Inhalt der Printausgabe

Pimp my Church

Ortstermin in Limburg. Hinter T-Bartz Van E. (bürgerlich: Franz-Peter Tebartz-van Elst) liegen aufregende Monate: Sein neuer Bischofssitz ist gerade für amtliche 20 Trillionen Euro fertig geworden, mit seinen Neidern gab’s deswegen ordentlich Beef. »Alles Spießer«, pariert der umstrittene Gangsta-Katholik (Künstlername: »The Koboldmaki«) und lädt rotzfrech zur Churchwarming-Party.

Graffiti von Michelangelo, Rassehund auf dem Bischofssitz und reichlich Segen von oben: »Das letzte Hemd hat keine Taschen«, sagt Luxus-Geistlicher T-Bartz van E., »darum hab ich’s auch ausgezogen«.

Respekt, T-Bartz, standesgemäß hast du’s hier in deinem Bischofssitz!
Absolut. Mein Style ist mein Style: die neue Kapelle, die tiefergelegte Krypta, das Whirlwasserbecken aus Gold – das bin einfach ich, T-Bartz. Als Kevelaerer Bauernjunge weiß ich, wie hart man sein muß, um es nach ganz oben zu schaffen.

Hat dich deine ländliche Herkunft geprägt?
Darauf kannst du einen taufen lassen, Bruder. Die Kuhscheiße, das Schweineblut, die Knochenarbeit 24/7 – als ältester Sohn mußte ich das alles beaufsichtigen. Aus der Zeit stammt auch meine Leidenschaft für Weihrauch. Nichts überdeckt den Gestank von Gülle besser. Mann, ich war damals nah dran, auf die schiefe Bahn zu rutschen: im Rheinland zu versauern, zwei Kinder, Hund, ein Job bei der Bank. Bis ich gecheckt habe, daß es auch anders gehen kann! Leute wie Grandmaster Wojtyła oder sein Atze Ratzinger, an denen habe ich mich orientiert. Die Priesterweihe war quasi meine Rettung.

Deine Kritiker behaupten, all der Prunk wäre nur Kompensation für deine harte Jugend…
Bullshit. Ich verrate dir was: Je erfolgreicher du wirst, desto mehr wirst du gehaßt. Wenn irgendwelche Pfaffen aus Frankfurt meinen, sie müssen ihr armseliges Leben pimpen, indem sie mich vor ihrer Posse zum Swagger stempeln:
Who the fuck cares?

Bitte?
Diesen Frankfurter Stadtdekan da, den meine ich.

Ach so, der Typ, der dich bei einer Predigt im Kaiserdom St. Bartholomäus mit einem offenen Brief gedisst hat.
Ich hab kein Problem damit, ihm die Hand zu reichen. Er muß dann bloß meinen Ring küssen. Haha, kleiner Witz. Nein, ehrlich, ich will keinen Krieg. Ich bau dem Dekan goldene Brücken, mit ordentlich Klunkern an den Pfeilern und Bling-Bling in der Ampelanlage. Ansonsten lautet meine Message an ihn: Paß auf dich auf. Frankfurt hat dunkle Ecken, und eine Drive-by-Excommunication ist keine schöne Sache.

Eine Drohung?
Quatsch. Bloß ein freundschaftlicher Rat. Er weiß ja schließlich selber: T-Bartz Van E. ain’t nothing to fuck with! Wegen Zölibat.

Deine konservativen Fellas haben sich jetzt mit dir solidarisiert, Heinz-Josef Algermissen aus Fulda und Ol’ Dirty Bishop Joachim Meisner. Fühlst du dich wohl in dieser Crew? Meisner textet über Frauen, die arbeiten gehen und sich nicht vergewaltigen lassen wollen, und verbietet Homosexuellen die Abtreibung.
Harte Ansagen gegen Bitches und Schwuppen gehören bei uns einfach dazu. Grenzen überschreiten, Tabus brechen – das ist unser Ding. Im Ergebnis klingt das vielleicht manchmal kraß, aber dieses kompromißlose Ringen nach Ausdruck ist doch auch was Großartiges, meinst du nicht?

Aus Tradition?
Word, Bruder. Weißt du, Katholizismus ist ein eklektizistisches Arrangement: ein bißchen Judentum, ein bißchen Antijudaismus, abgemischt mit Hokuspokus und jeder Menge Misogynie. Durch die Dreifaltigkeit und den Heiligenkanon kommen noch polytheistische Einflüsse rein. Das muß man respektieren. Uns Pfaffen ist dieses Zeug eben heilig. Und damit der Flow sich auf die Fanbase überträgt, ist das beste Equipment gerade gut genug. Geile Shows und katholische Pracht haben ihren Preis, da muß man Kohle in die Hand nehmen!

Dein neuer Boß in Rom sieht das aber anders.
Jeder, wie er mag. Mir gibt diese Demutsscheiße einfach nichts. Außerdem: Je mehr dort gespart wird, desto fetter kann ich hier in Limburg auftragen.

Du giltst als »böser Bube«, der auch mal mit dem Gesetz in Konflikt kommt. Dein Fahrer hat seinen Lappen verloren, wegen Trunkenheit am Steuer, gegen dich selber ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen einer falschen eidesstattlichen Erklärung…
Ist doch Ministrantenkacke.

…du sollst über deinen Flug nach Indien gelogen haben. Mal ehrlich: Bist du echt First Class in die Slums gejettet, um dich dort über die Armen lustig zu machen?
Wenn die Typen von der Staatsanwaltschaft mich battlen wollen, dann… – nein, stop, warte mal, meine Homies aus der Presseabteilung haben dazu ein paar Lines geschrieben. Hier: »Rückblickend gibt es Dinge, die ich anders angehen würde.« Und da noch: »In der Rückschau wird manches viel klarer, und man weiß, was man nicht noch mal wieder so tun würde.« Na?

Stark!
Danke. Weißt du, im Prinzip läßt mich das kalt. Ich lebe nur für meinen Beruf. Sollen mich die Cops doch in den Knast stecken, wie Jesus damals. Das pusht nur meine Credibility.

Hast du eine Botschaft an deine Fans?
Gib immer 1000%! Und meinen Gegnern sage ich: You only live once. Außer natürlich, wenn du an die Auferstehung glaubst.

 

Michael Ziegelwagner

ausgewähltes Heft

Aktuelle Cartoons

Heftrubriken

Briefe an die Leser

 Vielleicht, Ministerpräsident Markus Söder,

sollten Sie noch einmal gründlich über Ihren Plan nachdenken, eine Magnetschwebebahn in Nürnberg zu bauen.

Sie und wir wissen, dass niemand dieses vermeintliche High-Tech-Wunder zwischen Messe und Krankenhaus braucht. Außer eben Ihre Spezln bei der Baufirma, die das Ding entwickelt und Ihnen schmackhaft gemacht haben, auf dass wieder einmal Millionen an Steuergeld in den privaten Taschen der CSU-Kamarilla verschwinden.

Ihr Argument für das Projekt lautet: »Was in China läuft, kann bei uns nicht verkehrt sein, was die Infrastruktur betrifft.« Aber, Söder, sind Sie sicher, dass Sie wollen, dass es in Deutschland wie in China läuft? Sie wissen schon, dass es dort mal passieren kann, dass Politiker/innen, denen Korruption vorgeworfen wird, plötzlich aus der Öffentlichkeit verschwinden?

Gibt zu bedenken: Titanic

 Hallo, faz.net!

»Seit dem Rückzug von Manfred Lamy«, behauptest Du, »zeigt der Trend bei dem Unternehmen aus Heidelberg nach unten. Jetzt verkaufen seine Kinder die Traditionsmarke für Füller und andere Schreibutensilien.« Aber, faz.net: Haben die Lamy-Kinder nicht gerade davon schon mehr als genug?

Schreibt dazu lieber nichts mehr: Titanic

 Boah ey, Natur!

»Mit der Anpflanzung von Bäumen im großen Stil soll das Klima geschützt werden«, schreibt der Spiegel. »Jetzt zeigen drei Wissenschaftlerinnen in einer Studie: Die Projekte können unter Umständen mehr schaden als nützen.« Konkret sei das Ökosystem Savanne von der Aufforstung bedroht. Mal ganz unverblümt gefragt: Kann es sein, liebe Natur, dass man es Dir einfach nicht recht machen kann? Wir Menschen bemühen uns hier wirklich um Dich, Du Diva, und am Ende ist es doch wieder falsch!

Wird mit Dir einfach nicht grün: Titanic

 Gude, Fregatte »Hessen«!

Du verteidigst Deutschlands Demokratie zur Zeit im Roten Meer, indem Du Handelsrouten vor der Huthi-Miliz schützt. Und hast schon ganz heldenhaft zwei Huthi-Drohnen besiegt.

Allerdings hast Du auch aus Versehen auf eine US-Drohne geschossen, und nur einem technischen Fehler ist es zu verdanken, dass Du nicht getroffen hast. Vielleicht ein guter Grund für die USA, doch nicht auf der Erfüllung des Zwei-Prozent-Ziels zu beharren!

Doppelwumms von Titanic

 Waidmannsheil, »Spiegel«!

»Europas verzweifelte Jagd nach Munition«, titeltest Du, und doch könnte es deutlich schlimmer sein. Jagd auf Munition – das wäre, so ganz ohne diese Munition, deutlich schwieriger!

Nimmt Dich gerne aufs Korn: Titanic

Vom Fachmann für Kenner

 Überraschung

Avocados sind auch nur Ü-Eier für Erwachsene.

Loreen Bauer

 Kapitaler Kalauer

Da man mit billigen Wortspielen ja nicht geizen soll, möchte ich hier an ein großes deutsches Geldinstitut erinnern, das exakt von 1830 bis 1848 existierte: die Vormärzbank.

Andreas Maier

 Die Touri-Falle

Beim Schlendern durchs Kölner Zentrum entdeckte ich neulich an einem Drehständer den offenbar letzten Schrei in rheinischen Souvenirläden: schwarzweiße Frühstücks-Platzmatten mit laminierten Fotos der nach zahllosen Luftangriffen in Schutt und Asche liegenden Domstadt. Auch mein Hirn wurde augenblicklich mit Fragen bombardiert. Wer ist bitte schön so morbid, dass er sich vom Anblick in den Fluss kollabierter Brücken, qualmender Kirchenruinen und pulverisierter Wohnviertel einen morgendlichen Frischekick erhofft? Wer will 365 Mal im Jahr bei Caffè Latte und Croissants an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs erinnert werden und nimmt die abwischbaren Zeitzeugen dafür sogar noch mit in den Urlaub? Um die Bahn nicht zu verpassen, sah ich mich genötigt, die Grübelei zu verschieben, und ließ mir kurzerhand alle zehn Motive zum Vorteilspreis von nur 300 Euro einpacken. Seitdem starre ich jeden Tag wie gebannt auf das dem Erdboden gleichgemachte Köln, während ich mein Müsli in mich hineinschaufle und dabei das unheimliche Gefühl nicht loswerde, ich würde krachend auf Trümmern herumkauen. Das Rätsel um die Zielgruppe bleibt indes weiter ungelöst. Auf die Frage »Welcher dämliche Idiot kauft sich so eine Scheiße?« habe ich nämlich immer noch keine Antwort gefunden.

Patric Hemgesberg

 Treffer, versenkt

Neulich Jugendliche in der U-Bahn belauscht, Diskussion und gegenseitiges Überbieten in der Frage, wer von ihnen einen gemeinsamen Kumpel am längsten kennt, Siegerin: etwa 15jähriges Mädchen, Zitat: »Ey, ich kenn den schon, seit ich mir in die Hosen scheiße!«

Julia Mateus

 Frühlingsgefühle

Wenn am Himmel Vögel flattern,
wenn in Parks Familien schnattern,
wenn Paare sich mit Zunge küssen,
weil sie das im Frühling müssen,
wenn überall Narzissen blühen,
selbst Zyniker vor Frohsinn glühen,
Schwalben »Coco Jamboo« singen
und Senioren Seilchen springen,
sehne ich mich derbst
nach Herbst.

Ella Carina Werner

Vermischtes

Erweitern

Das schreiben die anderen

  • 27.03.:

    Bernd Eilert denkt in der FAZ über Satire gestern und heute nach.

Titanic unterwegs
31.03.2024 Göttingen, Rathaus Greser & Lenz: »Evolution? Karikaturen …«
04.04.2024 Bremen, Buchladen Ostertor Miriam Wurster
06.04.2024 Lübeck, Kammerspiele Max Goldt
08.04.2024 Oldenburg, Theater Laboratorium Bernd Eilert mit Klaus Modick