ebenfalls ungefähr zur Zeit Deiner Entstehung sinnierte. Denn was machst Du um die 200 Jahre später, lieber Weltgeist? Richtest an Deiner Alma Mater ein Master-Service-Zentrum ein. Coole Socke!

Meisterhafte Grüße von Deiner Titanic

 Aaaaah, Bestsellerautor Maxim Leo!

In Ihrem neuen Roman »Wir werden jung sein« beschäftigen Sie sich mit der These, dass es in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein wird, das maximale Lebensalter von Menschen mittels neuer Medikamente auf 120, 150 oder sogar 200 Jahre zu verlängern. Grundlage sind die Erkenntnisse aus der sogenannten Longevity-Forschung, mit denen modernen Frankensteins bereits das Kunststück gelang, das Leben von Versuchsmäusen beträchtlich zu verlängern.

So verlockend der Gedanke auch ist, das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2086 bei bester Gesundheit von der heimischen Couch aus zu verfolgen und sich danach im Schaukelstuhl gemütlich das 196. Studioalbum der Rolling Stones anzuhören – wer möchte denn bitte in einer Welt leben, in der das Gerangel zwischen Joe Biden und Donald Trump noch ein ganzes Jahrhundert so weitergeht, der Papst bis zum Jüngsten Gericht durchregiert und Wladimir Putin bei seiner Kolonisierung auf andere Planeten zurückgreifen muss? Eines will man angesichts Ihrer Prognose, dass es bis zum medizinischen Durchbruch »im besten Fall noch 10 und im schlimmsten 50 Jahre dauert«, ganz bestimmt nicht: Ihren dystopischen Horrorschinken lesen!

Brennt dann doch lieber an beiden Enden und erlischt mit Stil: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Teigiger Selfcaretipp

Wenn du etwas wirklich liebst, lass es gehen. Zum Beispiel dich selbst.

Sebastian Maschuw

 Tiefenpsychologischer Trick

Wenn man bei einem psychologischen Test ein Bild voller Tintenkleckse gezeigt bekommt, und dann die Frage »Was sehen Sie hier?« gestellt wird und man antwortet »einen Rorschachtest«, dann, und nur dann darf man Psychoanalytiker werden.

Jürgen Miedl

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
25.04.2024 Köln, Comedia Max Goldt
27.04.2024 Schwerin, Zenit Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
28.04.2024 Lübeck, Kolosseum Martin Sonneborn mit Sibylle Berg
29.04.2024 Berlin, Berliner Ensemble Martin Sonneborn mit Sibylle Berg