Inhalt der Printausgabe

Insektensterben

Jetzt müssen die Menschen ran!

Seit Beginn der Neunziger haben sich die deutschen Insektenbestände um zwei Drittel reduziert: Ein erschreckender Befund, den wuselige Wissenschaftler in einer Langzeitstudie zusammengetragen haben. Jetzt haben sie gerade mal zwei Hummeln im Hintern, sind unruhig wie ein Tütchen Flöhe, denn um das Insektensterben zu bremsen, bräuchte es Unsummen, z.B. in Forschung, wie man aus Elefanten Mücken machen könnte. Die wohl einzige Lösung: Menschen müssen die Insektenjobs selbst übernehmen!

Schon unsere Kleinsten lernen, wie das mit den Bienen und den Blumen geht. Es wird Zeit, dieses Wissen anzuwenden, damit auch künftig diese überlebensnotwendige, klebrige Flüssigkeit produziert wird: genau, Sonnenblumenhonig!

Glühwürmchen: Seit Äonen sorgen sie im finstren Walde dafür, daß Eichhörnchen & Co. nicht blindlings über Stock und Stein stolpern. Wenn der letzte Leuchtkäfer sein Lichtlein ausgeknipst hat, sollten menschliche Vertreter, zum Beispiel aus der In-Sekte der Bio-Illuminaten, die nächtliche Orientierung der Restfauna ermöglichen.

Der Uropa hatte alle überlebt: den Franzos’, den Russen, den Ami, die Hunnen. Doch dann, an einem schönen Sonntagnachmittag im Biergarten, nahm er, der Wehrmachtsoffizier, einen kräftigen Schluck Bier, zuckte zusammen und spuckte etwas Gelb-Schwarzes aus. Doch zu spät: Die im Bierschaum versteckte Wespe hatte ihn bereits in die Zunge gestochen, welche unglaublich anschwoll – der Uropa erstickte jämmerlich. Doch wer bringt unsere Nazis künftig um die Ecke, wenn die Wespen nicht mehr sind?

Links, zwo, drei, Phase IV! Versprühten noch vor kurzem die bienenfleißigen, wieselflinken und bärenstarken Krabbler ihre Pheromone querbeet durch Küche und Kinderzimmer, schleppen nun Menschenkolonnen im Schweiße ihrer Fußglieder ein vielfach Geringeres als ihr Eigen­gewicht in Richtung gemachtes Nest. Dennoch lastet ein gewaltiger Druck auf ihnen, denn sie wissen: Stirbt ihre Königin (Merkel), stirbt der ganze Staat (Abendland)!

Jeder Mensch wünscht allen Stechmücken den Tod. Doch schon der Philosoph Rolf Dobelli (†2014, Malaria) warnte: »Wenn die Moskitos aussterben und man keine mehr totschlagen kann, verliert der Mensch ein Ventil für Haß und Gewalt. Die Folgen: hoher Blutdruck, heiße Luft und ein gegenseitiges Abschlachten, wie es in der Geschichte noch nie stattgefunden hat.« Führende Kabarettisten empfehlen »Banker und andere Blutsauger« als menschlichen Mückenersatz.

Insektenfreie Fahrt für freie Bürger bedeutet letztlich die Verletzung des Nationalstolzes: Was bringt das schöne Rasen über Autobahnen, wenn man nicht hinterher die Trophäen am Kühlergrill und der Windschutzscheibe zählen kann? Außerdem kann man drei Menschen mit einer Klappe schlagen: Auch die heimische Schwammindustrie bekommt so wieder Aufschwung.

»Wenn die Insekten sterben, hat die Spinne noch vier Jahre«, prophezeite das Wissenschafts­ genie Albert Steinlaus in einer seiner letzten (nicht mehr ganz so brillanten) Vorlesungen. Recht hatte er: Mit dem Wegfall verzehrbarer Biomasse müssen Deutschlands Arachniden auf Pflanzen umsteigen – ein halbseidener Kompromiß, denn »auf sieben Beinen kann man nicht stehen«, wie es in der Volkskieferklaue heißt. Darum, Mann, Frau, Kind: Opfere dich als Spinnenschmaus. Bundesweite Netzabdeckung jetzt!

Gaitzsch/Hürtgen/Sibbe/Wolff, Hintner

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Heftrubriken

Briefe an die Leser

 It’s us, hi, Kulturwissenschaftler Jörn Glasenapp!

Dass Sie als Verfasser einer Taylor-Swift-Monographie Ihren Gegenstand öffentlich verteidigen, etwa im Deutschlandfunk Nova oder bei Zeit Campus: geschenkt. Allein, die Argumente, derer Sie sich dafür bedienen, scheinen uns sanft fragwürdig: Kritik an Swift sei eine Sache »alter weißer Männer«, im Feuilleton herrsche immer noch König Adorno, weshalb dort Pop und »Kulturindustrie« unentwegt verdammt würden, und überhaupt sei die zelebrierte Verachtung des Massengeschmacks eine ausgesprochen wohlfeile Methode, Distinktion zu erzeugen, usw.

Je nun, Glasenapp: Wir sind in der privilegierten Position, dass es uns erst mal egal sein kann, ob Taylor Swift nun gute Kunst macht oder schlechte. Wir sind da pragmatisch: Manchmal macht das Lästern Spaß, manchmal der Applaus, je nachdem, wer sich gerade darüber ärgert. An Ihnen fällt uns bloß auf, dass Sie selbst so ein peinlicher Distinktionswicht sind! Denn wenn unter alten weißen Männern Swiftkritik tatsächlich Konsens und Massensport ist, dann sind Sie (*1970) wieder nur der eine nervige Quertreiber, der sich abheben will und dazwischenquäkt: Also ich find’s eigentlich ganz gut!

Finden das eigentlich auch ganz gut: Ihre Affirmations-Aficionados von Titanic

 Liebes Werbeplakat in Freiburg!

»Nicht zu wählen, weil man nicht weiß, was, ist, wie keinen Film zu schauen, weil man sich nicht entscheiden kann«, trötest Du am Bahnhof allen noch so unwilligen Nichtwähler/innen entgegen. Jetzt stellt sich natürlich die alles entscheidende Frage: Ist ein versauter Filmabend, bei dem man am Ende aus Langeweile vielleicht sogar Monopoly spielen muss, genauso schlimm wie die Machtübernahme einer neofaschistischen Diktatur?

Fragt Popcorn mampfend Titanic

 Hello, tagesschau.de!

All Deinen Leser/innen, die von Tim Walz, der für die US-Demokraten als Vizekandidat in den Wahlkampf ziehen soll, bisher noch nicht allzu viel gehört hatten, wusstest Du doch immerhin zu berichten, er sei ein ehemaliger »Lehrer und gilt als einer, der die einfache Sprache der Menschen spricht«. Und nichts für ungut, tagesschau.de, aber dass ein Kandidat im US-Wahlkampf, ein einstiger Lehrer zudem, Englisch spricht, das haben selbst wir uns schon beinahe gedacht.

Deine einfachen Menschen von Titanic

 Mmmmmh, Iglo-Freibad-Pommes!

Ihr seid ein neues Tiefkühlprodukt, das in diesem Sommer vom grassierenden Retro- und Nostalgietrend profitieren möchte. Daher seid Ihr derzeit auf den großen Plakatwänden im Stadtbild vertreten, und zwar garniert mit dem knusprigen Claim: »Das schmeckt nach hitzefrei«.

Aber schmeckt Ihr, wenn wir uns recht erinnern, nicht ebenfalls nach einem kräftigen Hauch von Chlor, nach einem tüchtigen Spritzer Sonnenmilch und vor allem: nach den Gehwegplatten aus Beton und der vertrockneten Liegewiese, auf welchen Ihr regelmäßig zu Matsch getreten werdet?

In jedem Fall bleibt es Euch weiterhin verboten, vom Beckenrand zu springen, schimpft Eure Bademeisterin  Titanic

 Etwas unklar, mallorquinische Demonstrant/innen,

war uns, warum wir Euch bei den Demos gegen den Massentourismus immer wieder palästinensische Flaggen schwenken sehen. Wir haben lange darüber nachgedacht, welchen logischen Zusammenhang es zwischen dem Nahostkonflikt und Eurem Anliegen geben könnte, bis es uns einfiel: Na klar, Ihr macht Euch sicherlich stark für eine Zwei-Staaten-Lösung, bei der der S’Arenal-Streifen und das West-Malleland abgeteilt werden und der Rest der Insel Euch gehört.

Drücken die diplomatischen Daumen: Eure Friedenstauben von Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Schock total

Wenn im Freibad dieser eine sehr alte Rentner, der sich beim Schwimmen kaum fortzubewegen scheint, der bei seinen zeitlupenartigen Zügen lange untertaucht und von dem man dachte, dass er das Becken schon vor langer Zeit verlassen hat, plötzlich direkt vor einem auftaucht.

Leo Riegel

 SB-Kassen

Zu den Seligen, die an Selbstbedienungskassen den Laden kaltblütig übervorteilen, gehöre ich nicht. Im Gegenteil, obwohl ich penibel alle Artikel scanne und bezahle, passiere ich die Diebstahlsicherungsanlage am Ausgang immer in der angespannten Erwartung, dass sie Alarm schlagen könnte. Neulich im Discounter kam beim Griff zu einer Eierschachtel eine neue Ungewissheit hinzu: Muss ich die Schachtel vor dem Scannen wie eine professionelle Kassierkraft öffnen, um zu kucken, ob beim Eierkauf alles mit rechten Dingen zugeht?

Andreas Maria Lugauer

 Abschied

Juckeljuckeljuckel,
Das Meer liegt hinterm Buckel,
Dort vorne, da ist Dover,
Da ist die Reise over.

Gunnar Homann

 Abwesenheit

Vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich bin vom 02.–05.09. abweisend. Ab 06.09. bin ich dann wieder freundlich.

Norbert Behr

 Hybris 101

Facebook und Instagram, die bekanntesten Ausgeburten des Konzerns Meta, speisen seit kurzem auch private Daten ihrer Nutzer in die Meta-eigene KI ein. Erst wollte ich in den Einstellungen widersprechen, aber dann dachte ich: Ein bisschen Ich täte der KI schon ganz gut.

Karl Franz

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 12.09.:

    "Heute detoxe ich im Manager-Retreat im Taunus": TITANIC-Chefredakteurin Julia Mateus im Interview mit dem Medieninsider.

  • 29.08.:

    Die FR erwähnt den "Björnout"-Startcartoon vom 28.08.

  • 27.08.: Bernd Eilert schreibt in der FAZ über den französischen Maler Marcel Bascoulard.
  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

  • 29.01.:

    Ein Nachruf auf Anna Poth von Christian Y. Schmidt im ND.

Titanic unterwegs
18.09.2024 Bonn, Rheinbühne Thomas Gsella
18.09.2024 Hamburg, Centralkomitee Ella Carina Werner
19.09.2024 Berlin, Kulturstall auf dem Gutshof Britz Katharina Greve
19.09.2024 Hamburg, Centralkomitee Hauck & Bauer