Inhalt der Printausgabe

Kabarett-Deutschland im Umbruch

„Was wird aus uns?“

18 Jahre an der Parteispitze –  es waren große, umjubelte, ertragreiche Jahre für Angela Merkel und ihre 2347 Doubles. Noch glänzen sie, als rotzefreche Kabarett-Stars oder stumme ­RepräsentantInnen auf Firmenfeiern. Doch auch ihre Abendglocken läuten. Zukunftsangst macht sich breit, aber auch ein wenig Hoffnung. Hier kommen die Betroffenen zu Wort.

Erika Horst

»Ich, ein Merkel-Double? Halloo, ich bin das Merkel-Double! Ich werd häufiger gebucht als Merkel selbst! Ich mach alles: Kleinstkunst-Festivals, Junggesellenabschiede, CDU-Regionalkonferenzen, Weißes Haus … Heißa, das waren Jahre! Das Leben war leicht und süß und ich kam überall rein, zum Beispiel ins Kanzleramt oder unter die Bettdecke von Jojo Sauer. Die kommenden drei Jahre werde ich noch mal kräftig die Sau rauslassen, tanzen, pöbeln, Rollstuhlwitze machen. Und danach? Och, mal gucken. Wolfgang Schäuble hat mir einen Job angeboten. Als Putzfrau. Mit Mund­knebel und Eisenschellen an den Füßen. Oder ich doubel wen anderes. Manche sagen, ich seh auch aus wie Lars Eidinger, wenn ich so debil gucke. Genau sooo!«

Angelika Müller

»Als ich hörte, dass SIE den Partei­vorsitz abgibt, musste ich sehr weinen. Tränen sammelten sich in meinen chirurgisch vertieften Mundfalten. Tolle Wurst, auf meinem kecken Bühnenprogramm und den Käse-Trauben-Sticks bleibe ich jetzt wohl ­sitzen. Und wofür hab ich mir jetzt für teuer Geld den Hals verkürzen lassen? Alle reden von Merkel. Niemand denkt an uns! Ich habe einen Traum: Wir Merkel-Doubletten tun uns zusammen. Gemeinsam sind wir stark. Vielleicht kreieren wir ein Merkel-Musical. Und wenn alles nichts wird, geh ich halt in die Politik. CDU? Die brauchen immer frische Gesichter.«

Rainer Döbke

»Guten Tag. Tagsüber arbeite ich als Lüftungsingenieur in Solingen. Abends, in meiner Junggesellenbude, setze ich die blonde Perücke auf, schlüpfe ins pastellfarbene Kostüm, forme mit den Händen die Raute und gucke belemmert. Herrlich! Aber nur für mich. Das ist meine ganz private Obsession, das geht niemanden was an, klar? Pläne für eine Post-Merkel-Ära habe ich noch nicht. Vielleicht Selbstmord?«

Ingela Morkel

»Eigentlich wollte ich beruflich ja was ganz anderes tun, aber was soll ich machen – die Ähnlichkeit ist einfach frappierend! Alle ­naselang werde ich auf der Straße angesprochen, besorgte ­Bildungsbürger beschimpfen mich als Flüchtlingshure, fesseln mich nachts an Laternenpfähle. Schon geil. Aber ich habe auch Feinde. Böse Zungen, zum Beispiel Erika ›Angie‹ Horst, behaupten, mein ­Mienen­spiel sei maskenhaft! Wenn Merkel aufhört, bewerbe ich mich übrigens als Akkordeon-Schranze bei ›Element of Crime‹.«

Virgina Thompson

»Hi! I’m a housewife in Rock Springs, Wyoming. Dressed up as ›Merkel, the turtle‹, I do funny things on stage: Tutti frutti table dance, while singing the German anthem. People love me! …. What are you saying, Angie is quitting? Oh, I don’t give a damn, nobody here is gonna hear about it anyway. It’s Wyoming! And who the hell is this Gretchen Cart-Builder? Never heard of this fucking christdemocratic bitch! I’ll kill her, hehe!«

Mathias Richling

»Im TV-Kabarett bin ich eine Riesennummer. Mein Geheimrezept: Durch humorvolle und bisweilen bizarre Übertreibung karikiere ich ›Muttis‹ öffentliche Auftritte und transportiere so, ganz beiläufig, teils scharfe inhaltliche Kritik. Merkel liebt mich, schreibt mir Fanmails: ›Fies, aber auch echt, echt witzig! Weiter so!‹ Angela, sag ich dann immer, mach auch du weiter so, tu’s für dein Land, tu‘s für mich! Aber Pustekuchen. In zwei Jahren mach ich vielleicht eine Weiterbildung zu Kramp-Karrenbauer, vom Jobcenter bezahlt.«

Anonymus

»Okay Leute, jetzt kann ich’s ja sagen: Ich mach diesen ganzen Merkel-Doppelgängerscheiß nur aus Gründen der Subversion. Eigentlich bin ich hart links. Kein Gott, kein Staat, kein Vaterland – Schwarz, Rot, Gold wird abgebrannt! Ich ­verkleide mich als Merkel, um die Massen aufzuwiegeln. Das Ende der Atomkraft heraus­posaunt, die Flüchtlingsmassen ins Land gewinkt – das war ich! ­Nächstes Projekt: Die Abschaffung des Kapitalismus und eine bedingungslose Grundrente für alle Merkel-Doubles. A, Anti, Anticapitalista!«

Ella Carina Werner

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Ei Gude, Boris Rhein (CDU),

Ei Gude, Boris Rhein (CDU),

ständig vergessen wir, dass Sie ja hessischer und somit »unser« Ministerpräsident sind, und das immerhin schon seit einem guten Jahr! Es kann halt nicht jeder das Charisma eines Volker Bouffier haben, gell?

Immerhin hat ein großes Bunte-Interview uns nun an Sie erinnert. Dort plauderten Sie erwartungsgemäß aus dem Nähkästchen, wie bei der Frage, ob die erste Begegnung mit Ihrer Frau Liebe auf den ersten Blick gewesen sei: »Nein. Sie hielt mich für einen stockkonservativen JU-Fuzzi, mir hat sie zu grün gedacht, weil sie gegen die Atomversuche der Franzosen in der Südsee war.« Wie bitte? Ihre Frau war dagegen, idyllische Pazifik-Atolle in die Luft zu jagen? Haha, was für eine Hippie-Tante haben Sie sich denn da angelacht, Rheini?

Später im Interview wurde es dann sogar noch politisch. Zum Thema Migration fanden Sie: »Jeder, der uns hilft und unsere Werte akzeptiert, ist hier herzlich willkommen. Manche Migranten babbeln Frankfurterisch wie ich. Einige sogar besser.« Soso! Das sind also »unsere Werte«, ja? Wie gut jemand »Aschebäschä« sagen und mit Badesalz-Zitaten um sich werfen kann?

Bleibt zu hoffen, dass Sie nicht herausfinden, dass unsere Redaktion hauptsächlich aus unangepassten (Nieder-)Sachsen, Franken und NRWlerinnen besteht.

Wird sonst womöglich von Ihnen persönlich abgeschoben: Titanic

 Merhaba, Berichterstatter/innen!

Wie die türkischen Wahlen ausgegangen sind, das konntet Ihr uns zu Redaktionsschluss noch nicht mitteilen; wohl aber, auf welche Weise Erdoğan seinen Gegenkandidaten Kemal Kılıçdaroğlu sowie dessen fortgeschrittenes Alter (74) während des Wahlkampfes lächerlich zu machen pflegte: »mit der veralteten Anrede ›Bay Kemal‹ (Herr Kemal)«. Niedlich, dieser Despoten-Ageismus. Auch wenn Erdoğans Exkurs ins Alt-Osmanische, den uns der Tagesspiegel hier nahebringen wollte, laut FAZ eher einer ins Neu-Englische war: »Der türkische Präsident nennt ihn«, Kılıçdaroğlu, »am liebsten ›Bye-bye-Kemal‹.«

Aber, Türkei-Berichterstatter/innen, mal ehrlich: Ist es nicht viel wahrscheinlicher, dass Erdoğan seinen Herausforderer schlicht als bestechlich brandmarken wollte (»Buy Kemal«)? Ihn als Krämerseele verspotten, als Betreiber einer provinziellen deutschen Spelunke (»Bei Kemal«)? Als »Bay-Kemal«, der den ganzen Tag am Strand von Antalya faulenzt? Als »By-Kemal«, der bald einen »By«-Pass braucht, als Tattergreis, der Nahrung nur noch in Matschform zu sich nehmen kann (»Brei-Kemal«)?

Erwägt doch, liebe Berichterstatter/innen, erst mal all diese Möglichkeiten und gebt byezeiten Bayscheid Eurer Titanic

 Zur klebefreudigen »Letzten Generation«, Dr. Irene Mihalic,

Erste Parlamentarische Geschäftsführerin von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, fiel Ihnen ein: »Mit ihrem elitären und selbstgerechten Protest bewirkt die ›Letzte Generation‹ das Gegenteil dessen, was wir in der aktuellen Lage bräuchten, nämlich eine breite Bewegung in der Gesellschaft, für konsequente Klimaschutzpolitik.«

Aber wäre es nicht eigentlich Ihr Job, für eine solche Bewegung zu sorgen? Oder sind Sie ganz elitär daran gewöhnt, andere für sich arbeiten zu lassen? Dann macht das Rummäkeln am Ergebnis aber schnell einen recht selbstgerechten Eindruck, und der kann ziemlich lange an einem kleben bleiben.

Wollte Ihnen das nur mal sagen:

Ihre breite Bewegung von der Titanic

 Huhu, Schwarzblauer Ölkäfer!

Du breitest Dich gerade fleißig aus im Lande, enthältst aber leider eine Menge des Giftstoffs Cantharidin, die, wie unsere Medien nicht müde werden zu warnen, ausreichen würde, um einen erwachsenen Menschen zu töten.

Wir möchten dagegen Dich warnen, nämlich davor, dass bald Robert Habeck oder Annalena Baerbock bei Dir anklopfen und um Dein Öl betteln könnten. Dass Rohstoffe aus toxischen Quellen oder von sonstwie bedenklichen Zulieferern stammen, hat uns Deutsche schließlich noch nie von lukrativen Deals abgehalten.

Kabarettistische Grüße von den Mistkäfern auf der Titanic

 Sorgen, Alexander Poitz (Gewerkschaft der Polizei),

machen Sie sich wegen des 49-Euro-Tickets. Denn »wo mehr Menschen sind, findet auch mehr Kriminalität statt«.

Klar, Menschen, die kein Auto fahren, sind suspekt, und dass die Anwesenheit von Personen die statistische Wahrscheinlichkeit für Straftaten erhöht, ist nicht von der Hand zu weisen.

Wir denken daher, dass Sie uns zustimmen, wenn wir feststellen: Wo mehr Polizist/innen sind, finden sich auch mehr Nazis.

Mit kalter Mathematik: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Body Positivity

Kürzlich habe ich von einem Mordfall in einem Fitnesscenter gelesen. Stolz schaute ich an mir herunter und kam zum Befund: Mein Körper ist mein Tempel Alibi.

Ronnie Zumbühl

 Autobiografie

Ich fahre seit dreißig Jahren Auto. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen. Es ist ein laufendes Verfahren.

Luz Laky

 Suche Produktionsfirma

Das ZDF hat meine Idee »1,2 oder 2 – das tendenziöse Kinderquiz« leider abgelehnt.

Rick Nikolaizig

 Aus dem Kochbuch des Flexikannibalen

Lehrers Kind und Pfarrers Vieh
Gebraten: gern.
Gedünstet? Nie!

Mark-Stefan Tietze

 Der Kult-Comic aus dem Kreißsaal:

»Asterix und Obstetrix«

Fabio Kühnemuth

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Wenzel Storch: "Die Filme" (gebundene Ausgabe)
Renommierte Filmkritiker beschreiben ihn als "Terry Gilliam auf Speed", als "Buñuel ohne Stützräder": Der Extremfilmer Wenzel Storch macht extrem irre Streifen mit extrem kleinen Budget, die er in extrem kurzer Zeit abdreht – sein letzter Film wurde in nur zwölf Jahren sendefähig. Storchs abendfüllende Blockbuster "Der Glanz dieser Tage", "Sommer der Liebe" und "Die Reise ins Glück" können beim unvorbereiteten Publikum Persönlichkeitstörungen, Kopfschmerz und spontane Erleuchtung hervorrufen. In diesem liebevoll gestalteten Prachtband wird das cineastische Gesamtwerk von "Deutschlands bestem Regisseur" (TITANIC) in unzähligen Interviews, Fotos und Textschnipseln aufbereitet.
Zweijahres-Abo: 117,80 EURSonneborn/Gsella/Schmitt:  "Titanic BoyGroup Greatest Hits"
20 Jahre Krawall für Deutschland
Sie bringen zusammen gut 150 Jahre auf die Waage und seit zwanzig Jahren die Bühnen der Republik zum Beben: Thomas Gsella, Oliver Maria Schmitt und Martin Sonneborn sind die TITANIC BoyGroup. In diesem Jubiläumswälzer können Sie die Höhepunkte aus dem Schaffen der umtriebigen Ex-Chefredakteure noch einmal nachlesen. Die schonungslosesten Aktionsberichte, die mitgeschnittensten Terrortelefonate, die nachdenklichsten Gedichte und die intimsten Einblicke in den SMS-Speicher der drei Satire-Zombies – das und mehr auf 333 Seiten (z.T. in Großschrift)!Hans Zippert: "Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten", signiertJahrelang lag TITANIC-Urgestein Hans Zippert in der Sonne herum und ließ Eidechsen auf sich kriechen. Dann wurde er plötzlich Deutschlands umtriebigster Kolumnist. Viele fragen sich: Wie hat er das bloß verkraftet? Die Antwort gibt dieses "Tagebuch eines Tagebuchschreibers": gar nicht. Von Burnout-, Schlaganfall- und Nahtoderfahrungen berichtet Zippert in seinem bislang persönlichsten Werk – mal augenzwinkernd, mal mit einer guten Portion Schalk in den Herzkranzgefäßen. Nie war man als Leser dem Tod so nahe!
Titanic unterwegs
06.06.2023 Essen-Steele, Grend Thomas Gsella
06.06.2023 Berlin, Pfefferberg Theater Hauck & Bauer mit M. Wurster und Krieg und Freitag
06.06.2023 Hamburg, Literaturhaus Gerhard Henschel mit Gerhard Kromschröder
08.06.2023 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner