Inhalt der Printausgabe

 

»Die Gedanken sind frei« – von wegen! Heute ist der Mensch nicht mal mehr Herr in seinem ­eigenen Hirnkastl. In ihrem Aufregerbuch »Mein Kopf gehört mir – Eine Reise durch die schöne neue Welt des Brainhacking« warnt Miriam Meckel, Chefin der »Wirtschaftswoche«, vor kriminellen Hirnscannern, Gedankenräubern, zweifelhaften Gehirnamputationen, ekligen Mindfucks und ­illegaler Gedankenleserei aller Art. Aber warum immer illegal? In einem Modellversuch hielten acht prominente Freiwillige ihre Köpfe hin und wurden an den TITANIC-Live-Hirnausleser angeschlossen.

Jens Spahn

Status: Gesundheitsminister
Signalstärke: kraß

Dö dö dö dödödödödööö … was geht hier noch mal? You and me baby ain’t nothing but mammals, so let’s do it … Bam, ich knall sie alle weg. Zuerst die Merkel! Pressekonferenzen als Kanzler in so einem geilen Anzug, bei dem sich im Schritt der Lulu abzeichnet … Ich bin wie Sebastian Kurz in geil! Ich werd so dermaßen aufräumen ... selbst die von der Antifa werden es geil finden, weil ich es ihnen so hart – im Rahmen des Grundgesetzes – besorge … Ich bin wie Franz Josef Strauß in geil! Geil – komisches Wort eigentlich, warum heißt geil geil? Geilgeilgeil – diese Buchstaben machen doch gar keinen Sinn, die könnten auch was anderes heißen. Gehe ich hier noch aufs Klo oder drüben im Bundestag? … So! Wann starten diese Opfer hier endlich die Aufzeichnung meiner Gedanken?

Frank-Walter Steinmeier

Hirnkammer: möbliert
Signalstärke: schwankend

Jetzt soll ich also denken ... einfach drauflos ... so viele lustige Gedanken gehen mir durch den Kopf und ich darf sie nicht aussprechen ... Fummeln Magd und Knecht im Stroh, brüllt der Ochse: Pornoshow! Hat der Bauer eine Latte, muß die Bäuerin auf die Matte! Ich bin der König von Deutschland! Denken macht frei! Lustig: Ich sage immer das Gegenteil von dem, was ich denke. Rechtsstaat ist super! Lang lebe Merkel! Popel sind eklig! Dieses Rumgedenke macht richtig Spaß. Denk, denk, denk ... Mist, heute Mutti anrufen – lebt die eigentlich noch? ... Gute Idee für Polit-Kontroverse: Gehört Island zu Deutschland? Jetzt aber genug gedacht ... Stop!

Sahra Wagenknecht

Diagnose: Querfrontallappen
Signalstärke:
im roten Bereich

Willkommen in meinem Kopf, liebe Genossinnen und Genossen… und jetzt denke ich was über soziale Gerechtigkeit … ach Mist, das wird ja auch mitgeschnitten … hehe, Verzeihung, liebe Leserinnen und Leser … jetzt das mit den Ausländern … Wer Gastrecht mißbraucht, hat Gastrecht verwirkt! Das sitzt, wackelt und hat Luft nach rechts. – Die Taube, die gestern am Alexanderplatz die Pommes vom Boden gepickt hat … Wie wäre es, wenn die dem Oskar die Augen aushackt?

Kevin Kühnert

Hirntyp: Klassensprecher
Signalstärke: schwächer werdend

Es ist doch ganz einfach und wie beim Sex: Man denkt die ganze Zeit an Sigmar Gabriel, dann passiert nichts, und es kann zudem auch keiner persönliche Daten aus den Gedanken auslesen. Sigmar Gabriel, Sigmar Gabriel. Magenband, Magenband. Sigmal Gabriel. Antisemitismus. Tochter mit Haaren im Gesicht. Sigmar Gabriel. Sigmar Gabriel. Meine Handynummer lautet: 0176-802 … Sigmar.

Helene Fischer

Kontostand: irre hoch
Signalstärke: wummernd

Einfach so weitermachen / ist keine Option / Ich muß hier ausbrechen, wenn du das hier liest, bin ich schon auf und davon / Ich will mein Leben selbst gestalten, muß es wenigstens probieren / Ich brauche die Kontrolle zurück, kann nicht mehr nur funktionieren / Ich bin doch keine Maschine! / Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut / Und ich will leben, bis zum letzten Atemzug / Ich bin ein Mensch mit all meinen Fehlern / Meiner Wut und der Euphorie / Bin keine Maschine, ich leb’ von Luft und Phantasie – düdeldüdel düüüüüüüüü, pieps, chrrrhrrhchrr, wrumm.

Annegret Kramp-Karrenbaue

Gedankengattung: Innerer Monolog
Signalstärke: reduziert

..... Weh, o weh! Dieses Biedermeierbürgerleben ist mir wahrlich ein Graus. Ich möcht so gern was Verrücktes tun. Augenlifting, Haar-Extensions, Kontaktlinsen, neues Parteibuch – vielleicht AfD? ... Merkel, verrecke! Dann bin ich die Nummer eins, hehe! – Nein, finstere Mächte, weicht von mir! Lieber denke ich an einen weißen Elefanten. Einen weißen Elefanten mit einem hammerharten Schwanz. Im Kopf darf man alles. Auch Drogen nehmen. Verrückt – Drogen! Der Maas hat sich aus dem Libanon Haschisch mitgebracht. Trinkt man oder raucht man Haschisch? Man soll prachtvolle Visionen haben! Dämonen, Teufelsschwänze, Jungfrau Maria ...

Michael Schumacher

Gehirnstamm: Teutonen
Signalstärke: unkaputtbar

Ich soll was denken? Hallo, ich denke 24 Stunden am Tag! Cogito ergo sum! So viel gedacht wie in den letzten drei Jahren – oder sind’s schon sieben? – hab ich noch nie. Zeit für mich! Zeit für Gedankenspiele! Was ist schwerer, ein Kilo Steine oder ein Kilo Stroh? … Huhu, Corinna! Wenn du mich hörst: Babe, reiß heute um Mitternacht alle Schläuche aus meinem Körper, und wir beide beginnen ein neues Leben. Vielleicht als Entwicklungshelfer in den Mangrovenwäldern von Peru? Da bin ich wieder! War nur Spaß. Schöne Grüße an alle!

Miriam Meckel

Gedankenstrom: öko
Signalstärke: am Limit

Hallo Leute, ich denke! Und zwar, wie ich in meinem neuen Buch herausgefunden habe: mit dem Gehirn! Das Gehirn ist ein sehr feines System. Absolut faszinierend. Vor allem meins. Bald kann jeder Mensch seine Hirnleistung boosten. Gute Brain-Stimulans übrigens: Traubenzucker, Geschmacksrichtung Apfel. Da ... ein Geräusch ... wer ist das? Die Gedankenpolizei? Sie haben mich! Ich werde abgehört! Erregendes Gefühl. Gegen Gedankendiebstahl hilft übrigens ein gut sitzender Hut, wie der, den ich gerade trage. Mein Kopf gehört mir! Panikgedanke: Auf Spiegel-Bestsellerliste nur Platz 19, noch hinter der Bumsbirne Richard David Precht. To do für heute: Aikido, Marktgemüse einkaufen, Anne (Willig, hihi) anrufen, sterben. Endlich!

Moritz Hürtgen / Ella Carina Werner

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Diese Steilvorlage, Kristina Dunz (»Redaktionsnetzwerk Deutschland«),

wollten Sie nicht liegenlassen. Die Fußballnation hatte sich gerade mit der EM-Viertelfinalniederlage gegen Spanien angefreundet, der verlorene Titel schien durch kollektive Berauschtheit an der eigenen vermeintlich weltoffenen Gastgeberleistung sowie durch die Aussicht auf vier Jahre passiv-aggressives Gemecker über die selbstverständlich indiskutable Schiedsrichterleistung (»Klarer Handelfmeter!«) mehr als wiedergutgemacht, da wussten Sie einen draufzusetzen. Denn wie es Trainer Julian Nagelsmann verstanden habe, »eine sowohl fußballerisch als auch mental starke National-Elf zu bilden«, die »zupackt und verbindet«, hinter der sich »Menschen versammeln« können und der auch »ausländische Fans Respekt zollen«, und zwar »auf Deutsch« – das traf genau die richtige Mischung aus von sich selbst berauschter Pseudobescheidenheit und nationaler Erlösungsfantasie, die eigentlich bei bundespräsidialen Gratulationsreden fällig wird, auf die wir dank des Ausscheidens der Mannschaft aber sonst hätten verzichten müssen.

Versammelt sich lieber vorm Tresen als hinter elf Deppen: Titanic

 Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Lieber Jörg Metes (5.1.1959–16.6.2024),

Du warst der jüngste TITANIC-Chefredakteur aller Zeiten. Du warst der Einzige, der jemals eine klare Vorstellung davon hatte, wie das ideale Heft aussehen musste, und hast immer sehr darunter gelitten, dass sich Deine Utopie nur unzureichend umsetzen ließ. Aus Mangel an Zeit und an Mitarbeiter/innen, die bereit waren, sich Nächte um die Ohren zu schlagen, nur um die perfekte Titelunterzeile oder das richtige Satzzeichen am Ende des Beitrags auf Seite 34 zu finden.

Legendär der Beginn Deiner satirischen Tätigkeit, als Du Dich keineswegs über einen Abdruck Deiner Einsendung freutest, sondern Robert Gernhardt und Bernd Eilert dafür beschimpftest, dass sie minimale Änderungen an Deinem Text vorgenommen hatten. Das wurde als Bewerbungsschreiben zur Kenntnis genommen, und Du warst eingestellt. Unter Deiner Regentschaft begann die Blütezeit des Fotoromans, Manfred Deix, Walter Moers und Michael Sowa wurden ins Blatt gehievt, und manch einer erinnert sich noch mit Tränen in den Augen daran, wie er mal mit Dir eine Rudi-Carrell-Puppe vor dem iranischen Konsulat verbrannt hat.

Nach TITANIC hast Du viele, die ihr Glück weder fassen konnten noch verdient hatten, mit Spitzenwitzen versorgt und dem ersten deutschen Late-Night-Gastgeber Thomas Gottschalk humortechnisch auf die Sprünge geholfen. Und dass River Café, eine deutsche Talkshow, die live aus New York kam, nur drei Folgen erlebte, lag bestimmt nicht an Deinen Texten. Auf Spiegel online hieltest Du als ratloser Auslandskorrespondent E. Bewarzer Dein Kinn in die Kamera, und gemeinsam mit Tex Rubinowitz hast Du das Genre des Listenbuches vielleicht sogar erfunden, auf jeden Fall aber end- und mustergültig definiert, und zwar unter dem Titel: »Die sexuellen Phantasien der Kohlmeisen«. Und diese eine Geschichte, wo ein Psychiater in ein Möbelhaus geht, um eine neue Couch zu kaufen, und der Verkäufer probeliegen muss, wo stand die noch mal? Ach, in der TITANIC? Sollte eigentlich in jedem Lesebuch zu finden sein!

Uns ist natürlich bewusst, dass Du auch diesen Brief, wie so viele andere, lieber selber geschrieben und redigiert hättest – aber umständehalber mussten wir das diesmal leider selbst übernehmen.

In Liebe, Deine Titanic

 Also echt, Hollywood-Schauspieler Kevin Bacon!

»Wie wäre es eigentlich, wenn mich niemand kennen würde?« Unter diesem Motto verbrachten Sie mit falschen Zähnen, künstlicher Nase und fingerdicken Brillengläsern einen Tag in einem Einkaufszentrum nahe Los Angeles, um Ihre Erfahrungen als Nobody anschließend in der Vanity Fair breitzutreten.

Die Leute hätten sich einfach an Ihnen vorbeigedrängelt, und niemand habe »Ich liebe Dich!« zu Ihnen gesagt. Als Sie dann auch noch in der Schlange stehen mussten, um »einen verdammten Kaffee zu kaufen«, sei Ihnen schlagartig bewusst geworden: »Das ist scheiße. Ich will wieder berühmt sein.«

Das ist doch mal eine Erkenntnis, Bacon! Aber war der Grund für Ihre Aktion am Ende nicht doch ein anderer? Hatten Sie vielleicht einfach nur Angst, in die Mall zu gehen und als vermeintlicher Superstar von völlig gleichgültigen Kalifornier/innen nicht erkannt zu werden?

Fand Sie nicht umsonst in »Unsichtbare Gefahr« am besten: Titanic

 Lieber Fritz Merz,

im Podcast »Hotel Matze« sagst Du, dass Du in Deutschland große Chancen bekommen hättest und etwas zurückgeben wolltest. Jawollo! Wir haben da direkt mal ein bisschen für Dich gebrainstormt: Wie wär’s mit Deinem Privatjet, dem ausgeliehenen vierten Star-Wars-Film oder dem Parteivorsitz? Das wäre doch ein guter Anfang!

Wartet schon ganz ungeduldig: Titanic

 Deine Fans, Taylor Swift,

Deine Fans, Taylor Swift,

sind bekannt dafür, Dir restlos ergeben zu sein. Sie machen alle, die auch nur die leiseste Kritik an Dir äußern, erbarmungslos nieder und nennen sich bedingt originell »Swifties«. So weit ist das alles gelernt und bekannt. Was uns aber besorgt, ist, dass sie nun auch noch geschafft haben, dass eine der deutschen Stationen Deiner Eras-Tour (Gelsenkirchen) ähnlich einfallslos in »Swiftkirchen« umbenannt wird. Mit Unterstützung der dortigen Bürgermeisterin und allem Drum und Dran. Da fragen wir uns schon: Wie soll das weitergehen? Wird bald alles, was Du berührst, nach Dir benannt? Heißen nach Deiner Abreise die Swiffer-Staubtücher »Swiffties«, 50-Euro-Scheine »Sfifties«, Fische »Sfischties«, Schwimmhallen »Swimmties«, Restaurants »Swubway« bzw. »SwiftDonald’s«, die Wildecker Herzbuben »Swildecker Herzbuben«, Albärt »Swiftbärt« und die Modekette Tom Tailor »Swift Tailor«?

Wenn das so ist, dann traut sich auf keinen Fall, etwas dagegen zu sagen:

Deine swanatische Tayltanic

Vom Fachmann für Kenner

 Liebesgedicht

Du bist das Ästchen,
ich bin der Stamm.
Du bist der Golo,
ich Thomas Mann.
Du bist Borkum,
ich bin Hawaii.
Du bist die Wolke,
ich bin gleich drei.
Du bist das Würmchen,
ich bin das Watt.
Du bist die Klinke,
ich bin die Stadt.
Du bist das Blättchen,
ich jetzt der Ast.
Sei still und freu dich,
dass du mich hast.

Ella Carina Werner

 Lifehack von unbekannt

Ein Mann, der mir im Zug gegenüber saß, griff in seine Tasche und holte einen Apfel heraus. Zu meinem Entsetzen zerriss er ihn mit bloßen Händen sauber in zwei Hälften und aß anschließend beide Hälften auf. Ich war schockiert ob dieser martialischen wie überflüssigen Handlung. Meinen empörten Blick missdeutete der Mann als Interesse und begann, mir die Technik des Apfelzerreißens zu erklären. Ich tat desinteressiert, folgte zu Hause aber seiner Anleitung und zerriss meinen ersten Apfel! Seitdem zerreiße ich fast alles: Kohlrabi, Kokosnüsse, anderer Leute Bluetoothboxen im Park, lästige Straßentauben, schwer zu öffnende Schmuckschatullen. Vielen Dank an den Mann im Zug, dafür, dass er mein Leben von Grund auf verbessert hat.

Clemens Kaltenbrunn

 Beim Aufräumen in der Küche

Zu mir selbst: Nicht nur Roger Willemsen fehlt. Auch der Korkenzieher.

Uwe Becker

 Der kästnerlesende Bläser

Es gibt nichts Gutes
außer: Ich tut’ es.

Frank Jakubzik

 Dialog auf Augenhöhe

Zu meinen Aufgaben als Marketingexperte in einem modernen Dienstleistungsunternehmen gehört es unter anderem, unzufriedene Kunden zu beschwichtigen. Vor kurzem beschwerte sich einer von ihnen darüber, dass wir in unseren Texten immer dieselben Bausteine verwenden. Die Mail ließ mich ganz irritiert zurück. Ein Glück, dass wir für genau solche Anfragen gleich fertige Antworten haben.

Andreas Maier

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

Titanic unterwegs
03.08.2024 Kassel, Caricatura-Galerie Miriam Wurster: »Schrei mich bitte nicht so an!«
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler
04.08.2024 Frankfurt/M., Museum für Komische Kunst »F. W. Bernstein – Postkarten vom ICH«
09.08.2024 Bremen, Logbuch Miriam Wurster